Knopfaugen

Montag. Ein Montag, wie er montäglicher kaum sein kann: unendlich müde, die Nachwirkungen des Wochenendes stecken noch in den Knochen und, schlimmer, in allen Hirnwindungen; der Stachel meiner schmählichen Niederlage beim gestrigen Rosenkrieg piekst noch etwas, wenngleich er die Erkenntnis bringt, dass ich dieses Kapitel besser in die Kategorie „Dinge, die ich auch schon mal gemacht habe“ einordnen sollte.

Unendliches Vermissen, ich vermisse ihn, der im schönen Südfrankreich weilt, nur für eine Woche, während ich im Büro an meinem Schreibtisch sitze, unkonzentriert versuche, ein extrem langweiliges Dokument zu lesen ohne jede Chance, mich darauf konzentrieren zu können, immer wieder unterbrochen vom ständigen Quengeln meiner inneren Stimme, die da ruft „ich will das nicht lesen, nicht jetzt, nicht heute, ich will nach Hause, aufs Sofa, ins Bett“; dann auch noch eine Besprechung von halb eins bis fünf, immerhin recht interessant; Montag.

Und doch: alles ist gut. Endlich zu Hause. Mit ihm telefoniert. Die Zeitung gelesen, was gegessen, ein Glas Wein, noch eins, langsam lässt der Montag nach.

Die heilende Kraft der Musik wirkt erstaunlicher Weise immer wieder: Different Gear, Still Speeding, das Album von Beady Eye, der Nachfolgeband von Oasis, wenn man so will, der für mich immer noch besten Band aller Zeiten, keine Diskussionen darüber bitte. Eine wahre Hörenswürdigkeit, spontanes Lieblingslied: The Beat Goes On. Und der verbliebene Gallagher ist eine geile Sau, irgendwie.

Alles halb so schlimm, so ein Montag. Und am Samstag ist er ja wieder da.

Rosenkrieg!

Gestern war ich zum ersten Mal in meinem Leben auf einer Poetry-Slam-Lesung. Die Veranstaltung heißt „Rosenkrieg“ und läuft jeweils am letzten Sonntag jedes Monats im NYX in der Bonner Altstadt (ja ja, ich weiß, eigentlich „Innere Nordstadt“!), die „Macher“ des Rosenkriegs sind Florian Müller und ein gewisser Florian H. H. Graf von Hinten, weitere Details dazu gibt es hier.

Die Zahl der Zuhörer war eher überschaubar, und es traten nur vier Schreiberlinge gegeneinander an (deren Namen ich mir leider nicht gemerkt habe), sonst sollen es wohl mehr sein; dennoch oder vielleicht gerade deshalb war es ein sehr unterhaltsamer Abend. Gelesen (bzw. in einem Fall auswendig vorgetragen) wurde in drei Runden, erste und zweite Runde jeweils alle vier, dritte Runde die beiden Poeten, die zuvor vom Publikum die meisten Rosen erhalten hatten; eingeleitet wurde jede Runde durch jeweils einen außer Konkurrenz gelesenen Text der beiden Florians. Das mit den Rosen geht so: nach jeder Runde geben die Zuhörer durch Heben langstieliger Rosen zu erkennen, welche Texte ihnen gefallen haben, nach der dritten Runde wirft man die Rose dann seinem Favoriten auf die Bühne vor die Füße; wer am Ende den dicksten Rosenstrauß aufweisen kann, hat gewonnen, ganz einfach.

Es kam auch zu einem Zwischenfall, ich zitiere von der Rosenkrieg-Internetseite:
„Ferner gilt:
Jeder dessen Handy während der Veranstaltung klingelt wird umgehend verhaftet und auf die Bühne transportiert. Dort muß er ein von uns aus der Mundorgel ausgewähltes Lied vortragen!“

Diesen Satz hatte ein junger Mann aus dem Publikum offenbar nicht vorher gelesen oder nicht damit gerechnet, dass sie es damit ernst meinen, und das tun sie: Nachdem sein Handy piepte, fand er sich kurz darauf auf der Bühne wieder und durfte uns mit „Die Affen rasen durch den Wald“ erfreuen; na ja, früher in der CVJM-Jungschar haben wir es mit etwas mehr Elan intoniert, fast war ich versucht, auf die Bühne zu springen, dem armen Kerl die Mundorgel mit einem beherzten „Gib mal her“ zu entreißen und ihn somit von seinem Schicksal zu erlösen…

Am besten gefallen haben mir übrigens die Vorträge der beiden Florians, vor allem des Grafen, aber für die konnte man ja nicht stimmen.

Apropos stimmen: Bislang war ich Lesewettbewerben gegenüber immer sehr skeptisch; Schreiben ist meines Erachtens nichts, was sich besonders gut dazu eignet, Wettkämpfe zu gewinnen wie z. B. Kugelstoßen, dazu sind Texte einfach zu unterschiedlich und die Gut-Schlecht-Kriterien zu subjektiv. Das ist ja das angenehme beim „Jourfitz“ des @vergraemer, die Leute lesen dort aus Spaß an der Sache und nicht, um zu gewinnen. Nachdem ich jedoch gestern gesehen habe, wie locker-unverkrampft die Veranstaltung lief und wie viel Spaß auch dort die Vortragenden hatten, habe ich meine Meinung hierzu etwas gelockert.

Nun das für mich wesentliche: während der Vorträge spürte ich ein gewisses Kribbeln, selbst mal daran teilzunehmen und nicht nur im Publikum zu sitzen. Dass mir das Lesen von eigenen Texten vor Publikum großen Spaß macht, habe ich ja schon hier angedeutet, warum also nicht auch einmal „um die Wette“? Selbst wenn ich nach der ersten Runde raus sein sollte, die eine oder andere Rose bekomme ich vielleicht auch gehoben mit meinen textuellen Ergüssen… (ich hoffe nun auf viele Kommentare im Sinne von „klar schaffst du das“). Ja, ich bin versucht, mich für den nächsten Rosenkrieg am 23. Januar anzumelden. Soll ich…?