Woche 37/2025: Einige beeindruckende Aussichten und eine Stimmungsschwankung mit Außenwirkung

Montag: Vergangene Nacht träumte ich, meine Kollegin M. und ich seien zu einem Gespräch in der Personalabteilung geladen worden. Dort wurden wir informiert, dass unsere Arbeitsplätze demnächst wegfallen und wir im kommenden Jahr in den Vorruhestand gehen könnten. Als ich später, weiterhin träumend – nun wird es etwas unlogisch, das ist bei Träumen ja nicht ungewöhnlich – als ich also später M. von meinem Traum erzählte, berichtete sie, das gleiche geträumt zu haben. Als noch später Maybrit Illner Herrn Merz dazu befragte, zog er die Stirn kraus und sagte: „Das wird es mit mir nicht geben.“ (Gut, das mit Illner und Merz habe ich nicht geträumt sondern mir gerade ausgedacht, aber es hätte den Traum abgerundet.)

Ansonsten ein angenehm ruhiger Start der nächsten Urlaubswoche. Das Grundstück verließ ich nur für etwa eine halbe Stunde zur Müllentsorgung, die hier ja, wie bereits früher dargelegt, nicht in eigene Mülltonnen erfolgt, sondern in Müllcontainer an öffentlichen Sammelstellen in fußläufiger Nähe, also stets mit einem willkommenen Spaziergang verbunden. Bei der Gelegenheit entsorgte ich auch das Altglas, es hatte sich wieder einiges angesammelt in den letzten Tagen; es ist mir ein Rätsel.

Liegestuhlperspektive, nachmittags

Dienstag: Während das heimische Rheinland in Regenfluten versank (so schlimm war es dann zum Glück doch nicht), fuhren wir mit den Fahrrädern nach Vaison-la-Romaine, wo heute Markt war. Der ist riesig und war stark besucht, augenscheinlich größten Teils von Touristen wie uns, auch auffallend viele Hunde und eine Katze waren unter den Besuchern, von denen wiederum viele nicht selbst laufen mussten, vielmehr wurden sie von ihren Haltemenschen getragen oder in Wägelchen durch das Getümmel geschoben. Das Marktangebot schien überwiegend touristisch: Neben Ständen für Taschen, Hüte, Portemonnaies, Gürtel und Stoffe waren vergleichsweise wenige Händler mit Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln vertreten.

Hinfahrt, bei Entrechaux
Nach Ankunft in Vaison-la-Romaine

Nach Rückkehr am frühen Nachmittag waren Leserückstände in Blogs und der Zeitung aufzuholen. Die Stadtwerke Bonn haben neue Elektrobusse erhalten. Darüber berichtet der General-Anzeiger: „Außen klingt er wie eine Straßenbahn, die sich auf Samtpfoten bewegt. […] Ein Detail, das zeigt, dass die Busse nicht nur für Technikfans, sondern auch für den Alltag gebaut wurden.“ Bis heute wusste ich nicht, dass Busse auch für Technikfans gebaut werden. Eine Straßenbahn mit Samtpfoten wäre schon eine kleine Sensation, nicht nur für Technikfans.

Dann senkte sich schon wieder die Sonne über der Provence und der Apéro war vorzubereiten.

So kommet und schmecket, denn siehe, es ist angerichtet.

Abends fuhren wir zum Restaurant in Beaumont-de-Ventoux, von wo aus es ein beeindruckendes Abendrot zum Abendbrot zu betrachten gab. Fast alle Tische waren belegt, zu den Essgästen kamen später noch zahlreiche liebestolle geflügelte Miniameisen hinzu, die sich jedoch friedlich verhielten.

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Und Händewaschen nicht vergessen

Mittwoch: Für diesen Urlaub hatte ich mir vorgenommen, zu schreiben, nicht nur die tägliche Notiz hier und den Tagebucheintrag vor dem Schlafen, sondern auch ein paar längere Blogtexte vorzubereiten, an der Romandauerbaustelle zu arbeiten und Postkarten. Immerhin letzteres konnte ich heute, drei Tage vor Abreise, erledigen, somit treffe ich voraussichtlich vor den Kartengrüßen in Deutschland ein, was solls; den Empfängern wird es egal sein. Nach dem Besuch des Wochenmarktes mittags kaufte ich die Karten mit den erforderlichen Timbres, nachmittags verbanden wir den Einwurf in den örtlichen Briefkasten mit einem Getränk im Café, immer auch kleine Erfolge feiern, ganz wichtig.

Apropos Café – der Liebste weiß über die französische Gastronomie: „Biergarten kennen die hier nicht, durch Weingärten fährt man hier ständig. Im Café gibt es auch Kaffee, aber keinen Kuchen, denn ein Café ist eigentlich eine Kneipe. Und hier trinkt man auch Bier, aber traditionell eher Pastis. Also ist es eher ein Pastisserie. Nicht zu verwechseln mit einer Patisserie, da gibt es dann wiederum Kuchen.“

Gunkl schreibt:

Der Beruf der Person, die bei Kampfmittelräumungen, wenn die Bombe auf freies Gelände geschafft worden ist, den Countdown zur Sprengung einleitet, ist mit „Platzwart“ zutreffend beschrieben, aber unkorrekt benannt.

Donnerstag: Heute war Wandertag. Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Auto nach Beaumes-de-Venise, von dort wanderten wir um den Berg nördlich des Ortes. Mit gut sieben Kilometern eine kurze Strecke, üblicherweise sind meine sonntäglichen Spaziergänge zu Hause länger, doch die hatte es in sich. Vor allem der Abstieg von der Chapelle Saint-Hilaire hinunter zur Chapelle Notre-Dame d’Aubune war steil und steinig, jeder Schritt musste wohl überlegt und gut gesetzt sein, um nicht abzurutschen oder wenigstens umzuknicken. Zudem hatte ich morgens die Wetterlage falsch eingeschätzt, für lange Jeans war es zu warm. Jedenfalls bot die Strecke einige beeindruckende Aussichten, und das pique-nique nach dem Abstieg im Schatten der Chapelle Notre-Dame d’Aubune hatten wir uns verdient. Dabei wurden wir Zeuge, wie eine Hornisse eine Wespe erlegte und als Abendessen nach Hause trug. Offensichtlich wusste sie nicht, dass Wespen unter Naturschutz stehen, oder ignorierte es wissentlich; das passt in diese Zeiten abnehmender Bereitschaft, sich an Regeln zu halten.

Ausblick auf die Dentelles de Montmirail
Ausblick auf den Mont Ventoux
Chapelle Saint-Hilaire
Der Weg beim Abstieg
Pique-nique

Am frühen Abend brachten wir die Fahrräder zurück zum Verleih, das Urlaubsende rückt näher. Am Ende ist auch die Pastis-Flasche, einen Tag zu früh. Was soll man machen.

Freitag: Der faktisch letzte Urlaubstag ist stets von einer gewissen Urlaubsendemelancholie untermalt, dieses Mal wieder besonders ausgeprägt. Dessen ungeachtet fuhren wir vormittags nach Avignon, um die Markthalle leerzukaufen. Erstmals stellten wir den Wagen auf dem großen Parkplatz vor der Stadt ab, der wesentlich einfacher zu erreichen ist als die örtlichen Parkhäuser, zudem kostenlos. Von dort kann man entweder einen Spaziergang in die nahe Innenstadt machen, oder man nimmt einen der kleinen Elektrobusse, die in enger Taktung nach wenigen Minuten Fahrt intra muros ankommen, ebenfalls kostenlos. Wir entschieden uns für letztere Variante.

Mehr Bilder zum Tag finden Sie hier.

Abends gesehen: Das in Deutschland beliebte Busfahrtziel „Betriebshof“ heißt in Frankreich „Sans voyageur“.

Aus der Zeitung: „Ed Sheeran will die Vergangenheit hinter sich lassen“. Wo denn sonst?

Samstag: Nach urlaubsunangemessen frühem Wecker räumten wir die letzten Sachen, leerten den Kühlschrank und zogen die Betten ab. Nach kurzem Kaffee und ansonsten ungefrühstückt fuhren wir um kurz nach acht los, mit Halt an der nächsten Müllsammelstelle und der Boulangerie, um Reisegebäck zu kaufen.

Meine persönliche Stimmung am Abreisetag ist stets gemischt: einerseits Abschiedsschmerz von diesem wunderschönen Ort, andererseits der dringende Wunsch, nach Hause zu kommen; selbst die intensiven Farben der Provence erscheinen dann deutlich blasser, was heute auch am bewölkten Himmel gelegen haben mag. Deshalb verstehe ich die Freude mancher Pauschalurlauber nicht, wenn am Abreisetag der Bustransfer zum Flughafen erst nachmittags erfolgt und sie bis dahin noch einige Stunden am Pool rumlungern können.

Während der ersten Kilometer bis nach Bollène, durch Weinfelder und Dörfer der Drôme, überwog noch Wehmut, doch mit Auffahrt auf die Autobahn der Drang, wegzukommen. Das gelang mittelgut: Durch den üblichen Stau in Lyon waren wir bald durch, dafür hielt uns ein Bouchon vor einer Baustelle bei Toul längere Zeit auf, auch, weil wir den Vorschlag von Frau Navi ignoriert hatten. Zudem gerieten wir in eine gefährliche Situation, als unmittelbar vor uns ein Wohnmobil aus Erlangen auf die linke Spur wechselte und nur durch eine heftige Bremsung meinerseits schlimmeres verhindert werden konnte. Wenig später Ähnliches, als vor uns ein belgischer PKW auf die Autobahn auffuhr und Anstalten machte, wegen eines LKW direkt auf die mittlere Spur zu wechseln; nur durch mahnendes Hupen konnte er in der Spur gehalten werden. Derartige Rücksichtslosigkeit, im wörtlichen Sinne, beobachte ich zunehmend, auch bei Radfahrern. Der von hinten kommende sieht mich ja, er kann ja bremsen. Erwähnte ich schon, dass mir Autofahren zunehmend zuwider ist?

Nach Ankunft, Auspacken und Wiedersehensgetränk mit dem Geliebten gingen wir spanisch essen. Nach zwei Wochen Frankreich auch mal schön.

Sonntag: Aus nichtigen Gründen traf mich gegen Mittag eine Stimmungsschwankung mit Außenwirkung, vielleicht ein weiter Ausdruck von Urlaubsendeschmerz. Die davon betroffenen Lieben bitte ich um Entschuldigung. Nach dem Spaziergang durch sehr freundliches Wetter mit Besuch des Lieblingsbiergartens ging es wieder.

Innere Nordstadt zu Bonn – nicht ganz so malerisch wie Malaucène, aber auch schön
Am Rhein ist es auch schön. Nur das Farbenspiel aus Grüntönen der Pinien und Weinreben bekommen sie hier nicht so hin.

Ach ja, da war noch was:

Frage 10 lautet: „Kannst du gut vorlesen?“ Ja, ich glaube schon ganz passabel. Jedenfalls sind sie bei Lesungen bislang nicht weggerannt.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die Woche. Falls Sie ebenfalls Urlaub hatten, einen angenehmen Start, übertreiben Sie es nicht gleich am ersten Tag mit der Arbeit. Ich strebe es jedenfalls an.

Woche 26/2024: Von keinerlei Fußballgetöse belästigt

Montag: Die zweite Urlaubswoche begannen wir mit einer längeren Radtour über Le Barroux, La Roque-Alric und Suzette, dank Elektrounterstützung auch in dieser herausfordernden Topografie wieder sehr vergnüglich. Das Fahrrad hat vier Fahrstufen, von wenig bis viel Schubkraft. Warum ausgerechnet die zweitstärkste Stufe „Sport“ heißt, erschließt sich nicht direkt.

Unterwegs hörte ich laut und deutlich eine Zikade zirpen. Das fand ich beruhigend, siehe meine vergangenen Dienstag geschilderten diesbezüglichen Ausfallerscheinungen.

Blick auf Le Barroux
La Roque-Alric
Drogenanbau bei Suzette mit Blick auf den Mont Ventoux
Provencepostkartenmotiv am Col de la Chaîne
Der Chronist in touristischer Betätigung

Nach Rückkehr in Malaucène suchten wir für das Belohnungsgetränk die Lieblingsbar auf. Von unserem Platz aus sahen wir auf einen Stromverteilkasten, der vermutlich nach heftiger Berührung mit einem Kraftfahrzeug völlig demoliert war, Techniker waren bereits mit der Behebung des Schadens beschäftigt. Dadurch fiel in den umliegenden Gaststätten der Strom aus. Nach einiger Zeit hatte die Techniker offenbar einen Weg gefunden, die Stromversorgung an dem zerstörten Verteiler vorbei wieder herzustellen, begleitet von einem allgemeinen erleichterten Aaah … gingen Lichter und Musik wieder an. Die Versorgung mit Kaltgetränken war zu jeder Zeit sichergestellt.

Abendessen erstmals in einem sehr netten Bistrot in Beaumont-du-Ventoux, hin und zurück mit den Fahrrädern. Während der Rückfahrt wurde beeindruckendes Abendrot geboten.

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Dienstag: Heute unternahmen wir eine Ausfahrt in Richtung Luberon, zunächst zur als Postkartenmotiv bekannten Abbaye de Sénanque. Auf die Idee waren augenscheinlich auch viele andere Touristen gekommen, es herrschte ein ungewöhnlich hoher Andrang an Menschen und Fahrzeugen, deshalb verzichteten wir auf einen Ausstieg; wir kennen den Ort von früheren Besuchen, sehr viel wird sich seitdem nicht verändert haben.

Archivbild von 2022

Weiter ging es nach Fontaine-de-Vaucluse, um einen Blick in das Quellbecken zu werfen. Dieser wurde dem geneigten Touristen verwehrt, etwa hundert Meter vor der Naturattraktion versperrt eine massive Holzbarriere den Weg wegen Steinschlaggefahr. Auch das war verschmerzbar, aus Vorjahren kennen wir die Quelle in allen Pegelständen. Ungetrübt dagegen das Vergnügen einer Einkehr in das nahe Restaurant Philip, eine der schönsten mir bekannten Gaststätten direkt an und mit Blick auf die soeben entsprungene Sorgue.

La Sorgue kurz nach dem Schlüpfen
Alte Elektrikerregel: immer schön im Stromkreis arbeiten

Wichtiger Bestandteil eines Urlaubs ist das Schreiben von Postkarten. Das erledigte ich nach Rückkehr in Malaucène, während ein paar Regentropfen fielen. Vielleicht kommen die Karten ja vor uns in Deutschland an.

Mittwoch: Das Ende des Urlaubs rückt näher. Nach Besuch des örtlichen Wochenmarktes sowie der Poststelle zum Erwerb von Briefmarken* unternahmen wir die letzte Radtour, morgen geben wir die Räder wieder ab. Diese führte durch den Nachbarort Entrechaux. Bei der Planung der Tour führte uns die Komoot-App gleichsam hinter die Fichte, ein Streckenabschnitt erwies sich als fahrraduntauglicher Waldpfad über groben Schotter, beinahe wäre der Liebste abgeworfen worden. Nach spontaner Umplanung wurde es dennoch ganz schön.

*Sondermarken mit Baguette-Motiv, die angeblich sogar danach riechen, wenn man daran reibt. Ich rieche allerdings nichts, jedenfalls nichts brotähnliches. Vielleicht ist nicht nur mein Gehör eingerostet.

Entrechaux

Daran schloss sich ein ruhiger, von sanftem Lufthauch umspielter Liegestuhlnachmittag an. Für das Abendessen hatten wir vormittags auf dem Markt eingekauft, im Haus waren ausreichend Getränke vorrätig, somit bestand kein Grund, das Grundstück heute noch einmal zu verlassen.

Einer der zahlreichen Vorzüge dieses Ortes: Man wird von keinerlei Fußballgetöse belästigt.

Donnerstag: Bezüglich des Wochentags gilt weiterhin der bereits in der Vorwoche geäußerte, mit noch deutlicherer Betonung auf och nö.

Ein sehr heißer Tag ohne nennenswerte Luftbewegungen. Nach dem Frühstück fuhr der Liebste zur Einkäufe-Erledigung nach Vaison, ich blieb im Schatten sitzen und widmete mich einer bereits vor drei Jahren begonnen, danach nicht mit gebotener Konsequenz weitergeführten Schreibarbeit. Der Schreibfluss stellte sich bald wieder ein, die Worte flossen zu Papier. In meinem Kopf ist die Geschichte, ganz ohne autobiografische Anteile, Liebesbeziehungsgewusel und Kopulationsanbahnungen, schon lange fertig, sie muss nur noch aufgeschrieben werden. Bis zu meiner Pensionierung könnte es geschafft sein, vielleicht auch erst wenig später. Es hat keine Eile.

Nachmittags brachten wir die Fahrräder zurück, anschließend kühlten wir uns innerlich unten im Ort per Getränke, ehe wir uns durch die Hitze wieder nach oben zu unserem Haus bemühten. Erstmals in diesem Urlaub erlag ich nach Rückkehr der Verlockung der äußerlichen Kühlung im Schwimmbecken und erwog kurz, auch das Abendessen darin einzunehmen.

Ich äußerte es bereits, wiederhole es aus gegebenem Anlass gerne: Roxanne von The Police ist ein ganz und gar furchtbares Lied.

Freitag: Auch den letzten Urlaubstag verbrachten wir ohne besondere Aktivität bei erheblicher Hitze. Nach dem Frühstück trug ich zum letzten Mal den Liegestuhl in den Garten unter die Zypresse, um mich der Lektüre zu widmen und am Dasein zu erfreuen. Die Rasenfläche drumherum ist übersät mit kleinen weißen Schnecken zwischen wenigen Millimetern und maximal etwa einem Zentimeter Größe. Nicht hunderte, es müssen tausende sein, die regungslos an den Halmen harren und dort die Hitze verschlafen, an manchen Büschen in größeren Gruppierungen. So viele, dass es nicht möglich ist, den Garten zu betreten, ohne einige von ihnen zu zertreten, wie sie, vergeblich, durch sanftes Knacken unter jedem Schritt kundtun. Tut mir leid.

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Nur der HERR hat sie gezählet

Nachmittags suchten wir zur äußeren Kühlung nochmals das Schwimmbecken auf, wo ich, als Karma-Ausgleich für die zertretenen Schnecken, mehrere Großameisen, Minigrashüpfer und einen Marienkäfer vor dem Ertrinken rettete. Die Grashüpfer waren allerdings zu blöd und hüpften gleich wieder rein.

Auf den Gang in den Ort zur inneren Kühlung verzichteten wir wegen der Hitze, erst abends gingen wir runter zur traditionellen Letztabendpizza.

Ansonsten lag die übliche Urlaubsendmelancholie über dem Tag. Die meisten Sachen sind gepackt, morgen früh verlassen wir diesen wunderbaren Ort mit der Aussicht auf Rückkehr für eine Woche Anfang Oktober. Falls bis dahin Reisen nach Frankreich noch ratsam erscheinen, keine neue Pandemie ausbricht oder anderes Ungemach droht, man muss ja leider mit vielem rechnen. Bis dahin ist es zu Hause in Bonn auch ganz schön.

Samstag: Vielleicht um den Abreiseschmerz zu lindern lag morgens gelblicher Dunst in der schon warmen Luft, die nächste Lieferung Saharasand. Über den Bergen dunkle Bewölkung, Vorboten der für heute erwarteten schweren Gewitter, insofern war der Abreisetag gut gewählt. Die Gelbfärbung blieb während weiter Strecken der Fahrt erhalten, ab und zu fiel etwas Regen, der sandige Pusteln auf dem Wagen hinterließ.

À bientôt! (Warum das Schild – nicht nur hier – umgedreht ist, können Sie bei Bedarf hier nachlesen.)

Die Außentemperatur lag laut Anzeige stets um die dreißig Grad, sogar noch am frühen Abend in der Eifel, was einen interessanten Widerspruch bildete zum trüben Himmel und der Klimaanlagenkühle im Wagen. Nur bei den Halten zum Fahrerwechsel bestätigte sich die Richtigkeit der Anzeige.

Nach zehneinhalb Stunden Fahrt kamen wir zu Hause in Bonn an, wo der Geliebte im Rahmen seiner Möglichkeiten Wiedersehensfreude zeigte.

Zur Nacht kamen auch hier heftige Gewitter auf.

Sonntag: Eines der nächtlichen Gewitter grummelte bis zum Mittag noch etwas nach.

Während des Brausebades sang Bob Marley im Radio „No Woman No Cry“. Wenn du wüsstest, rief ich ihm gedanklich zu.

Auch heute passten meteorologische Optik und Temperatur nicht zusammen. Nur selten zeigte sich kurz die Sonne, dennoch war es auch für eine wandelnde Frostbeule wie mich im T-Shirt draußen gut auszuhalten. Der erste Sonntagsspaziergang nach dem Urlaub fiel daher lang aus mit Einkehr in der Südstadt. Am Nebentisch unterhielten sich zwei junge Frauen mit dem üblichen Vokabular wie „krass“, „what?“ und „mega“. Außerdem fiel mehrfach „random“, das ich nachschlagen musste. Danach war ich mir nicht sicher, ob es immer passte.

Ein Blick über den Rhein auf das sonnenbeschienene Siebengebirge brachte schließlich erneut die Erkenntnis: So ganz schlecht ist es hier auch nicht. Und der Juli-Inseltag steht schon im Kalender.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.

Woche 31: Gehört, gelesen, notiert und runtergescribbelt

Montag: „Dazu hätte ich gerne noch etwas Input, aber das können wir hinterher offline machen.“ Was schlaue Menschen in Meetings so sagen.

Apropos offline: Zu den deprimierendsten Anblicken zähle ich jenen junger Eltern, die Kinderwagen schiebend gelangweilt auf ihr Datengerät schauen.

„Polizei blitzt im Kreis“, steht in der Zeitung. Ein physikalisches Wunder offenbar.

Dienstag: Was ich gestern über junge Eltern anmerkte, gilt sinngemäß auch für viele Kantinenbesucher, denen es offenbar nicht möglich ist, in Ruhe eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, ohne dass mindestens zwei Mobiltelefone neben dem Teller liegen, auf die sie während der Nahrungsaufnahme im Minutentakt draufzuschauen gezwungen sind.

Mittwoch: „Pop up“ ist das neue „Mal eben“. Auch so ein dummer Coronanglizismus, den viele für alles Mögliche nachplappern. Demnach ist ein Wochenmarkt wohl eine Pop up Shopping Mall.

Donnerstag: Heute ist Weltpostkartentag. Warum auch nicht, irgendwas ist ja immer.

„Ich bin auf Dienstreise“ lässt jemand nicht per Postkarte, sondern Mail-Abwesenheitsmeldung wissen. Das habe ich lange nicht mehr gelesen.

„Das beißt sich ein bisschen von vorne bis hinten in den Schwanz, wie man auf neudeutsch sagt“, sagt einer in der Besprechung. Altdeutsch dann wohl in den Schweif.

Freitag: Mittags beobachtete ich in der Kantine interessante Szenen. Dort herrscht seuchenbedingt eine klare Einbahnstraßenregelung: Vorne rein und hinten raus, von Sicherheitsleuten streng überwacht und durchgesetzt; wer einmal den Saal verlassen hat, darf nicht wieder rein, jedenfalls nicht durch den Ausgang. Nun befinden sich aber die beliebtesten Plätze auf der Terrasse, also draußen, wie bei Terrassen üblich. Dort ist das Platzangebot, wie drinnen auch, aus bekannten Gründen zurzeit stark eingeschränkt. Das hielt die Gernedraußenesser nicht davon ab, mit ihrem Tablett direkt raus zu marschieren, wo trotz Hitze bald alles belegt war, wodurch Nachkommende keinen Platz mehr fanden. Was tun? Klar: Wieder rein. Doch halt, dieser Weg war aus oben genannten Gründen versperrt, die Sicherheitsleute verweigerten gnadenlos den Rückweg in den Saal. Somit blieb den armen Hungrigen nichts anderes übrig, als mit dem Tablett in der Hand, auf dem das Mittagsmahl langsam erkaltete, zu warten, bis jemand fertig war und Platz machte. Irgendwann merkten die Sicherheitsleute das und wiesen weitere Leute auf dem Weg nach draußen auf die Aussichtslosigkeit ihres Vorhabens hin, woraufhin sie vor Verlassen des Gebäudes umkehrten und drinnen aßen. – Ich frage mich: Warum essen wir, und da schließe ich mich selbst mit ein, so gerne draußen, trotz unbeschatteter Sonnenglut, Wespenflug und „nur Kännchen“, im Winter auch durch Heizpilze oder -strahler gewärmt? Immerhin unterbinden mittlerweile immer mehr Städte aus gutem Grund letzteres.

Ansonsten in dieser Arbeitswoche gehört, gelesen und notiert: „Das ist ein klassischer Sonderweg.“ – „Ich scribbel das mal runter.“ – „Digitalisierung wird bei [uns] groß geschrieben.“ – “ Wir dürfen nicht nur den Happy Flow betrachten.“

Samstag: In einem amüsanten Leserbrief an den General-Anzeiger schreibt Lothar S. zum Thema „Toskana in Deutschland“:

Werden doch schon seit vielen Jahren alle nur erdenklichen mehr oder weniger reizvolle Gegenden Deutschlands von einfallslosen Tourismus-Marketing-Leuten so tituliert. So finden sich in Deutschland nach meinen Recherchen Toskanen von der Uckermark im Osten über den Kraichgau, auch „badische Toskana“ genannt, bis hin zum Markgräflerland im Westen, der „deutschen Toskana zwischen Freiburg und Basel“. In Nord-Süd-Richtung finden sich Toskanen von Schleswig-Holstein irgendwo um Grömitz herum über Rheinhessen bis zum Hegau am Bodensee. Der Prozess der Toskanisierung deutscher Tourismus-Regionen scheint in Kürze abgeschlossen zu sein.

Über die Wörter „Toskanen“ und „Toskanisierung“ habe ich mich sehr gefreut.

Sonntag: Zu den unschönen, sich gleichwohl größerer Beliebtheit erfreuenden Schottergärten in Vorstadtsiedlungen schreibt die FAS:

Vom Wohnen auf einer Autobahnbaustelle unterscheidet sich das umschotterte Einfamilienhaus nur dadurch, dass es keinen begrünten Mittelstreifen hat.

Unschön auch die Geräusche aus dem Nebenhaus. Offenbar hat sich der Nachbar angewöhnt, sein Husten in ein ekelerregend-lautstarkes Würgen münden zu lassen, woran er uns seit ein paar Tagen etwa im Zehnminutentakt teilhaben lässt. Dann lieber die Singstarkrähe von gegenüber, die in dieser Woche allerdings auf gesangliche Darbietungen verzichtete.

Das Thema Wohnqualität liegt augenscheinlich auch den Parteien am Herzen; zur bevorstehenden Kommunalwahl in Bonn plakatieren sie:

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Sprachlich ähnlich geglückt auch diese Werbung einer anderen Partei:

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Eher keine Empfehlung zur Wahl ist in diesem Schild zu vermuten, wenngleich sich Bezüge zu bestimmten Parteien herstellen ließen:

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Im Übrigen verlief die Woche weitgehend in Harmonie. Aufkommende atmosphärische Störungen lösten sich schnell auf, wie diese: „Reißt du dich jetzt mal zusammen?“ – „Nein, ich bin schon zusammengerissen.“

Provence die erste – ein paar Urlaubsbilder

Die vergangene Woche verbrachten wir mal wieder in der Postkartenidylle der Provence, der Region des besonders blauen Himmels und Herkunft wunderbarer Weine. Hier ein paar Eindrücke – voila:

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Schon im letzten Jahr hatten wir einen Ausflug ins Bergdorf Brantes versucht, doch hielt uns dort ein schweres Gewitter mit Hagel direkt über uns davon ab, das Auto zu verlassen. Am Sonntag (27. April) hatten wir mehr Glück:

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Am Donnerstag wanderten wir ab und bis Baumes-de-Venise „einmal um den Berg“:

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Keine Wanderung ohne Pique nique:

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Katzenbilder? Kann ich auch:

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