Montag: Der erste Arbeitstag der Woche war lang, da ich nachmittags die Einladung zu einer Besprechung um 17 Uhr auszuschlagen nicht über das Herz brachte. Vormittags verlangte der Rechner nach einem Neustart, weil irgendwelche Software zu aktualisieren war. Mehrere Minuten bezahltes aus dem Fenster Schauen, man kann sein Geld auf härtere Weise verdienen. Meine persönliche Stimmung war zufriedenstellend, auch solche Montage gibt es manchmal.
Im Zusammenhang mit der Weitung von Wissen benutzen viele gerne das zweifelhafte Wort „aufschlauen“. Im selben Sinne las ich in einer Mail das Word „aufbeefen“ und stellte mir sogleich vor, wie der zu Beefende mit Lappen von Rindfleisch umwickelt, anschließend wie ein Rollbraten umschnürt wird, auf dass die Lappen nicht abfallen. Trat nicht einst Lady Gaga ähnlich gewandet mal auf die Bühne, oder habe ich das geträumt?
Fleischlos dagegen das Mittagessen, für mich gab es Maultaschen mit geräucherter Käsesoße. Wie räuchert man Käsesoße?
Nach dem Essen ging ich eine Runde durch den Park, wo der Herbst nun langsam beginnt, die verbliebenen, im Sommer noch nicht vorzeitig abgeworfenen Blätter bunt zu färben. Er ist spät dran, oder kommt mir das nur so vor?


„Wir haben da noch ein hick up“, hörte ich in einer Besprechung und bekam spontan Schluckauf.
„Ich freue mich total auf die neue Aufgabe“ – Eine Kollegin wird demnächst Abteilungsleiterin. Meine Empfindungen bei solchen Nachrichten ähneln denen, wenn jemand Mutter oder Vater wird: in erster Linie mitfühlendes Bedauern.
Dienstag: Wir wohnen gegenüber der Zufahrt zum Landgericht. Jeden Morgen fährt ein Wagen vor, in dem laut Rapp gehört wird. Meine Vorbehalte gegenüber dieser – nun ja: Musikrichtung, ihrer Erzeuger und Hörer sind vermutlich unbegründet, zumal ich mich bislang nicht intensiver damit beschäftigt habe. Gleichwohl wäre es meinem Vertrauen in die Judikative dienlich, wüsste ich, dass der Fahrer dieses Wagens bei Gericht statt für Rechts- für die Grünpflege zuständig ist.
Beim Mittagessen in der Kantine waren wir zu viert, was nur noch selten vorkommt. Während des Essens anderer Leute Gespräche nicht folgen zu müssen zähle ich zu den eher angenehmen Begleiterscheinungen der Seuche. Tischthema waren Kaffeemaschinen und -mühlen, welche am besten brühen, welche am besten mahlen; erstmals hörte ich in solchen Zusammenhängen den Begriff „Einkreiser“. Man zeigte sich gar gegenseitig Bilder auf den Datengeräten. Anderer Leute Nachwuchs oder Partybegegnungen ungefragt unter die Nase gehalten zu bekommen finde ich zumeist ermüdend; ihre Haushaltsgeräte anzuschauen ist indes am Rande des Unerträglichen. Anschließend gingen die Kaffeeliebhaber zu einem der in Werksnähe zahlreichen mobilen Ausschänke, um Kaffee aus Pappbechern zu trinken. Ich verzichtete zugunsten einer Runde durch den Park. Alleine, ohne Gehkaffee. Oder „ambulanten Verzehr“, wie ich irgendwo las.
Mittwoch: Vormittags im Werk wurde ich Zeuge einer Bestandsbegehung. Das ist nicht nur ein tolles Wort, sondern auch ein toller Job: Zwei Personen ziehen klemmbrettbewehrt von Büro zu Büro, um nach eigenem Bekunden zu prüfen, ob noch alle Wände stehen. Nachdem ich das Vorhandensein aller Wände bestätigt hatte, jedenfalls habe ich in letzter Zeit keine vermisst, machte die Dame ein Kreuz in ihrer Liste und sie zogen weiter.
Seit gestern liegt auf der Spüle in der Werks-Kaffeeküche ein Pizzakarton. Erst heute bemerkte ich, dass sich darin noch eine komplette Pizza befindet. Was geht nur vor in den Leuten?
Donnerstag: Morgens auf dem Weg ins Werk sah ich Rot.

Oft sind es kleine Dinge, die die Welt ein wenig besser machen: Mittags gab es in der Kantine einen ganz vorzüglichen Erbseneintopf, dazu frisches Brot. Erst gestern um diese Zeit dachte ich, die könnten hier öfter mal Eintopf anbieten – et voila. Deshalb dachte ich heute nach dem Essen etwas intensiver an Entenbrust mit Orangensoße; vielleicht hilft es ja.
Danach sah ich im Park einen älteren Herren, dem in einigen Metern Abstand ein (augenscheinlich nicht viel jüngerer) Langhaardackel folgte. Plötzlich bekam der Dackelbauch kurzfristig Bodenkontakt, weil der Hund in ein kleines rundes Loch getreten war, das wohl dazu dient, bei Bedarf einen Absperrpömpel* einzustecken. Das sah sehr drollig aus, daher musste ich kurz lachen, wofür ich den Dackel und PETA ausdrücklich um Entschuldigung bitte. Bei dieser Gelegenheit herzliche Grüße und die besten Genesungswünsche an die Dackeldame in München!
*Für diejenigen, denen Pömpel kein gängiger Begriff ist: In Ostwestfalen, wo ich wech komme, ist Pömpel ein Sammelbegriff für Pfahl, Pfosten, Poller, aber auch Saugglocke für verstopfte Abflüsse. Ob das woanders auch der Fall ist, entzieht sich meiner Kenntnis, daher vorsorglich diese Erläuterung.
Freitag: „Hier ist bald nicht mehr lange“, hörte ich morgens den Geliebten sagen. Wenngleich die Bedeutung im Dunst des Unklaren blieb, erschien es mir notierenswert.
Das am Vortag empfundene Entenbrustsehnen blieb unerfüllt. Stattdessen gab es mittags Heringsfilets mit Sahnesoße an Kartoffeln, somit immerhin etwas mit Wasserbezug. Auch gut.
Samstag: An manchen Tagen sind mir andere Menschen am liebsten, wenn sie jenseits der Frontscheibe der Lieblingsweinbar vorübergehen und mich mit meinem Rosé oder (heute) Riesling in Ruhe lassen.
Von der Weinbar aus blickt man auf eine stark befahrene Kreuzung. Erhielte ich für jeden Wagen, der noch schnell trotz Rotlicht weiter fährt, zehn Cent, wäre mein Verzehr finanziert.
Der Liebste wurde per Anwaltsschreiben im Namen einer ominösen „Interessengemeinschaft Datenschutz“ zur Zahlung von 170 Euro angehalten, weil er auf seiner Internetseite „Google Fonts“ verwendet, das laut Schreiben dazu neigt, die IP-Adressen der Seitenbesucher in die USA zu übermitteln, oder so ähnlich. Es wird immer verrückter.
Sonntag: Erst gegen elf Uhr verließ ich mit gewissem Widerwillen das Bett, nachdem mich zuvor ein inneres Unbehagen, dessen Ursache ich nicht benennen könnte, früh erwachen und immer wieder für nur kurze Zeit einschlafen ließ.
Man soll sich nicht über Namen erheitern, ich weiß. Dennoch wüsste ich gerne, welche Tätigkeit die Vorfahren der in der Sonntagszeitung zitierten Elke M. Schüttelkopf ausgeübt haben.
Während des Spazierganges ging ich an einem Hauseingang vorüber mit dem üblichen Hinweis »Keine Werbung einwerfen« am Briefkasten, ergänzt um die Einschränkung »Außer für Schuhe«.
Ich habe übrigens, neben vier weiteren, ein Buch von Harald Welzer in den öffentlichen Bücherschrank gebracht. Nicht, weil den gerade alle doof finden, sondern weil ich es doppelt hatte.
Gelesen hier:
Betrachte ich die Sache recht, so findet sich kein einziges Merkmal, mit dessen Hilfe ich unzweifelhaft bestimmen könnte, ob ich wach bin oder träume.
René Descartes
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Kommen Sie gut durch die Woche.