Woche 27/2025: Auch gegenüber Nervensägen immer höflich bleiben

Montag: Die Büros waren für einen Montag ungewöhnlich stark belegt, was daran liegen mag, dass der Turm gut gekühlt ist, während draußen das früher sogenannte schöne Wetter vor sich hin glüht. Die Rückfahrt mit dem Rad war dementsprechend mühsam, irgendwas ist ja immer.

Nach Rückkehr holte ich in der nicht minder heißen Innenstadt Brötchen für das Abendessen. Dabei kam ich mal wieder an einem Stand junger Aktivisten vorbei, die unschuldigen Passanten ein Gespräch über ihr Anliegen aufzuzwingen suchten, vielleicht Kinder-, Tier- oder Klimaschutz, ich habe nicht so genau darauf geachtet. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, das sind wichtige Anliegen, aber diese Leute sind unangenehm anstrengend. Als ich mich also näherte, winkte mir eine Aktivistin zu und rief mit der üblichen aufgesetzten Fröhlichkeit „Halloho!“ Da ich als überzeugter Passivist solchen Gesprächsgesuchen gegenüber nicht an einer Konversation interessiert war, erwiderte ich das Halloho nicht minder fröhlich und ging weiter meines Weges. Auch gegenüber Nervensägen immer höflich bleiben.

Früher lag die Macht in der Familie beim Besitzer der Fernseherfernbedienung. Heute ist es das Bedienaggregat für die Klimaanlage. (Geschrieben mit steifgefrorenen Fingern.)

Dienstag: Als ich morgens zu Fuß ins Werk ging, saß auf einer Bank am Rheinufer eine junge Frau und übte Blockflöte. Vor ihr stand ein Notenständer, die Noten waren daran mit Klammern befestigt, damit sie nicht vom bereits morgens sehr warmen Südwind fortgeblasen wurden. Sie spielte nicht schlecht, doch begann sie das mir unbekannte Stück mehrfach von vorn. Ganz offensichtlich spielte sie nicht für Publikum oder mit dem Ziel, dafür von Passanten Münzen zu beziehen, jedenfalls stand kein Sammelbecher vor ihr. Warum sie als Ort für ihr Üben das Rheinufer anstatt der heimischen Stube wählte, weiß ich nicht. Vielleicht ist es dort zu warm oder sie hat geräuschsensible Nachbarn. Ähnliches gilt vermutlich für den schon vor einiger Zeit erwähnten Trompetenspieler, der täglich mittags in der Tiefgarage des Mutterhauses übt, wo es schön hallt, aus den Schächten herausschallt und weithin zu hören ist. Nein, nicht schön: Nie hörte ich ihn ein Lied oder wenigstens Teile davon spielen, immer nur wiederkehrende, öde Tonfolgen. Dabei erreicht er erstaunliche Höhen, jedenfalls manchmal, wenn er den Ton trifft. Gleichwohl, hören möchte man es nicht. Dagegen war die Flötistin richtig gut.

In einer Stellungnahme las ich das schöne Wort „Erwachsenenunterhaltung“ als Umschreibung für unterleibserfreuende Anregungsmedien und notierte es für alle Fälle.

Heimweg durch Schatten
Heiß

Aus der Zeitung:

(General-Anzeiger Bonn)

Aufgrund einer spontanen Idee des Liebsten gab es zum Abendessen Sushi, für mich zum ersten Mal. Hat gut geschmeckt, gerne wieder. Und das mit den Stäbchen versuchen wir beim nächsten Mal.

Mittwoch: Heute sei der heißeste Tag des Jahres, sagte morgens der Mann im Radio. Anfang Juli eine eher gewagte Prognose.

Nachmittags hatte ich einen Termin in einem anderen Gebäude unweit des Mutterhauses. Der Weg dorthin und zurück fühlte sich an, als würde ich von einem riesigen, unsichtbaren Fön auf höchster Temperaturstufe angeblasen. Um dem ganzen noch eine gewisse Absurdität zu verleihen, trug ich eine Fleecejacke im Unternehmesdesign mit mir für einen Fototermin, die dann doch nicht gebraucht wurde.

„Jetzt müssen wir aber wirklich was gegen den Klimawandel tun“ ist mal wieder überall zu hören. Morgen wird es kühler, dann sind die Benzinpreise wieder wichtiger. Wohlstand, Wachstum, Wirtschaft und so. Und die nächste Urlaubsreise in sonnige Gefilde, die haben wir uns nun wirklich verdient.

Letzten Freitag schrieb ich: „Für die Rückfahrt mit dem Fahrrad war ich genötigt, eine neue Strecke zu nehmen, weil die bisherige Route inklusive möglicher Varianten wegen mehrerer Baustellen zurzeit nicht nutzbar ist. Ging auch. Mal sehen, wie lange, ehe auch diese wegen neuer Bautätigkeiten unpassierbar wird.“ Raten Sie mal, was heute auf der Rückfahrt den Weg versperrte. Immerhin kann man die neue Baustelle über die Auto-Fahrbahn umfahren. Dafür sind auf der Zu-Fuß-Strecke zwei Baustellen beendet, wie ich bereits gestern mit freudigem Staunen zur Kenntnis nahm.

„China drängt nach Europa“, so der Titel eines Zeitungsartikels. Liest sich nach einem größeren tektonischen Vorhaben.

Donnerstag: Auf vielfachen Wunsch einer einzelnen Person habe ich meine freien Donnerstage auf die geraden Wochen verlegt. Was nicht heißt, dass ich heute ins Werk führe, vielmehr ergeben sich durch die Änderung zwei freie Donnerstage in Folge.

Am Vorabend brachte eine Kaltfront mit Gewittern, die um Bonn freundlicherweise herum zogen, eine gewisse Abkühlung, so wurde es heute nicht wärmer als fünfundzwanzig Grad: Wanderwetter. Das nutzte ich für eine Wanderung durch den (oder das?) Königsforst östlich von Köln, eine Tour, die mir die liebe Kollegin schon vor längerer Zeit empfohlen hat.

Die Anfahrt mit der Bahn gestaltete sich gewohnt abenteuerlich – eine Regionalbahn verschwand ohne Begründung plötzlich von der Anzeige, die nächste war verspätet. Aber ich hatte Zeit und erreichte vor der Mittagsstunde die Zielhaltestelle.

Die ersten Kilometer der Wanderung erschienen zunächst etwas eintönig mit geraden, breiten Wegen, doch dann wurde es deutlich abwechslungsreicher. Für warme Tage ist die Strecke ideal: überwiegend im Wald, keine nennenswerten Steigungen und Stolperstellen, und mit achtzehn Kilometern nicht zu lang. Höhepunkt der Tour, jedenfalls geografisch, ist der Monte Troodelöh, laut Beschilderung der höchste Punkt Kölns. Es gibt sogar ein Gipfelbuch, in das ich mich selbstverständlich eintrug. Im Gegensatz zur Zugspitze, wo wegen des hohen Andrangs kürzlich ein zweites Gipfelkreuz aufgestellt wurde, wie dieser Tage zu lesen ist, war hier nichts los.

Insgesamt war es wieder beglückend. Die Rückfahrt mit der Bahn verlief pünktlich. Einziges Bemerknis war ein Jungvater ein paar Reihen weiter, der lautstark offenbar mit Frau und Kind videotelefonierte und dabei immer wieder die Fragen „Wo ist Luca? – Wo ist der Papa?“ Für jedermann hörbar ins Abteil stellte. Sie konnten nicht abschließend geklärt werden, weil der Papa noch was arbeiten und deshalb Schluss machen musste. Ein allgemeines Aufatmen ging durch den voll besetzten Wagen. Nach Ankunft in Bonn wie üblich Currywurst und Bier, letzteres ungegrillt, siehe oben.

Sonstige Erkenntnisse des Tages:

1) Schön an einer Wanderung alleine sind stets die Selbstgespräche, ohne dass jemand „Was?“ sagt.

2) Im Kölner Ortsteil Heumar gibt es eine Straßenbahnhaltestelle „Autobahn“. Warum? Warum gerade dort? Köln ist umringt von Autobahnen, wer Zeit und Lust hat kann gerne recherchieren, an wie vielen Stellen diese von einer Straßenbahnlinie gekreuzt werden. Gibt es in Heumar nichts anderes, das als Haltestellennamensgeber herhalten kann?

Sehen Sie:

Birken
Gipfelschild
Mit dem Link ist das wie bei Hunden, die an jede Laterne urinieren müssen
An diesem Weiher nahm ich das Mittagessen zu mir, derweil das Telefon sich an der Pauerbenk labte
Suchbild mit Fröschen
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Freitag: Jemand schreibt „der Zustellende“ statt „der Zusteller“. Wenn die Gendersprache im Singular regelmäßig an ihre Grenzen stößt. Mehr gibt es über den Tag nicht zu berichten, es war ja auch gestern genug.

Samstag: Über Nacht hatte sich das iPhone nahezu vollständig entladen, vielleicht hatte ich es am Vorabend nach dem letzten Glas Rosé nicht korrekt auf die induktive Ladefläche gelegt. Daher musste ich das Gerät zurücklassen, als wir aushäusig frühstücken gingen. Das fühlte sich erstaunlich normal an, ich habe es nicht vermisst und geriet ob der Offleinigkeit nicht in Unruhe. Das finde ich beruhigend.

Heute ist schon der 186. Tag des Jahres. Anstatt diese unabänderliche Tatsache zu beklagen, beantworte ich lieber eine weitere der tausend Fragen. Frage Nr. 186 lautet: „Worüber grübelst du häufig?“ Das kann ich kurz machen: gar nichts. Oder länger: Ich neige nicht dazu, meine Gedanken längere Zeit um ein Problem kreisen zu lassen ohne Aussicht auf eine Lösung. Vielleicht weil ich zum Zeitpunkt der Niederschrift in der glücklichen Situation bin, von größeren Sorgen ungeplagt zu sein, weder finanzieller noch gesundheitlicher oder beruflicher Natur. Auch gelingt es mir ganz gut, die großen Krisen der Welt, die ich nicht beeinflussen kann, nicht allzu nah an mich heranzulassen. Zudem habe ich keine Kinder, um deren Zukunft ich mich sorgen müsste. Auch das ist sehr beruhigend.

Sonntag: Nach strukturellem Biertrinken auf dem Godesberger Parkfest am Vortag, wo die Karnevalsgesellschaft mit Getränkeausschank und Grillstand vertreten war, blieben wir heute etwas länger liegen. Dabei verpassten wir nichts, es regnete den ganzen Tag und es hat sich deutlich auf unter zwanzig Grad abgekühlt. Das war kein Grund, auf den Spaziergang am Nachmittag zu verzichten, der mit einer Runde durch die Nordstadt und an den Rhein etwas kürzer ausfiel und gastronomisch unbegleitet blieb. Etwa auf halber Strecke bemerkte ich, dass es eine ganz gute Idee gewesen wäre, die wasserdichten Wanderschuhe anzuziehen, leider zu spät. Trotz riesigem Regenschirm, unter dem eine vierköpfige Familie Platz hätte, gelingt es mir nie, die Füße trocken zu halten. Nur wenige Menschen zog es bei dem Wetter nach draußen, die Rheinpromenade war nahezu menschen- und fahrradleer, das Tor zum Lieblingsbiergarten verschlossen. Bedauerlich war das Wetter für die Teilnehmer an der heutigen CSD-Parade in Köln, die dadurch die Wahl hatten zwischen Frieren und weniger Haut zu zeigen.

Promenade, menschenleer

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die voraussichtlich nicht zu warme Woche.

Woche 41/2024: Kiloweise Trüffel, nicht geleerte Teller und Abschied

(Der letzte Blogeintrag vergangener Woche war der eintausendste, wie ich erst jetzt bemerkt habe. Somit ist dies der tausenderste.)

Montag: Die Woche begann bewölkt mit ein wenig Regen, dafür ungewöhnlich warm. Also nicht T-Shirt-kurze-Hosen-warm, jedenfalls nicht für mich, immerhin ließ es sich mit Pullover im Liegestuhl ganz gut aushalten. Wobei ich dazu kaum kam, nachmittags unternahmen wir eine Ausfahrt in die Umgebung: In Saint-Maurice-sur-Eygues erstanden wir in der Bisquiterie eine größere Menge regionaltypischen Gebäcks. In Vinsobres besuchten wir das befreundete Weingut, wo man gerade gut mit der Lese beschäftigt ist. Wie überall ist die Erntemenge in diesem Jahr wegen des Wetters gering, dafür wird eine hohe Qualität erwartet. Auf einen größeren (W)Einkauf verzichteten wir, irgendwann muss das ganze Zeug in unserem Keller ja mal getrunken werden. In Nyons besorgten wir im Brauerei-Werksverkauf lokales Bier und Limonade, außerdem in der Coopérative zwei Eimer Oliven für das befreundete Restaurant in Bonn.

Für das Abendessen (wegen ungünstiger Wetterprognose zu Hause) kauften wir bei Puyméras weißen Trüffel, dessen Preis, wie bei Trüffeln üblich, mit einem vierstelligen Betrag je Kilogramm ausgewiesen war. Wer kauft kiloweise Trüffel? Warum keine Preisangabe je Tonne? Für alles weitere, wie Nudeln und Knoblauch, suchten wir den Super-U in Vaison-la-Romaine auf. Gelernt, als ich einfach einen Beutel Bandnudeln aus dem Regal nehmen wollte: Man muss sich an das Produkt herantasten.

Bewölkung, morgens
Krokusse im Oktober? Nein, Herbst-Goldbecher, sagt die künstliche Intelligenz. Und eine Schnecke.
Besuch zum Aperitif am Abend (Foto: Stefan K.)
0,000018 Tonnen Weißer Trüffel; nach meinem Geschmack überbewertet, was am erkältungsbedingt immer noch eingeschränkten Geschmacksempfinden liegen mag

Dienstag: Der Regen, der seit der Nacht bis zum Mittag teils heftig fiel, verwandelte den Hof vor dem Haus in einen kleinen See. Immerhin, die von Wetter Online für heute Vormittag in tiefstem Violett angekündigte Gewitterzelle, in deren Zentrum Malaucène liegen sollte, blieb aus. Daher begab ich mich nach dem Frühstück zunächst lesend in den Liegestuhl auf der Terrasse, um mich herum zahlreiche kleine Schnecken, denen es wohl draußen zu naß war. Dabei stelle ich es mir recht heimelig vor, sich bei Regen einfach ins Spiralhäuschen zurückzuziehen und abzuwarten, bis es vorbei ist. Nach dem ersten Knacks unter der Schuhsohle bemühte ich mich, keine weiteren zu zertreten.

Land unter am Morgen
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Nachmittags schien wieder die Sonne, wir unternahmen eine kleine Wanderung durch die nähere nördliche Umgebung, die im Ort mit zwei Bierchen endete.

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Massenhaft Kakteen, als wäre es das natürlichste von der Welt, dass hier massenhaft Kakteen wachsen
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Herzliche Grüße an den Kiezschreiber, auch wenn die Schreibweise etwas abweicht.

Abends versuchten wir es mal wieder mit einem Dreigängemenü im Restaurant. Es ging einiges zurück, was will man machen. Satt ist satt.

Mittwoch: Trotz am Vorabend nicht geleerter Teller erfreuten heute blauer Himmel und warme Luft Auge und Seele, nur der Wind blies unangemessen heftig. Selbst einer Frostbeule wie mir war es problemlos möglich, große Teile des Tages ohne Jacke und Pullover zu verbringen. Nach dem Frühstück (wegen des Windes weiterhin drinnen) besuchten wir den Wochenmarkt von Malaucène, um Gegrilltes und diverse Sättigungsbeilagen für das Abendessen einzukaufen. Der Markt war wesentlich kleiner als im Sommer, die Durchgangsstraße nicht gesperrt. Als wir um kurz nach zwölf ankamen, wurden einige Stände schon abgebaut, obwohl offiziell bis dreizehn Uhr geöffnet.

Bereits gestern Abend hatten wir für mich ein (elektrisch unterstütztes) Leihfahrrad geholt. Der Liebste hat seins schon seit Samstag für seine Alleinzeit jeden Morgen mit Kaffee in der Bar und Baguettekauf, derweil ich zu Hause das Frühstück vorbereite. Nach Rückkehr vom Markt machten wir damit heute eine Tour, wie wir sie ähnlich schon im Sommer letzten Jahres gemacht hatten: über den Berg (nicht den Mont Ventoux, im Leben fiele mir, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht ein, den mit einem Fahrrad zu bereisen, auch nicht elektrisch unterstützt) bis Mollans-sur-Ouvèze, zurück über Entrechaux, teilweise auf der ehemaligen Schmalspurbahn-Trasse. Immer wieder von heftigen Windböen umtost, die uns mehrfach vom Sattel zu pusten versuchten.

Nach Rückkehr zogen wir uns bald ins Haus zurück, als die Sonne hinter Wolken verschwand und der Wind kühl unter das Terrassendach blies. Später kam Regen dazu und wir waren froh, zum Abendessen nicht mehr raus zu müssen.

Bei Malaucène, mit herzlichen Grüßen an das Fachblog für Bewölkung
Blick über den Berg auf den nächsten und Wolken
Mollans

Eine schlechte Nachricht erreichte uns aus Bonn, einen sehr lieben Menschen betreffend, dem wir es unter anderem zumindest indirekt verdanken, dass wir so oft und gerne hier in Malaucène sind.

Donnerstag: Vorletzter Urlaubstag, wie immer vergeht so eine Woche viel zu schnell. Während der Liebste ein paar letzte Einkäufe in Vaison erledigte, machte ich einen Spaziergang, der ungeplant zu einer Wanderung wurde, weil ein von Google Maps behaupteter Weg nicht existiert. Zum Glück hatte ich vorsorglich Wanderschuhe angezogen. So zog sich der Weg stetig ansteigend mit schönen Aussichten in die fernere Umgebung, bis der Bergkamm erreicht war und es auf der andere Seite über steinige Pfade wieder herunter ging bis Beaumont-du-Ventoux. Von da an flanierte es sich recht entspannt weiter durch Obstplantagen und Weinfelder, wie ursprünglich beabsichtigt. Zu meiner Freude begegnete mir niemand. Man möge mir verzeihen, dass mich das freut, doch manchmal, wirklich nur manchmal, betrachte ich die Abwesenheit von (anderen) Menschen als Geschenk. Was mir auch nicht begegnete, daran dachte ich erst in des Waldes Einsamkeit, waren Wildschweine, deren es hier dem Vernehmen nach reichlich gibt; in den letzten Tagen waren immer wieder Gewehrschüsse aus den umliegenden Wäldern zu hören, die Jagd ist eröffnet. Auch hielt mich glücklicherweise kein Chasseur im Pastisnebel für ein solches.

Nach ziemlich genau zwei Stunden kam ich wieder am Haus an, wo ich mich mit einem kleinen Imbiss belohnte. Kurz darauf traf auch der Liebste wieder ein und wir genossen noch etwas Liegestuhlzeit auf der Terrasse bei Sonnenschein und nur noch leichtem Wind.

Aufstieg
Aussicht
Abstieg
Reptil mitten auf dem Weg
Für Frau Lotelta
Blick auf Vaison-la-Romaine
Moos
Obst
Imbiss nach Rückkehr

Obwohl noch letzte Ausläufer der Erkältung spürbar sind, scheint der Appetit wieder hergestellt. Abends im Restaurant gelang es, das Dreigängemenü rückstandsfrei und mit Genuss zu verzehren.

Freitag: Letzter Urlaubstag. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel, die Luft war zunächst kühl, im Laufe des Tages wärmte sie sich auf, ich war genötigt, den Pullover gegen ein Polohemd zu tauschen. Nachmittags begannen wir, die ersten Sachen ins Auto zu packen, ansonsten verbrachten wir die meiste Zeit auf der Terrasse, wo diese Zeilen sowie der Entwurf eines neuen Blog-Aufsatzes entstanden. Außerdem las ich den Stanišić fertig. Es bleibt dabei, das Buch kommt demnächst in den öffentlichen Bücherschrank, wenn es niemand haben möchte.

Was ich mir für den Urlaub vorgenommen hatte, jedoch nicht getan habe: an meinem Romandings weiter zu schreiben. Im Moment hänge ich etwas in der Geschichte, auch fehlen Antrieb und Inspiration. Das ist nicht schlimm, es hat keine Eile. Zudem ist, wie der SPIEGEL gestern meldete, der Literatur-Nobelpreis für dieses Jahr ohnehin bereits vergeben. (Die Meldung erreichte mich während des Aufstiegs auf den Berg. Deswegen stört ihr mich?, dachte ich. Meldet euch erst wieder, wenn der Preis an mich geht. Was man so denkt in Momenten größerer Anstrengung.)

Die Müllentsorgung verband ich mit einem Spaziergang durch die environs. Man hat hier übrigens keine verschiedenfarbigen Hausmülltonnen, die regelmäßig durch die Müllabfuhr geleert werden. Stattdessen stehen an vielen Stellen öffentliche Müllcontainer, in die man die Abfälle einwirft, immerhin seit einigen Jahren auch hier getrennt nach Verpackung, Papier, Glas und Restmüll.

Gegend und unser Haus (Pfeil)

Die übliche Urlaubsende-Melancholie und das Bedauern über die morgige Abreise hielten sich in Grenzen. Nicht, dass ich mich wieder auf die Werktätigkeit ab Montag gefreut hätte, doch löste der Gedanke daran auch kein Unbehagen aus. Vielleicht liegt das etwas an meinem neuen Arbeitszeitmodell, der nächste freie Donnerstag steht schon im Kalender.

Zum Abendessen gingen wir runter in die Pizzeria, die erst seit gestern wieder geöffnet hat. Dort war es sehr laut durch eine sechsköpfige Herrenrunde am Nachbartisch, später kam noch eine vierköpfige, nicht viel leisere am Nebentisch hinzu. Hatten wohl alle Ausgang. Der Genuss von Pizza und Rosé wurde dadurch nicht wesentlich gemindert.

Malaucène-Zentrum, nach der Pizza

Samstag: Abreisetag. Morgens um sieben schlug der Wecker an, eine halbe Stunde später standen wir auf; noch hatten wir Urlaub, da kann der Wecker allenfalls unverbindliche Vorschläge machen. Eine gute Stunde später war alles Restliche zusammengeräumt, der Kühlschrank geleert, ohne Frühstück verließen wir das Haus. Bevor es in Richtung Autobahn ging, fuhren wir zu einem Obstbauern ein Tal weiter, um eine Kiste frisch geernteter Muscat-Trauben für das befreundete Restaurant in Bonn abzuholen.

Bei Abfahrt stellte Frau Navi eine Ankunft nach bereits neuneinhalb Stunden in Aussicht. Gedanklich schlug ich aus Erfahrung eine halbe bis ganze Stunde drauf für Pausen und Staus. Lyon durchfuhren wir dann ohne die übliche Umleitung auf eine Ausweichstrecke und ohne auch nur einmal staubedingt anhalten zu müssen, das ist sehr selten. So kamen wir wirklich fast zur angezeigten Zeit zu Hause an, vom Geliebten wiedersehensfreudig und mit Cremant begrüßt.

Sonntag: Der Tod ist unabwendbarer Teil des Lebens* – das sagt sich so leicht. Wenn er dann in der näheren Umgebung zuschlägt und einen lieben Menschen holt, trifft es einen doch. Was sich am Mittwoch ankündigte, wurde heute Morgen zur Gewissheit. Lieber K, wir werden dich sehr vermissen.

*Auch wenn irgendwelche Spinner glauben, die natürliche Alterung des Körpers ließe sich aufhalten und umkehren, somit wäre ewiges Leben möglich. Welch furchtbare Vorstellung.

Für uns geht das Leben vorerst weiter. Heute mit einem herbstlichen Spaziergang durch die Südstadt und an den Rhein. Hier ist deutlich mehr Herbst als in Südfrankreich. Die Außengastronomien sind noch nicht überall eingeräumt, dort, wo noch Tische und Stühle vor den Lokalen stehen, sitzt niemand mehr. Der Rhein fließt bräunlich dahin, er scheint anzusteigen.

Südstadt
Rheinufer

„Das Mittel gegen den rauen Ton“ wird eine Halspastille an einer Litfaßsäule beworben. Davon sollten einige Politiker, und nicht nur die, ganz viel nehmen.

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Kommen Sie gut durch die Woche. Wenn auch Sie Urlaub hatten, einen guten Start in den Alltag. Sonst auch.

Woche 24/2024: Kopulationsjuchzer aus dem Nebenzimmer in der Morgenstunde

Montag: Da sich direkt an den regulären Arbeitstag ein Abteilungstreffen in Bad Honnef mit Übernachtung anschloss, nahm ich morgens statt Fahrrad die Stadtbahn. Die kam wegen einer nicht zu übersehenden Störung – alle paar Meter bremste sie ruckartig ab – nur eine Haltestelle weit, am Hauptbahnhof hieß es aussteigen bitte und die nächste Bahn nehmen, die unmittelbar folgte, immerhin. Warum sollte ein alter Stadtbahnzug auch montags besser in die Gänge kommen als der müde Fahrgast darinnen.

Die Formulierung „Magst du …“ anstelle von „Würdest du bitte …“ mag ich auch besonders.

Auch nicht schlecht: „Sorry, dass ich das highjacke“, gehört und notiert in einer Besprechung.

Gunkl schreibt: „Zwischen den Zeilen sind meist nur Unterstellungen des Rezipienten.“

Dienstag: Nach längerer Zeit mal wieder eine kollegiale Zusammenkunft mit gemeinsamem Abendvergnügen. Dank einigermaßen umsichtiger Getränkezufuhr am Vorabend und nicht allzu später Nachtruhe (die letzten hatten es bis halb vier in der Frühe am Glas ausgehalten) ging es mir heute passabel, zu keiner Zeit drohte trotz zeitweise gewisser Längen im Veranstaltungsverlauf die Gefahr zufallender Augen.

Nach der Tagung ließ ich mich am Mutterhaus absetzen, brachte den Rechner ins Büro, räumte den Maileingang auf, verfasste eine Unmutsbekundung wegen nicht erfolgter Lieferung einer Stellungnahme, die ich bis spätestens heute benötigt hätte, um die vierwöchige Verzögerung einer Angelegenheit zu vermeiden, und ging guter Laune zu Fuß nach Hause.

Gehört von einem Kollegen, dem ich derartiges gar nicht zugetraut hätte: „Ein guter Schluss ziert alles.“

Mittwoch: Nach meinem Empfinden, was die Verwandtschaft zu „empfindlich“ besonders deutlich macht, ist es zurzeit juniunangemessen kalt, was (noch) schlichtere Gemüter auf die Idee bringen könnte, das mit der Klimaerwärmung sei nur grünes Geraune.

Mittags begab ich mich vom Mutterhaus ins Nebengebäude, wo ich selbst bis vor Kurzem noch meinen Schreibtisch hatte, weil sich dort eine liebe Kollegin mit Sekt und Imbiss (und ein paar Tränen) in den Ruhestand verabschiedete. Wieder eine, die es geschafft hat und die ich ein wenig vermissen werde.

Vormittags erreichte mich die Meldung über eine äußerst lästige IT-Imponderabilie, die zum Glück sehr schnell gelöst werden konnte. Ansonsten verlief der vorletzte Arbeitstag vor dem Urlaub ohne nennenswerte Brisanz, was ich mir für morgen ebenfalls und ganz besonders erhoffe.

Donnerstag: »Dagegen ist für Carsten Kubicki der „Unsinn“ ein Sprach-Knüller. „Es bringt in wunderbarer Weise den alltäglichen Irrsinn in der Welt auf den Punkt.“«, steht im General-Anzeiger, der letzte Woche dazu aufgerufen hatte, man möge sein Lieblingswort einsenden. Eingesandt hatte ich nicht Unsinn sondern Unfug, aber ich bestehe nicht auf einer Richtigstellung; Sie wissen es ja jetzt.

Aus Wörtern werden Sätze, die sich manchmal zu sprachlichen Diamanten verdichten, wie hier in der FAZ:

„Tatsächlich hatte Hofreiter alle Symptome der Dissoziation bedienend erstaunlich hyperkomplex und ausufernd unterschieden zwischen Realität und Wahrnehmung, als habe das Wahre und Gute in seiner Partei einen ontologischen Status inne, der ihm offenbar selbst im unbewussten Knochenbau sitzt und nur bei gestörter Wahrnehmung in Abrede gestellt werden kann.“

Alles klar?

Im Übrigen verlief der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub geschmeidig, mit gutem Gewissen und bei leerem Maileingang schaltete ich zur vorgesehenen Zeit Rechner und dienstliches Datengerät aus und ging sonnenbeschienen zu Fuß nach Hause.

Freitag: Erster Urlaubstag. Nachmittags erreichten wir Beaune, wo wir eine Nacht bleiben, ehe es morgen weitergeht nach Malaucène. Das Hotel, erst kürzlich renoviert, macht äußerlich einen gehobenen Eindruck, lässt indes innerlich in Details zu wünschen übrig. Für die eine Nacht völlig ausreichend.

Frontansicht
Detailansicht

Abendessen in einem Restaurant in der Stadt, erfreulich unbehelligt von Fußballgeschrei und -gehupe.

Aus der Zeitung:

Über Elektroroller: „Im vergangenen Winter hatten (die Anbieter) demnach jedoch ihre E-Scooter-Flotte in einzelnen Städten wegen Glatteis und Schneefall proaktiv deaktiviert.“

Über die Bahn: „Im Regionalverkehr der Deutschen Bahn war fast jede zehnte Toilette im vergangenen Jahr defekt“ – Ein Phänomen der letzten etwa dreißig Jahre. Zuvor, ich erinnere mich noch gut, waren Toilettenstörungen in Zügen undenkbar, weil sich nach dem Geschäft unten eine Klappe öffnete und die Hinterlassenschaften auf den Gleiskörper entließ. Ein weiterer Beleg dafür, dass früher nicht alles besser war, nur vieles anders.

Samstag: Ein weiteres Detail, das dem Hotel allenfalls als gewisse Hellhörigkeit anzulasten ist, waren Kopulationsjuchzer aus dem Nebenzimmer in der Morgenstunde. Beim Frühstück hielt ich Ausschau, wem dieses Vergnügen möglicherweise zuzuordnen wäre, fand jedoch unter den anwesenden Personen keine, bei denen ich mir das vorstellen konnte oder wollte.

Absurde Synonymsucht in der Zeitung: „In der benachbarten Region Cherson zog sich Moskau im November 2022 aus der größten Stadt und Hauptstadt gleichen Namens zurück.“

Nach dem Frühstück setzten wir die Fahrt fort nach Malaucène, das wir nach staureicher Fahrt am Nachmittag erreichten. Unterwegs sahen wir blühende Lavendelfelder, entsprechende Bilder denken Sie sich bitte, auch der Lavendel ist in diesem Jahr früh dran. Nachdem wir die Autobahn verlassen hatten, hüllte sich das Zielgebiet in Gewölk, auch der sonst weithin sichtbare Mont Ventoux verschwand vollständig darin. Als wir nach Ankunft das Haus übernahmen, schien die Sonne bei angenehmen zwanzig Grad. So darf es gerne bleiben.

Gewölk

Nach dem Auspacken und Einrichten holten wir im Städtchen die Fahrräder ab, die der Liebste vorbestellt hatte, auf dass wir in Bewegung bleiben, wenn auch elektrisch unterstützt.

Unsere Maison

Abendessen am Ankunftstag traditionell in der Pizzeria. Nach Rückkehr schauten wir à la maison in Rosébegleitung dem Himmel bei der Dunkelwerdung zu, derweil der Mond um die Bäume lugte.

Sonntag: Der erste Tag am Urlaubsort verlief, wie die Tradition es fordert, in süßer Liegestuhl-Untätigkeit vor dem Haus, jedenfalls bei mir, während der Liebste die erste Radtour in die nähere Umgebung unternahm. Über uns blauer Himmel, dazu ein sanfter, wohltemperierter Lufthauch. Aus dem Haus kommt leise Radio Nostalgi, in den Bäumen nebenan zwitschern Vögel, genauer: Rotkehlchen und Berglaubsänger, wie der Liebste per App ermittelte. Ich bin für derlei Recherchen ja meistens zu bequem. Alles in allem sehe ich die Vorfreude der letzten Wochen als erfüllt an.

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Kommen Sie gut durch die Woche mit möglichst wenig Unfug.

Woche 24/2023: Wenn französische Radiomoderatoren „A-ha“ sagen

Montag: Eine weitere Woche Provence liegt vor uns. Nach dem Frühstück unternahmen wir eine kleinere Ausfahrt mit den Fahrrädern in nördliche Richtung, derweil sich über dem Mont Ventoux bereits wieder beeindruckende Wolkentürme aufbauten.

Scheinvulkan

Nach Rückkehr fuhr der Liebste mit dem Wagen nach Carpentras in den Supermarkt, ich machte es mir auf dem Liegestuhl im Garten bequem, wo ich Blogs las (sie waren alle wieder sehr fleißig) und meine eigenen Blog-Aufsätze sichtete, um bald eine Entscheidung treffen zu können, was ich am 5. September bei den TapetenPoeten vorlese, auch wenn bis dahin noch etwas Zeit ist. Seit ich fast nur noch diese Wochenrückblicke schreibe, komme ich kaum noch zu längeren Texten. Das würde ich gerne wieder ändern, mal so nebenbei bemerkt.

Während ich im Schatten der Zypresse las, sichtete und überarbeitete, begann sich im Westen der Himmel zu verdunkeln, erstes fernes Grummeln war zu vernehmen, durchmischt vom Gesang der Amsel und anderer Vögel um mich herum, die sich wie ich vorläufig nicht davon beeindrucken ließen. Im Laufe des Nachmittags bildetet sich rings um Malaucène mehrere Gewitter, zeitweise blitzte und grollte es aus drei verschiedenen Richtungen, während es hier trocken blieb. Nachdem der Liebste zurückgekehrt war, platzierten wir uns auf der überdachten Terrasse unseres Hauses und schauten der Meteorologie bei der Arbeit zu. Erst als eine Wolkenwand auf uns zurollte, Regen und deutliche Abkühlung mit sich führend, auch die Vögel verstummten, zogen wir uns ins Haus zurück.

Wir fahren nun seit vielen Jahren hierher, eine solche Häufung von Gewittern, fast täglich, haben wir noch nie erlebt. Und in keinem Urlaub habe ich bislang so viele Wolkenfotos gemacht, wobei es nicht meine Absicht ist, mit dem anerkannten Fachblog für Bewölkung in Konkurrenz zu treten.

Denken Sie sich einen Blitz dazu

»Trauer um Silvio Berlusconi: „Mit seinem Tod endet eine Ära“«, twittert die Tagesschau. Finde den Fehler.

Dienstag: In den frühen Morgenstunden wachte ich auf durch eine Kombination aus Traumschreck und Blasendruck. In dem Traum wurden versehentlich die unteren Tore einer Kanalschleuse geöffnet, obwohl die oberen nicht geschlossen waren. Da war vielleicht was los. (Manchmal lässt mich Blasendruck träumen, ich suche eine Toilette auf, die seltsam verbaut ist, so dass man dort sein Geschäft nur unter ungewöhnlichen Verrenkungen verrichten kann; irgendwie gelingt mir dann doch die vollständige Erleichterung. Wenn ich danach aufwache, ist die Blase immer noch gefüllt. Ich bin der Natur sehr dankbar, dass sie das so eingerichtet hat.)

Bleiben wir noch beim Unterleib: Über Twitter fand ich diesen Artikel über den Sommerpenis, ein mir bislang in jeder Hinsicht unbekanntes Phänomen. Am besten gefallen mir die Hinweise »Auch interessant: …« und »Lesen Sie auch: …«, sowie der Satz »Während der Sommerpenis ein Phänomen ist, mit dem man sich gerne abfindet, sollte man beim Anschwellen anderer Körperteile handeln und versuchen, die Blutzirkulation anzuregen.«

Der Tag begann regnerisch und deutlich kühler als die Vortage, was den Urlaubsgenuss nicht minderte. Ab Mittag heizte die Sonne gründlich auf, am frühen Abend die üblichen Gewitter, die wir liegestuhlliegend von der Terrasse aus verfolgten.

Mittwoch: Auch im Urlaub informiert bleiben über die Geschehnisse in der Welt, wobei mir hier die tägliche Lektüre der Bonner Tageszeitung beim Frühstück auf dem Datengerät genügt; auf Fernsehnachrichten, zu Hause fester Bestandteil des geregelten Tagesablaufs, kann ich verzichten. So berichtet die Zeitung über grüne Ampelfrauchen, die mit Rock und Zöpfen bei einigen Bonner Fußgängerampeln versuchsweise die bekannten -männchen abgelöst haben, was zu heftigen Reaktionen in den elektronischen Ätzwerken führt, sowohl zustimmend als auch dagegen. Unter anderem wird beklagt, dass diversgeschlechtliche Menschen unberücksichtigt blieben, wie auch immer die als Ampelpüppchen darzustellen wären. Mir geht das an südlichen Körperregionen vorbei, zumal ich Fußgängerampeln grundsätzlich ignoriere.

Hier war es heute sonnig und warm, wir unternahmen eine letzte Radtour über Veaux, Mollans-sur-Ouvèze und Entrechaux, teilweise entlang und auf der Trasse der ehemaligen Schmalspurbahn von Orange nach Buis-les-Barronnies, was das Herz des Eisenbahnfreundes erfreute.

Ehemaliger Eisenbahntunnel zwischen Mollans und Entrechaux
Farben der Provence
Auch hier inzwischen diese hässlichen Steine in Käfighaltung

Als wir zurückkamen, fanden wir das Haus ohne électricité vor, eine größere Störung, die nicht nur unser Haus betraf, wie ein Anruf beim Vermieter ergab. Nachmittags brachten wir die Fahrräder zurück und verbanden dies mit dem Nachmittagsbier im Ort. Nach Rückkehr war der Strom noch immer nicht wieder da. Ein wenig geriet ich in Sorge um den Kühlschrank, wegen des Eises für den Pastis und den Rosé zum Nachtglas. Ab neunzehn Uhr floss der Strom wieder, für die Getränkeversorgung hat zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden.

Donnerstag: »Parlament will nichts weniger als ein Ende der Menschheit verhindern«, ist in der Zeitung über einen EU-Beschluss zu Künstlicher Intelligenz zu lesen. Abgesehen davon, dass das Ende der Menschheit voraussichtlich nicht mehr zu verhindern ist, jedenfalls nicht per EU-Beschluss: Was bedeutet »nichts weniger als«? Ergäbe der Satz ohne diese drei Wörter einen anderen Sinn?

Der Tag ist sonnig und warm. Ich sitze wieder an meinem Lieblingsplatz im Garten, die Bäume hinter mir rauschen von einem leichten, beständigen Wind aus Norden, derweil der Liebste in der Küche Knoblauch einkocht. Das Ende dieses wunderbaren Urlaubs ist bereits in Sicht, weshalb diese und folgende Tagesnotizen Spuren von Melancholie enthalten können.

Freitag: Der letzte Urlaubstag verlief ohne nennenswerte Unternehmungen. Zum letzten Mal frühstückten wir ausgiebig und in Ruhe vor dem Haus, danach landeten die Reste, die nach Hause mitzunehmen sich nicht lohnt, statt im Kühlschrank im Müll. Zum letzten Mal saß ich im Garten mit Gegendblick, bearbeitete ein paar Texte und las in „Respekt zu diesem Deutsch“ von Peter Köhler, mit der Erkenntnis, dass ich, obwohl ich mir einbilde, das Schriftliche ganz gut zu beherrschen, beim Schreiben noch ganz schön viel falsch mache. (Der ist aber auch pingelig.)

Am frühen Abend packten wir die meisten Sachen und verstauten Sie im Auto. Von da an hatte ich das Gefühl, noch nicht weg und nicht mehr richtig hier zu sein.

Die letzte Pizza, der letzte Rosé. Wenigstens letzterer wird uns dank ausreichender Einkäufe beim Lieblingsweingut noch einige Zeit erhalten bleiben.

Abendröte

Samstag: Um acht Uhr verließen wir Malaucène bei Sonnenschein, zehn Stunden später, nach recht entspannter Autofahrt ohne nennenswerte Ereignisse, trafen wir in Bonn ein, wo die Sonne immer noch schien.

Auf Radio Nostalgi spielten sie A-ha. Wenn französische Radiomoderatoren „A-ha“ sagen, klingt das lustig.

Sonntag: Aufgewacht mit leichten Kopfschmerzen, vermutlich vom Rückkehrrosé am Vorabend, und etwas deprimiert. So schwer ist es mir schon lange nicht mehr gefallen, das Ende des Urlaubs zu akzeptieren. Luxusleiden, ich weiß.

Ein wenig Leidenslinderung brachte der einstündige Spaziergang durch die Bonner Südstadt. Der Weg führte entlang zahlreicher Außengastronomien mit Bierausschank, deren Verlockungen ich tapfer widerstand. In der Stadt ist es drückend heiß, die Leute sind angemessen (un-)bekleidet, auch das ist in Einzelfällen herausfordernd.

»#Kultur bleibt Innenstadt«, klebt an mehreren Lampenmasten, eine Anmerkung, Forderung, was auch immer, deren Aussage nicht unmittelbar einleuchtet. Heute wird gerne allen möglichen Konjektaneen eine Raute vorangestellt, um ihnen Bedeutung zu verleihen. In diesem Fall vergebens, die Bedeutung bleibt unklar. Bleibt die Kultur in der Innenstadt? Welche Art von Kultur überhaupt? Sprachkultur eher nicht. Isch bin U-Bahn. Ich könnte das für Sie im Netz recherchieren, bitte jedoch, das bei Bedarf selbst zu tun.

»Hier keine Fahrräder anstellen/anketten. Denkmalschutz«, bittet eine Schild an einem Südstadtvorgartenzaun, immerhin ohne Raute. Es gibt viele gute Gründe, irgendwo keine Fahrräder abzustellen: weil sie dort im Weg stehen, Beschädigungen zu befürchten sind oder einfach die Optik stören. Warum jedoch der örtliche Denkmalpfleger daran Anstoß nehmen sollte, leuchtet nicht ein. Vielleicht ist es sein Vorgarten.

»Einfahrt !«, teilt ein anderes Schild an einem Tor knapp mit, ohne Raute, dafür mir Leerzeichen. Hier ist Mitdenken gefordert: Nur Einfahrt, keine Ausfahrt? Einfahrt freihalten?

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Kommen Sie gut durch die Woche. Ich bemühe mich auch.