Montag: In einem Artikel las ich den schönen Begriff „leidensgerechte Arbeitsplätze“ und fühlte mich verstanden.
„Ich bin ja noch Frischling“, sagte ein augenscheinlich jüngerer Kollege in einer Besprechung. Die legendäre Erika Fuchs hätte es vielleicht mit einem „Quiek!“ versehen.
Man ist ja inzwischen einiges gewohnt an seltsamen mitmenschlichen Gewohnheiten und Verrichtungen. Wie der Nachbar und Hauseigentümer von gegenüber am frühen Abend veranschaulichte, liegen Eigentum und eigentümlich nicht weit auseinander, als er bei Wind und Regen über eine Leiter aus dem Laden im ersten Stock in das Gärtchen darunter herabstieg, um die Fenster der vermieteten unteren Wohnung zu putzen und nach erfolgter Reinigung wieder über die Leiter entschwand wie ein Dieb in der Dämmerung.
Ansonsten bot der Tag wenig Anlass zur Beanstandung, das kann man ja auch nicht von jedem Montag behaupten.
Dienstag: Der Russland-Ukraine-Konflikt eskaliert. Der Westen ist hilflos entsetzt, droht und sanktioniert im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ein Thema, mit dem mich eingehender zu befassen ich aus Gründen der persönlichen Seelenhygiene nicht gewillt bin, also jedenfalls nicht über das hinaus, was dazu ohnehin aus den Rundfunknachrichten und Zeitungsüberschriften zu mir dringt. Ähnliches gilt für die aktuelle Inflation, wobei das eine das andere schon bald heftig treiben könnte. Das kann schon ein wenig auf die Stimmung drücken, wenn man nicht aufpasst.
Doch bot der Tag auch Komisches: In seinem Leserbrief an den General-Anzeiger lässt uns Josef B. wissen, in seiner lange zurückliegenden Zeit als Gärtnerlehrling (heute: Auszubildende*r im Grünpflegefach) hätten sie Zigarettenkippen sammeln müssen, daraus wurde dann ein Sud zur Blattlausvergrämung gekocht. Wie viele der Nachwuchsgärtner dadurch sprichwörtlich vom Blatte fielen, bleibt offen. Ergänzender Gedanke von mir: Altöl müsste auch funktionieren.
Mittwoch: Durch klare, nachvollziehbare Regeln wird in Bonn erstmals wieder ausgelassenes und gefahrloses Feiern von Karneval ermöglicht. Aufgabe: Lies dir die Schilder durch und diskutiere mit deinem Trinkkumpanen darüber.


Unterdessen haben die Bonner Bürger die Maskenpflicht in der Innenstadt für beendet erklärt, jedenfalls legt der am Abend beobachtete Anteil der Maskenträger dies nahe.
Donnerstag: Ein Urlaubstag. Weiberfastnacht, zum zweiten Mal Karneval im Konjunktiv. Statt Kölsch und Saaleinmarsch mit Musik eine Erkältung, Einmarsch in die Ukraine (das am Dienstag dazu vermerkte ist seit heute kaum einzuhalten), eine nicht geplante Fahrt mit dem Liebsten nach Ostwestfalen aus traurigem Anlass und eine Kaltfront mit Regen und Wind. Außerdem ein negatives Testergebnis, immerhin das war positiv zu vermerken.
Freitag: Frühmorgens kam der erwartete, gleichwohl befürchtete Anruf. Die beste aller Schwiegermütter hat diese Welt verlassen.
Nachmittags verfinsterte sich der Himmel innerhalb von Minuten, kurz darauf Blitz, Donner und Hagel. Letzterer nur kleinkörnig, dafür in so erheblicher Menge, dass die Fahrradfahrt nach Hause zu einem Abenteuer mit nassen Füße wurde.
Ein wenig beneide ich jene, die heute schon sagen können, wie viele Tage sie noch zu arbeiten haben bis zum Ruhestand. Wobei das natürlich immer nur ein Hoffnungswert ist, den das Schicksal jederzeit zu kürzen vermag, zurzeit mehr denn je.
Samstag: Aufgewacht mit Kopfschmerzen wie nach übermäßigem Alkoholkonsum und diffusen Erinnerungen an einen Disput, bei dem unter anderem das Wort „Stubenputin“ fiel. Dabei war die Menge an Wein gestern Abend überschaubar gewesen, vielleicht war mein Körper erkältungsbedingt weniger aufnahmefähig.
Der Hauskonflikt löste sich im Laufe des Vormittags auf, auch der Kater zog seine Krallen nach einem sonnenbeschienenen Spaziergang ein. Während des Gehens fragte ich mich, wo die nächsten amerikanischen Atomwaffen lagern, was man so denkt, wenn man sonst nichts zu bedenken hat. Antwort: In Büchel in der Eifel, wie eine anschließende Recherche ergab. Das ist weniger als neunzig Kilometer von uns entfernt.
Laut Zeitung wird Russland vom ESC ausgeschlossen. Mit dem baldigen Befehl zum Rückzug ist dennoch nicht zu rechnen.
Eine Spaziergängerin hat bei Rheinbach-Loch zwei Sexpuppen aufgefunden, wie die Zeitung ebenfalls berichtet, eine davon mit »kindlichem Erscheinungsbild«, was seit Sommer 2021 verboten ist, betreffend »sowohl die Zurverfügungstellung solcher Puppen zum Verkauf oder zur Nutzung sowie den Erwerb und den Besitz«. Die Kriminalpolizei ermittelt deswegen, nachdem sie die Liebesfiguren »spurenschonend« sichergestellt hat.

Sonntag: Als ich morgens aufwachte, schlief mein Optimismus noch, auch im Laufe des Tages wurde er nicht richtig munter. Vielleicht braucht er mal Urlaub.
Heute wäre der Godesberger Karnevalszug gewesen. Es wäre übertrieben, zu behaupten, dass ich ihn sehr vermisse, doch musste ich nach dieser Woche voller großer und kleiner Konflikte kurz überlegen, was noch einmal der genaue Grund für seine Absage war.
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Haben Sie eine angenehme, möglichst konfliktarme Woche, möge der Optimismus bald wiederkehren.