Liste der Nicht-Vorsätze für das neue Jahr

Jetzt ist wieder die Zeit der berühmten guten Vorsätze für das neue Jahr. Wir kennen das: Am Jahresende stellen wir eine Liste auf mit den Dingen, die wir im neuen Jahr besser, öfter, weniger, gar nicht mehr oder überhaupt endlich machen wollen. Würden wir uns diese Liste am darauf folgenden Jahresende erneut vornehmen, stellten wir fest, dass wir nichts, aber auch gar nichts von alledem in die Tat umgesetzt haben. Und weil das so ist, haben wir die Liste spätestens Ende Februar vergessen.

Ich dagegen habe eine Liste aufgestellt mit den Dingen, die ich 2010 n i c h t angehen, umsetzen, erreichen oder ändern will. Das Erfolgserlebnis am Jahresende ist garantiert. Hier also die Liste:

1. weniger / nicht mehr rauchen
2. weniger Alkohol
3. weniger „ÖPNV“
4. die Steuererklärung spätestens im April fertig haben
5. frühzeitig Gedanken über Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke machen
6. weniger twittern, mehr bloggen
7. mehr Schreibdisziplin, mit meinem Buchdings ein wesentliches Stück weiter kommen
8. Eltern, alte Freunde und Bekannte öfter sehen
9. erwachsen werden
10. mehr lesen, weniger im Netz rumhängen und Pornos kucken
11. regelmäßiger laufen
12. mein Gayromeo-Profil löschen
13. Gleichgültigkeit gegenüber Followerzahl und Sternchen
14. mal k e i n Urlaub auf Gran Canaria
15. Französisch lernen
16. mehr fernsehen, um endlich mitreden zu können (Tatort, Bauer sucht Frau, Deutschland such den Dings…)
17. öfter (oder überhaupt wieder) ins Kino gehen
18. halbjährlich zum Zahnarzt gehen
19. ein Facebook-Profil einrichten
20. Juli / Silbermond / Wir sind Helden, oder wie auch immer die sich gerade nennen, mögen

Liste der nervigsten Alltagserscheinungen

Es folgt eine – zugegebenermaßen sehr subjektive und keinesfalls abschließende – Liste der alltäglichen Dinge, die mich einfach nur nerven:

1. Laubbläser. Zum Glück vorwiegend nur im Herbst
2. Handy-Klingeltöne. In der NEON stand mal: Sie sind wie Fürze. Jeder glaubt, der eigene sei nicht so schlimm.
3. Rappelnde Trolleykoffer. Nicht ganz so schlimm wie Laubbläser, dafür ganzjährig.
4. Media-Markt-Werbung. Eine echte Penetration im negativsten Sinne.
5. Mario Barth. Zum Brüllen komisch.
6. Die Kombination aus beidem. Kaum zu steigern, nicht mal durch
7. KöPi-Reklame mit Till Schweiger. Zum Glück schweigt er mittlerweile hierzu.
8. Xavier Naidoo. Das Jammern hat einen Namen.
9. Jan Delay. Das Knarren hat einen Namen.
10. Leute, die im Aufzug witzig sein wollen.
11. Schräbbelnde Geräusche aus den Handys jugendlicher Inhaber. Sie halten es für Musik.
12. Glasscherben überall am Sonntagmorgen. Dem Dosenpfand sei Dank.
13. Silvesterkracher. Außer an Silvester.

(Wird fortgeschrieben. Hinweise und Vorschläge werden gerne entgegen genommen.)

Ich müsste mal wieder was schreiben…

Vor einiger Zeit ließ ich mich hier über meine Freude am Schreiben auf der einen und über meine saumäßige Schreibdisziplin auf der anderen Seite aus. Was hat sich seitdem geändert? Nichts. Jedenfalls nichts in Richtung einer erkennbaren Verbesserung. Obwohl, ich schreibe seit einigen Monaten sehr regelmäßig und relativ viel: kurze Texte, nicht länger als 140 Zeichen, die sogar eine gewisse Leserschaft finden und von dieser zuweilen mit einem gelben Sternchen bedacht werden, Sie wissen was ich meine.

Auch einen längeren Text habe ich (seit über einem Jahr, insofern relativiert sich der Begriff „länger“ etwas) in Arbeit, ich weiß noch nicht, was daraus werden soll, ein Roman, eine Kurzgeschichte vielleicht. Das Problem ist (normalerweise hasse ich diese Phrase als Einleitung eines Satzes, in diesem Falle trifft sie jedoch den Nagel ins Auge): Ich schreibe nicht weiter daran, jedenfalls nicht regelmäßig. Dabei mangelt es nicht an Zeit und auch nicht an Ideen. Ich schreibe einfach nicht, warum auch immer. Nehmen wir einen typischen Sonntag, der eigentlich ideale Tag für schriftliche Betätigung. Erstmal ausschlafen, das ist ja klar. Dann ein ausgedehntes Frühstück mit meinem Partner, das ist uns heilig. Keine Ahnung, warum die diese Sonntagszeitung immer so umfangreich machen. Im Kulturteil lese ich über erfolgreiche Buchneuerscheinungen und die Schilderung eines normalen Arbeitstages des Autors. Schlechtes Gewissen packt mich und der feste Entschluss, mich später an den Schreibtisch zu setzen. Nach dem Frühstück verlagere ich mich in meinen bequemen Lieblingssessel am Fenster, wo ich die Zeitung zu Ende lese, anschließend blättere ich noch etwas in den Zeitschriften, die ich endlich mal lesen sollte, zumal die nächste Ausgabe bald kommt.

Das Wetter ist schön, wir beschließen, einen Spaziergang zu machen; danach, von der Wirkung frischer Luft getrieben, werde ich meiner kreativen Tätigkeit nachgehen. Der Weg führt uns am Biergarten vorbei. Wollen wir kurz auf eins…? Klar wollen wir. Kaum sitzen wir am Tisch unter hohen schattigen Kastanien, kommen Freunde von uns dazu, zufällig, nur auf ein Bier. Dabei bleibt es natürlich nicht, es ist so gemütlich, das Bier schmeckt. Als wir am frühen Nachmittag nach Hause kommen, lege ich mich hin, ein Stündchen nur. Als ich die Augen wieder aufschlage, schlägt die Kirchturmuhr sechs. Ich fühle mich noch etwas matt, zwinge mich aber vom Sofa. Einen Kaffee, eine Zigarette, dann an die Arbeit.

Während ich den Rechner starte, schauen mich ungeöffnete Post und zu tätigende Überweisungen anklagend an, die sich im Laufe der Woche auf dem Schreibtisch angesammelt haben. Deren Erledigung geht natürlich vor, erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Nachdem alles geöffnet, abgeheftet und überwiesen ist, öffne ich nun endlich die Datei meines Textes, der nun schon so lange seiner Vollendung harrt. Die erste halbe Stunde ist eine Qual. Ich lese das bereits geschriebene, ändere, ergänze oder streiche vielleicht das eine oder andere Wort oder einen ganzen Satz. Dann nähere ich mich dem vorläufigen Ende meines Textes, also der Stelle, an der es weiter gehen müsste. Ich habe lange nicht mehr meine Twitter-Timeline nachgelesen, nur ganz kurz. Zwei Tweets verlangen nach einer Antwort meinerseits, was ich umgehend voller Witz und Charme erledige.

Zurück zum Text. Also, wo war ich stehen geblieben. Der Satz, der jetzt geschrieben werden will, ist mit Abstand der schwerste. Er muss das vor längerer Zeit geschriebene verbinden mit dem noch zu schreibenden. Ein Blick auf die Uhr: ich muss meine Eltern anrufen, sonntags um diese Zeit rufe ich sie immer an, die warten sicher schon. Danach wird mir der Satz wie von selbst aus der Feder fließen, weil ich denn den Kopf etwas freier habe nach Erledigung familiärer Pflichten. – Keiner da, sind wohl unterwegs. Dann eben nicht. Gut, zum Text also. Ich beginne den problematischen Satz, kette mühsam Wort an Wort, bringe ihn zu Ende, Punkt. Nein, das geht nicht, er passt zum übrigen Text wie eine weiße Hand, die man einem Dunkelhäutigen transplantiert hat, weil gerade keine andere zur Hand, also ich meine, verfügbar war. Das Bild ist witzig, daraus kann man einen guten Tweet machen, der mir Sternchen, RT´s und Neufolger bringen wird, also wieder bei Twitter rein, wo ich neben der Platzierung des witzigen Tweets kurz die Timeline überfliege (33 Neueingänge, davon vier Antworten auf meine Tweets, denen ich gewohnt elegant entgegne).

Ich lösche den soeben geschriebenen Satz, der so gar nicht passen wollte und beginne einen neuen, wobei ich im Schreiben merke, ja, der fügt sich harmonisch an, davon noch zwei, drei weitere und der Schreibfluss würde mich erfassen. – Telefon. Meine Mutter. Detailreich erzählt sie mir die mehr oder weniger bedeutenden Ereignisse ihrer zurück liegenden Woche, ich ihr meine, wenn auch vielleicht nicht ganz so bis in alle Einzelheiten (manches müssen Mütter ja auch nicht wissen). Eine knappe halbe Stunde später, nachdem alles wesentliche ausgetauscht ist, widme ich mich wieder der Schrift. Der Satz steht wie eine Eins, perfekt, nun also der nächste, der mich dem Traum schriftstellerischen Ruhmes näher bringen wird. Mein Held betritt eine Kneipe. Ich habe Durst. Genauer: Kaffeedurst. Koffein wird die kreativen Gedanken erblühen lassen. Der Weg zur Kaffeemaschine führt mich an meinen Zigaretten vorbei. Gute Idee, lange nicht geraucht. Genüsslich stoße ich die bläulichen Wolken durch die Balkontür nach draußen, während der Kaffee duftend durchläuft.

In der Tat gehen mir die folgenden Sätze wesentlich besser von der Hand, der Text wächst, ich fühle mit meinem Helden, ich komme gut voran. Die Uhr leider auch. Nachdem ich den Satz zu Ende gebracht habe, muss ich aufhören, unaufschiebbare Einladung zum Essen, wir sind sowieso schon spät dran. Morgen; morgen werde ich an dieser Stelle nahtlos anknüpfen, das nehme ich mir fest vor. Wenn nicht… siehe oben.

Treue – eine Frage der Definition

Ich mag heterosexuelle Menschen. Ganz ehrlich, ich begegne ihnen ohne Vorbehalte, und irgendetwas wird sich die Natur ja dabei gedacht haben, dass es so viele von ihnen gibt. Sie müssen niemals die dämliche Frage „Und wer ist bei euch die Frau?“ beantworten, also jedenfalls in den meisten Fällen nicht, und alles ist bestens geregelt: sie zieht die Brut auf, er schaut Fußball. Das war schon immer so und wird voraussichtlich auch immer so sein. So weit, so gut. Und mit ebendieser Beständigkeit wird sich auch das für mich größte Rätsel des Heterodaseins, wenn nicht der menschlichen Existenz überhaupt behaupten.
Treue.
Was genau ist Treue? So viel ist klar: es reimt sich auf Reue. Und das ist das Problem: Wenn das Weibchen einem anderen Männchen als dem seinen auf den knackigen Hintern schaut, wenn das Männchen von den weiblichen Formen seiner Kollegin fasziniert ist, wenn es gar zu Berührungen kommt, bis hin zum Knutschen und zur Kopulation, dann wird es schwierig. Schlechtes Gewissen, Beichte, Krise, das Ende. Sie nennen es Affäre, Ausrutscher, Betrug. Zahlreiche Romane, Filme und Fernsehserien gäbe es nicht ohne diese Problematik.

Ich stehe ratlos davor und frage: Hä?

Leute, entspannt euch, es ist doch nur die temporäre Befriedigung eines uns von der Natur auferlegten Triebes, ein bisschen Marktwertanalyse, Selbstbestätigung, vielleicht ein wenig fummeln, maximal Austausch von Körperflüssigkeiten, ein bisschen hin und her, bis das schöne Gefühl kommt. Und deswegen wollt ihr euch gleich trennen? Mal ehrlich, ich liebe Entenbrust mit Orangensoße, aber deswegen muss ich die doch nicht jeden Tag haben, ab und zu ist doch eine Currywurst, ein Schnitzel Wiener Art oder gar ein Menü aus dem Restaurant mit dem güldenen M auch mal ein Genuss, oder etwa nicht?

Ich schweife ab. Treue. Ja, ich liebe meinen Partner über alles, er ist die Nummer eins, er ist der, der zu mir gehört, und umgekehrt. Aber man trifft uns auch ohne den anderen an. In der Stadt, in der Kneipe, in der Sauna, im Darkroom. Und ja, es kommt dort durchaus zu Übergriffen, Berührungen, Austausch von Körperflüssigkeiten. Das schöne daran ist: Ich darf das, und er auch, ganz ohne Heimlichtuerei und schlechtes Gewissen. Treue ist, wenn ich danach abends mit IHM einschlafe und am nächsten Morgen wieder mit IHM aufwache.

Ich bin treu, schon seit vielen Jahren.