Montag: Der vergangene Wochenrückblick zog ungewöhnlich viele freundliche Kommentare nach sich, dabei fand ich den gar nicht so dolle. Vielen Dank dafür. Manchmal, um nicht zu schreiben öfter, ist es umgekehrt, dann denke ich: Jetzt hast du aber mal richtig einen rausgehauen, und dann kommt fast nichts. Keine Klage, nur Feststellung.
Ansonsten bot der Wochenbeginn keinen Grund zur Klage (oder es war ein ganz okayer Start, wie manche zu schreiben keine Hemmungen haben, auch das an Grässlichkeit kaum noch zu steigernde Wort okayisch hörte ich in diesem Zusammenhang schon), dafür auch wenig Berichtenswertes.
Mit Verspätung gelesen bei Gunkl:
Es wird nicht passieren, aber lustig wäre es schon, wenn eine höchstpotente künstliche Intelligenz nach Abschätzung möglicher Ergebnisse beschließt, daß Krieg einfach blöd ist, und unter unautorisiertem Zugriff auf die Steuerelektronik aller Waffensysteme alles Kriegsmaterial unbrauchbar macht und so Weltfrieden herbeiführt, weil das einfach intelligenter ist, als Krieg zu führen.
Dialog des Tages: „Ich war in Sorge.“ – „Musst du nicht, ich bleibe bei dir.“ – „Das ist ja meine Sorge.“ So geht Liebe.
Dienstag: Gestern brachte ich meine Freude über zahlreiche Kommentare zum Blogbeitrag letzter Woche zum Ausdruck, heute freute ich mich sehr über einen Brief von jemandem, der meinen Ausführungen bei mehreren Lesungen lauschte. Angereichert war das Schreiben mit dem Gedicht „Wenn die Möpse Schnäpse trinken“ von James Krüss, das so endet:
Wenn an Stangen Schlangen hangen / Wenn der Biber Fiber kriegt,
Dann entsteht zwar ein Gedicht, aber sinnvoll ist es nicht.
Weiterhin beigefügt war eine Stilblüte der Kategorie Manager-Gequatsche und das Bild einer Skulptur von Asier Sanz. Lieber F., herzlichen Dank dafür! Eine angemessene briefliche Antwort folgt.
Der Schreiber bloggt übrigens auch, nämlich hier, schauen Sie mal rein, es lohnt sich.


Gefreut habe ich mich auch über eine Mail von Epubli, wonach jemand im vergangenen Monat das Buch gekauft hat. Auch dafür herzlichen Dank, ich wünsche gute Unterhaltung damit.
Gespräch beim Abendessen, einer fragt „Wie heißt nochmal die mit der Nase?“ Zwei antworten synchron: „Barbra Streisand.“ Manchmal ist es verrückt.
Mittwoch: Als ich morgens beim ersten Kaffee auf dem Balkon saß, lag ein latenter Fäkalgeruch in der Luft. Der war auch noch deutlich zu vernehmen, während ich mit dem Fahrrad auf dem Weg ins Werk durch die Innere Nordstadt fuhr. Da er sich danach auflöste und ich morgens mit der gebotenen Gründlichkeit geduscht hatte, gehe ich davon aus, dass ich nicht selbst die Quelle war.
In Köln beginnt die Computerspielemesse Gamescom, wo tausende Besucher erwartet werden. Auch so eine Welt, die keinerlei Gemeinsamkeiten mit meiner aufweist, was daran liegen mag, dass meine, in der Dinge wie Fußball, Netflix oder Amazon keine Bedeutung haben, sehr speziell ist.

Donnerstag: Diese Woche ist kleine Woche, Viertagewoche, also hätte ich heute frei gehabt, Inseltag. Konjunktiv, weil es in Werkszusammenhängen eine Veranstaltung gab, an der teilzunehmen mir wichtig war, auch das gibt es. In den vergangenen Jahren war sie stets mit vier sehr angenehmen Dienstreisen verbunden, ich berichtete; in diesem Jahr fand sie leider nur am Bildschirm per Teams statt. Dennoch hätte ich ungern auf die Teilnahme verzichtet. Nicht verzichten muss ich auf den freien Tag, der auf morgen verlegt wurde, wodurch der Insel- zu einem Halbinsel-, Landzungen-, Polder- oder Koogtag wird. Jedenfalls wird es ein langes Wochenende.
Freitag: Den freien Tag nutzte ich auch heute wieder für eine Wanderung. Diese führte von Köln-Rath-Heumar durch das Königsforst und die Wahner Heide bis Troisdorf. Beim Umstieg von der Regional- in die Stadtbahn in Köln-Deutz kamen mir zahlreiche Besucher der Gamescom-Messe entgegen, teilweise in bizarren Verkleidungen. Wie oben bereits geschrieben, eine andere Welt, was nicht ablehnend oder überheblich gemeint ist; vielleicht finden die Wandern völlig absurd, was es vielleicht auch ist.
Das Wetter war ideal zum Wandern, trocken und um die zwanzig Grad, nur kurz zeigte sich die Sonne. Wie erhofft blüht inzwischen die Heide. Nicht so flächendeckend und postkartengrell wie in nordniedersächsischen Touristenanlockungsmedien, dennoch augerfreuend. Hier und da kündigt sich schon der Herbst an mit ersten gelben Blättern. Kurz vor Troisdorf fand ich Erquickment im wunderschönen Heidekönig-Biergarten, trotz trübem Wetter war er gut besucht.
Sehen Sie:











Womit die Rubrik „Was schön war“ auch heute hinreichend bedient ist.
Samstag: Die Nacht endete früh, weil eine Bahnreise nach Bielefeld anstand, um die Mutter zu besuchen. Obwohl der Regionalexpress ab Bonn ausfiel und der Ersatzzug – immerhin gab es einen, das ist nicht selbstverständlich – knapp eine halbe Stunde Verspätung hatte; obwohl wir in Duisburg wegen eines Polizeieinsatzes, dem laut Durchsage eine „kleine Auseinandersetzung“ im vorderen Zugteil vorausgegangen war, länger standen, erreichte ich das Ziel dank üppiger Umsteigezeit in Köln mit nur geringer Verspätung.
In Köln stellte die Bahn ihre Kunden auf eine besondere Probe: Angezeigt war die Einfahrt des RE 6 nach Minden (mit dem ich fuhr), angesagt wurde und es fuhr ein der RE 26 nach Remagen. Verwirrung, man stieg erst ein, bald wieder aus, fragte einander „Ist das der Zug nach …“, die Abfahrt verzögerte sich dadurch um mehrere Minuten. Wie viele mögen, vielleicht abgelenkt durch Ohrstöpsel und Datengerät, erst in Köln-Süd bemerkt haben, dass sie in der falschen Bahn saßen, oder erst in Remagen.
Zum Mittagessen hatte die Mutter Kohlrouladen zubereitet, die schmeckten wie bei Muttern. (Kleiner Scherz.) Während sie danach ein halbes Stündchen ruhte, unternahm ich einen Spaziergang durch Bielefeld-Stieghorst, der etwas länger ausfiel als geplant, wie das so ist, wenn ich einmal so im Gehen bin. Das war nicht schlimm, rechtzeitig zu Kaffee und Kuchen (Marzipantorte von Bäckerei Kriemelmann, der Geburtstagskuchen meiner Kindheit, Gutes vergeht nicht) war ich zurück.
Während der Fahrt nahm ich auffallend viele Männer mit Blumensträußen wahr, als ob heute Tag des schlechten Gewissens wäre. (Ist es nicht, laut kleiner kalender ist Sklavenhandels-, Regensing- und Windreite-Tag. Alles ohne erkennbaren Blumenbezug.)
„Geld macht dumm – Armut auch“ las ich an eine Wand gesprüht, soweit ich mich erinnere in Düsseldorf. Ein unlösbares Problem, die allgemeine Verdummung ist nicht aufzuhalten, wie zunehmend zu bemerken ist. „Denk absurd“ war woanders zu lesen. Damit kann man sogar Präsident eines großen Staates werden, bitte denken Sie sich zutreffende Staatsoberhäupter selbst dazu.
Schlimm finde ich die künstliche Zugansagerin in den Zügen von National Express, die auch erhebliche Verspätungen mit der klebrigen Fröhlichkeit einer Reklamesprecherin verkündet. Doch verkündete sie auf der Rückfahrt, die auffallend pünktlich verlief, Gutes. Als sie sagte „Nächster Halt: Köln Hauptbahnhof“ erschrak ich fast ein wenig.
Ebenfalls auf der Rückfahrt telefonierte einer laut und ausdauernd. Da er das auf Französisch tat, verstärkte es die Vorfreude auf den baldigen Urlaub in der Provence.
Auch heute sah ich viele Bäume mit ersten Herbsterscheinungen. Ist der Herbst dieses Jahr früher dran als sonst?

Sonntag: In der Sonntagszeitung (FAS) Innenansichten sogenannter Latte-Macchiato-Eltern, die mit ihren kleinen Kindern gerne in Cafés gehen; konkret berichtet Sebastian Eder, ein solcher Vater:
Warum aber fühle ich mich so wohl in Cafés? Andere Eltern hassen es, wenn ihre Kinder dort an ihnen zerren, noch ein Croissant wollen, das nächste Bilderbuch anschleppen oder schon wieder das ganze Essen auf dem Boden verteilen. Bei mir stellt sich eher eine Entlastung ein: Das Kinderchaos gibt es sowieso, hier bringt mir währenddessen wenigstens jemand Kaffee und Essen, ich muss danach weder aufräumen noch spülen.
[…]
Genervte Blicke von Gästen wären mir auch egal. Wer seine Ruhe haben will, soll zu Hause bleiben.
[…]
Bei mir jedenfalls hilft mit kranken Babys nur: rausgehen und tragen, tragen, tragen – und wenn das Baby eingeschlafen ist, Kaffee trinken. Wird das Kind größer, kann es selbst etwas bestellen und ist auch mal ein paar Minuten zufrieden. Selbst wenn der bellende Husten durchs Café schallt.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie sowas lesen oder gelegentlich selbst erleben. Bei mir erzeugt derartig arrogante Rücksichtslosigkeit, die vorausgesetzte Selbstverständlichkeit, mit der Eltern ihre Bedürfnisse und die ihrer Blagen über alles stellen, stets eine gewisse Wut. Aber man darf ja nicht sagen, sonst sieht man sich schnell, gerade als Kinderloser, der Kinderfeindlichkeit bezichtigt (was so schlimm nun auch nicht ist). Dieselbe Empörung schäumt regelmäßig auf, wenn Hotels und Restaurants aus jedenfalls für mich nachvollziehbaren Gründen keine Kinder als Gäste wünschen. In Anlehnung an Herrn Eder sei entgegnet: Wer seine Kinder aushäusig toben lassen will, soll ein anderes Restaurant bzw. Hotel aufsuchen.
Gerade fällt mir auf, ich muss ja noch eine Frage beantworten.

Frage Nr. 37 lautet: „Weißt du normalerweise, wann es Zeit ist, zu gehen?“ Normalerweise ja. Heute Nachmittag war ich verabredet auf dem Bonner Weinfest, möglicherweise verweilte ich dort etwas länger als nötig, wodurch Auswirkungen auf die Schlussredaktion dieses Wochenrückblickes nicht völlig auszuschließen sind. Eventuelle Liederlichkeiten in Rechtschreibung, Satzbau und Logik bitte ich deshalb zu entschuldigen.
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.
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