Wenn es nicht läuft

Ist der Chef zufrieden, freut sich der Mensch. Es gibt gute Arbeitstage, da läufts. Und es gibt die anderen, zumindest bei mir erfreulicherweise selteneren, wo man abends eher unzufrieden nach Hause geht, zum Beispiel weil man für etwas – verzeihen Sie die Wortwahl – angekackt wurde, das man nur sehr begrenzt beeinflussen konnte; schließlich kann, will und muss man nicht alles selber machen in so einem großen Unternehmen. So ein Tag war heute, Einzelheiten erspare ich Ihnen.

Doch für solche Tage gibt es einen guten Rat, den ich letzte Woche aufschnappte. Nach einem Scheitern – in meinem heutigen Fall ein zu starkes Wort, ein schwächeres, welches treffender das von mir Gemeinte zum Ausdruck bringt, fällt mir gerade nicht ein, auch die Synonymsuchseite ist wenig hilfreich (Versagen, Durchfall, Desaster, Fiasko, Pleite, Misslingen… ja, Misslingen passt ganz gut) – nach einem misslungenen Arbeitstag also frage man sich:

  1. Sind Menschen zu schaden gekommen oder ist damit zu rechnen?
  2. Spricht in einem halben Jahr noch irgendjemand darüber?

Sofern man beides mit „Nein“ beantworten kann, gräme man sich nicht länger. In meinem heutigen Fall: 1. ein klares Nein, 2. wahrscheinlich nicht, kann man bei optimistischer Betrachtung als „Nein“ werten.

Nach der Arbeit war ich laufen, zehn Kilometer am Rhein. Das lief richtig gut.

Was im August a u c h in der Zeitung stand

Griechenland, Ukraine, Flüchtlinge, Islamischer Staat – das sind die großen Themen, welche die Medien in diesen Wochen füllen. Doch wollen wir auch den eher unbedeutenden Ereignissen einen kleinen Teil unserer Aufmerksamkeit widmen. Hier eine unvollständige und keineswegs repräsentative Auswahl aus dem scheidenden Monat August.

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Glaube und Videospiele – Die „Gamechurch“-Bewegung verbindet Spieltrieb und Spiritus, was weniger absurd ist, als es auf den ersten Blick erscheint: Videospiele und Religion passen aufgrund ihrer fiktionalen Grundlage perfekt zusammen. Die Spieler treffen sich wöchentlich im lippischen Lemgo und sprechen, während sie sich diversen Ego-Shootern widmen, über Glaube und Gott, „aber nur, wenn jemand Bock hat“, so der Gründer der deutschen Sektion; wie oft das der Fall ist und ob überhaupt, weiß der Himmel. Die Gamechurch-Idee kommt übrigens – wie kann es anders sein – aus Amerika.

Ebenfalls aus den USA kam folgende Meldung:

Beziehungs-Aus für Miss Piggy und Kermit – Der Frosch mit dem merkwürdigen Zackenkragen und die divenhafte Sau gaben ihre Trennung bekannt. Dennoch wollen sie weiter zusammen arbeiten.

Womit wir beim nächsten Thema sind.

Mehrheit geht gerne zur Arbeit – Nur jeder achte Arbeitnehmer ist laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung unzufrieden mit seinem Job – alle anderen gehen mehr oder weniger gerne zur Arbeit. Manche möglicherweise sogar montags.

Vielleicht auch deshalb, weil sie ihre Arbeit bei Musik verrichten dürfen:

Zu Helene Fischer unters OP-Messer – Forscher bewerten die musikalische Untermalung von Operationen als positiv, sowohl für die Operateure, auf die die Musik entspannend wirkt, als auch für die Operierten, deren Schmerz- und Angstempfinden mit Musikbegleitung abnimmt. Ob das auch bei Beschallung durch die Fischerin zutrifft, wage ich zu bezweifeln.

Wer arbeitet, ob gerne oder nicht, braucht ab und zu Urlaub.

Mehrheit der Deutschen gut erholt – Laut dem DAK-Urlaubsreport gab die Mehrheit in einer Befragung an, sich im Urlaub gut oder sehr gut erholt zu haben. 38 Prozent derjenigen, für die das nicht zutraf, nannten „nicht abschalten können“ als Grund, nur 13 Prozent „schlechtes Wetter“. Vielleicht sollten erstere einfach mal einen Blick in die Bedienungsanleitung ihres dienstlichen Mobiltelefons werfen.

Mobiltelefone und Kopien teurer Markenuhren werden in China hergestellt, und nicht nur das:

Chinesen kopieren Goldman Sachs – Rein zufällig wählte eine chinesische Bank, die mit der bekannten amerikanischen Investmentbank nichts zu tun hat, deren Namen. „Wir haben den Namen zufällig ausgewählt, es ist nicht absichtlich derselbe“, so eine Sprecherin. Kann ja passieren.

Nicht nur in China, auch in Spanien gibt es Zufälle:

Blutige Fiesta – Bislang kamen in diesem Jahr zehn Menschen bei Stiertreiben ums Leben, deutlich mehr als in den Vorjahren. Diese Zuname der Todesfälle sei „zufällig“, so ein Organisator. Wie viele Stiere für diesen Unfug ihr Leben lassen mussten, bleibt hingegen offen. Doch trotz Protesten von Tierschützern halten die Spanier an dieser fragwürdigen Tradition fest.

Nicht nur Stiere, auch ihre weiblichen Artgenossen leiden traditionell:

Alarmgeläut gegen die Kuhglocken – Die Kuhglockendebatte aus der Schweiz ist nun auch in Bayern angekommen. Tierschützer verlangen ein Verbot, da die Tiere unter dem permanenten Gebimmel leiden (wie ein Mensch unter der Dauerbeschallung durch Helene Fi… lassen wir das). Das ist natürlich „kompletter Schmarrn“, denn in den Glocken komme der Stolz der Almhirte zum Ausdruck, so Vorsitzende des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu: „Das ist Tradition im Allgäu und gehört dazu.“

Manchmal indes bewirken Proteste etwas:

Der runde Bauch ist zurück – Nachdem die zeitgemäße Verschlankung des rothaarigen Kobolds Pumuckl eine Protestwelle nach sich zog, darf er sich nun wieder eine kleine Plauze anfressen.

Es ist schon bemerkenswert, worüber sich Menschen erregen. Erregung in mehrfacher Hinsicht war auch der Auslöser folgender Meldung:

Jugendarrest für Sex im Erlebnisbad – Ein junges Paar (18 und 19) muss ins Jugendarrest, weil sie die Bezeichnung „Erlebnisgrotte“ in einem Augsburger Hallenbad wörtlich nahmen und dort ihren natürlichen Trieben freien Lauf ließen. Das finde ich reichlich übertrieben, andererseits: In Amerika wären sie dafür vermutlich hingerichtet worden. Oder Youporn-Stars, beides ist gleichermaßen möglich.

Alle Jahre wieder – Einen weiteren Grund dauerhafter, mir völlig unverständlicher Erregung beleuchtet folgende Meldung:

Alljährliche Plätzchen-Hysterie – In Kürze stehen wieder Dominosteine, Zimtsterne, Marzipanbrote und Lebkuchen in den Supermarktregalen; damit einhergehen wird die übliche Welle der Empörung und der Boykottaufrufe in den sozialen Hetzwerken. In Österreich soll sogar schon ein Lebkuchenständer in Brand gesetzt worden sein. Dass es heutzutage fast ganzjährig Erdbeeren und Spargel zu kaufen gibt, regt hingegen kaum jemanden auf.

Apropos soziale Hetzwerke:

Eine Milliarde bei Facebook – Erstmals haben eine Milliarde Menschen freiwillig das bekannte Datenmonster genutzt, vermeldet der Chef Zuckerberg stolz. Angesichts des Umgangs mit Schmähungen gegen Flüchtlinge gelingt es mir leider nicht, den Satz „Herzlichen Glückwunsch“ mit aufrichtiger Ehrlichkeit hervorzubringen. Das wird den weiter steigenden Nutzerzahlen nicht im Wege stehen.

Heimarbeit

Nach fast zwei Wochen siechem herumlungern und Fuß hochlegen befand ich es an der Zeit, meinem Arbeitgeber wieder etwas mehr Zeit zu widmen, zumal bei der Ausübung meiner überwiegend sitzenden Tätigkeit eine uneingeschränkte körperliche Bewegungsfähigkeit zwar erfreulich, nicht jedoch zwingend erforderlich ist. Daher beschloss ich, zunächst zwei Tage lang von zu Hause aus zu arbeiten, ,Home Office‘ zu machen, wie es so unschön heißt, wobei dieser Begriff ja schon ein krasser Widerspruch in sich ist, etwa so wie Ostwestfalen.

Nach einem Arzttermin am Vormittag begab ich mich also aufs Sofa, so wie an den Tagen zuvor auch, nur statt mich in erfreulicher Lektüre zu ergehen, schaltete ich den dienstlichen Rechner ein. Ich gebe zu: ich hatte es mir wesentlich schwieriger vorgestellt, den Ablenkungen häuslicher Umgebung, gepaart mit fehlender cheflich-kollegialer Beobachtung zu widerstehen. Dabei waren die Verlockungen zahlreich – Zeitung lesen, mal kurz ins Internet, die Spülmaschine ausräumen, Wäsche zusammenlegen, endlich mit dem Schreiben meines Bestsellers beginnen, eine neue Frisur ausprobieren und wieder verwerfen, Fotoalben sortieren, lästige Überweisungen tätigen, zwei bis drei Gedichte auswendig lernen, ein Nickerchen halten, den Staub aus den Lamellen der Designer-Wohnzimmerlampe entfernen. (Gut, das mit dem Nickerchen habe ich tatsächlich gemacht.) Trotz vorstehender Reize lief es erstaunlich gut: ungestört von Telefon und Kollegen, die plötzlich in der Tür stehen und was wollen, etwa eine Auskunft oder einen Plausch halten, bekam ich einiges geschafft.

Dem Vernehmen nach bevorzugen vor allem junge Erwerbstätige zunehmend diese Form der Arbeit – zeitlich und örtlich flexibel, zu Hause, in der Wanne, so sie eine haben, in der Dusche eher selten, im Park, im Café, in der Sauna, bei Gassigehen und Liebesspiel; auch nachts und am Sonntag vor und nach Tatort. Gerade freischaffend tätige ,Freelancer‘ (nein, ich gebrauche jetzt nicht das Wort ,neudeutsch‘, denn es ist weder neu noch deutsch), Leute also, die davon leben, dass sie etwa Nordseekrabben pulen, sich lustige Werbung ausdenken, irgendwas mit Medien machen oder für Auftraggeber Texte verfassen. Da mein Geschreibsel sich nicht eignet, Geld damit zu verdienen, halte ich meinem Arbeitgeber die Treue, von Montag bis Freitag, von morgens bis zum frühen Abend, und zwar am liebsten im Büro, so absurd es manchem auch erscheinen mag, täglich mehrere Stunden mit vielen Menschen in einem großen Bürogebäude zu verbringen.

Ja, nennen Sie mich altbacken, aber ich bevorzuge es, mich zum Zwecke des Brot-, Bier- und Bucherwerbs morgens mit einem Anzug zu kleiden, mich mit fremden, mürrischen Menschen in die Stadtbahn zu quetschen und mittags mit den Kollegen in die Kantine zu gehen. Das schöne daran ist nämlich: Es gibt meinem Tag Struktur, und wenn mich das Gebäude abends wieder ausspuckt, schüttle ich den Arbeitstag ab wie ein nasser Hund das Wasser aus dem zotteligen Fell, klopfe einige imaginäre Krümel von den Schultern, und dann ist Feierabend, aber richtig. Oder Wochenende. Oder Urlaub.

Fazit – ein bis zwei Tage Heimarbeit kann ich mal machen, sie hat gewisse Vorzüge. Dennoch, und ich hätte nie gedacht, mal einen solchen Satz zu schreiben: Ich freue mich, bald wieder ins Büro gehen zu können.

Grundsätze der Aufgabenerledigung im abhängigen Beschäftigungsverhältnis

In dieser Woche hatte ich das Vergnügen, an einem Seminar meines Arbeitgebers für Selbst- und Zeitmanagement teilzunehmen, was keineswegs ironisch gemeint ist, das Seminar war wirklich gut, auch wenn ich nicht so ganz viel neues gelernt habe, weil ich mich schon lange mit diesem Thema befasse und mir deshalb einbilde, schon vorher einigermaßen strukturiert gearbeitet zu haben. Aber es gibt ja bekanntlich nichts, was sich nicht noch verbessern ließe.

Für alle, die dieses Thema interessiert, hier noch einmal eine Zusammenfassung der (für mich) wichtigsten Erkenntnisse, garniert mit einigen eigenen Erfahrungen, die vermutlich so (noch) in keinem einschlägigen Lehrbuch zu finden sind. Vielleicht schreibe ich eines Tages selbst mal eins.

Umgang mit einer neue Aufgabe
Der Büroalltag könnte so schön sein, würde man nicht ständig mit E-Mails belästigt, aus welchen nicht selten neue Aufgaben erwachsen. Bei Eintreffen einer neuen Aufgabe stelle man stets folgende Überlegungen an:

1.) Muss diese Aufgabe überhaupt erledigt werden?

a) wenn nein: ignorieren, E-Mail löschen oder, wer sich das nicht traut, ablegen.

b) wenn ja: weiter zu 2.)
2.) Muss ICH diese Aufgabe erledigen?

a) wenn nein: an richtigen Bearbeiter weiter leiten (bzw. an einen Kollegen, in dessen Wortschatz das Wörtchen „Nein“ nicht vorkommt) oder sich beim Aufgabensteller für nicht zuständig erklären.

b) wenn ja: weiter zu 3.)
3.) Aufgabe nach dem Eisenhower-Prinzip priorisieren

a) Wichtig und dringlich (A-Aufgabe): sofort oder möglichst bald erledigen.

b) Wichtig, aber nicht dringlich (B-Aufgabe): Bearbeitung terminieren und termingerecht erledigen, bevor sie zur A-Aufgabe wird.

c) Dringlich, aber nicht wichtig (C-Aufgabe): mit so wenig Aufwand wie unbedingt nötig erledigen. Merke: Es muss nicht immer Powerpoint sein, oft genügt ein einfaches Word-Dokument.

d) Weder wichtig noch dringlich: siehe 1.) a). Wenn das nicht möglich ist, mit geringer Priorität und geringstmöglichem Aufwand irgendwann erledigen. Sofern es sich dann nicht inzwischen von selbst erledigt hat.


Hinweis: unangenehme Aufgaben oder solche mit geringem Lustfaktor bearbeite man möglichst als erste innerhalb der Priorität (A, B, C). Auch beachte man stets das Pareto-Prinzip, wonach 80% der vom Chef / vom Unternehmen geforderten Ergebnisse nur 20% des Zeitaufwandes erfordern; der Rest geht also für unwichtiges drauf.

Alle unvermeidlichen (d. h. selbst zu erledigenden) Aufgaben fixiere man schriftlich mit Priorität und vorgesehenem Erledigungstermin und berücksichtige sie in der

Tagesplanung
Den Arbeitstag plane man möglichst am Vorabend nach der „ALPEN-Methode“:
A – Aufgaben für den Tag zusammenstellen („Was will ich morgen alles erledigen?“)
L – Länge/Zeitbedarf für jede Aufgabe schätzen und Gesamtbedarf ermitteln („Wie lange brauche ich dafür voraussichtlich?“), dabei
P – Puffer einplanen: maximal 60% der Arbeitszeit verplanen, den Rest für Unvorhergesehenes freihalten („Wer weiß…“).
E – Entscheidungen über Priorisierung (A, B, C) treffen, immer wieder prüfen, welcher Aufwand für einzelne Aufgaben gerechtfertigt ist und ob sie nicht doch delegiert bzw. abgedrückt werden können („Wie kann ich die Aufgabe möglichst effizient bearbeiten?“).
N – Notieren im Zeitplan: Welche Aufgabe soll wann bearbeitet werden? Dabei Blöcke bilden (z. B. A-Aufgaben oder Telefonblock) und persönliche Leistungskurve (Mittagstief!) sowie Zeiten der geringsten Störungen von außen berücksichtigen („Wann mache ich was?“)

Grundsätzlich:

– Jeden Arbeitstag möglichst positiv beginnen und beenden, z. B. durch Rituale.

– Festlegen, wie lange man heute im Büro bleiben wird, geplantes Arbeitsende möglichst konsequent einhalten. Wenn man wider Erwarten früher fertig ist: früher gehen.

- Täglich eine „stille Stunde“ reservieren für persönliche Planung und Rückschau.

– Ausreichend Pausen machen, also wirklich Pausen und nicht währenddessen E-Mails
 lesen.

– Erfolge feiern, Lob annehmen und die eigene Leistung nach oben bzw. außen nicht relativieren („War ja nicht so schwer“)

– Den Feierabend planen und sich darauf freuen!

– Keine Arbeit mit nach Hause nehmen, auch nicht gedanklich (ja, das ist oft gar nicht so einfach…)

– Geplante, aber unerledigte Aufgaben auf den nächsten Tag übertragen (wenn möglich; wenn nicht, länger im Büro bleiben).

Umgang mit Störungen und Kommunikationsmitteln
– Sämtliche Benachrichtigungen über den Eingang neuer E-Mails deaktivieren!
– Wenn vom Unternehmen bzw. Chef geduldet, Anrufbeantworter und Mobilbox deaktivieren; auf verpasste Anrufe grundsätzlich nicht zurückrufen, es sei denn, der Anrufer bittet per E-Mail oder SMS ausdrücklich darum, oder Sie haben auf diesen Anruf gewartet. Oder der Anrufer ist der Chef…
– E-Mails in Blöcken bearbeiten, z. B. nur alle drei Stunden; E-Mail-Blöcke im Tagesplan berücksichtigen.
– Wenn man sich gerade auf eine wichtige Aufgabe (A oder B ) konzentrieren muss, grundsätzlich nicht ans Telefon gehen. Wenn es wichtig ist, wird sich der Anrufer nochmals melden, oder eine E-Mail schreiben.
– Unangemeldeten Besuchern keinen Platz anbieten. Wenn erforderlich, deutlich machen, dass es jetzt gerade nicht passt mit dem Angebot, sich später zu melden (und das dann möglichst auch tun).
– Am Telefon gleich zur Sache kommen, nicht lange rumsülzen. Smaltalk ist überbewertet und hält alle Beteiligten unnötig auf.
– Wichtig: „Nein“ sagen können! Wer es nicht kann, muss es üben; vielleicht nicht gerade beim Chef, das ist nur was für Fortgeschrittene.

Zum Schluss noch ein Hinweis:
Bevor man die innere Kündigung ausspricht, prüfe man, ob man die Situation oder die eigene Einstellung zum Job ändern kann. Wenn nicht, suche man sich einen anderen Job, so schwer und unbequem es auch erscheint. Trotz innerer Kündigung weiter zu arbeiten, macht auf Dauer krank. Dennoch: es ist legitim, ab und zu, aber auch wirklich nur ab und zu, wenn mal wieder „oben“ eine unsinnige Entscheidung getroffen wurde, zu denken: „Na gut, ich spiele euer Theater mit, schließlich bezahlt ihr mich gut dafür“. Aber nur denken!

Weitere Tipps zur möglichst angenehmen Gestaltung des Arbeitsalltags nehme ich gerne entgegen.

Loblied auf die Tüchtigen

Die Tage stand in der Zeitung, Umfragen zufolge würden neunundvierzig Prozent der erwerbstätigen Deutschen auch im Urlaub bis zu drei Stunden täglich arbeiten, mit dem Laptop auf Langeoog, dem Tablet auf Teneriffa, dem Smartphone auf den Seychellen oder dem Blackberry am Ballermann; dank moderner Technik muss auch in den entlegensten Winkeln der Welt niemand auf sein Büro verzichten, nur mal eben kurz schauen, wer so schreibt, nur mal eben kurz antworten.

Das ist erschreckend. Umgekehrt bedeutet das doch, einundfünfzig Prozent werden zwei bis drei Wochen lang keinen Gedanken an die Arbeit aufbringen, stattdessen untätig am Strand oder Pool liegen, durch die Gegend wandern oder gar noch nutzloser die wertvolle Zeit vergeuden, und das in der heutigen wirtschaftlich angespannten Zeit: Europa taumelt, der Euro kämpft ums Überleben, und gut die Hälfte der Deutschen macht im Urlaub einfach nur Urlaub; wo soll das hinführen?

Die Folgen diese Erholungs-Egoismus‘ sind gar nicht absehbar, schauen wir nur auf das Gesundheitswesen: Wie die Krankenkassen vermelden, ist in den letzten Jahren die Anzahl der Fälle psychischer Erkrankungen wie Burn Out dramatisch angestiegen, mittlerweile eine feste Größe, tausende von Psychologen verlassen sich darauf, dass dieser Trend anhält, bauen ihre berufliche Existenz darauf auf. Was aber, wenn die Deutschen ihren Urlaub ausschließlich zur Erholung nutzen, neue Kraft tanken für den Job, abschalten, erstarken, am Ende gar weniger krank werden? Was wird dann aus den gut ausgebildeten Psychologen? Einige können sicher umschulen auf Veterinär-Psychologie – auch die Zahl hysterischer Hauskatzen, neurotischer Neufundländer und depressiver Delfine nimmt schließlich unvermindert zu. Aber der Rest? Die stehen auf der Straße, werden psychisch labil und müssen sich bei ihren wenigen verbliebenen Kollegen in Behandlung begeben.

Das Bundesgesundheitsministerium ist alarmiert: wie ein Sprecher verlauten ließ, plant man bereits eine umfassende Vorsorge- und Informationskampagne. So bietet eine führende gesetzliche Krankenkasse seit kurzem die Seminare „Effizienz mit Halbpension“ und „Produktiv – All Inclusive“ für Arbeitnehmer an, eine weitere Krankenkasse prüft die Möglichkeit einer Beitragsanpassung für Nurlauber, die für die schönste Zeit des Jahres keinen vom Arbeitgeber bestätigten Tätigkeitsnachweis vorlegen können.

Gepriesen seid o ihr Tüchtigen. Der Zeitungsartikel hat mir die Augen geöffnet, gleichzeitig nagt das schlechte Gewissen an mir, gehöre doch auch ich zu denjenigen, die am letzten Arbeitstag vor dem Urlaub einfach eine Abwesenheitsmeldung in Outlook eingestellt, den Rechner heruntergefahren und das dienstliche Mobiltelefon ausgeschaltet haben, bis in zwei Wochen, und tschüs. Zwar werden in dieser Zeit voraussichtlich allein aufgrund meiner Abwesenheit weder Flugzeuge abstürzen noch Atomreaktoren explodieren, auch wird deswegen vermutlich nicht ein einziges Paket später bei seinem Empfänger ankommen.

Doch ich gelobe Besserung. Ab dem nächsten Urlaub. Dabei erscheinen mir drei Stunden täglich angesichts der ernsten Lage zu niedrig gegriffen: zum Wohle des Unternehmens, der Wirtschaft, Deutschlands, der Menschheit sollte man sich für acht bis zehn Stunden nicht zu schade sein. Urlaub wird heutzutage ohnehin völlig überbewertet.