Foto der Woche: Dampf und Glück

Die Aktion „Foto der Woche“ von Aequitas et Veritas läuft bis zum 31. Dezember. Jede Woche zeigt man ein Foto und schreibt was dazu, etwa wann und wo man es gemacht hat, warum man es zeigt oder welche Gedanken man damit verknüpft. Da ich in dieser Woche nichts zeigenswertes fotografiert habe, zeige ich ein 37 Jahre altes.

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Meine Begeisterung für Eisenbahnen und Dampfloks entstand irgendwann in früher Kindheit und führte in die übliche Laufbahn – von Schiebezügen, deren Streckennetz das Muster der Teppichs im Wohnzimmer war, über die Lego-Eisenbahn, dann kam die erste Modellbahnplatte in HO, schließlich die LGB-Eisenbahn im elternhäuslichen Garten. Der größte schienengebundene Wunsch meiner Kindheit und Jugend war es, mal auf einer richtigen Dampflok zu stehen, als Heizer oder gar Lokführer. 

Der Verein Dampf-Kleinbahn Mühlenstroth machte es möglich. Er betreibt bei Gütersloh, also nicht weit entfernt von Bielefeld, wo wir wohnten, eine Art Modelleisenbahn im Maßstab 1:1. Das heißt, es sind schon richtige Lokomotiven und Wagen, die in ihren früheren Leben mal dem Transport von Gütern und Personen dienten, nur lagen dort, wo sie heute fahren, früher keine Gleise, vielmehr wurden sie erst in den frühen Siebzigerjahren von Eisenbahnfreunden dort verlegt, um die alten Loks – teilweise von Schrottplätzen gerettet und anschließend aufgearbeitet – als Hobby weiter zu betreiben. Eine Art Gnadenhof für ausgemusterte Loks und Wagen, kann man so sagen.

Nach dem ersten Besuch der Dampfkleinbahn mit meinen Eltern, es muss so 1976 gewesen sein, wusste ich: Das ist es, das will ich auch, da will ich mitmachen! In einem Alter, da andere Jungs schon den Mädchen nachstellten, zum Fußball und in die Disko gingen, trat ich dem Verein bei. Bereits im Sommer 1983 stand ich zum ersten Mal als Heizer auf einer Lok, für mich ein wahnsinniges Gefühl von Glück und Stolz, das für Außenstehende, denen bei Eisenbahn vor allem Unpünktlichkeit, Verzögerungen im Betriebsablauf und umgekehrte Wagenreihung einfallen, vielleicht schwer nachzuvollziehen ist.

Hier nun das Foto von September 1983, es zeigt mich mit damals zeitgemäßer Frisur als Heizer der Lok Nr. 12 „Mecklenburg“, Baujahr 1934. Vielleicht ist mein Glücksgefühl nicht unmittelbar zu erkennen, aber seien Sie versichert: Ich war durch und durch erfüllt davon.

Aktives Mitglied bei einer Museumseisenbahn zu sein bedeutet indessen nicht nur, im Sommer auf dem Führerstand einer Lok zu stehen oder in Bahn-Uniform Löcher in Fahrkarten zu knipsen, sondern viel harte Arbeit und Dreck, auch im Winter, wenn es zu Hause bei der Modellbahn in der warmen Stube viel schöner ist. Der Eisenbahnfreund an sich ist eine besondere Spezies, also schon der „normale“, der in beiger Jacke mit Fototasche und ohne erkennbare Frisur am Bahndamm steht, Züge fotografiert und unter seinesgleichen klug daherredet; erst recht aber der aktive Museumseisenbahner. Wie bei anderen Vereinen auch kommen hier die verschiedensten Menschen zusammen: Arbeiter, Techniker, Büromenschen, Akademiker, Schüler, Studenten, Rentner; jeder kann sich einbringen, nicht jeder muss Eisenbahner, Schweißer oder Schlosser sein. Ich habe während meiner aktiven Zeit bei der Dampfkleinbahn Bekanntschaft mit vielen netten und interessanten Leuten gemacht, auch mit schwierigen; keine dieser Bekanntschaften möchte ich missen. Ich habe viel gelernt, über Technik, über Metallbearbeitung, und über Menschen.

Seit meinem Umzug nach Bonn bin ich nur noch sehr selten dort, wenn es hoch kommt einmal im Jahr, in manchen Jahren gar nicht, so wie in diesem. Aber dieses Jahr ist ohnehin anders. Deshalb kann die Bahn zurzeit auch nicht fahren, aber es gibt sie immer noch.

Woche 18: Wenn beim ersten Pastis das Lächeln zurückkehrt

Montag: Zu den Dingen, die wohl niemals enden werden, gehört meine Furcht vor nächtlichen Gewittern. Auf stürmische Nacht folgte ein lahmer, ereignisarmer Tag. Das Produktivste, was ich heute leistete, waren zwei Flecken, die ich während des Mittagessens per soßengetränkter Nudeln auf mein Hemd kleckerte.

Dienstag: Der wohl paradoxeste Feiertag ist der 1. Mai, muss man doch ausgerechnet am „Tag der Arbeit“ nicht ins Büro; indes liegt es mir fern, dieses zu beklagen. Laut bekanntem Volkslied schlagen ab heute die Bäume aus. Passend dazu steht im aktuellen SPIEGEL: »… das Verhältnis der Deutschen zur Farbe Grün ist ein besonders intensives. Zurzeit äußert es sich darin, dass man Bücher kauft, in denen Bäume ein geheimes Leben führen. Und diese Bücher womöglich bei Amazon bestellt, woraufhin Bäume ihr geheimes Leben früher beenden müssen, weil Amazon Logistikhallen unfassbaren Ausmaßes braucht …«

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Apropos Rodung: Nachfolgende Bilder aus einer Werbeanzeige auf Instagram lassen mich fassungslos aufschreien: WARUM?

 

Verstehe einer die Jungen Männer von heute: Sie lassen sich die absurdesten Rauschebärte wachsen, bei deren Anblick Räuber Hotzenplotz, der Almöhi und Wolfgang Thierse vor Neid ergrünen würden, doch unterhalb der Halskrause wird jedes Häärchen entfernt.

Mittwoch: Dienstreise nach Frickenhausen am Main. Während der Zugfahrt las ich im Kundenmagazin der Bahn die Kolumne eines gewissen Thilo Mischke, der unter der Überschrift „Mein neuer Nachbar“ jeden Monat darüber schreibt, wie er Fahrgäste im Zug belästigt, indem er ihnen ein Gespräch aufzwingt. Träfe er dazu eines Tages auf mich, fiele die nächste Kolumne aufgrund meiner naturgegeben-ostwestfälischen Abneigung gegen Unterhaltungen mit fremden Menschen sehr knapp aus. Aus demselben Grund war ich auch sehr froh darüber, in Würzburg trotz knappem Übergang den Busanschluss erreicht zu haben, anstatt ein Taxi nehmen zu müssen. Die Busfahrt führte durch malerische fränkische Orte, deren Namen ich noch nie hörte und sogleich wieder vergaß.

Donnerstag: Im Bad des Hotelzimmers stand dieses an der Wand:

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Mit vom Vergang der Jahre etwas ausgeblichenem Enthusiasmus möchte ich den Satz mal umformulieren: Ich stehe morgens auf, und der Tag verhöhnt mich.

Verhöhnt dürften sich auch die Fahrgäste dieses Omnibusses fühlen, den ich am Würzburger Hauptbahnhof sah:

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Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, plädiere ich für den Boykott aller Produkte, deren Werbeanzeigen großflächig die Sicht durch Bahn- und Busfenster verhindern.

Freitag: „Was meint zum Beispiel Officer?“, fragt Frau Dr. Walburga F.-G. in ihrem Leserbrief an den General-Anzeiger, mit welchem sie den häufigen und unnötigen Gebrauch von Anglizismen beklagt. Finde den Fehler.

Samstag: Ich liebe den Moment, wenn nach zwölfstündiger Autofahrt mit vielen Staus, einem Beinahezusammenstoß und unerwartetem Öldurst des Motors beim ersten Pastis das Lächeln ins Gesicht zurückkehrt.

Lächeln dürften auch zahlreiche Kinder im niederländischen Utrecht, nachdem die dortige Staatsanwaltschaft festgestellt hat, dass Cowboy-und-Indianer-Spiele rassismusunverdächtig und somit straffrei zu betreiben sind.

Sonntag: Ausflug zur Weinmesse „Rhône Éclat“ in Orange. Das angekündigte Regenwetter mit Gewitter gestaltete sich angenehm sonnig und warm. Ich bleibe dabei: Tätowierte Waden sehen scheiße aus. Immer und bei jedem.

Woche 2: Mit Befremden hinter die Fichte geführt

Montag: Heute begann der Abbruch des Immenrather Domes in Erkelenz, auf dass dort demnächst Braunkohle abgebaggert werde. Ich stehe der Kirche nicht sehr nahe, dennoch empfinde ich beim Betrachten der Bilder tiefe, hilflose Wut.

Dienstag: Es ist wohl keine besonders gewagte These, zu behaupten, eine Bank müsse vor allem Vertrauen wecken, um zu erreichen, dass die Leute ihr Geld bringen oder welches bei ihr leihen. Insofern bleibt völlig im Dunkeln, welchen Zweck die alberne Fernsehreklame der RaboDirect-Bank verfolgt. Vertrauen wecken jedenfalls nicht.

Mittwoch: Es erscheint mir zunehmend unsinniger, den ganzen Tag auf einen Bildschirm zu schauen. Umso absurder empfinde ich den Trend zum Zweitbildschirm auf immer mehr Schreibtischen.

Donnerstag: Über die Beschäftigung in einem Konzern schrieb Corinne Maier schon 2005 in ihrem Buch „Die Entdeckung der Faulheit“ (meiner derzeitigen Stadtbahnlektüre):

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Zu ergänzen sind sinnlose Besprechungen und Telefonkonferenzen. Manches ändert sich nie.

Freitag: Mit Freude las ich heute in einem Zeitungsartikel, man habe „mit Befremden“ reagiert, eine Formulierung, die im heutigen Zeitalter allgegenwärtiger Empörung nur noch selten gebraucht wird. Im selben Zusammenhang, auf welchen inhaltlich einzugehen ich aus Zeitgründen verzichte, war zu lesen, die derart Befremdeten fühlen sich „hinter die Fichte geführt“, was geradezu heiter klingt im Vergleich zum Synonym „verarscht“.

Samstag: Prunksitzung der Karnevalsgesellschaft Fidele Burggrafen in der Stadthalle zu Bad Godesberg. Noch vor wenigen Jahren hätte ich jedem, die mir voraussagte, es würde mir einmal große Freude bereiten, in grün-weißer Uniform auf eine Bühne aufzumarschieren und dort als „vierter Mann der drei Tenöre“ jecke Lieder zu singen, zu seiner blühenden Phantasie gratuliert.

Sonntag: Hätts jo nä sage könne, dann wör dat nit passiert. Aus vorgenannten Gründen verließ ich das Bett erst am späteren Mittag. Während der anschließenden Zahnpflege belästigten mich Bundesligageräusche aus dem Radio. Mein Desinteresse an Fußballdingen wird niemals dieselbe Erosion erfahren wie meine frühere Reserviertheit gegenüber dem Karneval. Da bin ich mir sicher.

Woche 12: Irgendwas ist ja immer

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Montag: Vergangene Nacht träumte ich von einem Skorpion auf fleckigem Betttuch, welchem ich verständlicherweise mit einer gewissen Furcht begegnete. Als ich heute in ruhiger Minute nach der darauf zutreffenden Angst (vielleicht Cnidophobie – Angst vor Stacheln) recherchierte, stieß ich auf Anatidaephobie: die Angst, von Enten beobachtet zu werden. Gibt es eigentlich einen Begriff für die Angst davor beziehungsweise Abneigung dagegen, am Montagmorgen zum Sprechen genötigt zu werden?

Dienstag: Nachdem die Erkältung halbwegs abgeklungen ist, hindert mich nun leichter Schmerz im rechten Oberschenkel am Laufen. Irgendwas ist ja immer. Vielleicht das Alter? Immerhin: Das schont die neuen Laufschuhe. – Unterdessen ist heute die neue Waschmaschine eingetroffen. Vorläufig hört sie auf den Namen Bärbel.

Mittwoch: Trotz eher mäßigem Lesegenusses heute die aktuelle Stadtbahnlektüre „Ich hasse dieses Internet“ von Jaret Kobeck ausgelesen. Es gelingt mir fast nie, ein Buch vorzeitig zu beenden, weil es sich anfühlt wie eine persönliche Beleidigung des Autors, was meinem krankhaften Harmoniestreben zuwider läuft. Außerdem könnte ja am Ende doch noch was Lesenswertes kommen. Kam aber nicht.

Donnerstag: Ein herrlicher Frühlingstag mit Fußmarsch zur Arbeit am Morgen. An anderen, seltenen Tagen, an denen Widerwille mein Wegbegleiter ins Büro ist, motiviert mich die Erkenntnis, es gibt viel schlimmere Jobs als meinen. Zum Beispiel Sprecher der Deutschen Bahn. Überhaupt Sprecher. Es sei denn, man heißt Andrea Titz und ist Sprecherin des Oberlandesgerichtes München. Äußerlich Evelyn Hamann nicht unähnlich, tritt sie regelmäßig vor die Fernsehkameras und berichtet mit sonorer, von bayrischem Akzent verzierter Stimme über den Sachstand der ganz großen Verfahren, in dieser Woche etwa des Prozesses gegen Georg Funke, den ehemaligen Chef der Hypo Real Estate. Bekannt geworden ist sie durch regelmäßige Auftritte anlässlich des NSU-Prozesses, mittlerweile gewissermaßen der Hauptstadtflughafen unter den Strafverfahren. Sie sehen in mir einen großen Bewunderer von Andrea Titz.

Laut einer Zeitungsmeldung würde fast ein Drittel aller Menschen zwischen neunzehn und achtunddreißig eher auf Sex verzichten als auf ihr Smartphone, so weit ist es schon gekommen. Ich wäre immerhin zum Verzicht bereit auf Sex mit dem Smartphone.

Freitag: Iktsuarpok kommt aus dem Inuit und bezeichnet die Vorfreude, wenn man auf jemanden wartet. Ich kenne Iktsuarpok gut. Jeden Freitag aufs Neue.

Samstag: Reisen bildet. Auf der Rückfahrt aus Köln wurde ich in der Mittelrheinbahn Zeuge eines Gespräches, in dessen Verlauf eine Dame ihrem Sitznachbarn und allen anderen Mitreisenden drumherum mitteilte, sie nehme nie das Mobiltelefon mit auf die Toilette.

Das Ende des Internets finden Sie übrigens hier: http://endedesinternets.de/

Sonntag: Die Zeitumstellung auf Sommerzeit ist in etwa so notwendig wie ein Porsche.

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Zum Weltlachtag

Heute ist nicht nur Tag der Arbeit, zudem Namenstag von Arnold, August und Maximilian, sondern auch Weltlachtag. Stand jedenfalls gestern in der Zeitung. Hierzu wünsche ich Ihnen viel Vergnügen mit einem Dichterwort:

Kostenübernahme
Ein guter Scherz zur rechten Zeit,
Ein Bier, sich zuzuprosten,
Erfreun das Herz, vor allem wenn
Ein anderer trägt die Kosten.

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Nachtrag: Herzlich zum Lachen brachte mich heute die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung mit einer Beschreibung des BMW i3, obwohl mein Interesse für Autos als eher homöopathisch zu bezeichnen ist:

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Wenn es nicht läuft

Ist der Chef zufrieden, freut sich der Mensch. Es gibt gute Arbeitstage, da läufts. Und es gibt die anderen, zumindest bei mir erfreulicherweise selteneren, wo man abends eher unzufrieden nach Hause geht, zum Beispiel weil man für etwas – verzeihen Sie die Wortwahl – angekackt wurde, das man nur sehr begrenzt beeinflussen konnte; schließlich kann, will und muss man nicht alles selber machen in so einem großen Unternehmen. So ein Tag war heute, Einzelheiten erspare ich Ihnen.

Doch für solche Tage gibt es einen guten Rat, den ich letzte Woche aufschnappte. Nach einem Scheitern – in meinem heutigen Fall ein zu starkes Wort, ein schwächeres, welches treffender das von mir Gemeinte zum Ausdruck bringt, fällt mir gerade nicht ein, auch die Synonymsuchseite ist wenig hilfreich (Versagen, Durchfall, Desaster, Fiasko, Pleite, Misslingen… ja, Misslingen passt ganz gut) – nach einem misslungenen Arbeitstag also frage man sich:

  1. Sind Menschen zu schaden gekommen oder ist damit zu rechnen?
  2. Spricht in einem halben Jahr noch irgendjemand darüber?

Sofern man beides mit „Nein“ beantworten kann, gräme man sich nicht länger. In meinem heutigen Fall: 1. ein klares Nein, 2. wahrscheinlich nicht, kann man bei optimistischer Betrachtung als „Nein“ werten.

Nach der Arbeit war ich laufen, zehn Kilometer am Rhein. Das lief richtig gut.

Was im August a u c h in der Zeitung stand

Griechenland, Ukraine, Flüchtlinge, Islamischer Staat – das sind die großen Themen, welche die Medien in diesen Wochen füllen. Doch wollen wir auch den eher unbedeutenden Ereignissen einen kleinen Teil unserer Aufmerksamkeit widmen. Hier eine unvollständige und keineswegs repräsentative Auswahl aus dem scheidenden Monat August.

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Glaube und Videospiele – Die „Gamechurch“-Bewegung verbindet Spieltrieb und Spiritus, was weniger absurd ist, als es auf den ersten Blick erscheint: Videospiele und Religion passen aufgrund ihrer fiktionalen Grundlage perfekt zusammen. Die Spieler treffen sich wöchentlich im lippischen Lemgo und sprechen, während sie sich diversen Ego-Shootern widmen, über Glaube und Gott, „aber nur, wenn jemand Bock hat“, so der Gründer der deutschen Sektion; wie oft das der Fall ist und ob überhaupt, weiß der Himmel. Die Gamechurch-Idee kommt übrigens – wie kann es anders sein – aus Amerika.

Ebenfalls aus den USA kam folgende Meldung:

Beziehungs-Aus für Miss Piggy und Kermit – Der Frosch mit dem merkwürdigen Zackenkragen und die divenhafte Sau gaben ihre Trennung bekannt. Dennoch wollen sie weiter zusammen arbeiten.

Womit wir beim nächsten Thema sind.

Mehrheit geht gerne zur Arbeit – Nur jeder achte Arbeitnehmer ist laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung unzufrieden mit seinem Job – alle anderen gehen mehr oder weniger gerne zur Arbeit. Manche möglicherweise sogar montags.

Vielleicht auch deshalb, weil sie ihre Arbeit bei Musik verrichten dürfen:

Zu Helene Fischer unters OP-Messer – Forscher bewerten die musikalische Untermalung von Operationen als positiv, sowohl für die Operateure, auf die die Musik entspannend wirkt, als auch für die Operierten, deren Schmerz- und Angstempfinden mit Musikbegleitung abnimmt. Ob das auch bei Beschallung durch die Fischerin zutrifft, wage ich zu bezweifeln.

Wer arbeitet, ob gerne oder nicht, braucht ab und zu Urlaub.

Mehrheit der Deutschen gut erholt – Laut dem DAK-Urlaubsreport gab die Mehrheit in einer Befragung an, sich im Urlaub gut oder sehr gut erholt zu haben. 38 Prozent derjenigen, für die das nicht zutraf, nannten „nicht abschalten können“ als Grund, nur 13 Prozent „schlechtes Wetter“. Vielleicht sollten erstere einfach mal einen Blick in die Bedienungsanleitung ihres dienstlichen Mobiltelefons werfen.

Mobiltelefone und Kopien teurer Markenuhren werden in China hergestellt, und nicht nur das:

Chinesen kopieren Goldman Sachs – Rein zufällig wählte eine chinesische Bank, die mit der bekannten amerikanischen Investmentbank nichts zu tun hat, deren Namen. „Wir haben den Namen zufällig ausgewählt, es ist nicht absichtlich derselbe“, so eine Sprecherin. Kann ja passieren.

Nicht nur in China, auch in Spanien gibt es Zufälle:

Blutige Fiesta – Bislang kamen in diesem Jahr zehn Menschen bei Stiertreiben ums Leben, deutlich mehr als in den Vorjahren. Diese Zuname der Todesfälle sei „zufällig“, so ein Organisator. Wie viele Stiere für diesen Unfug ihr Leben lassen mussten, bleibt hingegen offen. Doch trotz Protesten von Tierschützern halten die Spanier an dieser fragwürdigen Tradition fest.

Nicht nur Stiere, auch ihre weiblichen Artgenossen leiden traditionell:

Alarmgeläut gegen die Kuhglocken – Die Kuhglockendebatte aus der Schweiz ist nun auch in Bayern angekommen. Tierschützer verlangen ein Verbot, da die Tiere unter dem permanenten Gebimmel leiden (wie ein Mensch unter der Dauerbeschallung durch Helene Fi… lassen wir das). Das ist natürlich „kompletter Schmarrn“, denn in den Glocken komme der Stolz der Almhirte zum Ausdruck, so Vorsitzende des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu: „Das ist Tradition im Allgäu und gehört dazu.“

Manchmal indes bewirken Proteste etwas:

Der runde Bauch ist zurück – Nachdem die zeitgemäße Verschlankung des rothaarigen Kobolds Pumuckl eine Protestwelle nach sich zog, darf er sich nun wieder eine kleine Plauze anfressen.

Es ist schon bemerkenswert, worüber sich Menschen erregen. Erregung in mehrfacher Hinsicht war auch der Auslöser folgender Meldung:

Jugendarrest für Sex im Erlebnisbad – Ein junges Paar (18 und 19) muss ins Jugendarrest, weil sie die Bezeichnung „Erlebnisgrotte“ in einem Augsburger Hallenbad wörtlich nahmen und dort ihren natürlichen Trieben freien Lauf ließen. Das finde ich reichlich übertrieben, andererseits: In Amerika wären sie dafür vermutlich hingerichtet worden. Oder Youporn-Stars, beides ist gleichermaßen möglich.

Alle Jahre wieder – Einen weiteren Grund dauerhafter, mir völlig unverständlicher Erregung beleuchtet folgende Meldung:

Alljährliche Plätzchen-Hysterie – In Kürze stehen wieder Dominosteine, Zimtsterne, Marzipanbrote und Lebkuchen in den Supermarktregalen; damit einhergehen wird die übliche Welle der Empörung und der Boykottaufrufe in den sozialen Hetzwerken. In Österreich soll sogar schon ein Lebkuchenständer in Brand gesetzt worden sein. Dass es heutzutage fast ganzjährig Erdbeeren und Spargel zu kaufen gibt, regt hingegen kaum jemanden auf.

Apropos soziale Hetzwerke:

Eine Milliarde bei Facebook – Erstmals haben eine Milliarde Menschen freiwillig das bekannte Datenmonster genutzt, vermeldet der Chef Zuckerberg stolz. Angesichts des Umgangs mit Schmähungen gegen Flüchtlinge gelingt es mir leider nicht, den Satz „Herzlichen Glückwunsch“ mit aufrichtiger Ehrlichkeit hervorzubringen. Das wird den weiter steigenden Nutzerzahlen nicht im Wege stehen.

Heimarbeit

Nach fast zwei Wochen siechem herumlungern und Fuß hochlegen befand ich es an der Zeit, meinem Arbeitgeber wieder etwas mehr Zeit zu widmen, zumal bei der Ausübung meiner überwiegend sitzenden Tätigkeit eine uneingeschränkte körperliche Bewegungsfähigkeit zwar erfreulich, nicht jedoch zwingend erforderlich ist. Daher beschloss ich, zunächst zwei Tage lang von zu Hause aus zu arbeiten, ,Home Office‘ zu machen, wie es so unschön heißt, wobei dieser Begriff ja schon ein krasser Widerspruch in sich ist, etwa so wie Ostwestfalen.

Nach einem Arzttermin am Vormittag begab ich mich also aufs Sofa, so wie an den Tagen zuvor auch, nur statt mich in erfreulicher Lektüre zu ergehen, schaltete ich den dienstlichen Rechner ein. Ich gebe zu: ich hatte es mir wesentlich schwieriger vorgestellt, den Ablenkungen häuslicher Umgebung, gepaart mit fehlender cheflich-kollegialer Beobachtung zu widerstehen. Dabei waren die Verlockungen zahlreich – Zeitung lesen, mal kurz ins Internet, die Spülmaschine ausräumen, Wäsche zusammenlegen, endlich mit dem Schreiben meines Bestsellers beginnen, eine neue Frisur ausprobieren und wieder verwerfen, Fotoalben sortieren, lästige Überweisungen tätigen, zwei bis drei Gedichte auswendig lernen, ein Nickerchen halten, den Staub aus den Lamellen der Designer-Wohnzimmerlampe entfernen. (Gut, das mit dem Nickerchen habe ich tatsächlich gemacht.) Trotz vorstehender Reize lief es erstaunlich gut: ungestört von Telefon und Kollegen, die plötzlich in der Tür stehen und was wollen, etwa eine Auskunft oder einen Plausch halten, bekam ich einiges geschafft.

Dem Vernehmen nach bevorzugen vor allem junge Erwerbstätige zunehmend diese Form der Arbeit – zeitlich und örtlich flexibel, zu Hause, in der Wanne, so sie eine haben, in der Dusche eher selten, im Park, im Café, in der Sauna, bei Gassigehen und Liebesspiel; auch nachts und am Sonntag vor und nach Tatort. Gerade freischaffend tätige ,Freelancer‘ (nein, ich gebrauche jetzt nicht das Wort ,neudeutsch‘, denn es ist weder neu noch deutsch), Leute also, die davon leben, dass sie etwa Nordseekrabben pulen, sich lustige Werbung ausdenken, irgendwas mit Medien machen oder für Auftraggeber Texte verfassen. Da mein Geschreibsel sich nicht eignet, Geld damit zu verdienen, halte ich meinem Arbeitgeber die Treue, von Montag bis Freitag, von morgens bis zum frühen Abend, und zwar am liebsten im Büro, so absurd es manchem auch erscheinen mag, täglich mehrere Stunden mit vielen Menschen in einem großen Bürogebäude zu verbringen.

Ja, nennen Sie mich altbacken, aber ich bevorzuge es, mich zum Zwecke des Brot-, Bier- und Bucherwerbs morgens mit einem Anzug zu kleiden, mich mit fremden, mürrischen Menschen in die Stadtbahn zu quetschen und mittags mit den Kollegen in die Kantine zu gehen. Das schöne daran ist nämlich: Es gibt meinem Tag Struktur, und wenn mich das Gebäude abends wieder ausspuckt, schüttle ich den Arbeitstag ab wie ein nasser Hund das Wasser aus dem zotteligen Fell, klopfe einige imaginäre Krümel von den Schultern, und dann ist Feierabend, aber richtig. Oder Wochenende. Oder Urlaub.

Fazit – ein bis zwei Tage Heimarbeit kann ich mal machen, sie hat gewisse Vorzüge. Dennoch, und ich hätte nie gedacht, mal einen solchen Satz zu schreiben: Ich freue mich, bald wieder ins Büro gehen zu können.

Grundsätze der Aufgabenerledigung im abhängigen Beschäftigungsverhältnis

In dieser Woche hatte ich das Vergnügen, an einem Seminar meines Arbeitgebers für Selbst- und Zeitmanagement teilzunehmen, was keineswegs ironisch gemeint ist, das Seminar war wirklich gut, auch wenn ich nicht so ganz viel neues gelernt habe, weil ich mich schon lange mit diesem Thema befasse und mir deshalb einbilde, schon vorher einigermaßen strukturiert gearbeitet zu haben. Aber es gibt ja bekanntlich nichts, was sich nicht noch verbessern ließe.

Für alle, die dieses Thema interessiert, hier noch einmal eine Zusammenfassung der (für mich) wichtigsten Erkenntnisse, garniert mit einigen eigenen Erfahrungen, die vermutlich so (noch) in keinem einschlägigen Lehrbuch zu finden sind. Vielleicht schreibe ich eines Tages selbst mal eins.

Umgang mit einer neue Aufgabe
Der Büroalltag könnte so schön sein, würde man nicht ständig mit E-Mails belästigt, aus welchen nicht selten neue Aufgaben erwachsen. Bei Eintreffen einer neuen Aufgabe stelle man stets folgende Überlegungen an:

1.) Muss diese Aufgabe überhaupt erledigt werden?

a) wenn nein: ignorieren, E-Mail löschen oder, wer sich das nicht traut, ablegen.

b) wenn ja: weiter zu 2.)
2.) Muss ICH diese Aufgabe erledigen?

a) wenn nein: an richtigen Bearbeiter weiter leiten (bzw. an einen Kollegen, in dessen Wortschatz das Wörtchen „Nein“ nicht vorkommt) oder sich beim Aufgabensteller für nicht zuständig erklären.

b) wenn ja: weiter zu 3.)
3.) Aufgabe nach dem Eisenhower-Prinzip priorisieren

a) Wichtig und dringlich (A-Aufgabe): sofort oder möglichst bald erledigen.

b) Wichtig, aber nicht dringlich (B-Aufgabe): Bearbeitung terminieren und termingerecht erledigen, bevor sie zur A-Aufgabe wird.

c) Dringlich, aber nicht wichtig (C-Aufgabe): mit so wenig Aufwand wie unbedingt nötig erledigen. Merke: Es muss nicht immer Powerpoint sein, oft genügt ein einfaches Word-Dokument.

d) Weder wichtig noch dringlich: siehe 1.) a). Wenn das nicht möglich ist, mit geringer Priorität und geringstmöglichem Aufwand irgendwann erledigen. Sofern es sich dann nicht inzwischen von selbst erledigt hat.


Hinweis: unangenehme Aufgaben oder solche mit geringem Lustfaktor bearbeite man möglichst als erste innerhalb der Priorität (A, B, C). Auch beachte man stets das Pareto-Prinzip, wonach 80% der vom Chef / vom Unternehmen geforderten Ergebnisse nur 20% des Zeitaufwandes erfordern; der Rest geht also für unwichtiges drauf.

Alle unvermeidlichen (d. h. selbst zu erledigenden) Aufgaben fixiere man schriftlich mit Priorität und vorgesehenem Erledigungstermin und berücksichtige sie in der

Tagesplanung
Den Arbeitstag plane man möglichst am Vorabend nach der „ALPEN-Methode“:
A – Aufgaben für den Tag zusammenstellen („Was will ich morgen alles erledigen?“)
L – Länge/Zeitbedarf für jede Aufgabe schätzen und Gesamtbedarf ermitteln („Wie lange brauche ich dafür voraussichtlich?“), dabei
P – Puffer einplanen: maximal 60% der Arbeitszeit verplanen, den Rest für Unvorhergesehenes freihalten („Wer weiß…“).
E – Entscheidungen über Priorisierung (A, B, C) treffen, immer wieder prüfen, welcher Aufwand für einzelne Aufgaben gerechtfertigt ist und ob sie nicht doch delegiert bzw. abgedrückt werden können („Wie kann ich die Aufgabe möglichst effizient bearbeiten?“).
N – Notieren im Zeitplan: Welche Aufgabe soll wann bearbeitet werden? Dabei Blöcke bilden (z. B. A-Aufgaben oder Telefonblock) und persönliche Leistungskurve (Mittagstief!) sowie Zeiten der geringsten Störungen von außen berücksichtigen („Wann mache ich was?“)

Grundsätzlich:

– Jeden Arbeitstag möglichst positiv beginnen und beenden, z. B. durch Rituale.

– Festlegen, wie lange man heute im Büro bleiben wird, geplantes Arbeitsende möglichst konsequent einhalten. Wenn man wider Erwarten früher fertig ist: früher gehen.

- Täglich eine „stille Stunde“ reservieren für persönliche Planung und Rückschau.

– Ausreichend Pausen machen, also wirklich Pausen und nicht währenddessen E-Mails
 lesen.

– Erfolge feiern, Lob annehmen und die eigene Leistung nach oben bzw. außen nicht relativieren („War ja nicht so schwer“)

– Den Feierabend planen und sich darauf freuen!

– Keine Arbeit mit nach Hause nehmen, auch nicht gedanklich (ja, das ist oft gar nicht so einfach…)

– Geplante, aber unerledigte Aufgaben auf den nächsten Tag übertragen (wenn möglich; wenn nicht, länger im Büro bleiben).

Umgang mit Störungen und Kommunikationsmitteln
– Sämtliche Benachrichtigungen über den Eingang neuer E-Mails deaktivieren!
– Wenn vom Unternehmen bzw. Chef geduldet, Anrufbeantworter und Mobilbox deaktivieren; auf verpasste Anrufe grundsätzlich nicht zurückrufen, es sei denn, der Anrufer bittet per E-Mail oder SMS ausdrücklich darum, oder Sie haben auf diesen Anruf gewartet. Oder der Anrufer ist der Chef…
– E-Mails in Blöcken bearbeiten, z. B. nur alle drei Stunden; E-Mail-Blöcke im Tagesplan berücksichtigen.
– Wenn man sich gerade auf eine wichtige Aufgabe (A oder B ) konzentrieren muss, grundsätzlich nicht ans Telefon gehen. Wenn es wichtig ist, wird sich der Anrufer nochmals melden, oder eine E-Mail schreiben.
– Unangemeldeten Besuchern keinen Platz anbieten. Wenn erforderlich, deutlich machen, dass es jetzt gerade nicht passt mit dem Angebot, sich später zu melden (und das dann möglichst auch tun).
– Am Telefon gleich zur Sache kommen, nicht lange rumsülzen. Smaltalk ist überbewertet und hält alle Beteiligten unnötig auf.
– Wichtig: „Nein“ sagen können! Wer es nicht kann, muss es üben; vielleicht nicht gerade beim Chef, das ist nur was für Fortgeschrittene.

Zum Schluss noch ein Hinweis:
Bevor man die innere Kündigung ausspricht, prüfe man, ob man die Situation oder die eigene Einstellung zum Job ändern kann. Wenn nicht, suche man sich einen anderen Job, so schwer und unbequem es auch erscheint. Trotz innerer Kündigung weiter zu arbeiten, macht auf Dauer krank. Dennoch: es ist legitim, ab und zu, aber auch wirklich nur ab und zu, wenn mal wieder „oben“ eine unsinnige Entscheidung getroffen wurde, zu denken: „Na gut, ich spiele euer Theater mit, schließlich bezahlt ihr mich gut dafür“. Aber nur denken!

Weitere Tipps zur möglichst angenehmen Gestaltung des Arbeitsalltags nehme ich gerne entgegen.

Loblied auf die Tüchtigen

Die Tage stand in der Zeitung, Umfragen zufolge würden neunundvierzig Prozent der erwerbstätigen Deutschen auch im Urlaub bis zu drei Stunden täglich arbeiten, mit dem Laptop auf Langeoog, dem Tablet auf Teneriffa, dem Smartphone auf den Seychellen oder dem Blackberry am Ballermann; dank moderner Technik muss auch in den entlegensten Winkeln der Welt niemand auf sein Büro verzichten, nur mal eben kurz schauen, wer so schreibt, nur mal eben kurz antworten.

Das ist erschreckend. Umgekehrt bedeutet das doch, einundfünfzig Prozent werden zwei bis drei Wochen lang keinen Gedanken an die Arbeit aufbringen, stattdessen untätig am Strand oder Pool liegen, durch die Gegend wandern oder gar noch nutzloser die wertvolle Zeit vergeuden, und das in der heutigen wirtschaftlich angespannten Zeit: Europa taumelt, der Euro kämpft ums Überleben, und gut die Hälfte der Deutschen macht im Urlaub einfach nur Urlaub; wo soll das hinführen?

Die Folgen diese Erholungs-Egoismus‘ sind gar nicht absehbar, schauen wir nur auf das Gesundheitswesen: Wie die Krankenkassen vermelden, ist in den letzten Jahren die Anzahl der Fälle psychischer Erkrankungen wie Burn Out dramatisch angestiegen, mittlerweile eine feste Größe, tausende von Psychologen verlassen sich darauf, dass dieser Trend anhält, bauen ihre berufliche Existenz darauf auf. Was aber, wenn die Deutschen ihren Urlaub ausschließlich zur Erholung nutzen, neue Kraft tanken für den Job, abschalten, erstarken, am Ende gar weniger krank werden? Was wird dann aus den gut ausgebildeten Psychologen? Einige können sicher umschulen auf Veterinär-Psychologie – auch die Zahl hysterischer Hauskatzen, neurotischer Neufundländer und depressiver Delfine nimmt schließlich unvermindert zu. Aber der Rest? Die stehen auf der Straße, werden psychisch labil und müssen sich bei ihren wenigen verbliebenen Kollegen in Behandlung begeben.

Das Bundesgesundheitsministerium ist alarmiert: wie ein Sprecher verlauten ließ, plant man bereits eine umfassende Vorsorge- und Informationskampagne. So bietet eine führende gesetzliche Krankenkasse seit kurzem die Seminare „Effizienz mit Halbpension“ und „Produktiv – All Inclusive“ für Arbeitnehmer an, eine weitere Krankenkasse prüft die Möglichkeit einer Beitragsanpassung für Nurlauber, die für die schönste Zeit des Jahres keinen vom Arbeitgeber bestätigten Tätigkeitsnachweis vorlegen können.

Gepriesen seid o ihr Tüchtigen. Der Zeitungsartikel hat mir die Augen geöffnet, gleichzeitig nagt das schlechte Gewissen an mir, gehöre doch auch ich zu denjenigen, die am letzten Arbeitstag vor dem Urlaub einfach eine Abwesenheitsmeldung in Outlook eingestellt, den Rechner heruntergefahren und das dienstliche Mobiltelefon ausgeschaltet haben, bis in zwei Wochen, und tschüs. Zwar werden in dieser Zeit voraussichtlich allein aufgrund meiner Abwesenheit weder Flugzeuge abstürzen noch Atomreaktoren explodieren, auch wird deswegen vermutlich nicht ein einziges Paket später bei seinem Empfänger ankommen.

Doch ich gelobe Besserung. Ab dem nächsten Urlaub. Dabei erscheinen mir drei Stunden täglich angesichts der ernsten Lage zu niedrig gegriffen: zum Wohle des Unternehmens, der Wirtschaft, Deutschlands, der Menschheit sollte man sich für acht bis zehn Stunden nicht zu schade sein. Urlaub wird heutzutage ohnehin völlig überbewertet.