Montag: Während der Radfahrt ins Werk und zurück wurde ich heute zweimal von Autos behindert, die unmittelbar vor mir auf dem Radstreifen anhielten, und zweimal von Radfahrern, die ohne nach hinten zu schauen einfach vor mir einbogen. Viel mehr ist über diesen ansonsten an Ungemach armen Tag nicht zu vermerken.
(Bitte denken Sie sich hier ein ausgiebiges Stöhnen und Seufzen.)
Dienstag: Als grundsätzlich und erst recht öffentlich ungern Telefonierender wird es mir für den Rest meiner vielleicht noch zahlreichen Tage ein Rätsel bleiben, warum so viele bereits morgens deutlich vor acht schon mit dem Telefon am Ohr (beziehungsweise flach vor das Gesicht gehalten) durch die Gegend laufen.
Dienstag ist Gehtag.
Zum Weltnudeltag gab es in der Kantine Spaghetti Bolognese. Dessen ungeachtet entschied ich mich für Krakauer an Kartoffelsalat.
Das Duden-Wort des Tages lautet „resultativ“, das Jugendwort des Jahres „smash“. Von mir aus.
Mittwoch: Zu früher Morgenstunde erwachte ich aus einem Traum und dachte: Das ist witzig, das muss ich mir merken und später bloggen. In der Tat gelang es, was keineswegs selbstverständlich ist, mir das Geträumte bis zum Morgen und darüber hinaus zu merken. Nur war es bei Lichte betrachtet weder witzig noch sinnergebend, daher bleibt es ungebloggt.
Mittags auf dem Rückweg vom Essen begegneten mir zwei Damen, deren eine also sprach: „Es gibt ja so‘ne und solche, aber DAS sind die allerschlimmsten.“ Ich weiß nicht, wer oder was gemeint war, fand es indes notierenswert.
Ich weiß wirklich nicht, warum dieses Gebäude immer wieder ins Bild springt.
Die dümmste Überschrift des Tages las ich im Tagesspiegel: »Wenn‘s am Briefschlitz selten klappert«.
Es ist fast November, und der Wettermann verkündet für die nächsten Tage bis zu sechsundzwanzig Grad. Was für Zeiten.
Donnerstag: Das Schöne an einer Partnerschaft ist, man hat jemanden an der Seite. Das Schlechte: Man wird nachts von der Seite angeschnarcht.
Ein weiteres zu unrecht vernachlässigtes Problem ist die Lärmemission von Straßenkehrmaschinen.
Freitag: Morgens fand ich die Haupteingangstür zum Bürogebäude verschlossen vor. Doch zeigte sich der Werkssesam am Seiteneingang einlassbereit, wodurch sich die Hoffnung auf einen arbeitsfreien Tag schnell verflüchtigte.
Schnell und zudem lichtlos war der Geliebte morgens mit dem Fahrrad unterwegs, was von der Staatsgewalt nicht unbemerkt blieb.
Augenscheinlich sieht sich auch der Freund und Helfer inzwischen als kundenorientierter Dienstleister.
Samstag: Besuch der Mutter in Bielefeld, aus logistischen Gründen mit dem von mir wenig geschätzten Automobil. Wieder einmal wurde deutlich, wir benötigen nicht nur ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, sondern auch mehr Kontrollen und schmerzhaftere Bußgelder. Es ist schon bemerkenswert, wie viele Autofahrer bestehende Geschwindigkeitsbegrenzungen mit großer Selbstverständlichkeit und hohem Tempo ignorieren. Dazu passend schrieb Dr. Stefan F. aus N. in seinem Leserbrief an den Bonner General-Anzeiger: »Nach meiner Überzeugung ist die größte Gefahr für unser Gemeinwesen nicht der Klimawandel, sondern die Forderung, individuelle Freiheiten zur Bekämpfung des Klimawandels zu beschneiden.« Überzeugungen wie diese sind es, die mir jede Hoffnung auf einen längerfristigen Fortbestand unserer Spezies längst genommen haben und die diesen auch nicht länger rechtfertigen lassen.
Das WESTFALEN BLATT über die Zeitumstellung
Sonntag: Die Rheinnixe hat ausgedient. Jahrzehntelang verband sie das Bonner Rheinufer mit Bonn-Beuel. Nachdem der Fährmann seine letzte Überfahrt ins Jenseits angetreten hat, findet sich niemand, der den Job übernimmt, auch sollen die Fahrgastzahlen rückläufig sein. Deshalb haben sich die Betreiber entschlossen, die Verbindung einzustellen. Ich habe sie höchstens zwei- oder dreimal benutzt; mir leuchtete nicht ein, sich gegen – wenn auch geringes – Entgelt mit der Fähre ans andere Ufer bringen zu lassen, wenn man auch entgelt- und wartezeitfrei die naheliegende Brücke nutzen kann. Trotzdem schade, mit der Rheinnixe verschwindet ein kleines Stück Bonn. Jetzt ist sie am Beueler Ufer festgemacht und harrt ihrem weiteren Schicksal entgegen. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis die üblichen Idioten damit beginnen, sie zu beschmieren und die Scheiben einzuschlagen.
Die Rheinnixe heute Mittag in Beuel
Aufgrund der aktuellen Wetterlage waren beide Rheinufer von mehr oder weniger sommerlich bekleideten Menschen zu Fuß und zu Fahrrad bevölkert. Zurück auf der Bonner Seite endete der Spaziergang mit dem in diesem Jahr voraussichtlich letzten Besuch des Lieblingsbiergartens, wo ich die persönliche Untergangsstimmung bei einem kühlen Hellen genoss.
Montag: Die Eisbahnbetreiber wünschen sich einen möglichst kalten Winter, um Energie zu sparen, steht in der Zeitung. Außerdem wird in völlig anderem Zusammenhang von einer „etwa 12 Jahre alten Teenagerin“ berichtet. Man muss sich wundern, was hiermit getan sei.
Morgens sah ich eine junge Frau in der für junge Frauen (und Männer) üblichen Weise telefonieren, mit flach vor das Gesicht gehaltenem Telefon; in der anderen Hand hielt sie ein Butterbrot, in das sie zwischen den Sätzen hineinbiss. Gerne hätte ich sie noch etwas länger beobachtet, vielleicht hätte sie irgendwann das Brot besprochen und ins Gerät gebissen.
Mittags bot die Kantine „Metzger Bratwurst“ an; meine Recherche, wo dieses Metzg liegt, blieb erfolglos.
Im August berichtete ich von einem Sturz, bei dem ich mir den rechten Ellenbogen lädiert hatte und in dessen Folge sich dort ein externes Hautläppchen bildete, der nach ärztlicher Befundung operativ zu entfernen wäre, ich möchte da nicht weiter ins Detail gehen. Aus urlaubsterminlichen Gründen war die Operation erst für heute am frühen Abend angesetzt. Indes: Seit die Wunde nicht mehr feuchtete, hatte ich die tägliche Pflasterung abgesetzt, seitdem trocknete das zu entfernende Häutchen vor sich hin. Heute Nachmittag nun, als ich nach Rückkehr aus dem Werk das Hemd ablegte, etwa eine halbe Stunde vor dem Termin, war es verschwunden. „Das kommt vor“, sagte die Ärztin. Wieder einmal sehe ich mich bestätigt: Abwarten ist oft nicht die schlechteste Option.
Dienstag: Das erste, was ich morgens hörte, kam aus dem Radio: Howard Jones sei „ein wichtiger Musiker der Achtziger“. Gewiss, er hatte ein paar Hits, unter anderem „What Is Love?“, das auch Bestandteil meiner Tonträgersammlung ist. Aber wichtig? Wodurch und für wen oder was wird ein Musiker wichtig, außer vielleicht als Ernährer oder Liebespartner? Waren die Beatles, Beethoven wichtig? Ich weiß es nicht.
Wolkenbänder umspielten am Morgen das Siebengebirge
Ein Wort, das in den letzten Tagen eine gewisse Inflation erlebt, ist „Machtwort“. Nachdem der Bundeskanzler von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht hat, weil seine zänkischen Koalitionspartner sich nicht über den vorübergehenden Weiterbetrieb deutscher Atomkraftwerke einigen konnten, gibt es hierzu keinen Medienbericht ohne den Satz „Olaf Scholz hat ein Machtwort gesprochen“. Dabei hat er nicht mal gesprochen, sondern seine Entscheidung schriftlich verkündet. Was soll das überhaupt sein, ein Machtwort? „Wumms“ ist wohl keines, allenfalls ein Erikativ. (Dieses wundervolle Wort las ich mal irgendwo als Synonym zur Wortart Interjektion. Es geht zurück auf Erika Fuchs, die langjährig tätige Übersetzerin der Donald-Duck-Comicks; Beispiele ihres Schaffens waren „Schluck!“, „Würg!“, „Seufz“, „Grummel“ und „Ächz!“.)
Mittwoch: Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation bewegen sich die Deutschen zu wenig, also körperlich. (Sonst vielleicht auch, nur ist dieses zu ermitteln nicht die WHO zuständig.) Empfohlen sind zweieinhalb Stunden Bewegung in der Woche. Grob überschlagen komme ich durch Arbeitswege zu Fuß und Rad sowie Sonntagsspaziergang locker auf acht Stunden. Wenn Sie am Erwerb von Bewegungszertifikaten interessiert sind, melden Sie sich.
„Hi, was kann ich für dich tun?“ – „Mich am A… lecken.“ – „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.“ – Wenn Siri und der Geliebte ins Gespräch kommen. Kicher.
Donnerstag: Morgens rötete wieder der Himmel in gar wundervoller Weise.
Blick ans andere Ufer auf Bonn-BeuelVergleiche Dienstag
Die Flora zeigt sich nunmehr in herbstlicher Verfärbung:
Kurz vor Ankunft im Werk
Andernorts indessen dunkle Wolken über Hochspannung:
(Aus dem General-Anzeiger Bonn. Ich kann mir selbst nicht recht erklären, warum ich das komisch finde.)
Weiterhin aus der Tageszeitung:
»Zum zweiten Mal innerhalb von knapp drei Monaten ist ein Mann nach einem Polizeieinsatz in Dortmund ums Leben gekommen.« – Wie viele Leben hat(te) der?
»Ausbrüche in 14 Bonner Altenheimen« – Muss das nicht „aus“ heißen?
Gaspreisbremse ist auch eins von diesen zurzeit allgegenwärtigen Wörtern, die es vor wenigen Monaten noch gar nicht gab.
Freitag: Heute war ein Tag, an dem viel geschah und getan wurde, jedoch nichts, was hier zu notieren wäre. Alles andere finden Sie in der Zeitung oder den Medien Ihres Vertrauens. Immerhin ist Freitag und es gibt Alkohol.
Samstag: Der von mir mittlerweile bevorzugte Radiosender WDR 4 (ich kann es noch immer nicht recht glauben, wie sich dieser ehemalige Störsender der Achtziger gewandelt hat) spielt an diesem Wochenende die „Top 444“, welche die Hörer in den Wochen zuvor wählen konnten. Unter anderem wählten sie Nicole, die 1982 den Grand Prix Eurovision de la Chanson gewann, als der noch nicht Eurovision Song Contest hieß und die deutschen Beiträge nicht regelmäßig verloren, mit „Ein bisschen Frieden, ein bisschen Sonne … ein bisschen Wärme, das wünsch‘ ich mir“. Immerhin das mit der Sonne und Wärme ist in Erfüllung gegangen.
Kein Schreibfehler ist das schöne Wort „Unterschank“, das heute in der Zeitung zu lesen ist im Zusammenhang mit unzureichend gefüllten Bierkrügen auf dem Münchener Oktoberfest.
Bei Frau Kaltmamsell las ich was über gebratene Penisse, aus denen beim nochmaligen Lesen Panisse wurde. Ich weiß nicht, was Panisse ist, fand es dennoch irgendwie beruhigend.
Sonntag: Noch etwas Herbst in Bildern, aufgenommen beim Spaziergang, der wegen angenehmer Milde etwas länger ausfiel als ursprünglich geplant.
Am RheinuferIn der Nordstadt
»Bin ja wohl vertraglich nicht verpflichtet, mir hier immer jede Woche ‚was Neues ausdenken zu müssen«, lese ich im wöchentlichen Newsletter* „Wittkamps Woche“, den zu lesen ich erst heute Gelegenheit fand, nicht, weil ich so beschäftigt wäre mit wichtigen Dingen, vielmehr hat es sich einfach nicht eher ergeben. Das passiert schonmal bei privaten Mails, wenn ich sie nicht sofort nach Eingang lese, vielleicht kennen Sie das. Das Abonnement von „Wittkamps Woche“ empfehle ich; bei Interesse bitte hier entlang.
*Newsletter ist auch einer jener eher unschönen Anglizismen, für die mir keine Entsprechung im Deutschen einfällt. „Nachrichtenbrief“ klingt albern, „Mitteilung“ unpassend. Daher also Newsletter.
Montag: Der erste Arbeitstag der Woche war lang, da ich nachmittags die Einladung zu einer Besprechung um 17 Uhr auszuschlagen nicht über das Herz brachte. Vormittags verlangte der Rechner nach einem Neustart, weil irgendwelche Software zu aktualisieren war. Mehrere Minuten bezahltes aus dem Fenster Schauen, man kann sein Geld auf härtere Weise verdienen. Meine persönliche Stimmung war zufriedenstellend, auch solche Montage gibt es manchmal.
Im Zusammenhang mit der Weitung von Wissen benutzen viele gerne das zweifelhafte Wort „aufschlauen“. Im selben Sinne las ich in einer Mail das Word „aufbeefen“ und stellte mir sogleich vor, wie der zu Beefende mit Lappen von Rindfleisch umwickelt, anschließend wie ein Rollbraten umschnürt wird, auf dass die Lappen nicht abfallen. Trat nicht einst Lady Gaga ähnlich gewandet mal auf die Bühne, oder habe ich das geträumt?
Fleischlos dagegen das Mittagessen, für mich gab es Maultaschen mit geräucherter Käsesoße. Wie räuchert man Käsesoße?
Nach dem Essen ging ich eine Runde durch den Park, wo der Herbst nun langsam beginnt, die verbliebenen, im Sommer noch nicht vorzeitig abgeworfenen Blätter bunt zu färben. Er ist spät dran, oder kommt mir das nur so vor?
……
„Wir haben da noch ein hick up“, hörte ich in einer Besprechung und bekam spontan Schluckauf.
„Ich freue mich total auf die neue Aufgabe“ – Eine Kollegin wird demnächst Abteilungsleiterin. Meine Empfindungen bei solchen Nachrichten ähneln denen, wenn jemand Mutter oder Vater wird: in erster Linie mitfühlendes Bedauern.
Dienstag: Wir wohnen gegenüber der Zufahrt zum Landgericht. Jeden Morgen fährt ein Wagen vor, in dem laut Rapp gehört wird. Meine Vorbehalte gegenüber dieser – nun ja: Musikrichtung, ihrer Erzeuger und Hörer sind vermutlich unbegründet, zumal ich mich bislang nicht intensiver damit beschäftigt habe. Gleichwohl wäre es meinem Vertrauen in die Judikative dienlich, wüsste ich, dass der Fahrer dieses Wagens bei Gericht statt für Rechts- für die Grünpflege zuständig ist.
Beim Mittagessen in der Kantine waren wir zu viert, was nur noch selten vorkommt. Während des Essens anderer Leute Gespräche nicht folgen zu müssen zähle ich zu den eher angenehmen Begleiterscheinungen der Seuche. Tischthema waren Kaffeemaschinen und -mühlen, welche am besten brühen, welche am besten mahlen; erstmals hörte ich in solchen Zusammenhängen den Begriff „Einkreiser“. Man zeigte sich gar gegenseitig Bilder auf den Datengeräten. Anderer Leute Nachwuchs oder Partybegegnungen ungefragt unter die Nase gehalten zu bekommen finde ich zumeist ermüdend; ihre Haushaltsgeräte anzuschauen ist indes am Rande des Unerträglichen. Anschließend gingen die Kaffeeliebhaber zu einem der in Werksnähe zahlreichen mobilen Ausschänke, um Kaffee aus Pappbechern zu trinken. Ich verzichtete zugunsten einer Runde durch den Park. Alleine, ohne Gehkaffee. Oder „ambulanten Verzehr“, wie ich irgendwo las.
Mittwoch: Vormittags im Werk wurde ich Zeuge einer Bestandsbegehung. Das ist nicht nur ein tolles Wort, sondern auch ein toller Job: Zwei Personen ziehen klemmbrettbewehrt von Büro zu Büro, um nach eigenem Bekunden zu prüfen, ob noch alle Wände stehen. Nachdem ich das Vorhandensein aller Wände bestätigt hatte, jedenfalls habe ich in letzter Zeit keine vermisst, machte die Dame ein Kreuz in ihrer Liste und sie zogen weiter.
Seit gestern liegt auf der Spüle in der Werks-Kaffeeküche ein Pizzakarton. Erst heute bemerkte ich, dass sich darin noch eine komplette Pizza befindet. Was geht nur vor in den Leuten?
Donnerstag: Morgens auf dem Weg ins Werk sah ich Rot.
…
Oft sind es kleine Dinge, die die Welt ein wenig besser machen: Mittags gab es in der Kantine einen ganz vorzüglichen Erbseneintopf, dazu frisches Brot. Erst gestern um diese Zeit dachte ich, die könnten hier öfter mal Eintopf anbieten – et voila. Deshalb dachte ich heute nach dem Essen etwas intensiver an Entenbrust mit Orangensoße; vielleicht hilft es ja.
Danach sah ich im Park einen älteren Herren, dem in einigen Metern Abstand ein (augenscheinlich nicht viel jüngerer) Langhaardackel folgte. Plötzlich bekam der Dackelbauch kurzfristig Bodenkontakt, weil der Hund in ein kleines rundes Loch getreten war, das wohl dazu dient, bei Bedarf einen Absperrpömpel* einzustecken. Das sah sehr drollig aus, daher musste ich kurz lachen, wofür ich den Dackel und PETA ausdrücklich um Entschuldigung bitte. Bei dieser Gelegenheit herzliche Grüße und die besten Genesungswünsche an die Dackeldame in München!
*Für diejenigen, denen Pömpel kein gängiger Begriff ist: In Ostwestfalen, wo ich wech komme, ist Pömpel ein Sammelbegriff für Pfahl, Pfosten, Poller, aber auch Saugglocke für verstopfte Abflüsse. Ob das woanders auch der Fall ist, entzieht sich meiner Kenntnis, daher vorsorglich diese Erläuterung.
Freitag: „Hier ist bald nicht mehr lange“, hörte ich morgens den Geliebten sagen. Wenngleich die Bedeutung im Dunst des Unklaren blieb, erschien es mir notierenswert.
Das am Vortag empfundene Entenbrustsehnen blieb unerfüllt. Stattdessen gab es mittags Heringsfilets mit Sahnesoße an Kartoffeln, somit immerhin etwas mit Wasserbezug. Auch gut.
Samstag: An manchen Tagen sind mir andere Menschen am liebsten, wenn sie jenseits der Frontscheibe der Lieblingsweinbar vorübergehen und mich mit meinem Rosé oder (heute) Riesling in Ruhe lassen.
Von der Weinbar aus blickt man auf eine stark befahrene Kreuzung. Erhielte ich für jeden Wagen, der noch schnell trotz Rotlicht weiter fährt, zehn Cent, wäre mein Verzehr finanziert.
Der Liebste wurde per Anwaltsschreiben im Namen einer ominösen „Interessengemeinschaft Datenschutz“ zur Zahlung von 170 Euro angehalten, weil er auf seiner Internetseite „Google Fonts“ verwendet, das laut Schreiben dazu neigt, die IP-Adressen der Seitenbesucher in die USA zu übermitteln, oder so ähnlich. Es wird immer verrückter.
Sonntag: Erst gegen elf Uhr verließ ich mit gewissem Widerwillen das Bett, nachdem mich zuvor ein inneres Unbehagen, dessen Ursache ich nicht benennen könnte, früh erwachen und immer wieder für nur kurze Zeit einschlafen ließ.
Man soll sich nicht über Namen erheitern, ich weiß. Dennoch wüsste ich gerne, welche Tätigkeit die Vorfahren der in der Sonntagszeitung zitierten Elke M. Schüttelkopf ausgeübt haben.
Während des Spazierganges ging ich an einem Hauseingang vorüber mit dem üblichen Hinweis »Keine Werbung einwerfen« am Briefkasten, ergänzt um die Einschränkung »Außer für Schuhe«.
Ich habe übrigens, neben vier weiteren, ein Buch von Harald Welzer in den öffentlichen Bücherschrank gebracht. Nicht, weil den gerade alle doof finden, sondern weil ich es doppelt hatte.
Betrachte ich die Sache recht, so findet sich kein einziges Merkmal, mit dessen Hilfe ich unzweifelhaft bestimmen könnte, ob ich wach bin oder träume.
Montag: Sonniges Herbstwetter motivierte mich an diesem Einheitsfeiertag zu einem längeren Spaziergang, der unter anderem entlang der Universitäts-Institute in Bonn-Poppelsdorf führte.
„Mit Verstand und Hammer“ (oder so ähnlich, mein Großes Latinum ist etwas in die Jahre gekommen)
»Zauberland is‘ abgebrannt“, steht auf einem Banner an der Mauer des Alten Friedhofes in der Innenstadt. Wer Urheber dieser Schrift ist und was damit zum Ausdruck gebracht werden soll, war im Vorbeigehen nicht zu erkennen; diesbezüglich Auskunft erteilende beziehungsweise Flugblätter aufdrängende Personen fehlten ebenso. Vielleicht ist es einfach als Zusammenfassung der derzeitigen Weltlage zu interpretieren, ganz unpassend wäre es nicht.
Zunehmend ist das Wort „Öffis“ zu hören und lesen, wenn Bus und Bahn gemeint sind. Damit muss man wohl leben.
Dienstag: Morgens während der Fahrradfahrt ins Werk unterstrich Gegenwind den Widerwillen. Auch mein Mitarbeiterausweis zeigte sich zunächst unwillig, mir Zugang zum Büro zu verschaffen, was nur zu kurzer Verzögerung führte, da die anwesende Kollegin mir mit ihrem Ausweis die Tür öffnete. Wenig später funktionierte auch mein Ausweis wieder; die Welt ist manchmal voller kleiner Wunder.
Der Maileingang war für zwei Wochen Abwesenheit erstaunlich gering, auch inhaltlich frei von Unbill. Die meiste Energie kostete, wieder Interesse entgegenzubringen den Dinge, für die zu interessieren sie mich gut bezahlen.
Mittwoch: Die Tageslaune war schon wesentlich besser als gestern, ich ließ mich gar hinreißen, an einer Teams-Besprechung teilzunehmen, zu der man mich spontan hinzuzuziehen suchte; üblicherweise ignoriere ich solche Überfallversuche, da ich sie für eine Unart halte. Des Weiteren wies der Kalender heute nur eine Besprechung auf, die gegen Mittag abgesagt wurde; da gibt es nichts zu beklagen.
Als besonders dümmliches Synonym las ich in der Zeitung das Wort „Sohlengänger“ für Bär, was die üblichen „Vierbeiner“ und „Samtpfoten“ an Dämlichkeit erblassen lässt.
Abends öffnete ich aufgrund eines Versehens, vermählt mit Unkenntnis, eine Flasche Burgunder, deren Preislage einem gewöhnlichen Mittwochabend unangemessen war. Nun, da sie schonmal entkorkt war – was soll man machen.
Donnerstag: Vergangene Nacht schlief ich schlecht. Ein Zusammenhang mit dem Vorabendburgunder ist auszuschließen.
Morgens auf dem Weg ins Werk überholte ich zu Fuß am Rheinufer einen jungen mutmaßlichen Vater, der dadurch auffiel, dass er mit beiden Händen den Kinderwagen schob, das heißt, im Gegensatz zu den meisten Eltern dieser Generation schaute er beim Schieben der Brut nicht aufs Datengerät. Gibt es wirklich noch keine Kinderwagenhalterungen für Datengeräte, die man am Griff befestigt und so schiebend draufschauen kann, oder habe ich das nur noch nicht gesehen? Flösse statt Beamten- etwas Gründermentalität in meinen Adern, würde ich diese Geschäftsidee vielleicht aufgreifen und reich werden.
Etwas später ging über dem Siebengebirge die Sonne auf. Beim Anblick eines Sonnenaufgangs kommt mir jedes Mal ein Musikstück in den Sinn, das wir vor geraumer Zeit in der Grundschule im Musikunterricht durchnahmen. Es hieß, so weit ich mich erinnere, „Sunrise Melody“ und war von, da bin ich mir unsicher, Carl Orff oder Béla Bartók. Die Melodie habe ich noch im Ohr und kann sie problemlos pfeifen oder summen – es beginnt verhalten mit Flötenspiel, bei jeder Strophe kommen weitere Instrumente hinzu, bis es in orchestraler Wucht endet; von der Machart her ähnlich dem Boléro von Ravel, nur ganz anders. Bereits mehrfach habe ich in des Netzes Weiten danach gesucht, es jedoch bislang nicht gefunden. Wenn Sie das Stück kennen und gar wissen, wo es zu finden ist, wäre ich für einen Hinweis sehr dankbar. (Vielleicht hieß es auch gar nicht „Sunrise Melody“ und war weder von Orff noch Bartók; die Erinnerung verfärbt sich bekanntlich ganz gerne nach so vielen Jahren.)
„Dank Feiertag ist heute schon Donnerstag“, schrieb einer in einer Mail. Welcher Tag wäre heute wohl ohne den Feiertag?
Freitag: „Unsere leeren Flaschen recyceln wir. Warum nicht unsere Straßen?“ steht auf einem Plakat in der Innenstadt. Vielleicht, weil wir keine leeren Straßen haben?
Samstag: Ein Experte im Radio zur Frage, warum wir uns parfümieren: „Wir riechen lieber wie ein Ochse ums Gemächt als nach Mensch.“
Den Tag verbrachte ich mit befreundeten Nachbarn im Ahrtal, wo wir von der Möglichkeit Gebrauch machten, an mehreren Ausschankhütten die Wanderung mit Weintrinken für den Wiederaufbau zu verbinden. An einer der Schankstellen wurde üble Partysaufmusik gespielt, die den Trinkgenuss nur geringfügig zu trüben vermochte. Doch steckt im Übel oft auch was Gutes – eine Liedzeile habe ich mir gemerkt: „Langweilst du dich genauso wie mich?“ Eine Frage, die sich gut in einer Besprechung anbringen lässt.
Im Hintergrund das noch immer von den Zerstörungen der Flut gezeichnete DernauOberhalb von Dernau scheint die Weinwelt in Ordnung
Sonntag: Beim Spaziergang zog ich mir am Rhein den Unmut eines entgegenkommenden Radfahrers zu, weil ich ihm auf dem Fußgängerstreifen keinen Platz machte. Von einer Belehrung oder gar Beschimpfung sah ich ab, das führt zu nichts.
Es bleibt schwierig
Ein Punkt ist oft überzeugender als eine Aneinanderreihung von Ausrufezeichen. Daher endet auch diese Woche mit einem Punkt.
***
Kommen Sie gut durch die neue, feiertaglose Woche.
Montag: Die bekannte Fischrestaurantkette bietet als „Fang der Woche“ Wels-Currywurst mit Pommes an, wie ich morgens auf dem Weg zum Bahnhof sah. Guten Appetit.
Ich reiste ins Allgäu, wo ich vier Tage lang den ersten Alleinurlaub seit – lassen Sie mich überlegen: sechsundzwanzig Jahren verbrachte. (Zuletzt war ich 1996 allein auf Gran Canaria, nachdem sich mein damaliger Freund von mir getrennt hatte und der Kessel brummte; das ist eine andere Geschichte.) Hier im Allgäu machten wir oft mit der Familie Urlaub, deshalb war es auch eine Reise in meine Jugend.
Die Bahnfahrt verlief nicht pünktlich, doch immerhin so wenig verspätet, dass ich in Ulm den Anschluss noch bekam. Bis Ulm reiste ich im Abteil, weil der gebuchte Intercity in der ersten Klasse, die ich mir gönnte, nur Abteilwagen aufwies. Derart reise ich ungern wegen der Gegenüberfußproblematik und der Gefahr, ins Gespräch verwickelt zu werden. Es sprach trotz fünf belegter Plätze jedoch niemand, einschließlich Gruß- und Abschiedsformel. Zudem hatte ich einen Fensterplatz mit Blick auf den Rhein, also nahezu perfekt.
„Tragen Sie Ihre Maske aktiv über Mund und Nase“, wurde regelmäßig durchgesagt. Wie trägt man eine Maske aktiv, und wie passiv?
Ab Memmingen nahm ich erstmals trotz verhüllter Nase den regionaltypischen Kuhdungduft wahr und lächelte unter der aktiv getragenen Maske. Sie werden vielleicht zu recht einwerfen, dass die bedenkliche Ausbringung von Gülle Ursache dieser olfaktorischen Empfindung ist. Dem widerspreche ich nicht, möchte damit nur zum Ausdruck bringen, dass genau dieser Geruch für mich untrennbar mit den früheren Familienurlauben verbunden, somit positiv besetzt ist.
BeiAnkunft am Zielbahnhof lächelte ich noch mehrDie Dieseltriebzüge der Baureihe 633 weisen nicht nur eine übelgelaunte Physiognomie auf, sie sind auch recht unkomfortabel und dröhnen innen sehr laut. Für längere Reisen nicht zu empfehlen.Im Hintergrund der Niedersonthofener See
Nach Ankunft in Martinszell (eigentlich Oberdorf, der Ort Martinszell liegt etwa einen Kilometer vom gleichnamigen Bahnhof entfernt) schloss sich ein etwa einstündiger Spaziergang zur Unterkunft in Niedersonthofen an, den ich bei Sonnenschein auch innerlich strahlend zurück legte. Ich sah viel Vertrautes; gleichwohl hat sich in den vergangenen zweiunddreißig Jahren, seit ich das letzte Mal hier war, einiges verändert.
Gegen Abend der See nochmal aus der Nähe Der Grünten, gleichsam der Mont Ventoux des Oberallgäus
Abendessen im Restaurant. Der Landgasthof ist für Einzelesser nicht optimal möbliert. So belegte ich alleine einen Sechsertisch und hatte fast ein schlechtes Gewissen, als ich das zweite Bier bestellte. Hauptsache, mir wurde kein auf Englisch das Gespräch suchender Beisitzer zugeteilt. (Da ich diesen Gedanken bei Tisch ins Notizbuch schrieb, halten sie mich jetzt vielleicht für einen Testesser von Michelin. Mal sehen wie der Service in den nächsten Tagen wird.)
Als Absacker bestellte ich einen Enzian. Schmeckte gar nicht mal so gut, außerdem ist er klar, nicht blau. Heino lügt. (Kleine Gaudi am Rande, verzeihen Sie. Ich weiß natürlich, dass Enzian blau blüht.)
Dienstag: Bereits vor dem Weckergetöse wachte und stand ich auf. Bis mittags regnete es andauernd, was mich dank Lektürevorrat nicht grämte. Als der Regen kurz nach zwölf nachließ, machte ich mich auf zu der Tour, auf die ich mich seit Buchung dieses Aufenthalts am meisten freute. Sie führte über Oberdorf (bitte nicht verwechseln mit Oberstdorf) durch das Werdensteiner Moos, über Eckartz, Freibrechts und Gopprechts zurück nach Niedersonthofen.
Auf dem Weg nach OberdorfMont Grünten in Wolken, rechts hinten die Oberst(!)dorfer AlpenLetztere aus anderer Perspektive Zwischen Oberdorf und EckartzEbenso, nun sonnenbeschienenGopprechtsEs muss schlimm sein, den Tag mit so einer Glocke am Hals zu verbringen. Immerhin wurden ihnen nicht, wie den meisten Artgenossinnen, in jungen Jahren die Hörner weggeätzt. Insgesamt wirkten sie relativ glücklich.
Das Werdensteiner Moos ist ein ehemaliges Torfabbaugebiet, das ab den Neunzigerjahren renaturiert worden ist. Bis dahin war es ein unzugänglicher Wald, so kannte ich es noch aus früheren Urlauben. Heute führt ein Rundweg hindurch, mit Informationstafeln zur Geschichte des Torfabbaues und Natur des Mooses/Moores.
…………
Zwischendurch regnete es immer wieder. Dennoch – und trotz nach Rückkehr feuchter Füße – stimmten Vorfreude und Ereignis völlig überein.
(Während dieser Niederschrift übt im Gasthof nebenan die örtliche Blaskapelle. Ich mag Bayern sehr, trotz Söder, Scheuer und [bitte denken Sie sich hier ein besonders intensives Würgegeräusch] Dobrindt.)
Mittwoch: Wie morgens beim Frühstück zu hören war, werden in Kempten händeringend Busfahrer gesucht. Dabei stelle ich mir vor, wie Leute diverser Verkehrsbetriebe sich in eine wild aufgemischte Menschentraube drängen, jeden fragen „Sind Sie Busfahrer?“, und sobald jemand ja sagt, stürzen sich alle auf ihn und es kommt zum Handgemenge.
Es regnete durchgehend den ganzen Tag, wie angekündigt. Das hielt mich nicht von einem längeren Spaziergang durch Oberdorf und Martinszell ab; nach monatelanger Vorfreude blieb ich nun nicht wegen Fußfeuchtegefahr im Zimmer. Nach Rückkehr waren die Schuhe komplett durchnässt, das war es wert. Vielleicht sollte ich mir mal wasserdichte Wanderschuhe zulegen.
Niedersonthofener See im Regen, Blick zum Westufer
Mein Unterkunft gewährendes Gasthaus hatte heute Ruhetag, deshalb aß ich abends (ebenfalls sehr gut) in einem Wirtshaus etwas außerhalb des Ortes. Es heißt „Sonne“, immerhin ein Lichtblick an diesem Regentag. Und doch: Alleine zu essen macht auf Dauer keinen Spaß. Drei Tage Alleinzeit sind vorerst genug, ich freue mich auf die Rückkehr in die Arme der Lieben morgen Abend.
Auf dem Rückweg vom Essen war der Grünten verschwunden, vergleiche Montag, letztes Bild
Donnerstag: Tag des Abschieds vom Allgäu. Noch immer regnete es, was den Abschiedsschmerz auch hier (siehe vergangene Woche) ein wenig linderte.
Ein letzter Blick zurück auf das umwölkte Niedersonthofen
Die Züge waren sehr voll, bereits der (viel zu kurze) Regionalexpress nach Ulm in der zweiten Klasse vollbesetzt. Wo wollten die vielen Leute hin an einem gewöhnlichen Donnerstagmittag? Vorausschauend hatte ich ja erste Klasse gebucht und fand ein angenehmes Plätzchen. Hinter Kempten geleitete die Zugbegleiterin ein älteres Paar, dessen männlicher* Teil nicht gut zu Fuß war, in das Erste-Klasse-Abteil und bat uns bereits darin Sitzende um Verständnis. Meine Frage, wofür, schließlich hatte ich nur für einen Platz bezahlt und den auch bekommen, wurde mit Kaffee-Gutscheinen für alle Abteilinsassen beantwortet, den ich allerdings zurückließ, da er nur an bestimmten süddeutschen Bahnhöfen einlösbar war, von denen ich bis Jahresende voraussichtlich keinen mehr aufsuchen werde.
*mutmaßlich, man darf das ja nicht mehr einfach so behaupten anhand äußerlichen Anscheines.
Im ICE nach Mannheim saß vor mir eine Frau, die allerlei Business-Blödsinn in ihr Telefon absonderte, und diesen Satz: „Tobi und ich haben diese Challenge, wer zuerst die Heizung andreht.“ Cool, hätte man wohl früher gesagt; wie man heute sagt, weiß ich nicht und es ist mir auch egal.
Ab Mannheim wurde mir das außergewöhnliche Vergnügen zuteil, in einem Panoramawagen der Schweizer Bundesbahn Platz zu nehmen. Eine angenehmere Art zu reisen ist kaum denkbar, obwohl man sich auch hier gegenüber sitzt, immerhin ohne diesen beengenden Tisch dazwischen.
…Wenn gegen Ende einer längeren Reise das Siebengebirge zu sehen ist, geht mir jedes Mal das Herz auf
Weitere Beobachtungen und Erkenntnisse innerhalb und außerhalb des Zuges:
In Memmingen gibt es Lärmschutzwände mit Lurchlöchern. Das sind kleine Öffnungen am Boden, darüber in etwa ein Meter Höhe jeweils ein Schild mit einem stilisierten Schwanzlurch oberhalb eines auf der Spitze stehenden Dreiecks, somit für die Durchgang begehrenden Lurche viel zu hoch angebracht.
Selbst Fabrikschornsteine wurden im neunzehnten Jahrhundert schmuckvoller gebaut als heute die meisten Wohnhäuser.
Bei Jungs mit knöchelfrei getragenen Hosen schwanke ich häufig zwischen „wie erotisch“ und „wie albern“. Bei Männern über vierzig bin ich mir sicher.
Es ist lächerlich, einen Fachhandel „Küchen Kompetenz Centrum“ zu nennen.
Freitag: Immer noch Urlaub. Dies nahm ich zum Anlass, auswärts zu frühstücken, in einer Gaststätte in der Bonner Südstadt, die bei Ankunft wenige Minuten nach Öffnung schon gut besucht war, nicht nur von Menschen im Rentenalter. Haben die nichts zu tun? Grund mag das anheimelnde Ambiente des Lokals sein; die Qualität des gereichten Frühstücks spricht indessen nicht dafür: Zum „Französischen Frühstück“ wurde kein Baguette serviert, dafür ein Körbchen mit einem Croissant (immerhin), einer Scheibe Vollkornbrot und einem Brötchen. Letzteres war offenbar billigste Aufbackware, das bereits beim Aufschneiden in mehrere Teile zerbröselte. Daher werde ich dort wohl nicht mehr so bald frühstücken.
Im Rewe sind die ersten Weihnachts-Süßwaren erhältlich, was wieder einige Konsumenten auf die Palme (beziehungsweise Tanne) bringen wird. Ich blieb am Boden, freute mich und packte einige Nougat-Marzipan-Riegel ins Körbchen.
Samstag: Ein ungewöhnlich milder Tag. Mittags in der Fußgängerzone bemerkte ich, wie nur drei Tage Allgäu ausgereicht haben, mich von Menschen in größerer Zahl zu entwöhnen und wie wenig ich es vermisst habe – Leute, die langsam vor mir her gehen und einfach stehen bleiben; Kinderwagen, die mir in die Hacken geschoben zu werden drohen; Fahrräder und Elektroroller im Fußgängerslalom; Tier-/Kinder-/Umwelt- Wasauchimmerschützer, die arglose Passanten an ihre Stände zu zerren suchen, um ihnen ein Gespräch aufzuzwingen.
Sonntag: Zwei Wochen Urlaub sind zu Ende, somit die großen Vorfreude-Ereignisse für dieses Jahr aufgebraucht. Erfreuen wir uns also weiterhin an Kleinigkeiten, die das Leben auch im Alltag bereithält.
Wie solches – das Ende eines jeden menschlichen Seins kann schöner kaum beschrieben werden:
… sie werden wohl jenen unbeliebten, aber notwendigen natürlichen Prozessen zum Opfer gefallen sein, mittels welcher die Kreisläufe des Organischen immer weiter zu kreisen befähigt sind.
Max Goldt: Preisung der grotesken Dame
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Ich wünsche Ihnen einen erfreulichen Feiertag, eine angenehme Woche und mir einen nicht allzu unlustschweren Neustart in den Arbeitsalltag. Zum Glück erst Dienstag.