#WMDEDGT im März: Präparate und Parteiprogramm

Heute ist der fünfte März, am Fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn hier.

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Anfangs war ich versucht, auf meine Teilnahme in diesem Monat zu verzichten, denn gemacht im Sinne von aktivem Tun habe ich wenig, nachdem ich mich gestern krankgemeldet habe und heute zu Hause geblieben bin.

Um 10 Uhr verließ ich erstmals das Bett, nach nicht sehr aufwändiger Körperpflege begab ich mich an den Küchentisch, wo der Geliebte alles Erforderliche für das Frühstück bereitgestellt hatte: Rosinenstuten, Butter, Marmelade, eine Kanne Tee. Dazu diverse aufbauende Präparate, denen ich gewöhnlich mit Skepsis begegne und die einzunehmen ich zurzeit von meinen Lieben genötigt werde.

Die Lokführer wollen wieder streiken, las ich in der Zeitung, künftig auch ohne Ankündigung und über die Ostertage. Dazu wird Herr Weselsky zitiert: »Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr.« Nach Lesen des Wortes „Damit“ musste ich unmittelbar husten, weil mir Lachen ohne zu husten im Moment nicht möglich ist.

Bevor ich zurück ins Bett ging, schaute ich kurz in den Werks-Maileingang, nicht aus Strebsamkeit oder Furcht, etwas zu verpassen, sondern in der Hoffnung, eine Querschnittsabteilung habe endlich die lange erwartete Stellungnahme geschickt, die bis heute abgegeben werden musste, um das Vorhaben einer anderen Abteilung nicht um vier Wochen zu verzögern. Die Hoffnung erfüllte sich nicht, dann eben nicht. Es kommen dadurch voraussichtlich keine Menschen zu Schaden.

Vormittags machten sich Gerüstbauer daran, das Nachbarhaus weiter einzurüsten, zu welchem Zweck ist unklar. Dabei gingen sie geräuschvoll vor, vermutlich geht das nicht anders. Zeitweise klang es, als übten sie mit den einzelnen Elementen Weitwurf, jeder Wurf wurde wortreich kommentiert.

Aus Interesse, was uns mittelfristig drohen könnte, begann ich, das AfD-Programm lesen; vermutlich man muss krank sein, um es zu lesen, insofern war heute die passende Gelegenheit dazu. Vieles liest sich harmlos, bei mancher vermeintlicher Tatsachendarstellung dachte ich: Wie kommen die bloß darauf? Darüber schlief ich wieder ein, trotz Gerüstwerferlärmes nebenan, und wachte erst gegen sechzehn Uhr wieder auf.

Gegen halb fünf kam der Geliebte gut gelaunt zurück und brachte einen langen handgeschriebenen Brief aus Bayern mit hoch, über den ich mich riesig gefreut habe. Liebe M., vielen lieben Dank dafür, er hat mir den Tag verschönert!

Zum Abendessen holte der Liebste was vom türkischen Imbiss, den wir am vergangenen Samstag während der kulinarischen Altstadtführung kennen gelernt hatten, für mich eine (oder ein?) Gözleme, vielleicht etwas trocken, indes schmackhaft und völlig ausreichend in meinem Zustand.

Husten und Naselaufen sind deutlich zurückgegangen, ob durch die vereinnahmten Präparate oder die Schonung, sei dahingestellt. Deshalb werde ich morgen voraussichtlich wieder ins Werk fahren.

Gleich muss ich noch eine Beileidskarte schreiben, somit werde ich heute doch noch was getan haben. Wenn auch im Futur zwei.

#WMDEDGT im Februar: Kohlroulade ohne nähere Ortsangabe

Vielleicht verstößt es gegen die allgemeinen Blog-Konventionen, zwei Einträge am selben Tag zu veröffentlichen, doch heute geht es nicht anders. Denn heute ist Montag, Tag des regelmäßigen Wochenrückblicks, zudem der Fünfte, und am Fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn hier.

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Nach bizarren Träumen, in denen unter anderem *hüstel* Kopulationen auf einer öffentlichen Bühne zu besichtigen waren, ich kann es doch auch nicht ändern, wachte ich zu sehr früher Morgenstunde auf, geweckt vom unregelmäßigen Quietschen des Tores zum Nachbarhof, das mal wieder offen stand und bei jedem Windstoß, deren vergangene Nacht reichlich wehten, eine kleine quietschbegleitete Bewegung vollzog. Schon mehrfach haben wir die Nachbarn gebeten, das Tor nachts zu schließen, nicht nur aus Quietschgründen, sondern auch, um herumstreunendes Gesindel vom Hof (auch unserem) fernzuhalten. Ein paar Nächte bleibt es dann zu, bis es wieder einer, vielleicht aus Bequemlichkeit, offen stehen lässt. Was soll man machen, gegen Bequemlichkeit kommt nichts und niemand an.

In den Radionachrichten beim Wecken ließ die mich die Meldung kurz grinsen, dass für das Parken eines SUV in der Pariser Innenstadt nach einem Bürgerentscheid bald achtzehn Euro je Stunde fällig sind. Die trauen sich was, die Pariser. Vermutlich haben die da keine FDP. Frau Dörner*, bitte übernehmen Sie.

Die Radfahrt ins Werk erforderte keine Handschuhe, es war mild und trocken. Bei Ankunft im Büro fand ich den Vogelfutterteller vor dem Fenster leergepickt vor, stattdessen lag eine Handvoll Kiesel darauf. Ich habe die Rabenkrähen in Verdacht, um mir mitzuteilen: „Sieh zu, dass hier bald Körner auf den Teller kommen, oder sollen wir Kieselsteine fressen?“, und beeilte mich, nachdem eine Kohlmeise angeflogen kam und sogleich mit vorwurfsvollem Blick wieder abzog, der Aufforderung nachzukommen. Neben Rabenkrähen und Meisen bestand die Flugkundschaft heute aus einer Amsel und einem Rotkehlchen.

In der Kantine stand heute »Lachsforelle aus Leverkusen« auf der Karte; nicht zuletzt wegen der kulinarischen Assoziationen, die mir bei Leverkusen in den Sinn kommen, womöglich tue ich der Stadt und ihrer Küche da Unrecht, entschied ich mich für die Kohlroulade ohne nähere Ortsangabe, zum Dessert ein Schälchen Obstsalat.

Einige Zeit verbrachte ich im Büro mit der Danksagung auf zahlreiche Geburtstagsgratulationen vom Vortag im Maileingang, bei manchen Absendern wunderte ich mich, dass sie das offenbar im Kalender haben, wohingegen mir deren Geburtstage unbekannt sind, was die Freude über die Glückwünsche nicht minderte. Besonders gefreut habe ich mich über den Kartengruß aus München, der aufgrund etwas längerer Postlaufzeit erst heute im Briefkasten lag.

Weiterhin im Maileingang eine Mitteilung der internen Kommunikation mit der Anrede »Liebe:r Carsten«, was die Lust am Weiterlesen trübte. Zu recht, es wurde nicht besser: »Nachhaltigkeit wird bei uns groß geschrieben.« Ja wie bitteschön denn sonst?

Wesentlich besser gefiel mir das erstmals gehörte Wort „kredibel“ (glaubwürdig), das sich recht gut in meinem Wortschatz machte, wenn ich es bis zur ersten Anwendung nicht vergessen habe.

Abends übte ich Trommeln auf dem Übungszwecken dienenden, nachbarfreundlich-schallarmen Trommelsurrogat, um einigermaßen fit zu sein für die anstehenden Einsätze an Weiberfastnacht und im Godesberger Zoch kommenden Sonntag. Ansonsten verlief der Abend mit den Lieben alkoholfrei und ohne weitere nennenswerte Bemerknisse.

Für einen Montag war der Tag zufriedenstellend. Bald ins Bett, hoffend auf angenehme Träume und quitschfreie Nachtruhe.

*Grüne Oberbürgermeisterin von Bonn, die schon wegen wesentlich kleinerer Maßnahmen regelmäßig der Zorn der Autofreunde trifft

#WMDEDGT im Januar: Plagen des Alters und akute Vorfreude

Am fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn auf dem Brüllen-Blog.

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In den frühen Morgenstunden wachte ich auf mit einem Ziehen im Rücken, das mich seit einigen Tagen bei längerem Liegen plagt. Nach mehreren Umlagerungen fand ich eine Position, die mir bis zum Aufstehen des Liebsten ein schmerzfreies Weiterschlafen ermöglichte. Plagen des Alters.

Normalerweise fahre ich freitags mit dem Fahrrad ins Werk, es sei denn, es regnet. Heute regnete es nicht, im Gegenteil, es war ein ausgesprochen blaubehimmelt-freundlicher Tag, dennoch nahm ich die Stadtbahn, die dank Schulferien morgens erfreulich pünktlich und mit reichlich Platz kam. Grund war ein Friseurintermin am frühen Abend. Am Salon kann man das Fahrrad nur schlecht abstellen, daher die Bahn. Mir schräg gegenüber ein junger Mann in modisch scheinzerschlissener Hose, Kaugummi kauend, der mich bestätigte in der Feststellung, Menschen sollten in der Öffentlichkeit nicht Kaugummi kauen, weil sie das oft wesentlich dümmer erscheinen lässt als sie womöglich sind.

Der Arbeitstag verlief angenehm unaufregend mit einer abgesagten Besprechung, fast immer gleichsam ein kleines Geschenk. Mittags in der Kantine gab es freitagsgemäß Fisch, genauer Heringsfilet nach Hausfrauen-Art mit Salzkartoffeln in erstaunlich reichhaltiger Portion, danach Schokoladenpudding. Nach der Mittagspause wurde mein neuer Rechner geliefert und angeschlossen. Nach ersten Erkenntnissen läuft alles problemlos, nur das Headset will sich nicht mit Teams verbinden, was mir mangels Gesprächsbedarfs verschmerzbar erschien. Die IT-Kommunikation weist in einer begleitenden Mitteilung darauf hin, dass es ein paar Tage dauern kann, bis wieder alle Funktionen in vollem Umfang zur Verfügung stehen; wenn etwas nicht auf Anhieb läuft: »Das ist ganz normal!“ – wie einst (oder immer noch? Ich weiß es nicht) Dr. Sommer in der BRAVO. Der Techniker, der den Rechner tauschte, stammte übrigens, wie ich, aus Ostwestfalen, wie sich im Gespräch herausstellte. Wir plauderten ein wenig über vergangene Zeiten in Bielefeld und die landschaftlichen Reize der Region, ehe wir uns gegenseitig ein angenehmes Wochenende wünschten.

Der Haarschnitt am Abend fiel wunschgemäß aus (nicht zu kurz, etwas in Form bringen, was man halt so sagt auf die Frage „Was machen wir heute mit Ihren Haaren?“), die begleitenden Gespräche blieben im Rahmen meines ostwestfälischen Redebedarfs.

In einem Zeitungsartikel über das aktuelle Regierungshandeln las ich erstmals den Begriff „Ampel-Gehampel“ und bin mir nicht sicher, ob ich das witzig oder hohlphrasig finde, neige zu zweiterem.

Die Bestätigung für unser Ferienhaus in Südfrankreich, zwei Wochen ab Mitte Juni, ist eingetroffen und löst akute Vorfreude aus.

Der weitere Abend wird zur Einleitung des Wochenendes voraussichtlich Schaumwein und einen Gaststättenbesuch mit meinen Lieben umfassen. Zuvor wünsche ich Ihnen allen ein schönes Wochenende.

#WMDEDGT im Dezember: Wörtliche Rede und Vorfreude

Am fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn auf dem Brüllen-Blog.

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Während der Zeitungslektüre zum ersten Kaffee am Morgen las ich diesen Satz: »Es wird Zeit, dass Bund und Land sich ehrlich machen.« Sich ehrlich machen – eine weitere Floskel für die Liste.

Ehrlich machen sollte sich auch eine Metzgerei in der Bonner Innenstadt, an deren Fenster seit Tagen, wenn nicht Wochen, ein handschriftlicher Zettel angebracht ist: »Heute nur Barzahlung«.

»Wir bringen das Mittelmeer in Ihre Küche«, wirbt ein paar Meter weiter ein Fachgeschäft für olivenhölzerne Haushaltswaren. Das muss nun wirklich nicht sein.

Der dienstagsübliche Fußmarsch ins Werk erfolgte bei Trockenheit und etwas milderer Temperatur gegenüber den letzten Tagen. Auch der Rheinpegel liegt wieder auf einem normalen Niveau, mal sehen, wie lange angesichts der Schneefälle der vergangenen Tage im Süden.

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Kurz nach Ankunft im Büro klopfte ein Kollege an die Tür, den ich nur selten sehe, weil er im Gegensatz zu mir meistens zu Hause arbeitet. Es kam zu einem längeren Plausch über Gott und die Welt, was in diesem Fall wörtlich zu verstehen ist; trotz meiner grundsätzlichen Abneigung gegen wörtliche Rede am frühen Morgen (also vor neun Uhr) war es sehr angenehm.

Der Arbeitstag floss recht erfreulich dahin; die gestern herrschende Generalunlust hatte sich gelegt, wie so häufig von Montag auf Dienstag. Vor dem Fenster kam immer wieder die Elster zu Besuch, vielleicht waren es auch mehrere abwechselnd, und machte(n) sich, nachdem das von mir dort aufgestellte Futterhäuschen auf mysteriöse Weise abhanden gekommen war, über das nun auf einem profanen Teller dargereichte Vogelfutter her. Ansonsten habe ich zweimal Nein gesagt. Das war gar nicht schwer und fühlte sich gut an.

Der SPIEGEL meldet das »Pisa-Debakel«, nach dem »Pisa-Schock« von 2001. Was kommt als nächstes, Pisa-Krise, -Katastrophe, -Misere? -Horror? Wir werden es vielleicht noch erleben, wenn nicht andere Imponderabilien dazwischenkommen.

Zum Mittagessen in die Kantine gingen wir zu sechst, bis Ende 2019 nichts Besonderes. Jetzt, da ich es gewohnt bin, mittags zumeist allein, allenfalls mal zu zweit zu essen, weil fast alle überwiegend zu Hause arbeiten, empfinde ich derartige Gruppenessen als gewöhnungsbedürftig bis anstrengend. Anscheinend hat meine Sozialtoleranz während der Coronazeit einen irreparablen Schaden genommen. – Gegessen habe ich vegetarisch: Kartoffelpolenta an Grünkohlsalat, ganz gut, hätte etwas mehr sein dürfen. Zum Dessert gab es laut Karte »Schichtdessert von Erdbeeren und Waldmeister-Quark-Creme«. De facto ein Schälchen mit sehr fester, säuerlicher grüner Götterspeise (wenig göttlich), darauf fünf bis sechs kleine Erdbeeren, wo auch immer die herkommen Anfang Dezember, gekrönt mit einer Haube aus einer sahneartigen Vanillecreme. An den meisten Tagen bin ich mit dem Angebot der Kantine höchst zufrieden, heute würde ich allenfalls ein Ausreichend vergeben.

Ab Mittag setzte Regen ein, der sich bis zum Arbeitsende hielt. Deshalb verzichtete ich auf den Fußweg zurück (und auf die Einkehr auf einen Glühwein am Rheinpavillon) und nahm die Bahn. Den Glühwein gab es dann an einer etwas abgelegenen Bude auf dem Weihnachtsmarkt in der Innenstadt, der trotz Regen recht gut besucht war, insbesondere die überdachten Trinkstellen.

Abends war ich ein weiteres Mal auf dem Weihnachtsmarkt, nun mit dem Liebsten, zum Abendessen (erst Reibekuchen, dann Bratwurst) und auf ein Warmgetränk, derweil bei immer noch leichtem Regen eine feuchte Kälte langsam durch die Jacke drang.

Auf dem Rückweg reservierten wir für den Vorheiligabend in unserem Lieblingsrestaurant. Es ist immer schön, wenn man sich auf etwas freuen kann.

Sonntag, 5. November 2023 – #WMDEDGT

Am fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn auf dem Brüllen-Blog.

Dann wollen wir mal:

Bereits vor dem Frühstück brach der Liebste zu einer Dienstreise nach Paris auf. Zwar ging sein Thalys erst mittags ab Köln, aber wegen mannigfacher Bauarbeiten der Bahn zwischen Bonn und Köln und daraus folgend einer noch größeren Unzuverlässigkeit als ohnehin erschien ein frühzeitiger Aufbruch sicherer. Es fuhr dann alles pünktlich und er kam wie vorgesehen an.

Beim Brötchenholen ging ich über den Münsterplatz, wo die anlässlich des „Bonn leuchtet“-Festes aufgebauten Ess-, Trink- und Kramsbuden bereits geöffnet waren und auf Kundschaft warteten; eine versuchte, mit ukrainischer Folklore zu locken. Viel zu tun werden sie heute trotz verkaufsoffenem Sonntag nicht gehabt haben, das Wetter war mit Regen und kühlem Wind nicht sehr einladend für kulinarische Außenaktivitäten.

Nach dem Frühstück mit dem Geliebten und Lachs brachte ich das Auto zur Werkstatt im Bonner Norden, weil eine Kontrolleuchte leuchtete. Normalerweise obliegen Kraftfahrzeugangelegenheiten dem Liebsten, der das Auto überwiegend nutzt, aber der saß ja im Thalys nach Paris. Daher musste ich das übernehmen, wobei mir schon der Gedanke, autofahren zu müssen, üblicherweise schlechte Laune macht. So schlimm war es dann nicht; nachdem das Auto abgestellt, der Serviceumschlag ausgefüllt und mit darin eingestecktem Fahrzeugschlüssel in den dafür vorgesehenen Einwurf der Werkstatt eingeworfen war, besserte sich die Laune bei einem längeren Spaziergang durch die äußere Nordstadt und an den Rhein. Zwischenzeitlich schien gar die Sonne, nur einmal musste ich kurz den Regenschirm aufspannen.

Vorstadt-Tristesse im Bonner Norden

Als weitere Aufgabe war mir übertragen, zwei Birnen kleinzuschneiden und in Zucker einzulegen, um sie später, nachdem der Zucker eingezogen war, in den Rumtopf im Keller zu geben, der bereits vor einigen Monaten angesetzt wurde. Bei der Gelegenheit unternahm ich die wichtige Qualitätskontrolle (nur einen Esslöffel voll) und war zufrieden.

Zwischendurch verbrachte ich längere Zeit auf dem Sofa mit der Lektüre der Sonntagszeitung, die uns aus irgendwelchen, vermutlich Kosten-Gründen, seit einiger Zeit bereits samstags zugestellt wird. Doch da bin ich eigen, sie heißt Sonntagszeitung und wird daher sonntags gelesen, wo kämen wir denn da hin. Darin einiges über Bürokratie in Deutschland, die auch Vorteile hat, sowie über das Happy Meal Project von Sally Davies. Vielleicht kennen Sie letzteres längst, mir war es neu. Frau Davies hat im April 2010 bei dem beliebten Restaurant mit dem güldenen M einen Hamburger und eine Portion Pommes erstanden, nicht in Verzehrabsicht, sondern um zu beobachten und dokumentieren, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickeln. Das Ergebnis erstaunt: Im August dieses Jahres, also dreizehn Jahre und vier Monate später, sind äußerlich kaum Änderungen erkennbar, weder schimmelt das Brötchen noch weist das Fleisch Gammelspuren auf. Das ist Qualität. Für Weiteres bitte hier entlang.

Da ich heute dreimal, an unterschiedlichen Stellen, das Wort „Eskapismus“ las, dessen Bedeutung ich nicht kannte, recherchierte ich hier und weiß das nun auch. (Es bedeutet Realitätsflucht, wenn Sie es auch nicht wissen und nicht nachschlagen wollen, weil es nicht so wichtig ist. Bitte sehr.)

Was heute noch anliegt: Mit der Mutter in Bielefeld telefonieren, wie jeden Sonntag, und den Koffer packen für eine dreitägige Dienstreise von morgen bis Mittwoch nach Berlin. Mit der Bahn. Ich merke gerade, wie sich beim Gedanken daran meine Laune wieder trübt, aber vielleicht wird es ja ganz gut. Sie werden es lesen, wenn Sie mögen.