Woche 47/2025: Beeindruckende Aussichten und winterliche Kälte

Montag: Appetit kommt beim Essen, Inspiration beim Schreiben, so jedenfalls die Hoffnung. Heute kam nicht viel, was nichts über die Qualität des Tages aussagt. Der war insgesamt nicht schlecht, bot allerdings wenig Notierenswertes. Dass es wie angekündigt kälter geworden ist, haben Sie vermutlich selbst mitbekommen.

Vielleicht noch dieses: Die Kessler-Zwillinge sind gestorben, beide am selben Tag, neunundachtzig sind sie geworden. Ich selbst verband wenig mit ihnen, hatte sie vor Jahren in der einen oder anderen Fernsehshow zur Kenntnis genommen und hätte bis gestern nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob sie noch lebten. Soweit man weiß, wählten sie den assistierten Freitod. Wer wollte es den beiden Damen verdenken, dass sie, nachdem sie ihr gesamtes Leben gemeinsam verbracht hatten, auch zusammen diese Welt verlassen wollten.

Büroblick, nachmittags

Dienstag: Die scheinbar ewige Baustelle am Rheinufer hat mal wieder eine neue Gestalt angenommen. Dadurch war ich genötigt, den Fußweg ins Werk, erstmals wieder in MSH-Ausstattung (Mütze, Schal, Handschuhe), zunächst ein Stück in Gegenrichtung zu gehen, ehe er dem Ziel entgegen fortgesetzt werden konnte. Ich bin gespannt, ob das noch vor meinem Ruhestand fertig wird.

Die Bäume am Rheinufer haben in den letzten Tagen die meisten Blätter abgeworfen, nur die Pappeln sind in der unteren Hälfte noch nicht kahl, ähnlich Männern im fortschreitenden Alter, deren Haupt nur ein schütterer Haarkranz ziert. (Bei Frauen kommt das selten vor, wenigstens hier sind sie im Vorteil.) Was letze Woche noch golden leuchtete, liegt heute braun am Boden, mit lärmenden Geräten zusammengeblasen, darauf der erste Rauhreif. (Ja, Rechtschreibprüfung, mach nur deine Strichelchen darunter, ich schreibe es trotzdem weiterhin mit h.) Nun beginnt wieder die lange blätterlose Zeit, mindestens bis März. Ehe die Bäume wieder grünen, bin ich an der Zahl ein Jahr älter, immerhin auch dem Ruhestand etwas näher.

Vormittags machte ich von der Möglichkeit der Grippeschutzimpfung durch den Betriebsarzt Gebrauch. Bis zum Zeitpunkt der Niederschrift ist keine Nachwirkung zu spüren, das darf gerne so bleiben.

Auf dem Rückweg besuchte ich ein Café am Marktplatz, wo ich mir zur Abwechslung und passend zum Wetter einen Minztee bringen ließ. Ab Freitag, wenn der Weihnachtsmarkt eröffnet ist, gibt es wieder andere temperaturangemessene Rückwegsgetränke.

Morgenrot. Auf dem (unbearbeiteten) Foto wirkt es dramatischer als in Wirklichkeit.
Morgentau

Mittwoch: Da für nachmittags Regen angekündigt war, fuhr ich mit der Stadtbahn zum Werk. Weiterhin in MSH-Ausstattung staunte ich an der Haltestelle über ein junges Mädchen in Rock und T-Shirt auf dem Bahnsteig gegenüber sowie einen jüngeren Burschen neben mir, der seine großflächig tätowierten Beine in kurzen Hosen präsentierte. Vielleicht war deren Einfärbung so teuer, dass sie unmöglich unter wärmenden Hosenbeinen verborgen bleiben dürfen.

Am Hauptbahnhof stieg ein Jüngling zu und setzte sich mir schräg gegenüber. Kaum saß er, tat er, was Leute in seinem Alter zu tun gezwungen sind: Er zückte das Datengerät und schaute darauf. Währenddessen – mutmaßlich war die Kamera aktiviert – zupfte er seine aufwendige Lockenpracht zurecht, korrigierte hier und da eine Tolle, anschließend schaute er noch einmal prüfend ins spiegelnde Fenster der Bahn und legte ein letztes Mal Hand an; das ganze ohne ein für den Betrachter erkennbares Resultat, danach sah er genauso aus wie vorher. Vermutlich fand er den älteren Typen schräg gegenüber, der ihn beobachtete und was in ein Notizbuch schrieb, mindestens genauso seltsam.

„Wo Licht endet, beginnt das Abenteuer“, wird in den U-Bahn-Stationen für eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle geworben. Leicht wehmütig denke ich dabei an längst vergangene Nächte in Köln zurück und befinde: Stimmt.

Donnerstag: Obwohl die Temperatur morgens im niedrig-einstelligen Celsiusbereich lag, erschien es mir auf dem Fußweg ins Werk nicht so kalt wie nachmittags zurück. Ich beobachte es öfter und schrieb es vermutlich schon, dass es mir morgens weniger kalt erscheint als nachmittags. Als ob mein Körper über einen inneren Nachtspeicherofen verfügt, der sich im Schlaf aufheizt und bis in den Vormittag nachwärmt.

„CITY-STROLL GO-TO LOOK“ schreit den Strollenden ein Schriftzug am Schaufenster eines Herrenmodegeschäfts in der Innenstadt an. Ob das zum Konsum animiert, sei angezweifelt. (Ich musste die Bedeutung von „stroll“ recherchieren: bummeln, spazieren; wobei ich da und auch sonst mit meinen schmalen Englischkenntnissen kein Maßstab bin.)

Per Teams-Chatnachricht schickte mir jemand unbekanntes, der mich gleichwohl und wie mittlerweile üblich duzte, eine knappe Frage zu einer E-Mail, die ich womöglich irgendwann geschickt hatte und an deren Inhalt ich mich nicht erinnerte. Erledigte Angelegenheiten werden in meinem Kopf bald gelöscht; ich bin weit über fünfzig und muss mit meinen Hirnkapazitäten haushalten. Nun hätte ich in Outlook nach der betreffenden Mail suchen oder ebenfalls per Chat rückfragen können, was genau sein Begehr sei. Doch warum sollte ich das tun? Warum schickte er seine Frage nicht einfach als Antwort auf die betreffende Mail?

Mit leichter Sorge nehme ich in unserem Geschäftsbereich eine zunehmende Verschnauzbartung der jüngeren Kollegen wahr.

Nicht mit Sorge, indes Bedauern nehme ich zur Kenntnis, dass der Rheinpavillon, der auf meinem Arbeitsweg liegt, wohl auch in diesem Jahr auf eine eigene Glühweinbude verzichtet. Das ist schade, aber zum Glück gibt es ab morgen Alternativen.

Ab kommenden Jahr werden junge Männer, mit und ohne Schnauzbart, wieder zur Musterung geladen, wird gemeldet. Dabei wird auch gerne, oft mit einem Augenzwinkern, der ärztliche Griff in primäre Geschlechtsorgane, verbunden mit der Aufforderung zum Husten genannt, der wohl beibehalten werden soll. Meine Musterung war Mitte der Achtziger. Auch ich wurde dabei – soweit ich mich erinnere von einer Ärztin – aufgefordert, die Unterhose herabzulassen. Jedoch, da bin ich mir sicher, griff sie nicht zu, sondern schaute nur kurz und war mit dem Vorgefundenen offenbar zufrieden.

Freitag: Die aufgehende Sonne streute goldenes Licht über die Stadt, was mich veranlasste, noch etwas öfter aus dem Fenster meines Büros zu schauen als sonst.

..

Sie sei „geistig versumpft“ gewesen begründete eine Besprechungsteilnehmerin ihr nur geringfügiges Zuspätkommen. Eine sympathische Alternative zu busy oder rabbit hole und ähnlichem Verbalgefuchtel.

Wie ich auf Befragung eines der oben genannten Schnauzbartträger erfuhr, tun sie das nicht einfach so, sondern im Rahmen des Movembers. Von mir aus, wenn es nützt. Ansonsten greift die allgemeine Infantilisierung weiter um sich. Die Intranetseite, auf der man IT-Störungen melden kann, ist mit diesem Bild illustriert:

Bei dem Kollegen wäre eine IT-Störung wohl das geringste Problem.

Beeindruckende Aussichten spätnachmittags auch an der Nordseeküste vor Büsum, gesehen durch die örtliche Webcam:

https://www.buesum.de/buesum-erleben/webcams/gruenstrand

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass wir abends den heute eröffneten Bonner Weihnachtsmarkt aufsuchten. Bitte stellen Sie sich entsprechende Bilder brennender Feuerzangenbowle selbst vor.

Samstag: Als wahrer Meister im Zeigen völlig sinnloser Artikelbilder zeigt sich auch immer wieder der General-Anzeiger Online, wie hier wieder zu sehen ist:


Zusammenhangloser Gedanke zwischendurch: Viel Leid wäre der Welt erspart geblieben, hätte der HERR stattdessen Adam und Egon erschaffen.

Sonntag: Bloggen verbindet. Es freut mich immer wieder besonders, Mitblogger und -innen persönlich zu treffen anstatt sich nur gegenseitig zu lesen, vielleicht ein Gefallensherzchen oder einen freundlichen Kommentar zu hinterlassen, bestenfalls das andere Blog zu zitieren. Heute traf ich mich mit Thomas, der vielen von Ihnen auch als Schreiblehrling bekannt sein dürfte. Winterliche Kälte hielt uns nicht von einem gemeinsamen Spaziergang auf die andere Rheinseite ab, Ziel war der Biergarten Zum Blauen Affen, wobei ich nicht annahm, dass dieser geöffnet wäre, vielmehr war der Weg das Ziel. War er aber doch, der Sitzbereich war mit Zeltplanen umhaust und ein Gasbrenner brachte eine gewisse Behaglichkeit leicht unterhalb üblicher Biertrinktemperatur. Für Glühwein reichte es.

Auf dem Rückweg zogen von Westen dunkle Wolken auf. Deshalb änderten wir unseren Plan, eine Gaststätte in Beuel aufzusuchen und wechselten zunächst wieder die Rheinseite. Dort fanden wir Platz in einem gut besuchten Café in Innenstadtnähe, wo wir durch unsere Anwesenheit den Altersschnitt geringfügig senkten und es uns bei Kaffee und Kuchen gutgehen ließen, derweil draußen Schnee fiel und stellenweise sogar liegen blieb.

Schnee im Anflug

***

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die hoffentlich nicht zu kalte Woche.

19:30

Woche 46/2025: Ahrsteig und eine gewisse Anwesenheitspflicht

Montag: Der letzte Wochenrückblick war der tausendste veröffentlichte Artikel in diesem Blog, wie WordPress mir morgens mitteilte. Zunächst war ich überrascht, weil es bereits 1.072 Beiträge sind, nur nicht alle veröffentlicht. Warum ich über siebzig Texte geschrieben habe, ohne sie Ihnen zur Kenntnis zu geben, weiß ich nicht; wenn ich mal viel Zeit haben sollte, schaue ich nach. Jedenfalls muss es länger her sein, ich erinnere mich nicht mehr.

In einer Besprechung schwafelte einer von Herausforderungen, Mitarbeitenden, Use Cases, nicht wirklich und tatsächlich. Ich wünschte mir ein Beißholz, oder hilfsweise Alkohol. Ansonsten war der Arbeitstag erträglich und nicht zu lang. Unmittelbar danach vollzog ich, weiterhin erstaunlich motiviert, drei Runden im Sportstudio.

Aus der Zeitung: „In mehreren iranischen Provinzen droht das komplette Austrocknen der Staudämme.“

Es liegt mir fern, andere Blogger zu kritisieren. Doch sei mir erlaubt, diese seit einiger Zeit häufig zu sehenden, durch sogenannte künstliche Intelligenz erzeugten Comic-Beitragsbilder mindestens albern zu finden.

Dienstag: „Alle sieben Minuten wird man in der Sternstraße angelächelt. Bald siehst du es auch.“ So wirbt ein Brillengeschäft in vorgenannter Straße, wie ich morgens auf dem Fußweg zur Wertschöpfung sah. Es würde mich außerordentlich irritieren, wenn ich in der Fußgängerzone ständig angelächelt würde. Spätestens beim dritten Mal würde ich an mir herabschauen und prüfen, ob ich morgens vergaß, eine Hose anzuziehen. Im Übrigen ist die Sternstraße nicht sehr lang, man müsste schon sehr langsam gehen, um wenigstens einmal angelächelt zu werden.

Vermutlich bemerke ich es schon mal, heute fiel es mir wieder auf: Manche junge Frauen laufen mit betont genervt-gelangweiltem Blick durch die Gegend. Üben die das vor dem Spiegel oder ist ihnen das angeboren?

Vom Karnevalsstart am heutigen elften Elften bekam ich nicht viel mit, zumal unsere Gesellschaft an diesem Tag keine besondere Aktivität pflegt, wofür ich durchaus dankbar bin. Auf dem Rückweg sah ich in der Innenstadt noch wenige mehr oder weniger Verkleidete, manche sichtlich um Haltung bemüht.

Aus einem Zeitungskommentar über die Klimakonferenz in Brasilien:

Zehntausende Teilnehmer auch diesmal im brasilianischen Belém, und jeder reist mit dem CO2-Fußabdruck eines kleinen Dorfes an. Die Veranstaltung auf der großen Bühne der Unverbindlichkeit verläuft nach einem vertrauten Muster: Erst wird der „noch nie dagewesene Ernst der Lage“ beschworen, dann feilscht man über Kommastellen, um schließlich ein „historisches Abkommen“ zu verkünden, dass letztlich nur viel Papier bedruckt.

(General-Anzeiger Online)

So ist es. Leider. (Im letzten Satz stand wirklich „dass“.)

Mittwoch: Der Arbeitstag war anstrengend, weil eine Vielzahl kleinerer Themen und Anliegen, teilweise inhaltlich miteinander verflochten, ständiges Hin- und Herdenken erforderte. Am Ende fühlte ich mich erschöpft, was mich nicht von anschließender sportlicher Betätigung abhielt. Das war auch anstrengend und die drei Runden an den Geräten reichten völlig aus. Jedenfalls macht es Spaß, oder „es sparkt bei mir auf jeden Fall Joy“, wie ich heute bei iberty las und mich kurz schüttelte.

Die schönste Freude soll Vorfreude sein, wie ein Sprichwort behauptet. Auf morgen freue ich mich vor, dann habe ich frei, die Wetteraussichten sind wandertauglich.

Vorfreudeauslösend für viele dürfte auch der Aufbau des Weihnachtsmarktes in der Innenstadt sein, der heute begann, wie ich abends sah. Wie jedes Jahr der Gedanke: Wurden die Buden nicht kürzlich erst abgebaut? Bis es so weit ist, dass auf dem Heimweg eine Feuerzangenbowle leuchtet, dauert es noch ein wenig, auch das geht schnell.

Donnerstag: Kleine Woche, Inseltag, Wandertag. Die Wanderung führte über die siebte Ahrsteig-Etappe in umgekehrter Richtung von Sinzig bis Bad Neuenahr. Morgens fuhr ich mit der Bahn nach Sinzig, wo ich in einem bahnhofsnahen Café sehr gut frühstückte. Danach machte ich mich bei bestem Wanderwetter auf den Weg durch Wälder, Weinberge und den recht hübschen Ort Ehlingen, teils auf breiten Wegen, von Mitbloggerin Sandra zutreffend als „Wanderautobahnen“ bezeichnet; im letzten Viertel streckenweise aber auch auf Waldpfaden, die unter hohem Laub kaum zu erkennen sind, auch die ansonsten sehr gute Kennzeichnung der Strecke weist hier Lücken auf. Zudem muss man aufpassen, nicht zu stolpern und stürzen, an einigen Stellen ist es sehr unwegsam und steil. Aufgrund der mangelhaften Wegmarkierung verlief ich mich hier, fand jedoch bald, ohne Stürze und mit nur wenigen leisen Flüchen, zurück auf den rechten Weg.

Nach knapp fünf Stunden erreichte ich Bad Neuenahr, wo auch heute noch Spuren der großen Flut von 2021 zu sehen sind. Dort fand ich ein Lokal, wo die traditionelle Belohnungs-Currywurst mit Bier serviert wurde; anschließend gabs einen Ouzo aufs Haus, das erlebt man auch nicht oft.

Die Rückfahrt mit der Bahn erfolgte über Remagen, von da weiter über Mainz-Hombach, Budenheim, Uhlenborn und Heidesheim (Rheinhessen), jedenfalls laut Ansagen in der Mittelrheinbahn; ab Bonn UN-Campus hatte die Technik oder das Zugpersonal den Irrtum offenbar bemerkt, ich kam wohlbehalten in Bonn Hbf an und nicht in Gau Algesheim. Vielleicht ist es da ja auch ganz schön.

Kurz hinter Sinzig kann man sich was stempeln
Bei Sinzig
Stechpalme für Lotte
Unten die Dächer von Ehlingen, dahinter Heimersheim, im Hintergrund die Brücke der A 61, die mit Dauerrauschen das Tal beschallt
Unten Ehlingen, hinten Lohrsdorf, links die Landskrone
Müsste das nicht INRI heißen?
Ehlingen
Bei Heimersheim
Wenige Meter weiter
Hier soll irgendwo der Weg sein
Blick vom Aussichtsturm auf dem Neuenahrer Berg über Bad Neuenahr, hinten das Siebengebirge
Die Ahr in Bad Neuenahr. Mögen sich die Ereignisse von 2021 niemals wiederholen, sicher kann man da leider nicht sein

Schön wars wieder.

Freitag: Eine Besprechung endete fünf Minuten vor dem geplanten Ende, eine Teilnehmerin sagte: „Jetzt haben wir fünf Minuten für die Zeitspardose.“ Daraufhin bekundeten die anderen Teilnehmer, die wie ich dieses Wort noch nie gehört hatten, ausführlich ihr Gefallen daran, so dass die Spardose letztlich leer blieb. Die nachfolgende Besprechung mit nahezu identischem Teilnehmerkreis wurde dagegen um eine Viertelstunde überzogen, weil immer wieder vom Thema abgeschweift wurde. Auch wenn es in die bezahlte Arbeitszeit fällt, strapaziert das regelmäßig meine Geduld.

Abends war ich wieder beim Sport, das dritte Mal in dieser Woche. Ich möchte Sie damit nicht langweilen und werde das künftig auch nicht mehr ständig erwähnen, nur bin ich weiterhin über mich selbst erstaunt, dass ich das freiwillig und auch in der zweiten Woche noch gerne mache. Laut Anzeige an den Geräten habe ich dabei insgesamt neununddreißig Tonnen bewegt.

Gunkl schrieb:

Was Golfplätze bestimmt auch interessanter macht, sind Bereiche wie Hochmoor, Schilfgürtel oder Brunnenschacht.

Samstag: „Das Wetter kommt uns mit vielen Wolken entgegen“ sagte morgens der Mann im Radio. Immerhin sagte er nicht, es sei mit vielen Wolken unterwegs.

Vormittags machten wir uns auf nach Bad Godesberg, wo um elf Uhr elf die Karnevalssaison eröffnet wurde (in Godesberg traditionell am Samstag nach dem elften Elften) mit Getränk und Bühnenprogramm, auch unsere Karnevalsgesellschaft war zugegen, was eine gewisse Anwesenheitspflicht begründete. Meine Lust darauf war eng begrenzt gewesen, nachdem mich dort im Vorjahr kalte Füße und Langeweile geplagt hatten. Doch wie es oft ist: Wenn man keine Lust auf etwas hat, wird es besonders schön. Zwar ließen die entgegenkommenden Wolken etwas Regen unter sich, doch war weder es kalt noch langweilig und das Kölsch lief gut ab. Erst am späten Nachmittag waren wir zurück zu Hause, wo die Niederschrift dieser Tagesnotiz aus vorgenannten Gründen nicht ganz leicht fiel.

Sonntag: Die Holzverhüttung der Bonner Fußgängerzone ist weitgehend abgeschlossen, wie ich mittags auf dem Weg zum Bahnhof sah, dem Start der organisierten Besinnlichkeit am kommenden Freitag steht somit nichts mehr entgegen. Mit der Bahn fuhr ich nach Roisdorf, um eine Modellbahnbörse zu besuchen. Da meine Sammlung mittlerweile weitgehend komplett ist, bewog mich nicht so sehr Kaufabsicht, vielmehr war der Weg das Ziel, genauer: der Rückweg. Den verband ich mit dem Sonntagsspaziergang, nach knapp zwei Stunden war ich wieder zu Hause. Der Himmel blieb heute durchgehend grau und der Tag gab sich keine Mühe, richtig hell zu werden, dazu zeitweise zarter Niesel. Immerhin war es weiterhin recht mild, hier und da erfreute noch letztes Herbstgold das Auge. Ab der Nacht soll es dann deutlich abkühlen und erstmal kalt bleiben. Wie es sich für November und Weihnachtsmarkt gehört.

Herbstgold
Grau

Gelesen auf einem Schild in einem Dransdorfer Vorgarten: „Hier wohnt eine Katze mit seiner Familie.“ Autsch.

***

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die Woche. Ziehen Sie sich warm an.

Woche 47/2024: O tosendes Novemberbrausen

Montag: Morgens zeigte die Wetter-App Regen an, womit sie im Widerspruch zum Blick aus dem Fenster stand. Dort war zwar kein blauer Himmel zu sehen, aber auch kein Niederschlag oder diesen ankündigende dunkle Wolken. Vorsichtshalber nahm ich dennoch die Stadtbahn, schließlich leiste ich mir nicht Monat für Monat das Deutschlandticket, um mit nassen Hosenbeinen im Büro zu sitzen. Der Regen setzte dann erst bei Ankunft am Werk ein, ab Mittag hörte er auf, kurz zeigte sich die Sonne. Somit hätte der planmäßigen Radfahrt nichts entgegengestanden. Dafür kam ich außerplanmäßig in den Genuss eines Spaziergangs zurück, immer das Positive sehen, auch und gerade in diesen Zeiten.

Morgens in Werksnähe

„Vielleicht kannst du ein paar Bulletpoints rüberscribbeln“, sagte einer in der Besprechung, damit war mein Tagesbedarf an derlei Geschwätz gedeckt.

In der Innenstadt wurden die letzten Weihnachtsmarktbuden aufgebaut, es wurde fleißig geschraubt, geräumt und geschmückt. Die große Glühweinpyramide auf dem Friedensplatz machte schon einen trinkfertigen Eindruck, doch der Eindruck täuschte. Freitag erst können wir uns wieder am warmen Trunk laben. Bis dahin gibts zu Hause Tee, das ist auch nicht schlecht. Immer das Positive sehen.

Dienstag: O tosendes Novemberbrausen: Auch dieser Tag begann überraschend mild, doch mit Regen, deshalb war wieder die Bahn das Verkehrsmittel der Wahl. Hinzu kam eine amtliche Sturmwarnung, deren Winde nicht nur den Gebrauch des Regenschirmes erschwerten, sondern auch den Turm umwehten und ihn wie ein altes Schiff knarzen ließen, was dem Arbeitstag bei aller Büronüchternheit eine gewisse Behaglichkeit verlieh. Abends regnete und blies es noch immer, zudem hat es sich spürbar abgekühlt, was den Fußweg zurück vereitelte. Den hatte ich ja bereits gestern. Dennoch mag ich den November.

Aus gegebenem Anlass nochmals der Hinweis an die lieben Kollegen: Anliegen, die mich per Teams-Chat statt Outlook-Nachricht erreichen, werden nachrangig oder, wenn ich nicht daran denke, gar nicht beantwortet. Jedenfalls unterbreche ich deswegen grundsätzlich nicht meine aktuelle Tätigkeit. So wie es sinnlos ist, zu versuchen, mich unangekündigt in eine laufende Teams-Besprechung hinzuzuziehen.

In letzter Zeit, vielleicht aufgrund der Weltlage, begegnet mir immer wieder das Wort „Eskapismus“, dessen Bedeutung ich recherchieren musste: Die Flucht vor den Unannehmlichkeiten der Realität in Illusionen und Vergnügungen. Auch ohne Kenntnis des Wortes beherrsche ich das Prinzip schon lange recht gut, denke ich.

Mittwoch: Da es morgens und abends trocken war, holte ich den gestern wetterbedingt versäumten Fußweg ins Werk und zurück nach. Vormittags zog ein Schneegestöber auf, nachmittags noch eins, dazwischen war ab und zu auch kurz die Sonne zu sehen. Im Büro war reichlich zu tun, mit Unterbrechungen durch zahlreiche Besprechungen. Mittags gab es Graupeneintopf mit einer Mettwurst, köstlich. Zum Feierabend war noch Arbeit übrig. Die kann und muss warten bis Freitag, morgen habe ich frei.

Morgens

Auch dem Rückweg durch die Kälte, die sich kälter anfühlte als das Thermometer am UN-Campus anzeigte, wäre ich einem Glühgetränk am Rheinpavillon zugeneigt gewesen, leider ist die Bude noch nicht aufgebaut. Dennoch war die Terrasse von Lichterketten illuminiert, an der Außentheke stand eine Gruppe und trank aus Pappbechern. Augenscheinlich eine Gesellschaft, deshalb verwarf ich die Idee, mich dazu zu gesellen.

Knüller des Tages: Herr Levin hat von mir geträumt und darüber geschrieben. Meines Wissens sind wir uns noch niemals begegnet; es tut mir leid, wenn ich ihn dennoch in seinen Träumen belästigte. Jedenfalls fühle ich mich sehr geehrt und erleichtert, dass es offenbar kein Alptraum war.

Donnerstag: Heute hat Namenstag, wer Amalberg im Ausweis stehen hat, steht in der Zeitung. Das denken die sich doch aus, oder?

Trotz Inseltag stand ich zur gewohnten Werktageszeit auf, da ich mit meiner Mutter in Bielefeld verabredet war. Als Verkehrsmittel wählte ich den Bahn-Nahverkehr. Der Zug auf der ersten Etappe von Bonn nach Köln war fast leer. Das ist wenig verwunderlich, da in der Viertelstunde vor meiner Abfahrt drei weitere Züge dieselbe Strecke fuhren: die verspätete RB 26, die RB 48 und der RE 5. Warum mit meinem Zug wenige Minuten später eine weitere RB 48 auf die Reise geschickt wird, weiß ich nicht. Es ist mir ja recht, einen ganzen Zug fast nur für mich zu haben, aber vielleicht könnte man die Mittel für andere Fahrten sinnvoller ausgeben. Wahrscheinlich fehlt mir da der Überblick, um das beurteilen zu können. In Köln zeigte sich der Triebfahrzeugführer per Durchsage erfreut und überrascht über die pünktliche Ankunft, oft scheint das nicht vorzukommen.

Während der zweiten Etappe bis Bielefeld zeigte die Bahn wieder die gewohnte und erwartete Betriebsqualität mit Umleitung, Warten wegen belegter Bahnhofsgleise und Baustellen, immerhin ohne Stellwerksstörung und Verzögerungen im Betriebsablauf. Während der Fahrt wünschte der Zugbegleiter neben meinem Ticket auch einen, so wörtlich, Lichtbildausweis zu sehen, ein schönes Wort aus einer vergangenen Epoche. Mit achtzehn Minuten Verspätung erreichten wir das Ziel, damit war ich zufrieden.

Ein Hauch von Winter in Neuss

Während der weiteren Fahrt zur Mutter sah ich in der Straßenbahn schräg gegenüber ein Mädel, das an einer Spargelstange knabberte, jedenfalls sah es nach einer solchen aus, vielleicht war es auch ein anderes Gemüse. Dabei zog sie mit den Zähnen jede Faser einzeln ab. In besonders billigen Erotikfilmchen sieht man manchmal, wie zweifelhafte Damen sich lasziv oral an einer Banane zu schaffen machen, auf dass die Hormone der Hetero-Herren brodeln. Die heute beobachtete Spargelszene wäre indessen geeignet gewesen, jegliche Lust auszutreiben.

Ein Plakat bewirbt ein Mittel zur „Augenbefeuchtung der Profis“, darauf einige junge Männer abgebildet, mutmaßlich Fußballprofis, ich kenne mich da nicht aus. Profis bevorzugen zur Befeuchtung der Augen also ein Drogerieprodukt. Amateure schauen sich dafür Wahlergebnisse an.

Auch die Rückfahrt verlief zufriedenstellend. Trotz Bundespolizeieinsatz im Zug und mehreren kleinen Verzögerungen, die vom Zugpersonal immerhin detailliert erklärt wurden, war ich zur vorgesehenen Zeit wieder zu Hause .

Freitag: Morgens hatte ich eine Voicemail-Nachricht auf meinem geschäftlichen iPhone. Beim Abhören stellte sich heraus, der Anrufer hatte nicht bemerkt, dass er mit dem digitalen Tonband sprach, vielmehr wähnte er mich selbst in der Leitung: „Hallo Carsten … hörst du mich? … Hallo?“ Ich wurde stutzig, da das bereits der dritte Gesprächsteilnehmer innerhalb der letzten Tage war, dem solches widerfuhr. Um der Sache auf den Grund zu gehen, rief ich mich selbst an, und siehe beziehungsweise höre da, der Grund war bald ermittelt: Nach mehrmaligem Tuten ein kurzes Rauschen, dann hörte ich meinen von mir selbst irgendwann eingesprochenen Namen, mehr nicht. Bislang war die Namensnennung eingebunden in die automatische Ansage einer virtuellen Dame: „Hallo, hier ist die Mobilbox von [kurze Pause, dann von mir selbst gesprochen:] Carsten Kubicki [kurze Pause, wieder die Dame:] Bitte hinterlassen Sie nach dem Signalton …“ und so weiter. Bei der Voicemail-Einstellung fand ich dann unter „Begrüßung“ eine Auswahl „Standard“ und „Eigene“, die man sich dort direkt anhören kann, das Häkchen war bei „Eigene“ gesetzt. Dort kam jetzt nur noch der Name ohne den ihn umkleidenden oben zitierten Text. Unter Standard hingegen die nervig-debile Siri-Stimme, den Anrufer duzend und mit neuem Text auf die Weiterleitung hinweisend. Offenbar hat es da in jüngerer Zeit eine Änderung gegeben, von der ich nichts mitbekommen habe, weil ich mal wieder zu bequem war, mir nach einer neuen Version die ganzen Informationseinblendungen durchzulesen. Kurz war ich versucht, die Einstellung so zu belassen und mich weiterhin am irritierten Gestammel der Anrufer zu erfreuen, setzte das Häkchen dann doch auf Standard. Sollen sie sich doch das dämliche Fräulein Siri anhören.

Büroblick morgens

Beim Kiezschreiber las ich übrigens für das zwang- und dauerhafte aufs Datengerät Schauen den schönen Begriff „Handy-Hypnose“. Gefällt mir, muss ich mir merken.

Nach dem Mittagessen umtoste heftiges Schneegestöber den Turm, wodurch Vorfreude auf den heute beginnenden Weihnachtsmarkt aufkam, auch wenn das eine mit dem anderen nichts unmittelbar zu tun hat.

Abends leisteten wir unseren Beitrag zur gelungenen Weihnachtsmarkt-Eröffnung, wo wir durch unsere Kopfdeckungen gewisse Aufmerksamkeit erregten.

Foto: Christine B. (unten rechts)

Samstag: Aus der Tageszeitung: „Denn aktuell ist Brutsaison für die Trichternetzspinne, dessen männliches Exemplar die giftigste Spinne der Welt ist.“ Mittlerweile mein Lieblingsfehler.

Tagsüber hatte ich Gelegenheit, an einem Seminar teilzunehmen zur Verbesserung des Vortrags bei Lesungen. Ob es was gebracht hat, können Sie beurteilen am kommenden Mittwoch auf der Lesebühne im Limes* und am 5. Dezember hier:

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*Lesebühne im Limes am Mittwoch, 27. November ab 19:30 Uhr, Theaterstr. 2, Bonn

Apropos Bühne: Abends hatten wir einen Auftritt mit der Karnevalsgesellschaft in Wachtberg-Niederbachem. Der Liebste und ich kamen etwas spät von zu Hause los, hinzu kam dichter Straßenverkehr in der Bonner Innenstadt: Um halb sechs sollten wir uns treffen, um sechs unser Auftritt sein. Laut Frau Navi würden wir erst um kurz vor sechs ankommen. Mich macht so etwas immer sehr nervös, ich trage ein ausgeprägtes Pünktlichkeitsgen in mir, das manchmal etwas anstrengend ist. Zur angegebenen Zeit kamen wir an, hektisch holte ich die Trommel aus dem Kofferraum, setzte den Dreispitzhut auf und eilte zum Veranstaltungsort. Siehe da: Die grün-weiß Uniformierten standen ganz entspannt vor der Theke, vor uns trat noch eine andere Tanzgruppe auf, wir frühestens um halb sieben. Meine innere Hektik war umsonst gewesen. Mal wieder, muss ich ergänzen: Nur selten habe ich erlebt, dass ein Auftritt pünktlich begann. Da ist noch etwas an mir zu arbeiten.

Sonntag: Auch heute besuchte ich eine Modelleisenbahnbörse, und zwar in Bonn-Duisdorf. Meine Erwartung, dort nichts Erstehenswertes zu finden, wurde erfüllt, das ist überhaupt nicht schlimm. Hauptzweck des Ausflugs war ohnehin, nach Hinfahrt mit der Bahn, der Spaziergang zurück durch das Messdorfer Feld und über mir bislang unbekannte Wege der Weststadt.

Wie angekündigt hat es sich deutlich erwärmt von gestern noch knapp über null auf heute nicht weit unter zwanzig Grad, dazu stärkerer Wind, der Blätter fliegen und Fahnenmasten sirren lässt. Einige gehen schon wieder in kurzen Hosen vor die Tür, vor den Gaststätten sitzt man draußen. Im Messdorfer Feld lassen Eltern mit den Kindern Drachen steigen, festgehalten per Smartphone-Kamera für das digitale Familienarchiv.

Mein Rückweg führte vorbei an der Müllverbrennungsanlage und dem Heizkraftwerk, in unmittelbarer Nähe auch das örtliche Freudenhaus mit viel Rot an der Fassade. An der nächsten Straßenecke sprach mich eine junge Dame mit eindeutigen Geschlechts Geschäftsabsichten an. Ich verzichtete auf die Abgabe eines Angebotes und ging weiter meines Weges.

Es schadet nie, wenn auch Offensichtliches erklärt wird
Messdorfer Feld
Heizkraftwerk

Unterdessen war der Liebste in der Fußgängerzone und berichtete von zahlreichen Menschen, die sich enttäuscht bis empört darüber zeigten, dass der Weihnachtsmarkt am heutigen Totensonntag geschlossen ist. Nun ja: Der Markt ist geschlossen mit Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Christen, dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wenn man aber bedenkt, warum es überhaupt Weihnachten gibt, ist dann nicht so ein Weihnachtsmarkt mit Glühwein, Karussells, Krams- und Fressbuden überhaupt die größte denkbare Blasphemie? Nur der Gedanke eines Agnostikers, den es nicht weiter berührt.

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Kommen Sie gut durch die Woche und den Restnovember. Wenn Sie mögen, genießen Sie den Glühwein oder was Sie bevorzugen.

#WMDEDGT im Dezember: Wörtliche Rede und Vorfreude

Am fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn auf dem Brüllen-Blog.

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Während der Zeitungslektüre zum ersten Kaffee am Morgen las ich diesen Satz: »Es wird Zeit, dass Bund und Land sich ehrlich machen.« Sich ehrlich machen – eine weitere Floskel für die Liste.

Ehrlich machen sollte sich auch eine Metzgerei in der Bonner Innenstadt, an deren Fenster seit Tagen, wenn nicht Wochen, ein handschriftlicher Zettel angebracht ist: »Heute nur Barzahlung«.

»Wir bringen das Mittelmeer in Ihre Küche«, wirbt ein paar Meter weiter ein Fachgeschäft für olivenhölzerne Haushaltswaren. Das muss nun wirklich nicht sein.

Der dienstagsübliche Fußmarsch ins Werk erfolgte bei Trockenheit und etwas milderer Temperatur gegenüber den letzten Tagen. Auch der Rheinpegel liegt wieder auf einem normalen Niveau, mal sehen, wie lange angesichts der Schneefälle der vergangenen Tage im Süden.

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Kurz nach Ankunft im Büro klopfte ein Kollege an die Tür, den ich nur selten sehe, weil er im Gegensatz zu mir meistens zu Hause arbeitet. Es kam zu einem längeren Plausch über Gott und die Welt, was in diesem Fall wörtlich zu verstehen ist; trotz meiner grundsätzlichen Abneigung gegen wörtliche Rede am frühen Morgen (also vor neun Uhr) war es sehr angenehm.

Der Arbeitstag floss recht erfreulich dahin; die gestern herrschende Generalunlust hatte sich gelegt, wie so häufig von Montag auf Dienstag. Vor dem Fenster kam immer wieder die Elster zu Besuch, vielleicht waren es auch mehrere abwechselnd, und machte(n) sich, nachdem das von mir dort aufgestellte Futterhäuschen auf mysteriöse Weise abhanden gekommen war, über das nun auf einem profanen Teller dargereichte Vogelfutter her. Ansonsten habe ich zweimal Nein gesagt. Das war gar nicht schwer und fühlte sich gut an.

Der SPIEGEL meldet das »Pisa-Debakel«, nach dem »Pisa-Schock« von 2001. Was kommt als nächstes, Pisa-Krise, -Katastrophe, -Misere? -Horror? Wir werden es vielleicht noch erleben, wenn nicht andere Imponderabilien dazwischenkommen.

Zum Mittagessen in die Kantine gingen wir zu sechst, bis Ende 2019 nichts Besonderes. Jetzt, da ich es gewohnt bin, mittags zumeist allein, allenfalls mal zu zweit zu essen, weil fast alle überwiegend zu Hause arbeiten, empfinde ich derartige Gruppenessen als gewöhnungsbedürftig bis anstrengend. Anscheinend hat meine Sozialtoleranz während der Coronazeit einen irreparablen Schaden genommen. – Gegessen habe ich vegetarisch: Kartoffelpolenta an Grünkohlsalat, ganz gut, hätte etwas mehr sein dürfen. Zum Dessert gab es laut Karte »Schichtdessert von Erdbeeren und Waldmeister-Quark-Creme«. De facto ein Schälchen mit sehr fester, säuerlicher grüner Götterspeise (wenig göttlich), darauf fünf bis sechs kleine Erdbeeren, wo auch immer die herkommen Anfang Dezember, gekrönt mit einer Haube aus einer sahneartigen Vanillecreme. An den meisten Tagen bin ich mit dem Angebot der Kantine höchst zufrieden, heute würde ich allenfalls ein Ausreichend vergeben.

Ab Mittag setzte Regen ein, der sich bis zum Arbeitsende hielt. Deshalb verzichtete ich auf den Fußweg zurück (und auf die Einkehr auf einen Glühwein am Rheinpavillon) und nahm die Bahn. Den Glühwein gab es dann an einer etwas abgelegenen Bude auf dem Weihnachtsmarkt in der Innenstadt, der trotz Regen recht gut besucht war, insbesondere die überdachten Trinkstellen.

Abends war ich ein weiteres Mal auf dem Weihnachtsmarkt, nun mit dem Liebsten, zum Abendessen (erst Reibekuchen, dann Bratwurst) und auf ein Warmgetränk, derweil bei immer noch leichtem Regen eine feuchte Kälte langsam durch die Jacke drang.

Auf dem Rückweg reservierten wir für den Vorheiligabend in unserem Lieblingsrestaurant. Es ist immer schön, wenn man sich auf etwas freuen kann.

Woche 48/2023: Zum ganzjährigen Verzehr zugelassen

Montag: Der Tag war meteorologisch herausfordernd. Wie angekündigt regnete es von morgens bis abends ununterbrochen, was Ende November keineswegs zu beklagen ist und mich veranlasste, mit der Bahn in die Werktätigkeit zu fahren. Ich empfinde es als großes Privileg, nach Lust und Wetter wahlweise mit dem Fahrrad, der Bahn oder auf Schuhsohlen zur Arbeit zu gelangen und nicht auf ein Auto angewiesen zu sein wie angeblich so viele, für die jeder weggefallene Parkplatz in der Innenstadt ein Skandal ist.

Mittags bemitleidete (müsste es nicht bemitlitt heißen?) ich vor dem Mutterhaus zwei Männer auf einer Hebebühne, die windumtost und regenbegossen die Lichterkette in den großen Weihnachtsbaum flochten, was schon in der warmen, trockenen Stube eine Zumutung ist.

In zwei Besprechungen hörte ich zwei Kollegen unabhängig voneinander betonen, sie hätten einen harten Anschlag, was ja immer auch ein Anschlag auf die Sprachhygiene ist.

Vielleicht plant derjenige auch einen Anschlag, der nämliches an eine Wand schrieb: »Ich räche mich AUCH für mein Aussehen«. Eine gewisse Unzufriedenheit klingt an.

Ansonsten gab es an dem Tag wenig auszusetzen.

Dienstag: Nach einem Wintereinbruch (Wo oder in was bricht der Winter ein?) fragte morgens der Mann im Radio: „Was macht der Schnee mit uns?“ Manchmal möchte man schon vor dem ersten Kaffee schreien.

Gehört in einer Besprechung: „… und zwar zeitnah, auf gut deutsch.“ Nein, lieber Kollege, das ist kein gutes Deutsch, verkniff ich mir anzumerken.

»Konkret bedeutet das, ich brauche keinen Glauben. Und zwar in keine Richtung, d.h. ich bin weder Atheist noch Agnostiker, ich bin einfach nur extrem desinteressiert.« Das und mehr kluge Sätze über Religion und Fußball schrieb Frau Anje hier.

Auf dem Rückweg zu Fuß vom Werk genehmigte ich mir bei passender Kälte am Rheinpavillon das erste Kirsch-Glühbier der Saison und, soweit ich mich erinnere, überhaupt meines Lebens, derweil erste zarte Schneeflocken auf das Rheinland rieselten. (Es ist nicht anzunehmen, dass sie mit irgendwem irgendwas machten.)

Kann man trinken, demnächst jedoch wieder Glühwein mit einem Hauch Amaretto.

Mittwoch: Menschen, die sich zu Fuß, Fahrrad, Auto, Elektroroller oder Rhönrad von hier nach dort und zurück begeben, als „Verkehrsteilnehmende“ zu bezeichnen, wie heute in einem Artikel gelesen, werde ich mir voraussichtlich nicht angewöhnen.

Auch gelesen und gelacht: »Ja, scheiß doch in die Heide!« anstelle von »Ja leck mich doch …« – Sie wissen schon.

Aus einer per Kurznachricht erhaltenen Stellenanzeige im Hotelbereich: »Zu den Arbeitsinhalten gehören vor allem einfache Buchungsaufgaben, die Steigerung des Kundenstroms sowie Entspannung und Zufriedenheit.« Den beiden letzten Anforderungen fühle ich mich gewachsen.

Abends auf dem Weihnachtsmarkt gingen wir an einer Gruppe junger Leute vorbei, die sich unter Begleitung einer Geige daran machte, „O du fröhliche“ anzustimmen. Das war schön. Noch schöner wäre es gewesen, hätte man sich auf eine gemeinsame Tonart geeinigt, idealerweise die der Geige.

Donnerstag: Die Stadt Düren beschafft Iglu-artige, verschließbare Zellen aus Hartschaumstoff mit Liegefläche als Behausungen für Obdachlose, wie morgens gemeldet wurde. Das ist erstaunlich, schließlich leben wir in Deutschland, wo mutmaßlich zahlreiche Vorschriften unter anderem zu Miet-, Sozial-, Steuer und Urheberrecht, öffentlicher Ordnung, Brand-, Daten-, Natur-, Klima- und Jugendschutz einer Aufstellung derartiger Behausungen auf öffentlichen Flächen entgegenstehen, hinzu kommen Einwendungen von ADAC, ADFC, PETA, Katholischer Kirche, Letzte Generation und Amnesty International. Gleichwohl: Gäbe es einen Spendenaufruf, sich als Bürger an der Beschaffung zu beteiligen, wäre ich sofort dabei.

Zu den Dingen, über die mich zu ärgern wundern ich nicht müde werde, gehört dieses: Morgens auf dem Weg ins Werk sah ich zwei Läufer, die nebeneinander plappernd mitten auf dem Radweg am Rhein liefen, so dass Fahrräder nur knapp an ihnen vorbei kamen. Wegen zu erwartender Ein- und Aussichtslosigkeit verzichtete ich auf eine Ansprache, zumal ich mich zu Fuß auf dem mindestens genauso breiten Fußweg fortbewegte.

»Wir sprechen Baumarkt«, stand an einem Lieferwagen am Wegesrand. Offenbar eine sehr seltsame Sprache.

Aus einem Zeitungsbericht über Forderung nach einer Umstrukturierung der Deutschen Bahn: »Die Bahn müsste eigentumsrechtlich in seine Einzelteile zerlegt werden.«

Freitag: Waren Sie auch vor längerer Zeit darüber irritiert, wie viele Eltern ihr Kind plötzlich Miles nennen und dies in der üblichen Weise auf ihrer Autoheckscheibe kundtun? Bis Sie bemerkt haben, dass es sich um Fahrzeuge eines neuen Mietwagenanbieters handelt? Einen solchen Wagen sah ich morgens am Straßenrand abgestellt; bei diesem hatte sich jemand die Mühe gemacht, jeweils den unteren Querbalken des E zu entfernen. Ich musste kurz und heftig grinsen.

Während der Rückfahrt mit dem Rad blies mir eisiger Gegenwind ins Gesicht und ließ mich leiden. Dabei sind es mal gerade um die null Grad. Wie soll das erst werden, wenn es richtig kalt wird?

Samstag: Nach dem Frühstück, das heute den Namen verdiente, da wir einigermaßen zeitig aus den Betten kamen, unternahmen der Liebste und ich eine Ausfahrt ins Ahrtal, wo wir drei Weingüter etwas reicher machten, auf dass die heimischen Vorräte in unserem Keller niemals versiegen. Wobei damit auch ohne die heutigen Einkäufe auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist, voraussichtlich werde ich den Tag nicht erleben, da die letzte Flasche entkorkt wird. Nach mir die Trinkflut.

Pendler über Dernau

Abends begaben wir uns mit befreundeten Nachbarn zum Gänseessen in einem Restaurant. Weiß der Himmel, warum Gänse ausschließlich in der Vorweihnachtszeit gegessen werden, wohingegen Hühner und Enten zum ganzjährigen Verzehr zugelassen sind. Wie auch immer, es war sehr angenehm mit angemessener, nicht ausufernder Weinbegleitung.

Sonntag: Als ich morgens Brötchen holte, erwachte langsam der Weihnachtsmarkt, die ersten Budenbetreiber bereiteten sich und ihr Angebot vor für den Besucheransturm des Tages. Eigentlich ist die Existenz von Weihnachtsmärkten ein Beweis für die Nichtexistenz Gottes: Wenn es ihn gäbe, würde er derartiges Treiben zu seines Sohnes Ehren wohl kaum dulden.

Nach Rückkehr hörte ich erstmals in diesem Jahr „Last Christmas“ im Radio, was ich nicht halb so schlimm finde wie die sprechenden, sich bewegenden Hirschköpfe an einer Weihnachtsmarktbude auf dem Münsterplatz.

Die Lesung am Abend hat Spaß gemacht, wobei sie mehr Besucher vertragen hätte. Mehrere, die mir ihr Kommen angekündigt hatten, blieben dann doch weg. Ich werfe das niemandem vor, vielleicht war der erste Adventssonntag nicht der ideale Termin dafür. Diejenigen, die da waren, hatten augenscheinlich Vergnügen, immerhin.

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Kommen Sie gut, ohne Zorn und harte Anschläge durch die Woche.