Montag: Die Woche begann kalt und nicht allzu montäglich. Mehr weiß ich über den Tag nicht zu berichten, immerhin auch nichts zu beklagen.
Übrigens ist heute laut kleiner kalender Tag der männlichen Körperpflege. Haben wir das auch hinter uns, meine Herren; ab morgen wieder unrasiert ins Büro. Dazu eine gar entzückende Illustration:

Dienstag: Der Tag begann mit einer Enttäuschung: Am Samstag habe ich mich in einem örtlichen Musikfachgeschäft spontanverliebt in eine Trommel, ein kleineres, transportfreundlicheres Modell im Vergleich zu dem Riesentrumm, das ich bislang zu den Aufritten schleppe. Die wollte ich mir heute zum Geburtstag schenken und beim Auftritt am Abend sogleich in Betrieb nehmen. Aber ach: Abweichend von der Anzeige im Netz hat das Geschäft montags und dienstags geschlossen.
Der freie Tag, aus gegebenem Anlass bereits heute statt Donnerstag, wurde dennoch angenehm. Nach dem verhinderten Trommelerwerb frühstückte ich im Kaufhof-Restaurant. Ich mag das Frühstück dort, weil man sich wie im Hotel soviel vom Büffet holt (und bezahlt), wie man voraussichtlich verzehrt, wohingegen die fertigen Frühstücksarrangements in Cafés oft so umfangreich sind, dass meistens etwas zurück geht, was nur schwer mit meiner Sozialisierung als Flüchtlingskind zu vereinbaren ist, ich schrieb es schon.
Nach dem Frühstück fuhr ich mit der Stadtbahn nach Oberdollendorf, von dort unternahm ich eine Rundwanderung durch das Siebengebirge, unter anderem über Stenzels- und Petersberg. Es war kalt, aber beglückend. Den Aufstieg auf den Petersberg schaffte ich schnauffrei, das tägliche Treppensteigen im Turm scheint Früchte zu tragen. Während es für die meisten Menschen völlig normal ist, telefoniere ich äußerst ungern in Öffentlichkeit, Wald und Flur. Dem kam die schwache Mobilfunkabdeckung in Teilen des Siebengebirges entgegen. Ansonsten war ich dankbar, dass die meisten Gratulationen per Kurz- oder WhatsApp-Nachricht eintrafen und das Telefon in der Tasche nur kurz aufzucken ließen, auf dass ich sie später beantworte.
Zurück in Bonn belohnte ich mich wie üblich mit Currywurst an Pommes. Dabei beantwortete ich mit letzter Akkukraft des Telefons die Gratulationsnachrichten. Offensichtlich war der Wandertag sehr anstrengend für das Gerät, im Gegensatz zum Nutzer.
Abends war ein Auftritt des Karnevalscorps in Bad Godesberg, für mich hoffentlich zum letzten Mal mit der sperrigen Trommel. Die neue kaufe ich morgen Abend, wenn sie dann noch da ist.
Der Tag in Bildern:







Mittwoch: Im Gegensatz zu gestern war der Tag durchgehend dunstig-bewölkt, morgens mit leichtem Sprühregen. Im Büro war gut zu tun, an dem freien Tag hatten sich ungewöhnlich viele Mails angesammelt. Gut, ein größerer Anteil bestand aus Gratulationen, die zügig abgearbeitet waren. Der Arbeitstag endete mit einem sehr angenehmen Chefgespräch, meine Zielerreichung betreffend, außerdem muss er wie jedes Jahr eine Potentialeinschätzung zu meiner Karriereentwicklung abgeben. Auch in diesem Jahr schrieb er: »Wirkt bzgl. Veränderungen teilweise etwas gleichgültig«. Dem ist vollumfänglich zuzustimmen; maximal sieben Jahre vor dem Ruhestand tendiert mein Karrierestreben, bei weiterhin grundsätzlich positiver Motivation, gegen Null. Jeder weitere Karriereschritt wäre mit erheblicher Freizeiteinbuße verbunden, das muss nun wirklich nicht sein.
Abends kaufte ich wie geplant die kleinere Trommel und absolvierte mit ihr probeweise einen kleinen Parademarsch durch die Wohnung.

Donnerstag: „Vater Staat ist nicht dein Erziehungsberechtigter“ steht auf den Wahlplakaten der FDP. Und ich wünsche nicht, von Herrn Lindner geduzt zu werden.
„Es ist ja auch ein Haufen Code dahinter“, sagte eine in der Besprechung.
Die Schwäche, Gesichter zu erkennen, heißt Prosopagnosie. Ob bei mir eine leichte Variante vorliegt, weiß ich nicht, jedenfalls kommt es manchmal vor, dass ich zwei Menschen, die ich nur vom Sehen kenne, für einen halte. Sie müssen sich nicht besonders ähnlich sehen wie Zwillinge oder Geschwister, ich weiß auch nicht, aufgrund welcher Merkmale die Verwechslung beziehungsweise Verschmelzung entsteht. Solange, bis ich beide gleichzeitig sehe. Die Erkenntnis „Huch, das sind ja zwei“ ist jedesmal irritierend. Heute Mittag in der Kantine wieder.
Freitag: Während der Radfahrt zum Werk morgens erinnere mich ein länger nachwirkender Stich im unteren Rücken daran, dass Alter nicht nur eine unbedeutende Zahl ist.
Bei Ankunft ärgerte ich mich ein wenig über einen Kollegen. Dazu muss ich ein wenig ausholen: Bei den Aufzügen im Turm wählt man die Etage nicht innerhalb der Kabine, sondern an mehreren Displays im Eingangsbereich. Nach Auswahl des Stockwerks wird der zutreffende Aufzug angezeigt. Besagtem Kollegen wurde nun dieselbe Kabine wie mir zugewiesen, die er einige Sekunden vor mir betrat. Aus Egoismus oder Gedankenlosigkeit betätigte er den Tür-zu-Knopf, woraufhin sich die Türen schlossen und ich mit vermutlich tadelndem Blick davor stehen blieb. Das bemerkte der Kollege, immerhin, und streckte den Arm zwischen die noch nicht ganz geschlossenen Flügel, woraufhin sie sich wieder öffneten und ich eintreten konnte. Statt eines Wortes der Entschuldigung rühmte sich der Held, mir unter dem Risiko des Armverlustes den Einstieg ermöglicht zu haben. Da er in die Vorstandsetage fuhr, wie der Anzeige zu entnehmen war, sah ich von weiteren Beschimpfungen ab.
„Jede Treppenstufe bietet bis zu 4 Sekunden längere Lebenszeit“ las ich in einer Mitteilung. Wenn ich es schaffe, bis zum voraussichtlichen Ende meines aktiven Berufslebens einmal arbeitstäglich die Treppen statt des Aufzugs zu nehmen, könnte ich knapp zwanzig Tage herausholen.
Samstag: Im Rücken zwickt es bei bestimmten Bewegungen weiterhin, erfahrungsgemäß wird mich das noch einige Zeit begleiten. Das morgens angebrachte Wärmepflaster brachte nur wenig Linderung. Also besser nicht bestimmt bewegen. Das ist allerdings kein Grund, auf den Spaziergang zu verzichten.


Sonntag: Der Spaziergang führte unter anderem durch die Südstadt, wo die Schneeglöckchen blühen. Woanders wahrscheinlich auch, nur sah ich sie dort erstmals in diesem Jahr. Das milde, zeitweise sonnige Wetter lockte viele Spaziergänger aus den Häusern, vom derzeit allgegenwärtigen Pessimismus war nichts zu spüren.
Anlässlich eines Auftritts der Karnevalsgesellschaft am Abend kam die Trommel zu ihrem ersten öffentlichen Einsatz. Ich bin sehr zufrieden damit.
Zu guter letzt: Erfreulich in dieser Woche waren der Wandertag, die neue Trommel und das schöne Gefühl, wenn der Schmerz nachlässt.
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Ich wünsche Ihnen eine angenehme, möglichst schmerz- und sorgenfreie Woche.












