#WMDEDGT im August: Schlange und anderes Gemüse

Heute ist der fünfte August, am Fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn hier.

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Heute versuchsweise in neuem Format

Geschlafen: Grundsätzlich gut, unterbrochen von Schnarchgeräuschen und daraus resultierenden Unmutsäußerungen.

Geträumt: Nach einer kollegialen Zusammenkunft hatte ich Schwierigkeiten, zurück zum Hotel zu finden. Erschwerend kam hinzu, dass ich mit nichts außer einem T-Shirt bekleidet war, das ich aus Verhüllungsgründen so weit es ging herunterzog. Übrigens nicht zum ersten Mal, manchmal fehlt auch das T-Shirt. Traumdeuter und -innen dürfen das gerne interpretieren.

Gelesen: Neben dem üblichen geschäftlichen Kram die Tageszeitung, im SPIEGEL und die abonnierten Blogs. Wie ich aus der Zeitung erfuhr, wird Helene Fischer heute vierzig. Auch wenn sie es nicht liest, meine Gratulation. Zum SPIEGEL siehe unten.

Geschrieben: Ein paar geschäftliche Mails, eine kurze eBay-Bewertung zu einer Lieferung (siehe unten), was ins Tagebuch, diesen Blogeintrag (logisch).

Gedacht: Ich sollte mir bald mal überlegen, was ich am 8. September bei den TapetenPoeten vorlesen werde.

Gelacht: Über einen bereits am späteren Freitagabend gehörten und notierten Dialog, den ich erst heute wieder las. Der ging so: „Was hatten Adam und Eva noch mal gegessen?“ – „Ne Schlange haben die gebraten.“ – „Nee, das war ein anderes Gemüse.“

Über einen Satz im SPIEGEL über Unterleibsspielzeug: „Weltweit mehr als zehn Millionen Mal. So viele »Womanizer« sind verkauft. Ein eingeführtes Produkt.“

Gewundert: Eine Frage, die mich immer wieder beschäftigt: Wie schaffen es andere Blogger, täglich einen langen, lesenswerten Artikel zu verfassen, außerdem Filme/Serien zu schauen und so viele Bücher zu lesen? Woher nehmen sie die Zeit? Schlafen die nicht?

Gegessen/getrunken: Kaffee und Wasser, mittags Bratwurst mit Wirsing und Bratkartoffeln, zum Dessert Vanillecreme mit Butterkeksbröseln darauf und Rhabarbermus darunter. Abends Laugengebäck mit Rosé. Zum Abschluss Underberg.

Gehört: Morgens im Radio „Sun Of Jamaica“ von Goombay Dance Band, das mich danach noch einige Zeit ohrwurmend begleitete. Als es Ende der Siebziger herauskam, war es ein großer Hit, wir kauften sogar die Single, möglicherweise habe ich sie noch. Heute frage ich mich: Wie konnte das sein? Wenn Sie es nicht kennen, haben Sie nichts verpasst und ich empfehle nicht, danach zu recherchieren, aus akustischen wie optischen Gründen.

Gewesen: Beim Friseur um die Ecke, der nur kurz „Wie immer?“ fragte und mir danach weitgehend schweigend in weniger als einer Viertelstunde zu meiner vollen Zufriedenheit die Haare schnitt.

Gefreut: Über eine Lieferung mit Kindheitserinnerungen.

Wagen 778 der Stadtwerke Bielefeld, mit dem ich vermutlich des öfteren zur Schule fuhr, im Maßstab 1 zu 87

Geärgert: Heute über nichts und niemanden, was nicht heißt, ich wäre mit allem und jedem einverstanden gewesen. Aber man muss sich ja nicht immer gleich ärgern. Auch hege ich die Hoffnung, meinerseits niemanden geärgert zu haben.

Woche 5/2024: Führungskultur und eine Schönheitsschramme

Montag: Bereits seit gestern verunziert eine Verwundung meine Stirn, die am Vorabend durch einen Kratzunfall in gänzlich unamourösem Zusammenhang gerissen wurde. Im Gegensatz zum berühmten Zauberlehrling Harry P. aus H. erlaubt sie keine Schlüsse auf etwaige magische Fähigkeiten meinerseits, vielmehr auf die gewisse Dusseligkeit einer mir nahestehenden Person. Zu recht könnte ich mich nun entstellt fühlen, bemühe mich jedoch, es als vorübergehende Schönheitsschramme zu betrachten.

„Was hast du denn da gemacht?“ – „Das trägt man jetzt so.“

Stets nur vorübergehend auch das Dasein auf Erden: Der kurzfristig durch seinen obersten Dienstherrn abberufene Bonner Stadtdechan wird in der Zeitung in bestem Katholikengeschwurbel als „Hirte und Menschenfischer“ bezeichnet. Da lohnt eine nähere Betrachtung: Ein Hirte beraubt friedliche Schafe oder Ziegen ihrer Bewegungsfreiheit, indem er sie mit Hunden bedroht. Was ein Fischer mit dem ihm ins Netz gegangene Fang anschließend macht, ist auch nur bei sehr großer Phantasie (es misshagt mir weiterhin, das Wort mit F zu schreiben, obwohl ich ansonsten ein Freund der „neuen“ Rechtschreibung bin) als Nächstenliebe zu betrachten. Für einen Kirchenmann passt es wohl.

Dienstag: Der Fußweg ins Werk war begleitet von Morgenröte über dem Siebengebirge und Himmelszeltverschmutzung durch ausgefranste Flugzeughinterlassenschaften.

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Eines der Wörter, die nicht aussterben, obwohl ihre Zeit längst abgelaufen ist: Auch etwa fünfundzwanzig Jahre nach Ausmusterung der letzten Tageslichtprojektoren, die Älteren kennen die Dinger noch, werden Seiten einer Powerpoint-Präsentation als „Folien“ bezeichnet.

Am Futterteller vor dem Bürofenster sah ich erstmals eine Amsel, die sich wesentlich weniger scheu zeigte als die dort sonst sich labenden Elstern und Rabenkrähen. Auch das Rotkehlchen kam ab und zu und griff einige Körner ab. Nur die Halsbandsittiche, sonst alles andere als zurückhaltend, verschmähen das Angebot.

Mittwoch: Die Stadt Bonn hat begonnen, die Adenauerallee, eine vierspurige Ausfallstraße Richtung Bad Godesberg, probeweise mit gelben Linien und Baken umzugestalten; den Autos stehen nur noch zwei Fahrspuren zur Verfügung zugunsten breiter Fahrradspuren. Das war und ist sehr umstritten, nicht nur allgemein, auch innerhalb unseres Haushalts. Mit dem zugegeben einseitigen Blick des radfahrenden Autoskeptikers und unter Inkaufnahme innerfamiliärer Meinungsverschiedenheit begrüße ich die Maßnahme sehr und würde mich freuen, wenn es dauerhaft so bleibt.

Im Maileingang morgens die Einladung einer mir unbekannten Kollegin mit dem Betreff »Glamour! Stars! Euer Ticket nach Hollywood!« – Im Einladungstext ging es ähnlich weiter: »… ein neues Abenteuer … Shooting-Star … spannendes neues Vorhaben … damit wir es gemeinsam rocken können … Es werden geniale Sachen entstehen 😊 … Ich kann es kaum erwarten, euch alle beim Meeting zu sehen!« Dabei geht es nicht um ein Event in loser Bekleidung, sondern um irgendein neues IT-System, das da vorgestellt werden soll. Bei solchen Gelegenheiten fühle ich mich zunehmend alt und frage mich, ob das noch meine Arbeitswelt ist. Dennoch sagte ich zu. Wenn die Dame so überdreht ist wie ihre Einladung, wittere ich Blogfutter.

Mittags Hochbetrieb in der Kantine. Schon vor zwölf waren die meisten Tische belegt, zahlreiche Hungrige streiften mit ihren Tabletts durch die Reihen auf der Suche nach einem freien Platz. Dessen unbeeindruckt bleiben viele nach dem Essen sitzen und plaudern mit ihren Tischgenossen, manche fast so lange wie das Mahl zuvor gedauert hat. Im Gegensatz zu den Sitzenbleibern räume ich nach dem Dessert meistens sofort den Platz, nicht oder nicht nur, weil ich ein freundlicher Mensch bin, sondern weil es mir mit zunehmender Belegung viel zu unruhig wird.

Die hängenden Zweige der Trauerweiden im Rheinauenpark beginnen, grün zu schimmern. Jedes Jahr wieder ein tröstlicher Anblick. Im Übrigen endet heute der Januar. Das ist nicht schlimm, ich halte diesen Monat für entbehrlich. Ähnliches gilt, wenngleich darin geboren, für den Februar.

Donnerstag: Der Vormittag war ausgefüllt von einer am Bildschirm zu verfolgenden Informationsveranstaltung des Vorstands, nicht als „Townhall“ tituliert, vielleicht haben sie selbst gemerkt, wie albern das ist. Auf der Bühne die für uns zuständige Vorstandsdame (etwas in mir sträubt sich gegen die Verwendung des Begriffs „Vorständin“, auch wenn das mittlerweile allgemein gebräuchlich ist), und die nächste Führungsebene darunter, zufällig nur Herren. Es war interessant, kurzweilig, angenehm.

Warum ich das berichte: Ich finde, die Führungskultur bei uns hat sich in den letzten Jahren sehr zum Guten geändert. Nicht nur äußerlich ist das erkennbar, niemand trug heute Anzug und Krawatte, stattdessen einheitlich Polo mit Unternehmenslogos. Man duzt sich untereinander, geht freundlich und respektvoll miteinander um. Ich habe das anders in Erinnerung*. Bis vor wenigen Jahren führte uns ein Vorstandshengst mit Starallüren, der über den Wassern schwebte, darunter C[irgendein Buchstabe]O‘s, für die Angst ein gängiges Führungsinstrument war. Niemals wäre einem von ihnen, wie heute geschehen, ein Anflug von Selbstkritik über die Lippen gekommen, diese Herren waren gleichsam Götter, sie machten keine Fehler. Inzwischen haben fast alle Göttlichen, darunter zum Glück auch der Hengst, den Konzern mehr oder minder freiwillig verlassen, nur einer von ihnen ist noch da, in einem anderen Unternehmensbereich, wo er dem Vernehmen nach weiterhin sein Unwesen treibt. Auch seine Zeit wird ablaufen, weil diese Art der Führung zu nichts Gutem führt. Nein, früher war nicht alles besser. So wie es jetzt ist, darf es bis zu meinem Ruhestand gerne bleiben.

*Vgl. hier

Heimweg zur blauen Stunde

Freitag: Die Schönheitsschramme auf der Stirn ist weitgehend weggebröckelt, nur bei genauem Hinsehen ist noch eine kleine Macke zwischen den Sorgenfalten auszumachen. Alles wird gut.

Nicht gut: Der neue Fahrradstreifen an der Adenauerallee wird gegenüber dem Beethoven-Gymnasium gerne von autofahrenden Eltern missbraucht, um die schulpflichtige Brut abzusetzen, nun müssen sie dazu nicht mehr recht umständlich in die Ladebucht für Elektoautos einparken. Darüber wird zu reden sein.

Gut zu wissen: Hadelog hat heute Namenstag. Der hatte es wohl auch nicht leicht auf dem Schulhof.

In letzter Zeit stoße ich gehäuft auf die Verwendung von „so“ anstatt „sehr“, zum Beispiel wenn es heißt „Dieser Steckrübeneintopf ist so gut“. Das ist ohne Zweifel völlig unerheblich, und doch lässt es meinen Sprachnerv ein wenig zucken.

Ähnliches gilt für „Happy Flow“, wenn etwas so funktioniert wie es soll.

Samstag: In Münster kann man jetzt nackt ins Museum gehen, um die Akt-Ausstellung „Nudes“ zu betrachten, ist dem Kulturteil der Zeitung zu entnehmen. Ob das den Kunstgenuss steigert, vermag ich nicht zu beurteilen, indes warum nicht, wer es mag.

Bekleidet in Uniform war nachmittags ein Auftritt auf einer karnevalistischen Großveranstaltung im Bonner Südwesten zu absolvieren. Gesamtdauer mit An- und Abfahrt sowie Wartezeit etwa zweieinhalb Stunden, Dauer unseres Auftritts etwa drei Minuten. Das nimmt man im Kampf gegen Griesgram und Muckertum selbstverständlich gerne auf sich.

Sonntag: Letztlich ist es nur die Erhöhung einer unbedeutenden, wenngleich mittlerweile erschreckend großen Zahl, die zu würdigen die Menschheit für notwendig befindet. Jedenfalls danke ich allen, die sich heute extra die Mühe gemacht haben, mich deswegen in Wort oder Schrift zu kontaktieren, mache es gleichzeitig niemandem zum Vorwurf, nicht daran gedacht oder es nicht für erforderlich gehalten zu haben.

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Kommen Sie gut und unverletzt durch die Woche, wenn Sie mögen auch nackt, mit oder ohne Karneval.

Woche 1/2024: Auf ein Neues

Montag: Auf ein Neues. Den Silvesterabend gestern verbrachten wir ruhig und entspannt, fast bin ich versucht zu schreiben: altersgerecht, bei vorzüglichem Essen und begleitenden Weinen in einem Restaurant in Bad Godesberg. Bereits kurz nach 23:30 Uhr kehrten wir zurück, rechtzeitig, um mit einem Glas Champagner in der Hand vom Balkon aus zuzuschauen, wie andere Leute ihr Geld statt ins Restaurant zu tragen lieber in die Luft jagten. Ein jeder wie er mag, ich bewerte das nicht, womöglich gar mit einem kopfschüttelnden „Wie-kann-man-nur“.

Dank gemäßigter Alkoholzufuhr am Vorabend erwachten wir heute katerfrei, dennoch fiel das Frühstück wegen allgemeiner Appetitlosigkeit aus, was auf die immensen Nahrungsmengen der Vortage zurückzuführen ist, irgendwann ist es mal gut. Für alle Fälle beziehungsweise später aufkommenden Hunger holte ich dennoch Brötchen und verband das sogleich mit einem Spaziergang an den Rhein, der sich inzwischen wieder in sein Bett zurückgezogen hatte.

Blick Richtung Norden

Gemessen an den erheblichen Geldmengen, die vergangene Nacht augenscheinlich in Knall, Licht und Rauch verwandelt wurden, lagen heute erstaunlich wenige Böller- und Raketenabfälle auf den Straßen. Nur die Rheinuferpromenade war nennenswert beschmutzt.

Nachmittags verfasste ich einen ausführlichen Jahresrück- und ausblick, allerdings nicht hier, sondern im nichtöffentlichen Papier-Tagebuch.

Gelesen im Jahresrückblick von Frau Anje und zustimmend gelacht: »Ich habe […] einen Hörtest gemacht und wenn ich es richtig verstanden habe, sagte man mir, ein Hörgerät wäre sehr sinnvoll für mich, ich bin aber nicht daran interessiert, noch mehr mitzubekommen.«

Dienstag: Morgens auf dem Fußweg in den ersten Arbeitstag des Jahres fegte vor mir auf der Uferpromenade eine Kehrmaschine lärmend das alte Jahr auf. Die neue, vergangene Woche in Beaune spontan erworbene Jacke ist bequem wie ein Federbett, ich bin sehr zufrieden. »Merry Christmas« wünschte eine Leuchtschrift am Konferenzzentrum, „… gehabt zu haben“ fügte ich gedanklich hinzu und schüttelte mich sogleich innerlich ob dieser schauderhaften Floskel, die ich während des Tages erfreulicherweise nicht zu hören bekam. Am Rheinufer besang eine Amsel den milden Morgen, in den Bäumen nahe dem Mutterhaus trafen sich Krähen (oder Raben?) wild durcheinander käckernd zum Neujahrsempfang.

Kurz zuvor hatte die Kehrmaschine das Bild verlassen
Raben oder Krähen

Im Büro herrschte noch neujährliche Ruhe, nur wenige Mails im Eingang, zwei Anrufe mit Neujahrswünschen und ein kurzes Schwätzchen im Nachbarbüro. Dafür mittags in der Kantine erstaunlich viel Betrieb. Wichtigste Aufgabe des Tages war, die geplanten Urlaube ins Zeiterfassungssystem und den Outlook-Kalender einzutragen, auf dass man sich auf etwas hinfreuen kann.

Mittwoch: Weder Raben noch Krähen, vielmehr Rabenkrähen, wie meine Kollegin, ornithologisch kundig*, auf Anfrage heute erklärte. Es ist immer gut, wenn zu kennen, der/die sich auskennt.

Abends lieferte ich für den Geliebten eine Retourensendung ein im Lotto-Zeitschriften-Tabakgeschäft in der Fußgängerzone, das eine Annahmestelle des blauen Paketdienstleisters beherbergt. An der Wand hinter der Verkaufstheke ein Plakat für eine Tabakmarke, am unteren Rand der obligatorische Hinweis »Rauchen kann tödlich sein«. Direkt darunter ein Foto des früheren, inzwischen gestorbenen Ladeninhabers. Soweit ich mich erinnere bediente er die Kundschaft zumeist rauchend, als es noch üblich war, in Innenräumen zu rauchen. Humor haben sie.

Laut einer Zeitungsmeldung wurde am Neujahrstag in unserer Straße ein Auto aufgebrochen, unter anderem entwendeten die Räuber CDs. Anscheinend nicht die Hellsten und Jüngsten.

*Ein Grobhumoriker hätte stattdessen vielleicht geschrieben: die sich gut auskennt mit Vö … – genug.

Donnerstag: Der übliche Fußweg am Rhein entlang fiel heute ins Wasser, morgens durch Regen, abends aus anderen Gründen.

Die anderen Gründe

Epubli, die Selbstverlegerplattform, auf der ich kürzlich mein vielbeachtetes Buch zum Blog veröffentlicht habe, hat überraschend die Anzeige des Buchcovers und die Vorschau deaktiviert, aus Jugendschutzgründen. Meine Anfrage nach den Gründen beantwortet die Autorenberatung damit, dass »Publikationen anhand bestimmter Schlagwörter automatisch auf potenziell jugendgefährdende Inhalte überprüft und die Vorschau solcher Titel ausblendet« werden. Stimmt, in einem der Aufsätze kommt mehrfach das f-Wort vor (mal so als kleiner Kaufanreiz), das wird der Grund sein. Offen bleibt, inwiefern der unschuldige Titelschlumpf die Jugend auf unzüchtige Gedanken zu bringen vermag; meine diesbezügliche Rückfrage blieb bislang unbeantwortet.

Freitag: Über diesen Tag ist hier alles Wesentlich notiert, dem ist nichts hinzuzufügen.

Samstag: Im Gegensatz zu gestern war heute ein trüber Tag, an dem es nicht richtig hell wurde. Nach dem Frühstück mit den Lieben in einem Café (nachdem wir für das Frühstück im Kaufhof-Restaurant, das uns empfohlen worden war, zu spät dran waren) und einer anschließenden Erledigung ging ich zum Rhein, Hochwasser kucken. So langsam zieht er sich wieder in sein Bett zurück.

Später Zeitungslektüre auf dem Sofa: Auch Tiere haben ein Recht auf eine artgerechte Ansprache, forderte Peta, gleichsam die Klimakleber unter den Tierschützern, bereits vor drei Jahren; die Zeitung berichtete erst heute darüber. So soll man nicht sagen, man habe mit jemandem „ein Hühnchen zu rupfen“ (Alternativvorschlag Peta: „Weinblätter rollen“), nicht „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“ (stattdessen „Zwei Erbsen auf eine Gabel laden“) oder „die Katze aus dem Sack lassen“ (sondern „die vegane Calzone aufschneiden“), auch wenn es nicht im Sinne der Katze sein kann, im Sack zu verbleiben. Wer derart unsensibel gegen die Kreatur redet, macht sich laut Peta des Speziesismus schuldig: »Wo solche Phrasen in unserem Alltag gedankenlos verwendet werden, normalisieren sich Formen der Tierquälerei.« Weitere Vorschläge sind bei Bedarf hier zu finden.

Sonntag: Der Wecker ging bereits um acht Uhr, da wir morgens eine karnevalistische Pflicht hatten. Aus nicht von mir zu vertretenden Gründen kamen wir etwas zu spät an, die anderen hatten bereits angefangen zu proben. Mich ärgert so etwas, ich bin ein großer Freund der Pünktlichkeit, bei anderen und erst recht bei mir selbst. Mein Ärger verflog indes bald, zumal ich offenbar der einzige darüber verärgerte war.

Der Sonntagsspaziergang führte nach Endenich, wo der örtliche Modelleisenbahnclub eine Börse veranstaltete. Ich gehe da stets gerne hin, auch wenn für mich wieder nichts Kaufenswertes im Angebot war. Auf dem Rückweg ging ich an zwei jungen Männern vorbei, deren einen ich im Vorübergehen sagen hörte: „Der geht mit seinem Hund im Schnee laufen – nackt.“ Vielleicht hatte ich mich auch verhört, jedenfalls wurde mir sogleich noch etwas kälter als es ohnehin war.

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Kommen Sie gut, trocken und warm durch die Woche, möge die neujährliche Ruhe und Vorfreude noch etwas anhalten.

Troisdorf von oben

Letzte Nacht hatte ich einen Klartraum. Vor geraumer Zeit beschrieb ich es schon einmal: Das sind diese Träume, in denen man weiß, dass man träumt, ohne aufzuwachen. Angeblich kann man das trainieren und nach ausreichender Übung sogar das Geschehen aktiv beeinflussen, was grenzenlose Möglichkeiten für Vergnügungen und Abenteuer aller Art bietet, ohne zuvor viel Geld auszugeben für Flugreisen oder Drogen, oder stundenlang in einer Warteschlange anstehen zu müssen. Unbeschäftigt auf etwas warten zu müssen ist ja für viele Menschen ohnehin eine der schlimmsten Zumutungen.

Gemäß einschlägiger Literatur* funktioniert das mit dem Klarträumen so:

Zunächst muss man sich des Träumens bewusst werden. Steht man zum Beispiel gerade in unvorteilhafter Unterwäsche in einem Supermarkt, oder man vernimmt die Nachricht, Donald Trump sei freiwillig vom Amt des Präsidenten zurückgetreten, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch. Im meinem aktuellen Fall saß ich, ausgestattet mit Trikot und Fanschal, in einem Fußballstadion und jubelte begeistert meiner Mannschaft zu, was mir im wachen Leben nicht im Traume einfiele, nicht unter Androhung einer hohen Strafe bei Weigerung oder nach Inaussichtstellung einer hohen Belohnung.

Als nächstes vergewissere man sich, dass man wirklich träumt. Hierzu kann man kurz hochspringen. Verharrt man für einige Sekunden in der Luft, statt der Schwerkraft folgend sogleich wieder auf dem Boden der Tatsachen zu landen, befindet man sich entweder auf dem Mond, oder man träumt. Vielleicht träumt man auch, man sei auf dem Mond, aber betrachten wir diese Variante hier nicht weiter, um das ganze nicht unnötig zu verkomplizieren. Ich wählte stattdessen eine andere von Experten empfohlene Methode: Ich hielt mir Mund und Nase zu und versuchte, einzuatmen. Da die Luft trotz Verschluss der dazu erforderlichen Öffnungen in die Nüstern strömte, konnte ich mir des Träumens sicher sein. Das Wichtigste ist, jetzt nicht aufzuwachen.

Dann geht es los: Wie ein Regisseur kann man nun ins Geschehen eingreifen, die Ereignisse nach Belieben lenken. Ich riss mir die blöden Fußballfanklamotten vom Leib und beschloss, einen Flug über Troisdorf zu machen, weiß der Himmel, warum ausgerechnet Troisdorf. In einer beliebten Sendereihe im Fernsehen zeigen sie ja gerne alles mögliche von oben: Berlin, Nordrhein-Westfalen, Deutschland, Australien, die schönsten Müllhalden, was auch immer. Doch niemals sah ich einen Programmhinweis auf die Folge „Troisdorf von oben“; diese Lücke zu schließen mag mich beflügelt haben.

Übrigens, für Nichtrheinländer, spricht man es ohne das i aus, stattdessen wird das o gedehnt, also „Troosdorf“. Im Gegensatz zum nicht weit entfernten linksrheinischen Roisdorf, einem Ortsteil der Spargelschälerstadt Bornheim: Hier wird das i mitgesprochen, also wie „Räusdorf“. Menschen mit zweifelhaftem Humor sagen auch „Trostlos“, wenn sie Troisdorf meinen, Sie wissen schon, diejenigen, mit denen man sich nicht so gerne umgibt, weil sie auch „zum Bleistift“, „Spaßkasse“, oder „Schlepptop“ sagen.

Zurück zu meinem Klartraum. Zunächst gelang mein Flug ganz gut, ich musste meine Flügel nur wenig bewegen, um mich in der Luft zu halten, Troisdorf lag unter mir wie ein (nicht ganz so spektakulärer) Teil des Miniaturwunderlandes. Doch dann kam mir über einem Gewerbegebiet Peter Altmaier entgegen geflogen. Nackt. Als er mich nach dem Weg zum „Mäc Doof“ von „Roosdorf“ fragte, wachte ich umgehend auf und benötigte längere Zeit, bis ich wieder einschlief. Mit Klarträumen war leider erstmal aus der Traum.

Ich muss noch viel üben.

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* Zum Bleistift: „Klartraum – Wie Sie Ihre Träume bewusst steuern können“ von Jens Thiemann, Rowohlt-Verlag

Woche 21: Sommer, Wein und Abgründe

Montag: Gilt „Moinsen“ am Montagmorgen eigentlich als hinreichender Grund, eine Telefonkonferenz grußlos zu verlassen? – Summer in the city mit allen optischen und akustischen Begleiterscheinungen, wie der Singstarkrähe von gegenüber. Es ist nicht eindeutig zu erkennen, ob sie übt oder ihr ein schwerer Gegenstand auf den Fuß gefallen ist.

Dienstag: Obwohl ich am Vorabend aus Gründen des Mitredenkönnens einen Blick in besonders tiefe Abgründe menschlichen Daseins wagte, indem ich mir auf RTL II Naked Attraction ansah, schlief ich vergangene Nacht ganz gut, wobei ich nicht mit Sicherheit sagen kann, was mich an der Sendung mehr entsetzte: zu sehen, wie weit Menschen für Geld gehen, oder die auffallende Unattraktivität des dargebotenen metallgespickten und großflächig tätowierten Fleisches.

Mittwoch: Andererseits – vielleicht ist Naked Attraction ja auch Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels, an dessen Ende Nacktheit nicht mehr mit „igitt“ und „kuck mal“ verbunden ist, und jede(r) sich so zeigen kann wie er/sie ist, auch wenn es nicht dem gemeingültigen Schönheitsideal entspricht. Das wäre wohl nicht das schlechteste. Dennoch sehe ich mich nicht veranlasst, die Sendung noch einmal anzusehen.

Donnerstag: Auch am sogenannten Vatertag sollte es selbst in intimster Partnerschaft eine Selbstverständlichkeit sein, sich der Darmentleerung nur hinter geschlossener Toilettentür hinzugeben.

Freitag: Wie ich hörte, soll zur Vermeidung von Getränketransporten eine Bier-Pipeline zum Festgelände von Wacken gelegt werden. Seitdem träume ich von einer Rosé-Leitung, welche die südliche Côte-du-Rhône mit unserer Küche verbindet.

Samstag: Da der Wein mangels Leitung vorläufig nicht zu uns kommt, müssen wir uns zum Wein begeben, genauer: ins Ahrtal.

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Sonntag: Wie ich heute lernte, werden Menschen, die Sex mit Bäumen haben, Dentrophile genannt. Ob es auch eine Bezeichnung gibt für Leute, die zur Kopulation mit dem amerikanischen Präsidenten bereit sind, entzieht sich meiner Kenntnis.

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