Woche 25/2023: Wer nicht melden will, muss schwitzen

Montag: Meine Morgenstimmung hätte Erika Fuchs, die damalige Übersetzerin der Donald-Duck-Comics, wohl mit einem »SEUFZ!“ treffend auf den Punkt gebracht. Bei Ankunft im Werk lag eine Störung der Schließtechnik vor, die mir zwar Zugang zum Büro gewährte, jedoch nicht in den Gebäudeteil mit der Kaffeemaschine. Stöhn. Im Laufe des Morgens wurde die Störung behoben und die Stimmung hob an. Auch sonst zeigte sich der erste Arbeitstag nach zwei Wochen Urlaub recht freundlich, die Zahl der eingegangenen Mails war erstaunlich niedrig, darunter keine Problemfälle mit weiterem Seufzpotenzial.

Es ist heiß, die Rasenfläche hinter dem Bürogebäude ist verdorrt, bereits jetzt, dabei hat der Sommer noch gar nicht richtig begonnen. Wo soll das hinführen?

Am frühen Abend, als ich Brötchen für das Abendessen holte, ging ich durch die Innenstadt und dachte: Was für komische Leute. Ich kann das an nichts festmachen, objektiv gesehen waren es die gleichen wie sonst auch. Vermutlich, sofern sie mich überhaupt wahrnahmen, fanden sie mich genauso komisch. Ich kann es ihnen nicht verdenken.

Dienstag: Nur weil es etwas wärmer ist, ist das kein Grund, nicht zu Fuß ins Werk zu gehen.

Promenade
Provence am Mutterhaus

Nach langer Zeit mal wieder insgesamt fast vier Stunden Besprechung in Präsenz mit elf Menschen, Kaffee und Kaltgetränken in einem immerhin angenehm temperierten Besprechungsraum. Danach fühlte ich mich erschöpft. Man ist nichts mehr gewohnt.

Früher sagte man: „Der führt was im Schilde“; heute: „Der verfolgt eine Agenda“.

Mittwoch: Es musste so kommen. Vormittags kam jemand von der Haustechnik, um die Jalousie im Büro zu reparieren, die nicht mehr herunterfährt. Leider ohne Erfolg, die Fachfirma muss ran. Dass bis auf Weiteres nachmittags die Sonne ins Büro scheint und zusätzlich wärmt, kann ich niemanden zum Vorwurf machen, außer mir selbst. Erst am Montag habe ich die Störung gemeldet, obwohl sich das Teil seit Wochen nicht mehr bewegt. Im Winter hatte ich wochenlang gefroren, weil es im Büro wegen defekter Heizung (oder wegen Putin) an manchen Tagen nicht wärmer als achtzehn Grad wurde. Als dann eines Tages die Jalousie oben blieb, dachte ich: Muss ich mal melden, hat keine Eile. Dann kam der Urlaub. Wie die Oma schon wusste: Wer nicht melden will, muss schwitzen. Mein Zweitname sei Prokrastin. Der Ventilator ist einstweilen mein bester Freund.

Diese Besprechung hätte eine Mail sein können, dachte ich nach einer Teams-Runde, die für eine halbe Stunde angesetzt und schon nach wenigen Minuten beendet war. Das mal positiv sehen.

Ansonsten ein weiterer warmer Tag mit kurzem Gewitter am Nachmittag, dessen kühlende Wirkung sich binnen kurzer Zeit verflüchtigte. Eigentlich hatte ich mir für den Abend vorgenommen, zu laufen. Doch bei der Wärme – och nö.

Donnerstag: Die für heute angekündigten Unwetter zeigten sich zumindest hier bei uns einigermaßen gemäßigt. Planmäßig konnte ich zu Fuß ins Werk gehen, erst gegen Mittag kam der erste Regen auf, der sich zu einem Gewitterschauer aufbaute und bald wieder nachließ, das gleiche nochmal am späten Nachmittag kurz vor end of business. Außerhalb der Regenphasen war es weiterhin warm, die »Herbstliche Gnocchi-Gemüsepfanne« mittags in der Kantine brachte keine innere Abkühlung, ebensowenig die Schilder »Kein Winterdienst« in den Rheinauen.

Den diesjährigen Preis für Verpackung verdient dieses französische Keksprodukt

Freitag: Ich lasse es dem Universum als kleine Zankerei zum Wochenende durchgehen, dass morgens, gerade als ich eingeseift unter der Dusche stand und nicht eingreifen konnte, im Radio mal wieder Giesingers Lied über die frustrierte tanzende Mutter gespielt wurde, was mich danach noch längere Zeit ohrwurmend begleitete.

Morgens auf dem Fahrrad umspielte mich ungewohnt angenehme Junikühle, fast schon war es zu kalt ohne Jäckchen. Nachmittags auf dem Rückweg wieder Wärme.

Der Kollege, der immer gar wunderbare Wörter benutzt, schickte per Mail ein kurzes Heads-up, worin er einen Optionenraum aufzeigt. Es ging um Probleme mit einem neu eingeführten Prozess. Als ich vor Wochen die zugehörige Prozessanweisung las, war mein Gedanke: Das wird nicht funktionieren, doch verzichtete ich, da es nicht viel mehr als ein aus jahrelanger Erfahrung gewachsenes Bauchgefühl war und zudem mangels fachlicher Zuständigkeit, auf entsprechende Kommentare in Richtung der Verantwortlichen; man hätte es auf Wunsch von höchster Stelle so oder so eingeführt. „Ihr macht das schon“ ist oft klüger als „Ich würde das anders machen“.

Samstag: Der General-Anzeiger stellt in einer Beitragsreihe ab heute spannende regionale Ausflugslokale vor: »Ein kühles Getränk, ein Sitzplatz mit Aussicht und dazu am besten noch ein Sonnenuntergang.« Das ist vor Spannung kaum auszuhalten. Warum heißt es immer häufiger „spannend“, wenn „interessant“ oder einfach nur „nett“ gemeint ist? Ist das Bequemlichkeit, nach dem passenden Wort zu suchen?

Mittags in der Fußgängerzone sprach mich ein sehr junger Mann von der Seite an, was ich überhaupt nicht mag, nicht von jungen Männern noch von mittelalten Frauen. Da er nicht den Eindruck erweckte, um Bargeld anzuhalten und auch sonst ganz hübsch anzusehen war, ließ ich ihn sprechen, und also frage er, ob er mir etwas aushändigen dürfte. In seiner Hand hielt er einige Zettel und Prospekte, die als christlich-religiöse Druckerzeugnisse auszumachen waren. Ich lehnte dankend ab. „Darf ich wenigstens für Sie beten?“, fragte er dann, wogegen ich nichts einzuwenden hatte, etwas Fürbitte schadet nicht. „Wie heißen Sie denn?“, wollte er noch wissen. Das wurde mir etwas zu intim, daher verweigerte ich die Auskunft. Wenn er seinem Gott später sagt, dieser ältere Kerl mit kurzer Hose, Chucks und rotem Polohemd, wird der schon wissen, wem das Gebet gilt.

Sonntag: Ein ruhiger, warmer Tag. Auch die Sonntagszeitung widmet sich der Frage, warum den fünf Insassen des Tauchbootes, die auf dem Weg zum Wrack der Titanic ums Leben gekommen sind, mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde als mehreren hundert Flüchtlingen, die kürzlich im Mittelmeer ertrunken sind. Vielleicht weil wir uns ein paar übermütigen Reichen näher fühlen als den namenlosen Menschen auf der verzweifelten Suche nach einem besseren Leben, was weiß ich. Menschen sind und bleiben seltsam.

Im Zusammenhang mit der zerdrückten Tauchkapsel ist hier und da das Wort „tragisch“ zu vernehmen. Das halte ich für falsch. Der geplatzte Tauchgang ist vergleichbar mit Jugendlichen, die im Übermut auf abgestellte Güterwaggons klettern und dort vom Schlag der Oberleitung getroffen werden. Das ist nicht tragisch, sondern einfach dumm.

Beim Spaziergang durch die Nordstadt und an den Rhein begegneten mir nur wenige Menschen. Auch im Lieblingsbiergarten waren die meisten Tische frei, das zahlreiche Personal unausgelastet. Entweder ist es den Leuten zu heiß, oder sie sind im Urlaub.

Keine Werbung, jedenfalls keine bezahlte

In einer Seitenstraße rollte vor mir langsam ein riesiger weißer Mercedes-SUV, dessen linker Vorderreifen platt war. Er fuhr in eine Parkbucht, der Fahrer stieg aus, ging in die Hocke und betrachtete das Schlamassel. Obwohl völlig unangebracht, musste ich ganz kurz innerlich grinsen.

Statt Alkohol bevorzugt die Jugend zunehmend Fruchtgetränke, das ist zu loben. Auch damit kann man manches falsch machen.

Falsch
Richtig

Beim Gehen fragte ich mich: Werden die eigentlich inzwischen mit diesen weißen Hörstöpseln in den Ohren geboren?

***

Kommen Sie gut durch die Woche, möglichst ohne Seufzen und Stöhnen.

Woche 40: Reifende Reben und fahles Verglimmen

Montag: Der frühere NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement ist am Wochenende laut Medien „friedlich“ gestorben. Die Bundeskanzlerin ließ über ihren Regierungssprecher eine Würdigung per Twitter seibern, also das Medium, über das auch der amerikanische Präsident üblicherweise seinen Unfug absondert. Das hat Clement nun wirklich nicht verdient.

Was wir uns zweifellos verdient hatten, war eine Woche Urlaub. Da die aktuelle Risikolage weitere Reisen nicht zulässt, blieben wir zunächst in Sichtweite von Bonn. Ziel der ersten Etappe war der Petersberg, wo wir uns im ehemaligen Gästehaus des Bundes ein wenig Luxus um die Nase wehen ließen, das erlaubt man sich ja sonst auch nicht so oft, vielmehr käme man zu normalen Zeiten wohl gar nicht auf die Idee. Für mich war es die erste Begegnung mit einer Toilette, deren Deckel sich bei Annäherung automatisch öffnet und nach Verrichtung wieder schließt. Weitere technische Raffinessen und Wasserspiele des Beckens wagte ich mich nicht auszuprobieren. Der Geliebte war da mutiger, auch wenn er einen jähen Schrei nicht unterdrücken konnte, nachdem er das Knöpfchen mit dem Fontainensymbol gedrückt hatte.

Der Petersberg
Blick vom Petersberg

Dienstag: Bei Regen verließen wir am Vormittag den Petersberg und fuhren weiter an die Mosel, um dort ein paar Tage zu bleiben; von der Lokalität her auch nicht wirklich schlecht:

Hotel Schloss Lieser in Lieser

„Sängerin Rihanna macht ja auch in Unterwäsche“, sagte auf der Fahrt dorthin der Mann im Autoradio. Wahrscheinlich bin ich mal wieder der einzige, der das lustig findet.

Mittwoch: Nach dem Frühstück machten wir einen Ausflug nach Traben-Trarbach, wo dem Moseltouristen auf der Suche nach regionaltypischen Geschenken für seine Lieben alles Erforderliche in großer Auswahl angeboten wird.

Donnerstag: Während ich im Frühstückssaal mein Müsli löffelte, sah ich jemandem dabei zu, wie er bei leichtem Niesel auf der Außenterrasse die schweren Metallstühle und -tische stapelte und anschließend mithilfe eines Gabelstaplers einsammelte und wegfuhr. Als wäre der Sommer mit diesem Tag offiziell für beendet erklärt worden und nun bis zum nächsten Jahr einzulagern.

Heute entfernten wir uns nicht weit vom Ort. Bei einem Rundgang durchs Dorf und die örtlichen Weinberge schauten wir den Reben beim Reifen und den Weinbauern beim Ernten zu, entweder traditionell mit Schere und Eimer oder mit einer riesigen Erntemaschine, die innerhalb von Minuten Reihe um Reihe von Weinstöcken entbeert, ein wahres Wunder der Ingenieurskunst. Wobei, was mag so eine Maschine neben Weinbeeren noch so alles, wenig vergärenswertes, abzupfen, wie Blätter, Käfer, Schnecken, Vogelkot, Feldmäuse? Weiß der Winzer.

Von Wein zu Bier: Nebenbei erhielten wir auch einen Einblick in den ortstypischen Humor. Ob die Beschriftung der Tafel nach Verabreichung größerer Mengen des angepriesenen Produkts entstanden ist, erscheint nicht völlig abwegig.

Freitag: Donald Trump und Gemahlin wurden positiv auf Corona getestet. Wünschen wir Frau Melania einen möglichst milden Verlauf. Wegen des Gatten möge das Universum die richtige Entscheidung treffen, vielleicht geht da ja mal ein bisschen mehr als bei Johnson, Lukaschenko und Bolsonaro. Aber Trump kann anscheinend ohnehin nichts und niemand etwas anhaben. Insofern erscheint diesbezüglicher Hoffnungsschimmer eher als fahles Verglimmen.

Gegen Mittag verließen wir Lieser in Richtung Bonn. Es gibt Menschen, die sich nach einem Gran-Canaria-Urlaub freuen, wenn der Rückflug erst am Abend geht, weil sie dadurch noch mehrere Stunden am Strand oder Schwimmbecken herumlungern können. Ich bin da etwas eigen: Wenn ein Urlaub vorüber ist, möchte ich so schnell wie möglich nach Hause, nicht stundenlang mit gepackten Taschen auf den Transfer zum Flughafen warten oder eine zehnstündige Autofahrt aus der Provence erdulden. Insofern ist die Mosel das perfekte Reiseziel – bereits nach weniger als zwei Stunden Fahrt saß ich wieder auf heimischer Brille.

Samstag: Laut Zeitung gilt im Kölner Hauptbahnhof an diesem Wochenende ein Waffenverbot. Heißt das, an allen anderen Tagen nicht?

Dreißig Jahre Deutsche Einheit. Kleines Detail am Rande: Wie ich neulich irgendwo las, antwortet man auf die Frage „Wie macht die Ente?“ im Westen „quak quak“, im Osten hingegen „nak nak“. Der Franzose sagt übrigens, ich habe das mal recherchiert, „coin coin“ (sprich: „koan koan“), wobei er vermutlich „miam miam“ denkt, weil er sich die Ente bereits an Rotwein- oder Orangensoße vorstellt.

Bleiben wir beim Essen: Abends suchten wir den Italiener unseres Vertrauens auf. Am Nebentisch saßen vier Personen, drei Männer und eine Frau, wobei einer der Männer mit ungefähr achtzig Prozent Sprechanteil beachtliches Redefleisch bewies in einer Lautstärke, die das ganze Lokal zu beschallen vermochte. Dabei sagte er Sätze wie „Danach zünde ich den Karriere-Turbo“. In solchen Momenten erscheint mir eine Hörschwäche nicht ausschließlich nachteilig, weil man dann einfach sein Hörgerät ausschalten kann.

Sonntag: Laut sind bekanntlich im Allgemeinen auch die Amerikaner, dazu nach meiner Überzeugung bekloppt, auch schon vor und ohne Trump. Einen weiteren Beleg dazu finden Sie hier, wo sich eine hysterische junge Digital-Naive über deutsche Fenster freut, als gäbe es Gratis-Wochen bei Starbucks. Der Anblick der Weinerntemaschine vom Donnerstag würde ihr womöglich vor Begeisterung multiple Höhepunkte bescheren.

Ansonsten in dieser Woche erfreulich: Sonne und Regen, gutes Essen mit gutem Wein, sehr freundliche Menschen, Ausschlafen dank moderater Frühstückszeit.

Woche 14: Hinweise aus Friedenszeiten und funktionslose Damen am Bühnenrand

Montag: Nach zehn Jahren des Zwitscherns überdrüssig löschte ich vor gut einem Jahr mein Twitterkonto @PlanC_. Eher zufällig bemerkte ich nun, dass es unter einem neuen Betreiber wiedereröffnet wurde. Es kommt mir spanisch vor.

Zu meinen beruflichen Obliegenheiten gehört es, Verbesserungsvorschläge aus dem betrieblichen Vorschlagswesen zu begutachten. Heute musste ich wieder einen Vorschlag ablehnen, wobei ich versichere, der Name der Verfasserin war dafür nicht ausschlaggebend. Sie hieß P. Unfug.

Dienstag: „Nach 31 Jahren schafft die EU die Milchstraße ab“, lese ich in der Zeitung. Bei nochmaligem Lesen ging es doch nur um die Milchquote.

Kein Lesefehler: Zum ersten Mal lese ich „HomeOffice“, in dieser verunglückten Marketing-Schreibweise ohne Bindestrich oder wenigstens Leerzeichen. (Bindestriche erwarte ich ohnehin schon lange nicht mehr.) Irgendwann musste das ja kommen.

Nicht gelesen, sondern gehört: „Du vergleichst Äpfel mit Birnen.“ – „Obst ist Obst!“

Mittwoch: Aus einem Zeitungsbericht über den bekannten Virologen Christian Drosten, der mittlerweile den Medien mit wachsender Skepsis begegnet: „… und schließlich ist Drosten auch noch Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité. Von 2007 bis 2017 war er in gleicher Funktion auf dem Bonner Venusberg unterwegs.“ Wer hätte da kein Verständnis für seine Skepsis.

Zahlreiche Medienberichte enthalten heute übrigens den Hinweis „kein Aprilscherz“.

Donnerstag: Dieses Mal hat mich die Sommerzeit heftig getroffen: Morgens komme ich schlecht aus dem Bett, gegen 14 Uhr falle ich müde in ein tiefes Lustloch und spätestens um 20 Uhr fallen mir die Augen zu. Dabei habe ich noch die Worte eines gewissen Herrn Junker im Ohr, der da (ver)sprach: „Die Leute wollen das, und wir machen das“, gemeint war die Abschaffung der Zeitumstellung. Ob ich das noch vor meinem Ruhestand erleben werde?

Oder geregelte Arbeitstage mit mittäglichem Kantinenbesuch? Stattdessen aßen wir mit wenigen im Werk verbliebenen Kollegen zu Mittag auf dem immerhin sonnigen Bürobalkon, selbstverständlich im Stehen und unter Wahrung der gebotenen Abstände. Bei mir gabs mitgebrachte Bütterchen und Apfel, ein Kollege hatte sich überteuerte Maultaschen von einem fliegenden Händler geholt.

„Maultaschen gehen immer“, las ich auf einem Werbeplakat, als ich am späten Nachmittag kühlem Wind entgegen velocipedierte. Liebe Marketing-Kasper (oder, wenn euch das lieber ist: MarketingKasper), ich weiß nicht, wie ihr zu diesem Axiom gefunden habt, mir hingegen fielen, wenn ich mich ein wenig bemühte, zahlreiche Situationen ein, in denen Maultaschen gar nicht gehen. Hier eine kleine spontane Auswahl: beim Trompetensolo, in öffentlichen Verkehrsmitteln, während Besprechungen (soweit sie irgendwann nicht mehr nur auf telekommunikativem Wege erfolgen, sonst schon), im Theater, während einer Beerdigung (danach schon), beim Liebesspiel. Wobei, Liebesspiel, warum nicht …

Freitag: „Wir haben nur diesen einen Planeten“, sagt die Umweltministerin. Antwort des Universums: „Welch Glück.“

Noch einmal Marketing-Geschwätz: „Food ist unser Business“, las ich morgens auf dem Weg ins Werk an einem mich überholenden Lastwagen. Da verging mir sogleich der Appetit, nicht nur auf Maultaschen.

Der Sänger Bill Withers ist heute gestorben. Nicht, dass ich ein glühender Fan von ihm gewesen wäre, aber dieses Lied fand ich Ende der Achtziger aus hier nicht näher zu erörternden Gründen ziemlich gut:

(Durch die beiden zappelnden, ansonsten weitgehend funktionslosen Damen am linken Bühnenrand lassen Sie sich bitte nicht stören.)

Samstag: Heute Morgen gegen elf klang es aus der Stube: „Hey Siri, spiel Musik.“ – (Musik) – „Hey Siri, lauter.“ – (lautere Musik) – „Hey Siri, lauter.“ (noch lautere Musik) – „Hey Siri, noch lauter.“ – (ganz laute Musik. Das Telefon klingelt.) – „Hey Siri, leiser. – Hey Siri, leiser. – Hey Siri…“ Irgendwann drehe ich hier durch, und dieses Teil fliegt aus dem Fenster.

Irritierend: Während die Busse der Stadtwerke Bonn nur noch durch die hinteren Türen betreten und verlassen werden dürfen, um die Fahrer vor menschlichen Kontakten zu schützen, befinden sich an den hinteren Türen der Busse der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft nach wie vor die Hinweise aus Friedenszeiten, zum Einstieg ausschließlich die vordere Tür zu nutzen. Sind die Fahrer im Rhein-Sieg-Kreis resistenter?

Aus besseren Zeiten offenbar auch das folgende Bild in einer Werbeanzeige:

KW14

Man darf die an der Pommesbude erstandene Currywurst noch an Ort und Stelle verputzen und muss keine Abstände zu anderen Personen halten. Dabei wäre der junge Sparkassenangestellte Gerrit W. (Mitte) wohl gerade froh über etwas Distanz: Der erste warme Tag des Jahres, soeben hat er seine Mittagspause begonnen, als dieser Typ mit der gelben Jacke, der ihn schon seit Tagen wegen seiner Aktionfonds nervt, auftaucht und ihn sogleich finanzthematisch vollquatscht, weshalb W. das Plakatgrinsen nur so halbwegs gelingt. Ich fühle mit ihm.

Auch Herr B ist müde.

Sonntag: Alle Jahre wieder … Für alle, die es sich in diesem Jahr aus gegebenem Anlass nicht persönlich anschauen können:

KW14 - 1

KW14 - 1 (1)

KW14 - 1 (2)

Im Übrigen ein schöner Beweis, dass die Phrase „Danach wird nichts mehr sein wie es war“ Unfug ist.