Woche 37/2025: Einige beeindruckende Aussichten und eine Stimmungsschwankung mit Außenwirkung

Montag: Vergangene Nacht träumte ich, meine Kollegin M. und ich seien zu einem Gespräch in der Personalabteilung geladen worden. Dort wurden wir informiert, dass unsere Arbeitsplätze demnächst wegfallen und wir im kommenden Jahr in den Vorruhestand gehen könnten. Als ich später, weiterhin träumend – nun wird es etwas unlogisch, das ist bei Träumen ja nicht ungewöhnlich – als ich also später M. von meinem Traum erzählte, berichtete sie, das gleiche geträumt zu haben. Als noch später Maybrit Illner Herrn Merz dazu befragte, zog er die Stirn kraus und sagte: „Das wird es mit mir nicht geben.“ (Gut, das mit Illner und Merz habe ich nicht geträumt sondern mir gerade ausgedacht, aber es hätte den Traum abgerundet.)

Ansonsten ein angenehm ruhiger Start der nächsten Urlaubswoche. Das Grundstück verließ ich nur für etwa eine halbe Stunde zur Müllentsorgung, die hier ja, wie bereits früher dargelegt, nicht in eigene Mülltonnen erfolgt, sondern in Müllcontainer an öffentlichen Sammelstellen in fußläufiger Nähe, also stets mit einem willkommenen Spaziergang verbunden. Bei der Gelegenheit entsorgte ich auch das Altglas, es hatte sich wieder einiges angesammelt in den letzten Tagen; es ist mir ein Rätsel.

Liegestuhlperspektive, nachmittags

Dienstag: Während das heimische Rheinland in Regenfluten versank (so schlimm war es dann zum Glück doch nicht), fuhren wir mit den Fahrrädern nach Vaison-la-Romaine, wo heute Markt war. Der ist riesig und war stark besucht, augenscheinlich größten Teils von Touristen wie uns, auch auffallend viele Hunde und eine Katze waren unter den Besuchern, von denen wiederum viele nicht selbst laufen mussten, vielmehr wurden sie von ihren Haltemenschen getragen oder in Wägelchen durch das Getümmel geschoben. Das Marktangebot schien überwiegend touristisch: Neben Ständen für Taschen, Hüte, Portemonnaies, Gürtel und Stoffe waren vergleichsweise wenige Händler mit Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln vertreten.

Hinfahrt, bei Entrechaux
Nach Ankunft in Vaison-la-Romaine

Nach Rückkehr am frühen Nachmittag waren Leserückstände in Blogs und der Zeitung aufzuholen. Die Stadtwerke Bonn haben neue Elektrobusse erhalten. Darüber berichtet der General-Anzeiger: „Außen klingt er wie eine Straßenbahn, die sich auf Samtpfoten bewegt. […] Ein Detail, das zeigt, dass die Busse nicht nur für Technikfans, sondern auch für den Alltag gebaut wurden.“ Bis heute wusste ich nicht, dass Busse auch für Technikfans gebaut werden. Eine Straßenbahn mit Samtpfoten wäre schon eine kleine Sensation, nicht nur für Technikfans.

Dann senkte sich schon wieder die Sonne über der Provence und der Apéro war vorzubereiten.

So kommet und schmecket, denn siehe, es ist angerichtet.

Abends fuhren wir zum Restaurant in Beaumont-de-Ventoux, von wo aus es ein beeindruckendes Abendrot zum Abendbrot zu betrachten gab. Fast alle Tische waren belegt, zu den Essgästen kamen später noch zahlreiche liebestolle geflügelte Miniameisen hinzu, die sich jedoch friedlich verhielten.

..
Und Händewaschen nicht vergessen

Mittwoch: Für diesen Urlaub hatte ich mir vorgenommen, zu schreiben, nicht nur die tägliche Notiz hier und den Tagebucheintrag vor dem Schlafen, sondern auch ein paar längere Blogtexte vorzubereiten, an der Romandauerbaustelle zu arbeiten und Postkarten. Immerhin letzteres konnte ich heute, drei Tage vor Abreise, erledigen, somit treffe ich voraussichtlich vor den Kartengrüßen in Deutschland ein, was solls; den Empfängern wird es egal sein. Nach dem Besuch des Wochenmarktes mittags kaufte ich die Karten mit den erforderlichen Timbres, nachmittags verbanden wir den Einwurf in den örtlichen Briefkasten mit einem Getränk im Café, immer auch kleine Erfolge feiern, ganz wichtig.

Apropos Café – der Liebste weiß über die französische Gastronomie: „Biergarten kennen die hier nicht, durch Weingärten fährt man hier ständig. Im Café gibt es auch Kaffee, aber keinen Kuchen, denn ein Café ist eigentlich eine Kneipe. Und hier trinkt man auch Bier, aber traditionell eher Pastis. Also ist es eher ein Pastisserie. Nicht zu verwechseln mit einer Patisserie, da gibt es dann wiederum Kuchen.“

Gunkl schreibt:

Der Beruf der Person, die bei Kampfmittelräumungen, wenn die Bombe auf freies Gelände geschafft worden ist, den Countdown zur Sprengung einleitet, ist mit „Platzwart“ zutreffend beschrieben, aber unkorrekt benannt.

Donnerstag: Heute war Wandertag. Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Auto nach Beaumes-de-Venise, von dort wanderten wir um den Berg nördlich des Ortes. Mit gut sieben Kilometern eine kurze Strecke, üblicherweise sind meine sonntäglichen Spaziergänge zu Hause länger, doch die hatte es in sich. Vor allem der Abstieg von der Chapelle Saint-Hilaire hinunter zur Chapelle Notre-Dame d’Aubune war steil und steinig, jeder Schritt musste wohl überlegt und gut gesetzt sein, um nicht abzurutschen oder wenigstens umzuknicken. Zudem hatte ich morgens die Wetterlage falsch eingeschätzt, für lange Jeans war es zu warm. Jedenfalls bot die Strecke einige beeindruckende Aussichten, und das pique-nique nach dem Abstieg im Schatten der Chapelle Notre-Dame d’Aubune hatten wir uns verdient. Dabei wurden wir Zeuge, wie eine Hornisse eine Wespe erlegte und als Abendessen nach Hause trug. Offensichtlich wusste sie nicht, dass Wespen unter Naturschutz stehen, oder ignorierte es wissentlich; das passt in diese Zeiten abnehmender Bereitschaft, sich an Regeln zu halten.

Ausblick auf die Dentelles de Montmirail
Ausblick auf den Mont Ventoux
Chapelle Saint-Hilaire
Der Weg beim Abstieg
Pique-nique

Am frühen Abend brachten wir die Fahrräder zurück zum Verleih, das Urlaubsende rückt näher. Am Ende ist auch die Pastis-Flasche, einen Tag zu früh. Was soll man machen.

Freitag: Der faktisch letzte Urlaubstag ist stets von einer gewissen Urlaubsendemelancholie untermalt, dieses Mal wieder besonders ausgeprägt. Dessen ungeachtet fuhren wir vormittags nach Avignon, um die Markthalle leerzukaufen. Erstmals stellten wir den Wagen auf dem großen Parkplatz vor der Stadt ab, der wesentlich einfacher zu erreichen ist als die örtlichen Parkhäuser, zudem kostenlos. Von dort kann man entweder einen Spaziergang in die nahe Innenstadt machen, oder man nimmt einen der kleinen Elektrobusse, die in enger Taktung nach wenigen Minuten Fahrt intra muros ankommen, ebenfalls kostenlos. Wir entschieden uns für letztere Variante.

Mehr Bilder zum Tag finden Sie hier.

Abends gesehen: Das in Deutschland beliebte Busfahrtziel „Betriebshof“ heißt in Frankreich „Sans voyageur“.

Aus der Zeitung: „Ed Sheeran will die Vergangenheit hinter sich lassen“. Wo denn sonst?

Samstag: Nach urlaubsunangemessen frühem Wecker räumten wir die letzten Sachen, leerten den Kühlschrank und zogen die Betten ab. Nach kurzem Kaffee und ansonsten ungefrühstückt fuhren wir um kurz nach acht los, mit Halt an der nächsten Müllsammelstelle und der Boulangerie, um Reisegebäck zu kaufen.

Meine persönliche Stimmung am Abreisetag ist stets gemischt: einerseits Abschiedsschmerz von diesem wunderschönen Ort, andererseits der dringende Wunsch, nach Hause zu kommen; selbst die intensiven Farben der Provence erscheinen dann deutlich blasser, was heute auch am bewölkten Himmel gelegen haben mag. Deshalb verstehe ich die Freude mancher Pauschalurlauber nicht, wenn am Abreisetag der Bustransfer zum Flughafen erst nachmittags erfolgt und sie bis dahin noch einige Stunden am Pool rumlungern können.

Während der ersten Kilometer bis nach Bollène, durch Weinfelder und Dörfer der Drôme, überwog noch Wehmut, doch mit Auffahrt auf die Autobahn der Drang, wegzukommen. Das gelang mittelgut: Durch den üblichen Stau in Lyon waren wir bald durch, dafür hielt uns ein Bouchon vor einer Baustelle bei Toul längere Zeit auf, auch, weil wir den Vorschlag von Frau Navi ignoriert hatten. Zudem gerieten wir in eine gefährliche Situation, als unmittelbar vor uns ein Wohnmobil aus Erlangen auf die linke Spur wechselte und nur durch eine heftige Bremsung meinerseits schlimmeres verhindert werden konnte. Wenig später Ähnliches, als vor uns ein belgischer PKW auf die Autobahn auffuhr und Anstalten machte, wegen eines LKW direkt auf die mittlere Spur zu wechseln; nur durch mahnendes Hupen konnte er in der Spur gehalten werden. Derartige Rücksichtslosigkeit, im wörtlichen Sinne, beobachte ich zunehmend, auch bei Radfahrern. Der von hinten kommende sieht mich ja, er kann ja bremsen. Erwähnte ich schon, dass mir Autofahren zunehmend zuwider ist?

Nach Ankunft, Auspacken und Wiedersehensgetränk mit dem Geliebten gingen wir spanisch essen. Nach zwei Wochen Frankreich auch mal schön.

Sonntag: Aus nichtigen Gründen traf mich gegen Mittag eine Stimmungsschwankung mit Außenwirkung, vielleicht ein weiter Ausdruck von Urlaubsendeschmerz. Die davon betroffenen Lieben bitte ich um Entschuldigung. Nach dem Spaziergang durch sehr freundliches Wetter mit Besuch des Lieblingsbiergartens ging es wieder.

Innere Nordstadt zu Bonn – nicht ganz so malerisch wie Malaucène, aber auch schön
Am Rhein ist es auch schön. Nur das Farbenspiel aus Grüntönen der Pinien und Weinreben bekommen sie hier nicht so hin.

Ach ja, da war noch was:

Frage 10 lautet: „Kannst du gut vorlesen?“ Ja, ich glaube schon ganz passabel. Jedenfalls sind sie bei Lesungen bislang nicht weggerannt.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die Woche. Falls Sie ebenfalls Urlaub hatten, einen angenehmen Start, übertreiben Sie es nicht gleich am ersten Tag mit der Arbeit. Ich strebe es jedenfalls an.

Woche 35/2025: Die erste Liegestuhlprobe verlief erfolgreich

Montag: Morgens auf dem Fahrrad war es recht kühl, vor allem an den Händen. Doch Handschuhe im August erscheinen selbst mir als ausgewiesenem Scheinfrostfühler unangemessen. Auf dem Rückweg war es dann in Anzugjacke fast etwas zu warm. Man hat es nicht leicht.

Dafür, dass die Sommerferien zu Ende sind, war es im Büro und den Nachbarzellen ungewöhnlich ruhig, auch der Eingang an Anliegen in Wort und Schrift war gering. Das darf gerne bis einschließlich Donnerstag so bleiben, danach habe ich Urlaub.

Gelesen bei Herrn Fischer und tatsächlich für gut befunden:

Also (ich hatte kurz überlegt, ob ich „genau“ schreiben sollte, fürchtete aber, dass die Ironie darin nicht rüber käme, weil schon zu viele, selbst von den klügeren viele ständig „genau“ sagen, weil sie sonst selbst nicht wissen, dass sie fertig sind mit Denken, von daher also:
Also: …

Genau.

Dienstag: Eine der wichtigsten Fragen in dieser meteorologischen Übergangszeit: Was ziehe ich an? So, dass es morgens nicht zu kalt und nachmittags nicht zu warm ist. Für den heutigen Fußweg ins Werk und zurück war langärmliges Hemd ohne Jacke genau die richtige Wahl. Auf dem Hinweg schien die Sonne, auf dem Rückweg nicht mehr, es war dennoch sehr warm, was zu einem Feierabendbier am Rheinufer motivierte. Wer weiß wie lange noch, ehe wieder Daunenjacke und Wollmütze erforderlich sind. Ebendiese trug einer, der mir morgens begegnete. Das fand sogar ich übertrieben.

Nachmittags rief mich jemand vom Bonner General-Anzeiger an, um mit mir über die Kündigung des Abonnements zu sprechen, die ich zum Ersten dieses Monats veranlasst hatte. Bereits vergangene Woche hatte er deswegen angerufen, ich hatte ihm die Gründe erklärt: Zunehmend empfinde ich die Berichterstattung als meinungslastig; mich interessiert überhaupt nicht, was unbekannte Menschen zu einem Thema meinen und am allerwenigsten, was sie dazu auf Facebook gepostet haben; das Sahnehäubchen sind Qualitätsmängel im Text wie regelmäßig dieser: „Die Stadt Bonn hat seine Mitarbeiter angewiesen …“. Dafür sind mir über vierhundert Euro im Jahr zu teuer. Das fand der Anrufer schade und wir verblieben, dass ich es mir nochmal überlege (manchmal bin ich zu weich) und er in dieser Woche noch einmal anrufe. Heute also. Zu meinem Erstaunen fragte er mich genau dasselbe wie letzte Woche. Auf meinen Einwand, dass hätte ich ihm doch schon letzte Woche erzählt, ob er sich nicht erinnere, stammelte er so etwas wie „Doch, aber ich wollte nochmal …“ Unnötige Wiederholungen, sei es in Besprechungen oder in Gesprächen wie diesen zerren erheblich an meiner Geduld, mein Tonfall wird dann schnell ungehalten bis genervt. Daran muss ich noch arbeiten. Übrigens habe ich nun das wesentlich günstigere Online-Abo gebucht.

Mittwoch: Die Schule hat wieder begonnen. Auf dem Fahrrad muss man nun wieder besonders achtgeben auf andere Radfahrer, die ohne zu schauen den Weg kreuzen oder von der Seite einbiegen, was mich morgens auf dem Weg zum Büro veranlasste, einen, der mit hoher Geschwindigkeit von vorne rechts kam und unmittelbar vor mir schräg die Straßenseite wechselte, einen Idioten zu schimpfen, was mich wiederum sofort ärgerte; nicht so sehr der Radfahrer, sondern mein verbaler Ausfall. Manchmal passiert es einfach, da kann man nichts machen.

In ein Anforderungsformular schrieb ich als fachlichen Nutzen „Fahlervermeidung“, bemerkte es und freute mich.

Abends im Bett war ich mit dem neuen Buch „Aber?“ von Max Goldt durch, auf dessen Lektüre ich mich sehr gefreut hatte. Es ist mit knapp hundertsechzig Seiten nicht sehr umfangreich, doch auch inhaltlich hatte ich etwas mehr erwartet. Viele der Texte lesen sich wie Verschriftlichungen von Comics des Duos Katz & Goldt, sind es vermutlich auch, das Gedicht zum Schluss machte mich ratlos, was an meiner lückenhaften Lyrikkompetenz liegen mag. Ich vermisse die für ihn typischen Abschweifungen und Themenwechsel innerhalb desselben Textes und Wortschöpfungen wie die legendäre „Klofußumpuschelung“ oder „beliebte Fernkugel“ als Synonym für den Ex-Planeten Pluto aus früheren Büchern. Vielleicht ist er nach so langer Zeit ein wenig aus der Übung und muss erst wieder in den richtigen Schreibfluss kommen. Hoffen wir also auf weitere Bücher von ihm in nicht so ferner Zukunft. Ich werde sie auf jeden Fall kaufen und lesen.

Donnerstag: Besser kann der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub kaum sein. Bis zum Mittag war alles Wesentliche abgearbeitet, bis zum Nachmittag kam nichts Aufwendiges, dringend zu Erledigendes mehr hinzu, so dass ich guten Gewissens und bester Laune den Heimweg antreten konnte, nachdem der Rechner in der Schreibtischschublade verstaut und das dienstliche Telefon ausgeschaltet waren. Da der Regen durch war und die Sonne wieder schien, stand einem urlaubseinleitenden Getränk auf dem Rückweg nichts im Wege.

Laut kleiner kalender ist Maus-flitz-Tag. Ah ja. Demnächst dann vielleicht Beutel-kratz-Tag.

Freitag: Was schön war: der erste Urlaubstag, externes Frühstück mit den Lieben im Sonnenschein, eine störungsfreie Autofahrt nach Beaune im Burgund, das Wiedersehen mit dem freundlichen Hotelpersonal, das erste Glas Burgunder nach der Ankunft, das Abendessen im Hotelrestaurant.

Blick aus dem Hotelzimmer auf ein vorüberziehendes Gewitter

Samstag: Nach dem Frühstück im Hotel verließen wir Beaune mit Ziel Malaucène, wo wir nach staureicher Fahrt am frühen Abend ankamen. Es ist spätsommerlich warm, die Sonne scheint vom blauen Himmel und lässt die Provence in den üblichen Grün- und Ockertönen leuchten. Die erste Liegestuhlprobe verlief erfolgreich. Rosé ist im Kühlschrank. Wir sind sehr zufrieden und freuen uns auf die vor uns liegenden zwei Wochen an diesem wunderbaren Ort.

Apropos zwei – Frage 2 lautet: „Mit wem verstehst du dich am besten?“ Ganz klar: Mit dem Liebsten, und das nun schon seit vielen Jahren. Das schließt gelegentliche Zankereien nicht aus, aber ohne die wäre es ja auch etwas langweilig.

Blaugrün
„So strahlt kein Atommüll“ sagte einer.
Abendglas

Sonntag: Auch der erste Tag hier in Malaucène lag unter blauem Himmel bei Kurze-Hosen-Temperatur, dazu ab Mittag ein leichter Wind. Nach dem ersten Frühstück draußen vor dem Haus blieb ich am Tisch sitzen und stellte diesen Wochenrückblick fertig; heute besonders früh, da nachher Bonner Freundinnen, die ebenfalls zurzeit in Malaucène weilen, zum Grillen kommen. Nach Fertigstellung werde ich mit einem Buch in den Liegestuhl wechseln und dort bis auf weiteres zu einer zufriedenen Freizeitstatue erstarren. Sollte sich im Laufe des Tages noch etwas Berichtenswertes ergeben, wird es nachgereicht. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.

13:30

Woche 33/2025: In sicherem Abstand

Montag: Eine der wesentlichen Aufgaben des Tages war es, einen Karton Wein auf dem Fahrradgepäckträger zum Büro zu transportieren, auf dass ihn der liebe Kollege, wenn er demnächst nach seinem und in meinem Urlaub in Bonn ist, übernehmen kann. (Ich schrieb erst: nach seinem und während meines Urlaubs, das las sich unrund. Korrekt, indes noch unrunder hätte sich „nach seinem Urlaub und während meines Urlaubs“ gelesen. Egal.) Lieber S., der Wein ist unbeschädigt angekommen, er steht im Hochschrank hinter meinem Schreibtisch. Einen schönen Urlaub euch weiterhin!

Ansonsten verlief der Arbeitstag in gewohnter Montagsmüdigkeit und -unlust. Im übrigen war es sehr ruhig, weil viele Kollegen und Chef Urlaub haben. Er sei ihnen von ganzem Herzen gegönnt.

Morgens ließ eine Mischung aus Sonnenstand, Rhein und Reflexion eines der UN-Hochhäuser in Sichtweite sehenswert glitzern:

..

Es ist wieder sehr warm. Auch das beklage ich nicht, denn, analog zu Karl Valentin, klagte ich, wäre es trotzdem warm. Als Kind mochte ich Sommerhitze nicht. Nicht wegen der Hitze an sich, sondern weil ich dann genötigt wurde, kurze Hosen zu tragen. Das tat ich ungern wegen meiner dünnen Beine, die mir von anderen, bei denen nicht nur die Beine wesentlich dicker waren, ständig eingeredet wurden.

Dienstag: Der Fußweg ins Werk verlief sonnenbeschienen, jedoch nicht mehr ganz so warm; ohne Jacke gut auszuhalten. Dabei lag schon eine Anmutung von Spätsommer in der Luft.

Spätsommer

In letzter Zeit fallen mir zunehmend Radfahrer auf, die einen Helm mit sich führen, ihn jedoch nicht auf dem Kopf tragen, wo er im Falle des Unfalls den größten Nutzen entfaltete, sondern ihn während des Fahrens materialschonend-lässig am Lenker baumeln haben. Vielleicht gab es das schon immer, manchmal fallen einem Dinge, die es schon lange gibt, ja erst spät auf. Bei mir war es zum Beispiel der Schmetterlingsflieder, auch als Sommerflieder bekannt, den ich erstmals bewusst 1990 während des Grundstudiums in Köln wahrnahm. In Ostwestfalen, wo ich mich zuvor die meiste Zeit aufgehalten hatte, nur war er mir nie aufgefallen, obwohl es ihn dort mit Sicherheit auch gab und gibt. Zurück zu den unbehelmten Radfahrern, übrigens aller Geschlechts- und Altersklassen, somit lässt es sich nicht als pubertärer Leichtsinn abtun: Warum machen die das? Meinen die, den Helm im Sturz, kurz vor dem Aufprall noch schnell aufsetzen zu können?

Bleiben wir im Kopfbereich: Vor allem im asiatischen Raum gilt Gesichtsverlust als großes persönliches Unglück, wobei er manchen Menschen, nicht nur in Asien, wenn man sie sich so anschaut, nicht unbedingt zum Nachteil gereichen würde. Einen speziellen Fall davon sah ich morgens am Rheinufer:

Wozu mag es vorher gedient haben? Nach einem unterleibserfreuenden Spielzeug sieht es eher nicht aus, auszuschließen ist es aber nicht.

Auf dem Fußweg zurück, nun deutlich wärmer, überholte mich ein Läufer mit Schriftzug auf dem Rücken des T-Shirts: „Reden kostet nichts. Schweigen schon.“ Das gefällt mir, auch wenn ich es nicht ganz verstehe. Man kann sich – auch mit Helm – um Kopf und Kragen reden; ähnliche Folgen durch Nichtreden sind mir unbekannt. Ich werde darüber nachdenken.

Mittwoch: Aus einem Zeitungsartikel über den Drang mancher Männer, sich in der Öffentlichkeit mit freiem Oberkörper zu zeigen: „… Aktivistinnen und Aktivisten, die für geschlechtsneutrale Körper eintreten, sei ein entblößter Männer-Oberkörper ein Dorn im Auge.“ Geschlechtsneutrale Körper? Ich möchte das nicht. Im selben Artikel heißt es auch: „Doch bei nackten Oberkörpern bleibt eine Geschlechterkluft (Gender Gap)“. Das muss dieses Sommerloch sein.

Das neue Buch von Max Goldt ist eingetroffen. Es kommt nach ganz oben auf den Stapel der ungelesenen, ich freue mich sehr darauf.

Aber?

Donnerstag: „Achtziger und die größten Klassiker“ spielt der Radiosender WDR 4 nach eigenem Bekunden. Deshalb war ich morgens entsetzt, als sie, gerade als ich wehrlos unter der Dusche stand, dieses furchtbare, nicht endende etwa 44-strophige, bislang im Nachbarsender WDR 2 rauf- und runter gespielte Wellerman-Lied brachten, das mich danach noch längere Zeit ohrwurmte.

Auf dem Fußweg zum Werk begegnete mir eine etwas abgerissene Person unklarer Binärität, vertieft ins Selbstgespräch mit verteilten Rollen. Mal sprach sie ruhig wie mit einem Gegenüber, dann schrie sie so unschöne Sätze wie „Halt endlich dein Maul, du Schlampe!“, auch das Wort „Fotze“ fiel mehrfach, ehe sie wieder im ruhigen Ton sprach. Irgendwo hörte oder las ich mal einen Satz, der sinngemäß lautete: „Jeder kämpft seinen eigenen Kampf, von dem die anderen nichts ahnen.“ Wir ahnen nicht, welchen Kampf diese Person führt, jedenfalls erscheint ein Wellerman-Ohrwurm dagegen als ein zu vernachlässigendes Problem.

Passend zum gestern erwähnten Zeitungsartikel kam mir am Rheinufer ein Läufer ohne T-Shirt entgegen, dessen Körper zum Glück weder geschlechtsneutral noch mir ein Dorn, eher eher ein Lusttränchen im Auge war. Aber ich bin ja auch kein Aktivist.

Kurz vor Ankunft am Turm sah ich im Rheinauenpark unter einem Baum einen blonden jungen Mann in sommerlicher Sportbekleidung, der etwas am Boden herumnestelte (komisches Wort, fällt mir gerade auf), dann zog er sich die Schuhe aus, kniete sich hin, beugte sich nach vorne in Richtung Osten und verharrte so für längere Zeit. Als Religionen skeptisch begegnender Mensch fand ich das irritierend, zumal er nicht dem derartiges praktizierenden Kulturkreis zugehörig aussah. Aber was weiß ich schon.

Gelesen im Kieselblog und zustimmend genickt:

Ich glaube, dass wir Menschen plappern wie Affen sich lausen: Es handelt sich um ein soziales Ritual. Eigentlich ist es dabei zweitrangig, um welches Thema es geht – hauptsache, wir teilen mit, wie wir uns fühlen und unser Gegenüber tut das auch (wobei komplett egal ist, was das Gegenüber sagt oder fühlt).

Das Problem an der Sache ist, dass ich Geplapper nicht kann. Ich denke immer, es würde richtig gesprochen werden, es gäbe immer einen richtigen Austausch. Auch wenn ich rational verstehe, wie wichtig die soziale Fellpflege ist, bin ich dazu nicht wirklich fähig. Entweder gehe ich dann in ein richtiges Gespräch (bzw. versuche ich es), oder ich stehe stumm da und lächle, denn ich weiß ja nicht, wie ich plappermäßig korrekt reagieren soll.

Vielleicht ist das gemeint mit Schweigen kostet, siehe oben: Viele Menschen kostet es Mühe und Überwindung, mal die Klappe zu halten.

Freitag: Was schön war: Ruhe im Büro, mehrere Haken in der Outlook-Aufgabenliste, roter Wackelpudding mittags als Dessert, anschließend ein Spaziergang durch den Park, die vorläufige Entschärfung eines Konflikts (machmal wünsche ich mir ein Teinihaus, für das nur ich einen Schlüssel habe) und gemeinsames Grillen, Essen und Trinken am Abend.

Samstag: Über Nacht hat es sich deutlich abgekühlt, die Sonne blieb ganztägig hinter einer dicken Wolkendecke versteckt. Dennoch ließ es sich weiterhin gut jackenlos und kurzärmlig draußen aufhalten. Wie üblich verband ich den Leergutentsorgungsgang mit einem Spaziergang an den Rhein. Dort, am Rheinufer hatten die Grünen unter einem gleichfarbigen Sonnenschirm einen Informationsstand aufgebaut. Um nicht angesprochen zu werden, schaute ich im Vorbeigehen betont desinteressiert und beschleunigte den Schritt ein wenig. Nicht, weil ich eine Abneigung gegen diese Partei hegte, ganz und gar nicht, sondern weil ich generell ungern zu einem Gespräch mit Fremden genötigt werde. In sicherem Abstand setzte ich mich auf eine Bank, schaute den vorübergehenden und -radelnden Menschen mit und ohne Hunden zu und las Blogs. Einige Passanten, die aus Richtung der Grünen kamen, hielten ein Faltblatt der Partei in der Hand, das sie sich vielleicht aus Interesse, vielleicht aus Höflichkeit in die Hand drücken gelassen hatten. Wie viele davon mögen ungelesen im Abfall entsorgt werden.

„Kuck mal wie tief … oder wie flach“ rief eine Radfahrerin ihrem Begleiter zu und deutete auf den Fluss, der zur Zeit wenig Wasser führt. „Ja“ lautete die knappe Antwort, offenbar hatte er verstanden, was sie meinte.

„Mittwoch ist Lesetag“ stand auf dem Stoffbeutel, der an einem anderen Radfahrer hing. Warum nur Mittwoch? Und warum gerade an diesem Tag? Wird an den übrigen Tagen nicht gelesen? Aber jedem wie er mag.

Hier ist, regelmäßige Leser und -innen ahnen es, Samstag Fragetag.

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Frage Nr. 9 lautet: „Was machst du morgens als Erstes?“ Das hängt vom Tag ab, oder kommt darauf an, wenn Ihnen das lieber ist: An Arbeitstagen den Radiowecker ausschalten, wenn die Halb-sieben-Nachrichten durch sind, am Wochenende das iPad heranholen, um etwas zu lesen, bis das Bad frei ist; bei mir ist nicht nur Mittwoch Lesetag. Als allererstes aber, das ist mir jetzt etwas unangenehm, doch Frage ist Frage, bohre ich, einer langjährigen Angewohnheit folgend, ausführlich in der Nase. Das bleibt bitte unter uns.

Sonntag: Der Tag begann zunächst kühl, weshalb zur Lektüre der Sonntagszeitung auf dem Balkon ein Jäckchen angebracht war. Das führte zur Erheiterung meiner weniger kälteempfindlichen Lieben, aber ich kann es nicht ändern. Wer nicht frieren will, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Zum Spaziergang am Nachmittag wärmte es merklich auf, sodass ich das Jäckchen ablegen konnte. Auch auf der anderen Rheinseite gibt es einen schönen Biergarten mit Ausschank bayrischen Bieres, der gut besucht war und sich in den Spaziergang integrieren ließ.

Beobachtung: Nicht nur die Fahrer von Renn- und Lastenfahrrädern zeigen oft bemerkenswerte Rücksichtslosigkeit gegen andere Verkehrsteilnehmer, sondern auch auch manche Nutzer elektrisch angetriebener Rollstühle, die ohne jede Hemmung durch die Fußgängerzone rasen und sich dabei, das ist jetzt nur eine empirisch nicht belegte Vermutung, völlig im Recht glauben.

Was ist nur los mit diesen Menschen?

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.

17:30

Woche 40/2024: Auf Kosten des Hauses

Montag: „Österreich ist nach rechts gerückt“, hieß es morgens im Radio. Vermutlich rätseln die Geologen noch, wie es dazu kommen konnte. Nicht auszuschließen ist, dass Bayern und die Schweiz nachrücken werden. (Zugegeben, das war jetzt eher flachwurzelnd.)

Ansonsten verlief der erste von drei letzten Arbeitstagen vor dem Urlaub insgesamt zufriedenstellend. Ein Kollege aus der Nachbarabteilung hatte seinen letzten Arbeitstag, ab morgen ist er Pensionär. Wie stets zu solchen Anlässen, die sich in letzter Zeit häufen, beneide ich ihn ein klein wenig. Also im positiven Sinne, fernab jeder Missgunst.

Mittags nahm ich erstmals an einem Fire Side Chat mit dem Oberchef teil, von einem Townhall Meeting kaum zu unterscheiden. Letztlich eine Informationsveranstaltung vor internem Publikum in einem Konferenzsaal, mit Interview durch eine Dame der Kommunikationsabteilung und einer Q&A Session. Hauptsache es klingt modern und bedeutend. Was solls – ich werde gut dafür bezahlt, es mir anzuhören.

Etwas in Sorge bin ich wegen eines Kratzens im Rachen, das vormittags ganz dezent anfing und sich im Laufe des Tages steigerte. Zur Sicherheit verzichtete ich zum Abendessen auf den Rosé, stattdessen Rotwein.

Dienstag: Ein gewöhnlicher Dienstag mit Fußweg ins Werk und zurück, morgens mit etwas Regen zwischendurch, das war nicht schlimm. In einer Gruppe von Schulkindern sah ich ein Mädchen, das statt Ranzen oder Rucksack einen rosa Rollkoffer hinter sich herzog (erst beim Notieren bemerke ich die R-Lastigkeit des Satzes). Nun also auch die Schüler, und warum auch nicht.

Weg ins Werk vor Regenschleier

In einer Besprechung zuckte der Sprachnerv etwas, als eine Kollegin etwas als „specialig“ (sprich: sspeschelig) bezeichnete.

Das Halskratzen konnte mit Lutschbonbons kleingehalten werden, die sich allerdings negativ auf das Geschmacksempfinden auswirken. Der Genuss von Currywurst und roter Götterspeise mittags wurde dadurch nicht beeinträchtigt, wohl aber das Glücksgefühl beim Verzehr eines Nougat-Marzipan-Baumstammes am Nachmittag. Deshalb suchte ich auf dem Rückweg statt einer Gastronomie eine Apotheke auf.

Darüber könnte Max Giesinger mal singen. Titelvorschlag: Und wenn sie surft

Mittwoch: Der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub endete zeitig und ohne die gelegentlich auftretende Vorurlaubshektik, wenn kurz vor Schluss noch Sachen reinkommen, die dringend zu erledigen sind. Nun ist es für derartige Anliegen zu spät: Der Rechner ruht in der Schreibtischschublade im Büro, das dienstliche Datengerät ist ausgeschaltet.

Die Vorfreude ist bereits da, nun muss nur noch Urlaubsstimmung aufkommen. Das Rachenkratzen ist abgeklungen, dafür läuft sich die Nase gerade ein; als erste Maßnahme wurde die vorübergehende Umstellung von Stoff- auf Papiertaschentücher bereits vollzogen. Egal: Die Sachen sind gepackt, morgen früh gehts los. Immer optimistisch bleiben.

Donnerstag: Morgens brachen wir auf, sechs Stunden später erreichten wir nach recht entspannter Autofahrt Beaune im Burgund, mittlerweile traditionell unser Zwischenziel auf der Reise in den Süden. Unterkunft nahmen wir wieder im Hotel la Poste, obwohl wir beim letzten Mal unzufrieden waren, weil die gebuchte Suite (man gönnt sich ja sonst nichts) sich als geräumige Dachkammer mit defektem Dachfenster erwiesen hatte. Nachdem der Liebste sich per Mail ausführlich beschwert hatte, Cc an die französische Tourismus-Ministerin, darauf muss man erstmal kommen, zeigte sich die Hausleitung zerknirscht und bot uns an, beim nächsten Aufenthalt, also jetzt, in der besten Suite zu residieren, und zwar, das ist das beste, auf Kosten des Hauses. Ich finde das etwas übertrieben, aber nun sind wir hier und sehr zufrieden. Von der Terrasse blickt man über die Stadt und auf die Weinberge. Leider ist es inzwischen zu kühl für längeres Terrassenverweilen, irgendwas ist ja immer.

Beaune im Abendlicht
Hinten die Côte d‘Or

Was auch ist: Die Erkältung plagt mich weiterhin mit Nasenlauf, Hustenreiz und Kopfdröhnen wie nach übermäßigem Alkoholverzehr am Vorabend. Zwar hatten wir gestern Abend auf den Urlaub angestoßen, von Übermaß kann indes keine Rede sein. Jedenfalls verzichtete ich nach Ankunft in Beaune auf eine Runde durch die Stadt mit dem Liebsten und hielt ein Schläfchen; wenn man schon die beste Räumlichkeit bewohnen darf, sollte man das nutzen. Anschließend teebegleitetes Bloggen, voila.

Für das Abendessen hatte der Liebste schon vor Monaten in einem Restaurant in der Stadt reserviert. Das Essen war ausgezeichnet, wegen der Erkältung allerdings Appetit und Genuss eingeschränkt. Bedauerlich, aber nicht zu ändern.

Freitag: Zwei kleine Kritikpunkte wies das Hotelzimmer doch auf, so klein, dass eine Mail ans Ministerium unangemessen erscheint. Zum einen fehlen auch hier Jackenhaken; immer wieder frage ich mich, warum die meisten Hotels an dieser Kleinigkeit sparen. Vielleicht sollte ich gelegentlich nach Reisejackenhaken recherchieren, die man ins Türblatt einhängen kann, vielleicht gibt es sowas. Zum anderen die Dusche: Zwar mit extravaganter Armatur, doch ohne Möglichkeit, die Brause über Kopf irgendwo einzuhängen, um sich darunter berieseln zu lassen. Stattdessen muss man sich mit der Brause in der Hand bewässern. Als Spritzschutz gegen das Badezimmer ein gerade mal etwa vierzig Zentimeter breiter Glasstreifen, entsprechend sah der Boden neben der Wanne aus, als ich abgebraust war.

Extravagente Armatur

Auch die Weiterfahrt nach Malaucène verlief entspannt, auffallend viele deutsche Autos waren unterwegs. Nach Verlassen der Autobahn in Bollène wurden wir von einem LKW hinter uns bedrängt und angehupt, dessen Fahrer die zulässigen achtzig Stundenkilometer offenbar für einen nicht ernst zu nehmenden Vorschlag hielt. Im nächsten Kreisverkehr, derer es hier viele gibt, ließen wir ihn vor.

Bei Meursault

Nach viereinhalb Stunden Fahrt kamen wir an unserem Haus an. Die Sonne scheint, leichter Mistral pustet den Himmel blau. Wunderbar.

Kurz nach Ankunft. Bitte denken Sie sich den Wind dazu

Samstag: Der erste Tag in Malaucène verlief bei erfreulichem Wetter ohne besondere Unternehmungen. Alles Weitere ist hier nachzulesen.

Sonntag: Vergangene Nacht träumte ich, mein Bruder wäre mit einem Lied über Biertrinken zum Youtube-Star geworden, man muss sich wirklich wundern, was sich so ein Hirn zusammenspinnt, während man schläft. Da sich das Thema über mehrere Traumphasen hinweg hielt, schaute ich morgens zur Sicherheit nach, bekam nur die Fratze das Antlitz von FDP-Kubicki angezeigt, schloss Youtube daher schnell wieder; schlimm genug, sich mit dem den Familiennamen teilen zu müssen. Lieber M., wenn ich was übersehen habe, lass es mich bitte wissen.

Des Himmels Blau war morgens hinter einer dichten Wolkendecke verschwunden, für den weiteren Verlauf des Tages war Regen angekündigt. Der perfekte Tag zum Nichtstun. Und also taten wir: Der Liebste zog sich nach dem Frühstück zum Lesen und Genesen in die Gemächer zurück, ich begab mich in Daunenjacke in den Liegestuhl auf der Terrasse, wo ich auf Empfehlung des daheim gebliebenen Geliebten die heute-Show und Böhmermann, außerdem Nuhr vom vergangenen Freitag nachschaute, danach las ich weiter im Stanišić. Vorläufiges Urteil nach der ersten Hälfte: Nach dem Auslesen werde ich das Buch wohl in einen öffentlichen Bücherschrank bringen. Wenn Sie es haben wollen, melden Sie sich gerne. Am frühen Nachmittag kam der erwartete Regen, nur so wenig, dass die Dachziegel über der Terrasse die Tropfen aufsaugten, es rann nichts vom Dache herab. Unterdessen terrorisierte eine Gruppe PS-Freunde über längere Zeit die Umgebung, indem sie mit motordröhenden Fahrzeugen ohrenscheinlich in größerer Anzahl den Mont Ventoux überquerten.

Erst abends verließen wir Haus und Grund für das Abendessen im Ort.

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Kommen Sie gut durch die Woche. Falls Sie eine Erkältung oder Schlimmeres plagt, baldige Genesung.

Woche 38/2024: Wenn man sich auf etwas freuen kann

Montag: Eine lange Fünftagewoche ohne freien Donnerstag beginnt. Auch die geht vorüber.

Höhere Mächte verlangten bereits vormittags dreimal einen Neustart des Rechners. Das Gute: Auch das ist bezahlte Arbeitszeit. Ansonsten verlief der Arbeitstag angenehm und ohne nennenswerte Montäglichkeit. Nur eine einzige halbstündige Besprechung unterbrach mein emsiges Wirken, an der ich erst einige Minuten später teilnehmen konnte, weil nach dem dritten Rechnerneustart Teams und Kopfhörer erst wieder zusammenfinden mussten.

Am frühen Abend war wegen einer Vereinspflicht meine Anwesenheit in Bad Godesberg gewünscht. Da es sich nicht lohnte, zwischendurch nach Hause zu fahren, radelte ich über die Südbrücke ans andere Rheinufer, wo ich mir im Sonnenschein ein Stück Pflaumenkuchen und eine Tasse Kaffee gönnte, bitte denken Sie sich das entsprechende Bild dazu. (Und später ein klitzekleines Halbliterchen Hellbier, ich gebe es ja zu.) Ein wenig Urlaubsgefühl zum Wochenbeginn.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr es Fußgänger irritiert, wenn man mit dem Fahrrad vor dem Zebrastreifen für sie anhält.

Dienstag: Heute war perfektes Anzugwetter, was bei der Textilauswahl am Morgen entsprechende Berücksichtigung fand. Wie schön, dass der Lieblingsanzug, der nach der letzten Kleiderschrankaufräumaktion als einziger übrig geblieben ist, immer noch ziemlich perfekt passt. Dass man darin inzwischen auffällt, nachdem sich die Kleidungsgewohnheiten im beruflichen Umfeld spätestens seit der Corona-Pandemie deutlich gewandelt haben, stört mich überhaupt nicht. Wenn ich in Anzuglaune bin, trage ich einen Anzug.

Dank freiwilliger Meldung als Brandschutzhelfer erhielt ich im Rahmen einer örtlichen Einweisung durch den Werksoberbrandmeister Einblicke hinter Türen, die dem gewöhnlichen Mutterhausbewohner verschlossen sind. Das war sehr interessant. Die nächste Übung kann kommen. Der Ernstfall lieber nicht.

Alle irre

Die CDU/CSU hat sich auf Friedrich Merz als nächsten Kanzlerkandidaten geeinigt. Mir ist das egal, ich werde sie voraussichtlich nicht wählen. Nicht, weil ich sie für schlechter als andere hielte, indes kann ich keiner Partei meine Stimme geben, die „Christlich“ in ihrem Namen trägt, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass Politik und Religion konsequent voneinander getrennt gehören, auch im Namen.

Mittwoch: Auch heute nutzte ich das Anzugwetter. Im Büro geriet ich in einen erfreulichen Flow-Zustand. Ein Zusammenhang zur Bekleidung ist weitgehend auszuschließen.

Dessen ungeachtet verband ich abends einen Gesundheitstermin mit einem Besuch des Rewe, wo ich aus der vielfach umstrittenen, da angeblich zu frühen Adventsauslage einen kleinen Vorrat* an Nougat-Marzipan-Baumstämmen erstand. „Sie wollen wohl einen Wald pflanzen“ scherzte die Dame an der Kasse. Schon Alf wusste: Es ist nie zu früh und selten zu spät.

*zehn Stück

Während seit einigen Tagen die Daunenjacke einsatzbereit am Garderobenhaken hängt und schon mehrfach in Gebrauch war, kehrte nachmittags der Sommer noch einmal zurück mit milder Luft und erfreulichen Anblicken. Mal sehen, wie lange er bleibt; mich stört er nicht.

Das Laufen am Abend geriet trotz bester Rahmenbedingungen und passender Musikbegleitung wieder sehr schwerfällig.

Donnerstag: Heute war es schon morgens fast wieder etwas zu warm für eine Anzugjacke. Aber eben nur fast.

Weg ins Werk

Erwartungshaltung ist auch so ein Wort, das deren Nutzer sich etwas bedeutender fühlen lässt.

Freitag: In der Kantine gab es hausgemachten Backfisch. Was auch immer das in Kantinenzusammenhängen bedeuten mag. Im weitesten Sinne ist ja alles hausgemacht, das nicht unter freiem Himmel produziert wird, insofern taugt dieses Attribut nur wenig, die Qualität eines Produktes anzupreisen. Der Fisch schmeckte jedenfalls ganz passabel, nur der Kartoffelsalat entfaltete mit einsetzender Sättigung ein leicht seltsames Aroma, deshalb blieb ein Rest ungegessen auf dem Teller zurück.

Stefan Raab treibt wieder sein mediales Unwesen, wie dieser Tage überall zu vernehmen ist. Von mir aus. Ich fand den schon früher sch mochte den schon früher nicht, es ist nicht damit zu rechnen, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird.

Der Liebste hat für uns eine Woche Flusskreuzfahrt* in Frankreich im nächsten Jahr gebucht. Bis dahin fließt noch viel Wasser die Rhône herab, doch ist es immer schön, wenn man sich auf etwas freuen kann.

*Ja ich weiß: So ein Schiff ist eine Dreck- und CO2-Schleuder, die Arbeitsbedingungen des Personals fragwürdig. Auch ich bin halt nicht konsequent.

Samstag: Aus Gründen, die bei der Gestaltung des Vorabends zu suchen sind, erwachte ich mit einer gewissen Todessehnsucht, die bis in den frühen Nachmittag anhielt. – In der Tageszeitung ein Artikel über das Arbeitsethos der Japaner, für die unbezahlte Überzeitarbeit selbstverständlich ist. Manche arbeiten sich gar zu Tode, dafür haben sie ein eigenes Wort: „Karoshi“. Ich weiß nicht, was mich eines Tages hinraffen wird, Karoshi wird es wahrscheinlich eher nicht sein.

Nicht nur Menschen sterben, auch Sprachen. Dazu ein Artikel in derselben Zeitung mit dieser schönen Feststellung: „Dabei hat die Kultur eines Sprachsystems nichts mit seiner Größe zu tun. Im Gegenteil: Bei 100 Millionen Sprechern ist das Risiko viel größer, dass Leute wie Mario Barth dabei rauskommen.“

„Wie wir alle 100 werden“ lautet die Titelgeschichte des SPIEGEL in dieser Woche. Das muss nun wirklich nicht sein.

Nachmittags unternahm ich einen Spaziergang zur Wiederbelebung der Lebensgeister. In der Fußgängerzone ein verhaltensauffälliger Mann, der lautstark und heftig unter Gebrauch von Fäkalausdrücken auf die Italiener schimpfte und ankündigte, sie alle aus dem Land zu treiben. Ein bei uns eher selten geäußertes Feindbild. Was genau er den Italienern vorwarf, wurde nicht deutlich und ich verzichtete darauf, ihn zu fragen.

Abends waren wir nach längerer Zeit wieder im Malente-Theater, dieses Mal spanischer Themenabend. Es wurde viel gelacht. Erstaunlich viele Plätze blieben unbesetzt, das habe ich dort bislang so noch nicht erlebt.

Sonntag: Am voraussichtlich vorläufig letzten Sommertag* machten der Liebste und ich uns mittags auf zu einer Radtour über eine Teilstrecke der sogenannten Apfelroute, von Bonn durch das Vorgebirge bis Walberberg, zurück durch die Felder. Die Hinfahrt war aufgrund mehrerer Steigungen streckenweise anstrengend, der Liebste mit seiner Elektrounterstützung klar im Vorteil, wohingegen ich mich rein mechanisch hochkurbeln musste, unterbrochen von mehreren notwendigen Verschnaufpausen.

*Kalendarisch ist es auf jeden Fall der letzte Sommertag, wettermäßig wird man sehen

Dabei durchfuhren wir mehrere recht idyllische Orte wie Brenig, Dersdorf und Kardorf, die ich alle, man glaubt es kaum, bislang nicht kannte. In letzterem bot eine kleines Dorffest mit Getränkebude eine willkommene Erfrischung von innen. Die äußere Erfrischung erfuhren wir auf dem Rückweg bei Unterquerung der Autobahn 555 bei Hersel. Der Boden der Unterführung war mit Wasser bedeckt, wie tief, war nicht zu erkennen, also fuhren wir durch. Dann wussten wir es: bis über Pedalhöhe. Freundlicherweise befindet sich kurz dahinter eine Pausenstation mit Bänken, wo wir uns der durchnässten Socken entledigen konnten. Da es auch heute recht warm war, war das kein Problem.

Die Ebene zwischen Bonn und Köln ist geprägt vom Gemüseanbau. Mit ihren Gewerbegebieten und Hochspannungsleitungen nahm ich die Gegend beim Durchfahren mit der Bahn oder dem Auto über die 555 bislang als langweilig bis hässlich wahr. Der Eindruck wurde mit der Radtour heute widerlegt. Demnächst werde ich mal eine Wanderung dorthin planen. Zu Fuß sieht man ja nochmal mehr als mit dem Rad.

Blick über die Rheinebene oberhalb von Roisdorf. Links denken Sie sich bitte Köln, rechts Bonn
Trafoturm in Dersdorf für die Sammlung

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Kommen Sie gut durch die Woche, genießen Sie den Herbst.