Knopfaugen

Montag. Ein Montag, wie er montäglicher kaum sein kann: unendlich müde, die Nachwirkungen des Wochenendes stecken noch in den Knochen und, schlimmer, in allen Hirnwindungen; der Stachel meiner schmählichen Niederlage beim gestrigen Rosenkrieg piekst noch etwas, wenngleich er die Erkenntnis bringt, dass ich dieses Kapitel besser in die Kategorie „Dinge, die ich auch schon mal gemacht habe“ einordnen sollte.

Unendliches Vermissen, ich vermisse ihn, der im schönen Südfrankreich weilt, nur für eine Woche, während ich im Büro an meinem Schreibtisch sitze, unkonzentriert versuche, ein extrem langweiliges Dokument zu lesen ohne jede Chance, mich darauf konzentrieren zu können, immer wieder unterbrochen vom ständigen Quengeln meiner inneren Stimme, die da ruft „ich will das nicht lesen, nicht jetzt, nicht heute, ich will nach Hause, aufs Sofa, ins Bett“; dann auch noch eine Besprechung von halb eins bis fünf, immerhin recht interessant; Montag.

Und doch: alles ist gut. Endlich zu Hause. Mit ihm telefoniert. Die Zeitung gelesen, was gegessen, ein Glas Wein, noch eins, langsam lässt der Montag nach.

Die heilende Kraft der Musik wirkt erstaunlicher Weise immer wieder: Different Gear, Still Speeding, das Album von Beady Eye, der Nachfolgeband von Oasis, wenn man so will, der für mich immer noch besten Band aller Zeiten, keine Diskussionen darüber bitte. Eine wahre Hörenswürdigkeit, spontanes Lieblingslied: The Beat Goes On. Und der verbliebene Gallagher ist eine geile Sau, irgendwie.

Alles halb so schlimm, so ein Montag. Und am Samstag ist er ja wieder da.

Schmerzwach: Kitchen Stories VI

Es ist schon eine Weile her, dass ich meine saumäßige Schreibdisziplin beklagte, die mich beharrlich hindert, endlich meinen Bestseller zu schreiben, damit ich mein schnödes Tagwerk (vulgo: Arbeit) hinter mir lassen und morgens länger schlafen kann. Zwar hat sich daran seitdem nicht viel geändert, aber wenigstens weiß ich nun, dass ich damit nicht alleine bin. Auch mein Blogfreund Jannis äußerte sich kürzlich in seinem Blog zu dieser an sich unerfreulichen Problematik, lesen Sie selbst:

Kitchen Stories SIX

Menschen, die schreiben, sagen oft: Wenn ich doch nur die Möglichkeit hätte, mehr Zeit für das Schreiben zu investieren, dann… ja dann wäre mein Leben sehr viel lebenswerter, glücklicher. Nicht schuften müssen, um Geld zu verdienen und zu überleben, sondern einfach Zeit zur freien Verfügung – und schreiben, schreiben, schreiben…

So einfach ist das natürlich nicht. Wer kennt nicht diese Situation: Du musst eine Haus-/ Magister-/ Diplomarbeit schreiben… und dir fallen plötzlich so viele Dinge ein, die dich am Schreiben hindern, was du alles unbedingt machen musst, putzen zum Beispiel, einkaufen gehen, schließlich hast du nichts da, und was ist, wenn du während des Arbeitens plötzlich Hunger bekommst oder Durst, nein, dann geht es nicht weiter, und schließlich musst du das jetzt noch schnell machen, bevor du nachher in einen Schreibfluss kommst; und dann ruft dich nach dem Putzen/ Einkaufen auch noch der beste Freund an, der Liebeskummer hat – natürlich musst du dich mit ihm treffen, dich um ihn kümmern… Und so geht es auch mir: den Freitag halte ich mir in der Regel frei, um zu schreiben. Diesen Freitag stand ich also früh auf, und dann fielen mir eine Million Dinge ein, die ich ja noch unbedingt machen muss… Aber es geht noch weiter. Man sucht ja eine Ausflucht, man hat Angst sich hinzusetzen, Angst zu schreiben, Angst vor der Angst – nämlich, dass das alles anstrengend ist, dass man blockiert ist, und so blockiert man sich tatsächlich. Schlechte Laune kommt hoch, man gerät in so eine Panik-Situation. Dann hilft so gar nichts mehr. Plötzlich ist man ganz schön gereizt, die Zeit rennt einem davon und bald denkt man: Heute klappt dass eh nicht mehr, ist ja schon Abend, dann gehe ich doch lieber raus. Aber dann wird einem bewusst: Scheiße, diesen Freitag hatte ich mir doch extra zum Schreiben freigehalten, der Samstag ist verplant und Sonntag, wer weiß, was Sonntag wieder ist, mit den Sonntagabend-Gefühlen. Und dann ist auch schon wieder dieser Manic Monday!…

Quelle: http://schmerzwach.blogspot.com/2011/02/kitchen-stories-six.html

Zwischenbilanz, Folge 9 – B wie Büsum

Meine älteste frühkindliche Erinnerung reicht zurück ins Alter von drei Jahren: unsere erste Urlaubsreise nach Büsum* an der Nordsee. Die Reise dorthin ging mit dem Zug, mein ständiger Begleiter war ein kleiner Koffer aus Pappe, in dem ich meine Spielsachen transportierte. In Büsum wohnten wir in Frau Spreizers Pension, die nach heutigen Maßstäben als eher einfach zu bezeichnen war (also die Pension, nicht Frau Spreizer): Unsere Räumlichkeiten bestanden aus einem größeren Zimmer, das im Wesentlichen von einem Ehebett ausgefüllt war; zu beiden Seiten des Zimmers gingen, jeweils durch Vorhänge abgetrennt, zwei nischenartige Seitenräume ab, in denen jeweils ein weiteres Bett stand, wo mein Bruder und ich schliefen. Toilette und Bad befanden sich außerhalb der Räume über den Flur, diese wurden vom gesamten Haus genutzt. Gefrühstückt wurde in einer sehr gemütlichen Glasveranda, die sich im Vorgarten des Hauses befand. Trotz des eher niedrigen Standards fühlten wir uns dort sehr wohl, so wohl, dass wir in den folgenden Jahren immer wieder bei Frau Spreizer wohnten. Ja, in den folgenden Jahren verbrachte unsere Familie den Sommerurlaub immer in Büsum, darüber gab es gar keine Diskussion. Erst später kam das > Allgäu als Urlaubsziel hinzu.

Hauptgrund, Urlaub in Büsum zu machen, war natürlich das Meer, die Nordsee. Die war allerdings oft nicht da, sondern hatte sich dem Tidehub folgend bis an den Horizont zurückgezogen und dadurch das Watt freigelegt, das nannte man Ebbe, wie mir erklärt wurde. In dieser zurückgezogenen Form war mir die Nordsee viel lieber als bei Flut, wenn das Wasser bis ans Ufer reichte: Darin zu baden war kein Vergnügen, es war furchtbar kalt, salzig, um die Füße krabbelte irgendwelches Getier, welches einen in den Zeh zwickten, und man musste auf Feuerquallen achten, die einem mit ihren langen Tentakeln heftige Schmerzen zufügen konnten. Dennoch fand ich Gefallen an Quallen, jedenfalls an den feuerlosen Sorten: die größeren Exemplare landeten in meinem Sandeimerchen, das dann eher einem Topf Tapetenkleister ähnelte; die ganz kleinen hingegen spießte ich schaschlikartig auf einen großen Federkiel auf.

Nach kürzester Zeit im Wasser begann ich zu frieren und wollte raus. Dann kam das Schlimmste: Ich wurde unter eine Süßwasserdusche gestellt, die noch kälter als das Meerwasser war, um das Salz abzuspülen. Grauenhaft. Danach wurde ich in Handtücher gehüllt und in den Strandkorb gesetzt, wo es so richtig langweilig wurde, denn im Gegensatz zu anderen Stränden gab es keinen Sand, mit dem ich mich Sandburgen bauend hätte beschäftigen können; der Büsumer Strand besteht im Wesentlichen aus der Seeseite des Deiches, also ungefähr fünf Millionen Strandkörbe im Gras.

Ein Höhepunkt des Büsumer Kulturlebens war der Auftritt der Wattenkapelle. Bei Ebbe marschierte sie mit zünftigen Klängen und von einer größeren Anzahl Touristen begleitet durch das Watt, bei Flut spielte sie auf einer überdachten Bühne an der Strandpromenade. Am meisten faszinierte mich die große Trommel, die einer der Musikanten vor seinem Bauch trug, um mit einem hammerartigen Schlägel im Takt darauf einzudreschen. Ich habe sogar noch eine Schallplatte dieser lustigen Truppe!

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Eine Erwähnung wert sind auch die Büsumer Krabben, die die gleichnamigen Fischer mit ihren Kuttern aus der Nordsee holen. Am besten schmecken sie direkt vom Kutter im Hafen gekauft und selbst gepult. Das bedarf zunächst ein wenig Übung, ist aber im Grunde genommen ganz einfach: beide Enden kurz gegeneinander verdrehen, den hinteren Panzer abziehen, schon kann man das schmackhafte Fleisch heraus zupfen.

Apropos Krabbenfischer: ich musste auch ein original Finkenwerder Fischerhemd haben, das ich nur noch ungern ablegte. Es war mir ein Bedürfnis, mich bekleidungsmäßig den örtlichen Gepflogenheiten anzupassen (siehe auch >Allgäu).

Irgendwie war es schön, und ich freute mich immer auf den nächsten Urlaub in Büsum, trotz des kalten Wassers und der Langeweile im Strandkorb. Meine Eltern fahren noch heute jedes Jahr mindestens einmal dorthin (allerdings nicht mehr zu Frau Spreizer, das Haus gibt es schon lange nicht mehr). Vor ein paar Jahren habe ich sie dort für ein paar Tage besucht; trotz vieler baulicher Veränderungen war es im Wesentlichen noch so, wie ich es in Erinnerung hatte. Und mir war rätselhaft, was mir hier früher so gefallen hatte.

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* Entgegen einer anscheinend weit verbreiteten Annahme macht man übrigens Urlaub in und nicht auf Büsum. Auch wenn es ähnlich klingt wie Borkum oder Baltrum, handelt es sich nicht um eine Insel, zumal Borkum und Baltrum zu Ostfriesland gehören, Büsum hingegen in Dithmarschen, kurz vor Nordfriesland liegt. Ein Blick in die Karte hilft manchmal.

Darkroom Diaries

Es ist mal wieder Zeit für einen Blogtausch mit Jannis. Der nachfolgende, schon ein paar Tage alte Text aus seinem Blog „Schmerzwach“ beschreibt sehr anschaulich-drastisch die Erlebnisse eines jungen Mannes in gewissen Etablissements zur Befriedigung spezieller männlich-menschlicher Bedürfnisse (das darf man glaube ich so schreiben, jedenfalls ist mir nicht bekannt, dass es ähnliche Lokale auch für Frauen gibt).

Ich habe diesen Text ausgewählt, weil er zum einen sehr, ja geil, geschrieben ist, zum anderen aber, weil dieses Thema so wunderbar polarisiert: die einen lehnen derartige Läden empört ab, die anderen lieben diese Art der Abwechslung. Zu welcher Gruppe ich mich selbst zähle, dürfte ich an einigen Stellen schon deutlich gemacht haben…

Vorsorglich weise ich darauf hin, dass der Text für Leser unter achtzehn Jahren nur bedingt geeignet ist; allen anderen wünsche ich viel Vergnügen!

Quelle: http://schmerzwach.blogspot.com/2011/01/darkroom-diaries-3.html

Darkroom Diaries -3-

Wenn es um die Darkroom Diaries geht, dann ist niemand berufener davon zu erzählen, als mein lieber Freund Jott A. Er machte einst eine Führung mit mir durch den Karlsruher Nymphengarten und bewies mir, dass es auch in dieser langweiligen Beamtenstadt Cruising Areas für Schwule gibt. Unangenehm vielleicht, dass ich beim Umschauen entdeckte, dass einer meiner Verehrer dort rumlungerte – der bekam, wie man sich denken kann, keine Chance mehr bei mir. Jott A., der so ganz anders mit seiner Sexualität umgeht als ich – ein Besucher nicht nur von Parks, sondern auch von Sex-Kinos und Klappen – erzählte und erzählt mir noch immer Geschichten, mit denen ich nicht dienen kann. Das geht dann so: Ich war einmal in einem Darkroom in Mannheim, im Connexxion, unten in den Katakomben, die haben ja jetzt zugemacht da. Da sind ja vor den eigentlichen Darkrooms noch so allerlei „Liebes“-Schaukeln, Zahnarztstühle, Slings etc… Dort habe ich mich in einen dieser Slings begeben, da ist einer vor dieser Toilette, wo die Jungs auf Golden Shower warten (angepisst zu werden!), nackt, wie ich war, die Typen konnten mich betrachten, an mir spielen, an meinem dicken Schwanz, an meinem Anus, lecker, yummie, das war sooo geil. Manch einer hat mir in die Nippel gezwickt, andere haben mich mit Zigaretten bearbeitet, und dann, und dann, dann hat sich da jemand hinter mich gestellt, der hat mich gefickt, voll der Riese war der, aber mit was für einem geilen Rohr, abartig, wasn Durchmesser, fast wie eine Pringles-Verpackung, so dick… Ich spürte ihn in mir, es war … Oh Mann! Und gleichzeitig spielte einer, so der Fußballer-Typ, jung, an meinem Schwanz, ein anderer leckte an meinen Fußzehen. Ich hielt es vor Geilheit kaum aus und spritzte dem einen Typen heftig ins Maul, so krass, und der andere fickte mich immer weiter...