Woche 16/2025: Zur freien Verfügung

Montag: Manche Wörter lösen in mir eine gewisse Aggression aus, ohne dass ich genau weiß, warum. Ein solches ist „Mindset“. Vielleicht ein Fehler in meiner Denkweise.

Vielleicht auch ein Fehler der Denkweise ist die Annahme, der Montag sei stets von dumpfer Trübnis überschattet, selbst wenn wie heute die Sonne scheint. Denn heute ging es, Unlust und Müdigkeit hielten sich in Grenzen. Mittags in der Kantine setzte ich mich sogar freiwillig an den Tisch mit mehreren Kollegen und lauschte Gesprächen über ihre Kinder, was ich sonst eher meide. Vielleicht war es die Aussicht auf eine kurze Osterwoche, die meine Stimmung erhellte.

Dienstag: Während der Kindheit in den Sieb- und Achtzigern gehörte es zum täglich gewohnten Klangbild, wenn Militärflugzeuge über die Stadt hinwegdonnerten. (Ein beliebtes Eis am Stiel hieß „Düsenjäger“, ich weiß nicht, ob es das noch gibt; falls ja, heißt es bestimmt nicht mehr so.) Danach wurde es diesbezüglich ruhiger, wohl nur wenige werden es vermisst haben. Ich schreibe bewusst nicht „niemand“, gibt es doch für alles noch so Abwegige Liebhaber, etwa knallende Motorräder oder Gorgonzola-Käse. Da fiel es heute Morgen schon auf, als während des Fußweges ins Werk mal wieder so ein Düsenjäger (also nicht das Eis) über mich hinwegbrauste. Hoffen wir, dass wir uns künftig nicht wieder daran gewöhnen müssen.

Woran ich mich auch nicht gewöhnen werde und möchte sind geschäftliche Anliegen über Teams-Chat, ich schrieb es schon. Deshalb aus gegebenem Anlass nochmals dieser Hinweis an die lieben Kolleginnen und Kollegen: Fragen, die mich als Chatnachricht erreichen, werden nur beantwortet, wenn es kurzfristig möglich ist und ich gerade Zeit (und Lust) dazu habe. Wenn nicht, werden sie zuverlässig vergessen. Wie Sie sicher wissen, bedeutet Chat (engl.) Unterhaltung, Geplauder, Geplapper. Schriftliche Anliegen, die nicht einfach mit ja oder nein zu beantworten sind, daher bitte grundsätzlich per Mail. Dann kann ich bei Bedarf Nachrichten weiterleiten, in Ordner ablegen und per Mausklick daraus eine Aufgabe anlegen. Zudem bin ich bestrebt, den Maileingang täglich leer zu arbeiten, so dass nur selten etwas vergessen wird. Danke.

Innere Nordstadt mit abnehmender Kirschblüte

Mittwoch: Der angekündigte Regen fiel freundlicherweise zu Zeiten, da ich nicht auf dem Fahrrad saß, die vorsorglich eingepackte Regenjacke konnte in der Tasche bleiben.

Im Büro wieder viele Besprechungen, so dass nur wenig Zeit war für einen Chat mit dem Kollegen gegenüber. Dazu muss ich kurz ausholen: Als ich von nunmehr sechsundzwanzig Jahren von der ostwestfälischen Niederlassung zum Bonner Mutterhaus wechselte, saßen wir beide mehrere Jahre im selben Büro und es verging kaum ein Arbeitstag, an dem wir nicht mindestens einmal laut lachten, weil unsere Humore und unsere Mindsets eine größere Schnittmenge aufweisen. Daher empfand ich fast so etwas wie Trennungsschmerz, als wir aus organisatorischen Gründen auseinandergesetzt wurden.

Dass wir nun wieder, trotz unterschiedlicher Abteilungen, wenigstens tageweise im selben Büro tätig sind, liegt an der aktuellen Arbeitsorganisation, die ich vor längerer Zeit schon beschrieb: Wenn man möchte, kann man an bis zu drei Tagen die Woche im Heimbüro arbeiten, dafür verzichtet man auf einen festen Schreibtisch und bucht sich einen, wenn man ins Bürobüro zu kommen beabsichtigt. Dadurch habe ich, der eine tiefe Abneigung gegen Heimbüro hegt und deshalb (als einziger im Geschäftsbereich) jeden Tag gerne ins Büro geht und somit über einen festen Schreibtisch verfügt, fast täglich wechselnde Zimmergenossen (manchmal auch keinen), somit, da wir nun wieder demselben Bereich angehören, auch besagten Kollegen. Das ist schön. Und gelacht haben wir trotz Besprechungen auch heute wieder.

Nicht ganz neue Kantinenerkenntnis zur Mittagszeit: Gemeinsam essen zu mehr als vier Leuten finde ich anstrengend, ich habe da immer weniger Lust drauf. Vor allem wenn das Tischthema Autos, Kinder oder Fußball ist, eins davon kommt meistens. In seltenen Fällen trifft das schon zu, wenn nur ein Mitesser zugegen ist.

Donnerstag: Der Gründonnerstag war grau und kalt, immerhin kam ich trockenen Fußes ins Werk und zurück, wobei auf dem Rückweg der Wind unfreundlich ins Gesicht blies.

Bei Ankunft morgens waren nur wenige Fenster des Turmes erleuchtet, auch auf unserem Flur blieben die meisten Büros leer, ich hatte meins für mich allein. Osterurlaub ist auch schön, wenn andere ihn haben. Während der Aufzugfahrt trug mir einer das Du an, der vor einigen Jahren, als Siezen noch nicht als exotisch galt, mein Chefchef war. Was soll man da sagen, womöglich wird er es irgendwann wieder.

Mittagessen mit einer lieben Kollegin, die ich aus dem gestern dargelegten Grund auch nicht mehr täglich sehe. Das war mindestens so schön wie allein zu essen. Ich hatte Weißwürste mit Radieschensalat und Kartoffelpüree, in das die Brezn in zerbröselter Form eingebettet war. Das klingt seltsam, hat jedenfalls sehr gut geschmeckt.

Freitag: Karfreitag. Da Ostern für uns in diesem Jahr nicht mit Reisen oder Besuchspflichten verbunden ist, bedeutet das vier freie Tage in der privat base (den Begriff las ich die Tage im Vorstellungs-Steckbrief einer neuen Kollegin) zur freien Verfügung. Während meine Lieben anderweitig beschäftigt waren, unternahm ich nach dem Frühstück eine kleine Wanderung auf die andere Rheinseite über Beuel, den Finkenberg (eine bewaldete Erhebung im Ortsteil Küdinghoven) bis Ramersdorf, zurück am rechten Rheinufer. Seit der letzten Wanderung hat die Begrünung der Natur noch einmal erheblich zugelegt, was den Weg mit Glücksgefühl anreicherte. Auch der angekündigte Regen blieb aus. Gar nicht zufällig führte der Rückweg an einem Biergarten vorbei, wo der erste Maibock des Jahres im Anstich ist und es wäre mir unhöflich erschienen, das zu ignorieren. Am Beueler Rheinufer überquerte ich die Osterkirmes, die aus bekanntem, zu recht zunehmend umstrittenem Grund heute geschlossen war.

Glücksgefühl auf dem Finkenberg
Glücksgefühl bei Maibock

Bei Herr Buddenbohm las ich das Wort „Leapfrogging“ und bin nun gespannt, wann es mir zum ersten Mal in einer Besprechung begegnet.

Samstag: Die samstagsüblichen Ent- und Besorgungen verband ich wieder mit einem Spaziergang. Außerplanmäßig suchte ich außerdem aus gegebenem Anlass ein Blumengeschäft auf. Die Sonne schien, doch war es nicht so warm wie vor einer Woche, auch die Kurze-Hosen-Dichte war deutlich geringer. Immerhin war es warm genug, um diesen Eintrag auf dem Balkon sitzend vorzunehmen.

Wann haben Sie zum letzten Mal ein Mofa gesehen?
Auch die Uferpromenade ist ergrünt

Abends waren wir im Zirkus Roncalli, der zurzeit in Bonn gastiert, für den uns die liebe Nachbarin Freikarten besorgt hatte. Es dürfte rund fünfzig Jahre her sein, als ich das letzte Mal in einem Zirkus war. Man hat ja auch so schon genug Zirkus im Werk und mit den Lieben, nicht wahr. Jedenfalls: Es war geradezu anrührend schön mit beeindruckender Akrobatik, Komik, einer Spur Erotik und ohne lebende Tiere. Gedanke während des Staunens: Diese Leute können so unendlich viel mehr als ich und bekommen dafür mutmaßlich viel weniger Geld.

Vergnüglich war es zweifellos

Sonntag: Geträumt, ich bin Mitglied der dreiköpfigen Jury bei Let‘s Drink, der Wettsaufshow auf RTL. Mein Name ist Kotzi Kabuse.

Der Liebste hat Geburtstag, deshalb der Blumenkauf gestern. Zur Feier des Tages unternahmen wir eine Radtour durch rechtsrheinische Gefilde bis Porz-Zündorf. Das war beglückend, die Sonne schien nicht zu warm; Raps, Kastanien und Flieder blühen, über den Feldern zwitschernde Lerchen. In Zündorf machten wir Rast in einem Biergarten, dann fuhren wir in Ufernähe unter zunehmender Bewölkung zurück, mit der Mondorfer Fähre wechselten wir schließlich wieder die Rheinseite. Während der Hinfahrt mussten wir immer wieder anhalten, weil leuchtende Rapsfelder die Motivklingel des Datengeräts heftig ausschlagen ließen.

Raps I
Raps II
Etwas Raps (III)
Raps IV – Suchbild mit Kölner Dom

Zum guten Schluss: Erfreulich in dieser Woche waren u. a. Wanderlust, der Zirkusbesuch und das Geburtstagsessen am Sonntagabend.

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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche.

#WMDEDGT im Juli: Nicht mein Tag


Heute ist der fünfte Juli, am Fünften eines jeden Monats ruft die geschätzte Mitbloggerin Frau Brüllen zur Pflege der Tagebuchblogkultur auf. Hierzu schreibt der geneigte Teilnehmer einen Aufsatz zum Thema „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“, kurz #WMDEDGT, und verlinkt ihn hier.

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„Röttgen fordert Rückzug Bidens“ lese ich auf der Titelseite der Tageszeitung während des Morgenkaffees. Das Interesse des US-Präsidenten an der Forderung eines deutschen Oppositionspolitikers dürfte sich in homöopathischen Größenordnungen bewegen.

„Atemlos durch die Macht“ ist ein anderer Artikel über Ursula von der Leyens Wiederwahlwunsch als EU-Kommisionspräsidentin übertitelt. So geht seriöser Journalismus. Der damit verbundene Ohrwurm wurde zum Glück nach kurzer Zeit vom frühen Vogel vertilgt.

Während der Radfahrt ins Werk musste ich hinter einem Müllwagen anhalten, der durch ein anderes Fahrzeug auf dem Marktplatz aufgehalten wurde. Als er geräuschlos wenige Zentimeter vorrückte, bemerkte ich, dass es sich um ein Elektrofahrzeug handelte, woraufhin ich mit den begleitenden Müllwerkern (heißt das so?) kurz ins Plaudern kam. Mit dem neuen Fahrzeug zeigten sie sich unzufrieden, da es wegen des hohen Gewichts der Batterien weniger Zuladung hat. So hat alles seine Vor- und Nachteile.

Auf dem weiteren Weg musste ich wegen Baustellen mehrfach den komfortablen Radweg an der Adenauerallee verlassen und auf die Autofahrbahn wechseln. Das war nicht so schlimm, es war nicht viel los, freitags arbeiten viele lieber zu Hause. Außer Leute mit richtigen Berufen, wie Müllwerker. Ab Montag wähle ich dann die Alternativstrecke mit leichtem Umweg.

Während einer Teams-Besprechung ohne bewegte Bilder am Morgen verzehrte ich die letzten drei Aprikosen, die wir letzte Woche aus Südfrankreich mitgebracht hatten. Das wurde höchste Zeit, sie wurden langsam matschig. Ansonsten bot die Besprechung viel Fensterblickzeit, während andere ihre Sätze mit zahlreichen „quasi“ und „tatsächlich“, aber nur wenigen „genau“ garnierten, was Rückschlüsse auf das Durchschnittsalter der Runde zulässt.

Der Speiseplan der Kantine war heute nicht online einsehbar, daher ließ ich mich mittags überraschen. Einer christlichen – es ist doch eine christliche? – Tradition folgend gab es Fisch, konkret Heringsfilets mit Sahnesoße und Kartoffeln. Trotz Bekenntnis zum Agnostikertum entschied ich mich dafür und war sehr zufrieden, wenn auch nicht übermäßig satt. Am Tisch für einen Freitag ungewöhnlich viele Mitesser, siehe oben.

Alle reden über Fußball. Heute Abend spielt Wir gegen Spanien, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Da dieser Text aus zeitlichen Gründen vor dem Ergebnis ins Netz geht, weiß ich zum Zeitpunkt der Niederschrift nicht, wie es ausgehen wird, und es ist mir auch herzlich egal.

Nach dem Mittag überkam mich schwere Müdigkeit, der ich durch Hochfahren der Schreibtischplatte und Arbeiten im Stehen entgegenzuwirken suchte. Der Fisch?

Nachmittags rief ein ehemaliger Kollege an, der seit geraumer Zeit den Ruhestand genießt, das Interesse an Unternehmensdingen indes nicht verloren hat. Wir plauderten ein wenig und wünschten uns zum Abschied gegenseitig alles Gute. Beneide ich ihn? Höchstens ein bisschen. Noch sieben Jahre und acht Monate, maximal.

Eine halbe Stunde vor Beginn des Fußballspiels hatte ich einen Friseurtermin. Der war nach gut zehn Minuten zu meiner vollen Zufriedenheit erledigt, einschließlich Augenbrauenkürzung.

Zurzeit bereiten wir uns mit Sektbegleitung auf das Wochenende vor. Nebenbei schaut der Liebste Fußball, aus dem Wohnzimmer kommt „Oooh“, „Boah“, „Nein“, „Uiuiui“, dazu die aufgedrehte Reporterstimme. Bis jetzt noch kein Tor.

Nachher werden wir was essen gehen, vielleicht beim persischen Italiener. Hauptsache irgendwo, wo kein Fußball läuft.

Laut kleiner kalender ist heute Tag der Workaholics. Also nicht mein Tag.

Woche 20/2024: Therapeutische Unterstromsetzung, Spätburgunder und Selbstbeherrschung

Montag: Der Tag bot Positives. Das Büro hatte ich für mich allein, auch sonst wurde ich weitgehend in Ruhe gelassen, in den Nebenbüros und auf dem Flur nur wenig Betrieb. Der Maileingang, per Teams in Wort und Schrift vorgetragene Anliegen und Besprechungen waren überschaubar. Dennoch war gut zu tun. Vormittags erschien ein Techniker und beseitigte das bei Einzug vor drei Wochen an die Haustechnik als störend gemeldete Brummen der Raumlüftung, mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt. Dennoch erfreulich, dass désormais brummfrei gelüftet wird.

Da meine neuen Mitesser wegen einer Besprechung erst verspätet zu Tisch gingen, nahm ich das Mittagessen allein zu mir, was mir durchaus gelegen kam. Anschließend erlaubte ich mir eine Runde durch den Park.

Das Wetter zeigte sich weiterhin vorsommerlich, die für den Abend angekündigten Regenfälle blieben aus. Nur kurz vor Mittag fiel ein kurzer, heftiger Schauer, der mich am Schreibtisch nicht weiter störte.

Die aktuelle PSYCHOLOGIE HEUTE wurde zugestellt, für mich zum letzten Mal, da ich das Abo nach etwa fünfundzwanzig Jahren gekündigt habe, um mehr Lesezeit für Bücher zu gewinnen. Auch stört mich, wie bereits dargelegt, die mittlerweile nicht nur dort praktizierte Form des Genderns, die mal die männliche, mal die weibliche Form verwendet. Ich bin kein Freund von Sternchen, Binnen-I und -Doppelpunkten, und das von manchen auch männlichen Schreibern mittlerweile verwendete generische Femininum erscheint mit ein wenig störrisch-albern, weil es das Grundproblem nicht löst. Doch dieses Durcheinander halte ich für die schlimmste Form.

Im Übrigen lag wieder eine leichte Montäglichkeit über dem Tag. Die geht vorüber, spätestens morgen.

(Dafür, dass mir zunächst für heute nicht viel eingefallen war, ist es doch recht umfangreich geworden.)

Dienstag: Bereits morgens beim Fußweg ins Werk war es ziemlich warm, ich beklage das nicht.

Ein Farbtupfer der Anmut am Wegesrand

Der Arbeitstag war, verglichen mit gestern, lebhaft: zu zweit im Büro, nebenan und auf dem Flur emsiges Treiben, Mittagessen in größerer Gruppe, auch das alles nicht zu beklagen. Ebenfalls nicht zu beklagen, immerhin werde ich gut dafür bezahlt, allenfalls anzumerken ist, dass ich relativ plötzlich in ein Projekt mit hoher Management Attention und sportlicher Zeitplanung involviert bin; ich nehme an, in nicht allzu ferner Zukunft, jedenfalls lange vor meinem Ruhestand, wird sich niemand mehr dafür interessieren. Wie auch immer – ich werde mein Möglichstes dazu beitragen, auf dass ein mögliches Scheitern nicht mir anzulasten ist.

Vormittags irritierte mich das Verschwinden einer wichtigen Outlook-Aufgabe, die ich regelmäßig fortschreibe, gleichsam als Journal für ein längerfristiges Vorhaben. Heute war sie plötzlich aus der Aufgabenliste verschwunden, weder hatte ich sie versehentlich gelöscht noch auf „erledigt“ gesetzt. Erst nach einiger Zeit fand ich sie im Online-Archiv, wohin sie wegen ihres Alters von zwei Jahren automatisch verschoben wurde. Immerhin beruhigend: Es geht nichts verloren, oder jedenfalls nur selten etwas.

Blogvorschlag des Tages: Ich möge meine fünf Lieblingsfrüchte auflisten. Nun denn: Kirsche, Mirabelle, Spätburgunder, Riesling und Grenache.

Mittwoch: In der Zeitung fand ich zwei bemerkenswerte Berufe: Feelgood-Managerin und Crossover-Performer. Ich habe keine Ahnung und will es auch gar nicht wissen, worin deren Tagwerk besteht, doch das lässt sich Außenstehenden über einen Senior Specialist, was auf meinen Visitenkarten stünde, wenn ich welche hätte, auch nicht immer ganz leicht erklären.

Ansonsten war der Tag recht angenehm. In zwei Angelegenheiten konnte ich wenigstens für mich etwas Struktur bringen, zudem wird sich voraussichtlich auch hier wieder der alte Grundsatz bestätigen, wonach nichts so heiß gegessen wie gekocht wird.

Wichtigste Tätigkeit des Tages: in Outlook eine Abwesenheitsmeldung für den morgigen Inseltag einzustellen.

Die für nachmittags angekündigten starken Regenfälle erwiesen sich als radfahrerverträglich, nach Rückkehr vom Werk musste nicht einmal die Hose getauscht werden.

Vielleicht bin ich mit den Jahren empfindlicher geworden, jedenfalls habe ich den Eindruck, die Leute werden immer lauter. Immer öfter nehme ich wahr, sei es im Werk oder auf der Straße, manchmal auch zu Hause, dass jemand meint, herumblöken zu müssen. Vielleicht irre ich mich auch.

Donnerstag: Ein freier Tag. Wegen ungünstiger Wetterprognose keine Wanderung, stattdessen morgens der lange fällige Termin beim Orthopäden. Seit Monaten* plagt mich zeitweise der untere Rücken mit Schmerz, vor allem nach längerem Liegen. Da ich sehr gerne lange liege, ein auf Dauer inakzeptabler Zustand. Gedacht hatte ich es mir so: Kurz nach neun verlasse ich das Haus, um halb zehn ist der Termin. Vorher nimmt die freundliche Arzthelferin (heißt das noch so?) meine Personalien auf, da ich neuer Patient in der Praxis bin, danach empfängt mich Herr Doktor, hört sich mein Leiden an, schaut, untersucht, verschreibt Tabletten, Salbe, vielleicht Massagen; am Ende mahnt er zu mehr (oder überhaupt) sportlicher Betätigung. Spätestens um halb elf ist alles erledigt, danach frühstücke ich gemütlich im Kaufhof-Restaurant.

*Aufgrund eines Verschreibers stand hier erst „Montagen“. Das ist eine interessante Variante, allerdings plagen mich montags zumeist andere, zusätzliche Unpässlichkeiten.

Und so war es wirklich: Man nahm meine Personalien auf, ich musste für alles Mögliche unterschreiben, sogar ein Foto von mir wollte man gerne haben für die Akten, letzteres freiwillig, wozu auch immer, aber von mir aus. Dann zu Herrn Doktor. Er hörte, schaute, untersuchte und befand: alles schief, krumm, fehlgestellt, verwachsen und verspannt, als sei ich der Glöckner vom Bonner Münster. Anschließend wurde ich geröntgt, hin und her gebogen, bis es mehrfach leicht knackte (aber nicht weh tat), akupunktiert, behämmert, mit Elektroden beklebt vermessen und unter Strom gesetzt; insgesamt dreimal durfte ich mich aus- und wieder ankleiden. Am Ende erhielt ich einen neuen Termin, weitere folgen, sowie eine Verschreibung zu zehn Gerätetherapien beim Physiotherapeuten meiner Wahl. Erst um halb zwölf verließ ich die Praxis. Da das Frühstücksbüffet im Kaufhof dann schließt, frühstückte ich vor einem Café auf dem Marktplatz.

Während der oben genannten therapeutischen Unterstromsetzung las ich den Anfang eines interessanten Zeitschriftenartikels. Wie die Autorin darin beklagt, genügt es heute nicht mehr, sich als lesbisch oder schwul zu bezeichnen, vielmehr muss man (m/w/d) queer sein. Als nur Lesbische oder Schwuler grenzt man andere aus, insbesondere Transsexuelle und Nonbinäre, somit gehört man zu den Bösen. Welch irre Zeiten. Hiermit sei erklärt: Ich bezeichne mich weiterhin (ungern zwar, weil es kein besseres Wort dafür gibt) als schwul, und es liegt mir fern, irgendwen wegen dessen, als was er/sie/es sich fühlt, auszugrenzen. Nicht einmal Heteros.

Freitag: Auch für heute waren wieder erhebliche Regenfälle angekündigt, deshalb war morgens die Stadtbahn das Verkehrsmittel der Wahl. Der Tag zeigte sich trübe, der Regen blieb – im Gegensatz zu südlicheren Regionen, die es heftig traf -, aus, das ermöglichte nachmittags einen außerplanmäßigen Fußmarsch nach Hause.

Viel heller wurde es nicht

Auch am Rheinufer jede Menge beschädigter und abgerissener Wahlplakate, was geht nur vor in den Leuten. Wobei, selbstverständlich ohne das gutzuheißen: Wofür braucht man überhaupt Wahlplakate? Glauben die Parteien wirklich, mit ihren austauschbaren, aussagefreien Phrasen könnten sie weitere Wähler gewinnen?

In der Innenstadt ging ich unter einem Baugerüst hindurch, daran ein Schild »Vorsicht Dacharbeiten«. Was will mir dieses Schild sagen? Durchgang nur mit Helm und auf eigene Gefahr, oder besser gar nicht?

Gunkl schreibt: »Da eine herkömmliche Bestattung eine Beerdigung ist, müßte ein Seemannsbegräbnis Bewässerung heißen. Naja, im Anlaßfall sollte man diese Überlegung aber eher für sich behalten.«

Wenn etwas gerade wunschgemäß funktioniert, heißt es oft „Das läuft wie geschmiert“ oder „wie ein Uhrwerk“, etwas überschwänglicher formuliert „geht es ab wie Schmidts Katze“, wer auch immer Schmidt ist. Etwas robuster formuliert man offenbar im Münsterland, wie bei Frau Anje zu lesen ist; dort heißt es: „… das läuft grade wie Rotz am Ärmel.“

Samstag: Als ich nachmittags im Hof Fahrradpflege betrieb, sah ich durch das Torgitter, wie vor dem Haus ein Auto abgestellt wurde, so dass sein Heck in unsere Einfahrt ragte. Die Beifahrerin hatte mich offenbar gesehen und fragte freundlich, ob es in Ordnung wäre, wenn sie kurz dort parkten. Ebenso freundlich verneinte ich mit dem Verweis darauf, dass dies nunmal eine Einfahrt sei, außerdem ohnehin absolutes Halteverbot. Das sah sie ein. Nicht so der Fahrer, der meinte, mich anpampen zu müssen, sinngemäß ob ich überhaupt Auto fahre und ich solle mich nicht so anstellen. Das veranlasste mich, zurückzupampen, worüber ich mich sogleich ärgerte, mehr als über den uneinsichtigen Fahrer; ich hasse es, in solchen Situationen die Selbstbeherrschung zu verlieren. Immerhin fruchtete es, man stieg wieder ein und fuhr ab, im Vorbeifahren winkte der Fahrer drohend und hupte zweimal. Ich antwortete mit Kusshand und lächelte zurück. Die Selbstbeherrschung war wiederhergestellt.

Der für die vergangenen Tage angekündigte und ausgebliebene heftige Regen fiel am Nachmittag.

Sonntag: Ich verschone Sie mit der alljährlichen Frage, was genau nochmal an Pfingsten passiert sein soll.

Ansonsten bei Sonnenschein die üblichen Sonntäglichkeiten: lange geschlafen, spätes Frühstück, Spaziergang, Sonntagszeitungslektüre auf dem Balkon.

Aus einer Pressemitteilung der Stadt Bonn: »Ziel ist es, die freie Kulturszene bei der Entwicklung von Projekten im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit zu unterstützen und die interkommunale Kooperation sowie den Aufbau nachhaltiger regionaler oder nationaler Netzwerke im Kulturbereich zu stärken.« Auch nach mehrmaligem Lesen will sich mir nicht erschließen, was genau unterstützt und gestärkt werden soll. Jedenfalls erinnert es an die Vereinssitzung in Loriots „Ödipussi“.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche.

Woche 10/2023: Jede wie er mag

Montag: „Was gibt es schöneres als Reisen?“ fragte morgens der Mann im Radio. Das ist schnell beantwortet: nicht zu reisen.

Heute vor hundert Jahren wurde Jürgen von Manger geboren, bekannt geworden in der Rolle des Ruhrgebietsbewohners und Menschenerklärers Adolf Tegtmeier, die Älteren erinnern sich vielleicht an ihn, gleichsam Vorfahre von Herbert Knebel. Komisch, an seinem Vornamen haben wir uns seinerzeit nicht gestört, heute undenkbar. Achtung Wortspiel: zu recht.

Laut kleiner kalender ist heute Tag der Tiefkühlkost. Dazu passend betrug die Temperatur im Büro bei Ankunft morgens fünfzehn Grad, im Laufe des Tages stieg sie nicht über siebzehn. Vielleicht war das der Grund für den akuten Arbeitslustverlust, der mich nach dem Mittagessen ereilte und bis in den frühen Nachmittag anhielt. – Bei Twitter las ich von Habecks Heizungsvorstoß und mir wurde sofort warm ums Sprachherz.

Abends hielt ich bei der Fahrradwerkstatt des Vertrauens an, um eine Inspektion zu vereinbaren. Zu meiner Überraschung konnte ich es gleich dort lassen. Nun habe ich für zwei bis drei Tage kein Fahrrad. Das macht nichts, ich habe Schuhe.

Dienstag: Wie bei Wikipedia zu lesen ist, führte im Jahre 1973 die Entdeckung eines Kometen zu einer allgemeinen Kometenbegeisterung. Auch ich bin begeistert: von diesem wunderbaren Wort, auch wenn ich dafür voraussichtlich kaum Verwendung finden werde.

Begrenzt begeistert dagegen von „Jekami“, ein sächliches Substantiv, das laut Duden etwas bezeichnet, bei dem jeder ohne spezielle Voraussetzung mitmachen kann, denn daher kommt es: „Jeder kann mitmachen“. Sollte das jemand in einer Besprechung gebrauchen, wäre ihm ein „Was?“ meinerseits sicher.

Stattdessen heute gehört: „Da müssen wir zeitnah am Ball bleiben.“ Was so gesagt wird, wenn jemand meint, was Bedeutendes sagen zu müssen.

Da ich während der Seuchenzeit fast nie zu Hause arbeitete und immer ins Büro fuhr oder ging, bin ich es seitdem gewohnt, mittags alleine zu essen, entweder, als die Kantine geschlossen war, die Mitnehmgerichte auf einer Parkbank oder im freien Besprechungsraum, später, seit sie wieder geöffnet ist, dort. Und das mittlerweile sehr gerne, wie ich bereits erwähnte. Es ist sehr entspannt gegenüber einer größeren Gruppe Mitesser, deren Gespräche ich wegen des Gemurmels und Gerausche im Hintergrund nur schwer folgen kann und auch gar nicht will. Heute war ich wegen einer Besprechung spät dran und traf beim Verlassen des Büros auf eine Kollegengruppe im Aufbruch zur Kantine, derer mich nicht anzuschließen womöglich das Licht eines sozialen Sonderlings auf mich hätte scheinen lassen, daher ging ich mit ihnen. Doch das Schicksal meinte es wie so häufig gut mit mir: Da nun wieder viele in die Büros kommen, ist die Kantine gegen zwölf dermaßen gut besucht, dass es aussichtslos ist, einen freien Tisch für vier oder mehr Personen zu finden. Daher wählte ich, während die anderen vielleicht noch suchten, nach Inempfangnahme der Bratwurst einen freien Einzelplatz am Fenster und genoss den ungestörten Verzehr.

Mittwoch: Über Nacht kehrte der Winter zurück. Sogar hier in Bonn lag Schnee, der sich erst ab Mittag in Matsch und großflächige Pfützen wandelte. Da es morgens weiterhin schneite, brach ich mein Vorhaben ab, mangels Fahrrad zu Fuß ins Werk zu gehen, und fuhr mit der Bahn weiter; wozu zahlt man immer noch für ein Jobticket, wenn man es nicht wenigstens ab und zu nutzt.

Rätselhafte Spuren im verschneiten Werkshof

Im Büro ist es weiterhin kalt. Wie mir der Hausservice auf Anfrage mitteilte, arbeite man bereits an der Behebung der Heizungsschwäche. Da sich mangels Inspiration warme Gedanken nicht einstellten und diese alleine nur unzureichende Linderung brächten, fragte ich nach einem Heizlüfter, der kurz darauf gebracht und sogleich in Betrieb genommen wurde. Lobenswert, wenn etwas schnell und unbürokratisch erledigt wird. Das Gerät klingt zwar wie ein kleines Propellerflugzeug und roch anfangs etwas streng, aber es wärmt zufriedenstellend. Nicht immer nur meckern.

Unerwartet schnell ging auch die Inspektion des Fahrrades, bereits heute Abend konnte ich es abholen, werde es allerdings angesichts der Wetteraussichten in dieser Woche voraussichtlich nicht mehr benutzen, da bin ich mittlerweile etwas weicheiig.

Dass auch die erstaunlich zahlreichen Menschen, die in der Bahn noch immer Maske tragen, verweichlicht sind, unterstelle ich ihnen keinesfalls, auch wenn ich für mich dazu keine Notwendigkeit mehr sehe. Recht haben sie: Gegenüber einer Infektion mit was auch immer ist eine beschlagene Brille zweifellos das kleinere Übel.

Gedanke: Ist vielleicht die Jahreszeit auch nur ein soziales Konstrukt?

Donnerstag: Morgens spielte „The Show Must Go On“ von Queen im Radio, eins der beiden Lieder, von denen ich mir wünsche, sie werden auf meiner hoffentlich fernen Beerdigung gespielt. (Das andere ist die Arie „Ebben ne andro lontana“ in der Interpretation der Kölner Spitzbuben, zu hören hier:

Wisst ihr bescheid, meine Lieben, wenn mal was passiert, wie man so schön sagt, wenn das Unausweichliche unausgesprochen bleiben soll.)

Noch immer fiel Regen, daher war auch heute die Bahn das Verkehrsmittel der Wahl, um ins Werk zu gelangen. Erst nachmittags ließ es nach, zudem war es unerwartet mild geworden, daher ging ich zu Fuß zurück. Vor dem World Conference Center parkten in großer Anzahl pastellfarbene Autos der Stuttgarter Marke, die augenscheinlich alle einer gewissen Mary Kay gehörten.

Passend zum Wetter hatte der Geliebte morgens schlechte Laune ohne erkennbaren Grund, die sich bis in den Abend zog. Das kommt vor und gibt sich für gewöhnlich früher oder später wieder. Meine Laune dagegen war ganz passabel, auch wegen der Erbsensuppe, die es mittags in der Kantine gab.

Wie kürzlich dargelegt, beabsichtige ich, das Trommeln zu erlernen, um wieder im Musikzug der Karnevalsgesellschaft mitzuwirken. Heute Abend war die erste Unterrichtsstunde, nicht auf einer Trommel, sondern auf so einem flachen, schallarmen Übungsdings, das man am Notenständer befestigt, die Nachbarn wird es freuen. Mein erster Eindruck: Das macht wirklich Spaß.

Freitag: Ich weiß, das klingt vielleicht pingelig, aber zucken Sie auch immer ein wenig, wenn jemand „Stati“ oder gar „Statis“ sagt, wenn er den Plural von Status meint?

Vormittags war Betriebsversammlung mit anschließender Möglichkeit, Fragen zu stellen. Frage des Tages: „Kann man es sich angesichts steigender Kosten künftig noch leisten, für dieses Unternehmen zu arbeiten?“ Fragesteller war keineswegs ein Mitarbeiter der unteren Entgeltgruppen, sondern ein AT-Angestellter, also ein übertariflich bezahlter Kollege. Ich bewunderte die sachliche Gelassenheit, mit der die Personalchefin darlegte, dass in dieser Gehaltsklasse nun wirklich keine baldige Hungergefahr besteht. Ich an ihrer Stelle hätte ihn wohl gefragt, ob er noch bei Verstand ist. Was geht in solchen Menschen vor?

Samstag: Ich fühlte mich leicht matschig im Kopf, obwohl es am Vorabend in alkoholischer Hinsicht im Rahmen geblieben war. Vielleicht liegt es am Wetter: Gestern war es erst trocken, ab Mittag Regen, abends Sturm, später schneite es. Heute hingegen schien die Sonne, als wäre nichts gewesen. Da kann man wohl matschig werden.

Warum es im bayrischen Grünwald nicht angezeigt ist, Tempo dreißig einzuführen, ist hier nachvollziehbar dargelegt. Kurz zusammengefasst: Weil man mit großen Autos gar nicht langsam fahren kann. (Danke an Herrn Fischer für den Link.)

Ich wurde nach meinem zweiten Vornamen gefragt, und ob er eine besondere Bedeutung hat. Ja, ich habe einen: Rainer. Ob er eine besondere Bedeutung hat, weiß ich nicht, nur weiß ich, warum er in meinem Ausweis steht. Das kam so, vielleicht habe ich das bereits erzählt: Bei meiner Geburt wollte mein älterer Bruder, dass ich Rainer heiße, weil sein Schulfreund so hieß. Meine Eltern bevorzugten hingegen Carsten. Da kann man jetzt geteilter Meinung sein, was besser ist, mit Carsten bin ich seitdem recht zufrieden, Rainer wäre auch akzeptabel gewesen, Sie wissen schon, Schall und Rauch und so. Jedenfalls, um ihrem Ältesten entgegen zu kommen, einigten sie sich auf diesen Kompromiss. Später hatte ich selbst einen Schulfreund dieses Namens. Leider trennten sich unsere Wege in den Neunzigern, ich habe lange nichts mehr von ihm gehört. (Lieber Rainer, wenn du das hier lesen solltest, melde dich mal, ich würde mich sehr freuen.) Kleines Detail am Rande: In den Achtzigern fand ich es eine Zeit lang schick, beim Unterschreiben zwischen Vor- und Nachnamen ein „R.“ zu setzen, wie es in Wichtigtuerkreisen üblich ist. Zum Glück habe ich mir diesen Unfug bald wieder abgewöhnt.

Sonntag: Während des Spaziergangs kam es beinahe zu einer Kollision mit einer dem Anschein nach nichtbinären Person. Ich schließe das aus der Kombination einer männlichen Physiognomie mit Rock und Strumpfhosen, vielleicht liege ich mit meiner Vermutung auch daneben. Egal, es liegt mir fern, darüber zu spotten oder nur zu werten; jede, wie er mag. Die Ursache des Beinahe-Zusammenstoßes war nicht (non-)binärer, sondern digitaler Natur, da die Person bis kurz vor unserer Begegnung aufs Datengerät konzentriert war.

Derart konzentrierte Autofahrer (m/w/d) müssen bekanntlich mit Bestrafung rechnen, auch wenn ihr Verteidiger darin einen staatlichen „Eingriff in das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ sieht, wie die Sonntagszeitung berichtet. Immerhin ein netter Versuch.

Der für heute angekündigte Regen blieb oben
An dieser Remise bin ich schon oft vorbeigegangen. Erst heute fiel sie mir auf. Sie ist nicht schön im ästhetischen Sinne, gleichwohl irgendwie zeigenswert, nicht wahr.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass die FDP verboten werden muss. Und die CSU, siehe Samstag.

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Kommen Sie gut durch die Woche.

Morgen kommt die Dildofee

Ein modernes Unternehmen zeichnet sich durch Innovationen aus, nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. „Zufriedene Mitarbeiter sind der wesentliche Faktor unseres Erfolgs“, so oder ähnlich die bekannten Parolen. In diesem Sinne zu loben ist die Initiative eines großen Konzerns, seinen Mitarbeitern in der Zentrale eine Art Kontaktbörse anzubieten, um Mitesser für den Lunch zu finden, wobei die Auswahl zufällig erfolgt. Das heißt: Ich melde mich als Interessent an, und schon werde ich gewissermaßen temporär verkuppelt mit einer mir unbekannten Person, um mit ihr zu Mittag zu essen. Das ganze hat auch einen Namen: Mystery Lunch.

Treffender hätte man es nicht bezeichnen können. Mir ist es ein absolutes Rätsel, was jemanden bewegen könnte, dort mitzumachen. Wie soll so etwas schon ablaufen? Man trifft also jemanden fremdes zum Essen, im günstigsten Falle ist man sich sympathisch. Aber selbst dann: Während des Essens wird man über irgendein völlig uninteressantes geschäftliches Zeugs reden („Aus welchem Bereich kommen Sie?“ – „Ach das ist ja interessant!“ – „Und in welchen Themen sind Sie unterwegs?“), vielleicht spricht man auch über körperliche Gebrechen, etwa so:

„Ich sehe gerade, sie haben nur ein Bein.“

„Ja, das andere habe ich mir zum Wohle des Konzerns ausgerissen. – Und Sie, warum haben Sie eine Glatze?“

„Als die letzten Maßnahmen zur Personalabsenkung bekannt gegeben wurden, habe ich mir die Haare gerauft.“

Ich bevorzuge stattdessen den mittäglichen Kantinenbesuch mit meinen direkten und bekannten Kolleginnen und Kollegen, zumal einem ungeschriebenen Gesetz folgend während dieser Zeit keine Gespräche über geschäftliche Angelegenheiten geführt werden.

Die Tage schwappte das Gespräch bei Tisch ein klein wenig über die Ufer angemessener tischthematischer Gepflogenheiten: Eine Kollegin wusste über eine Mitschülerin ihrer im Grundschulalter befindlichen Tochter zu berichten, die im Unterricht frei und offen vom Besuch der Dildofee bei ihrer Mutter und ihren Freundinnen erzählt hatte. Wie ein Nachfragen meinerseits ergab, handelte es sich dabei offenbar um eine den bekannten Tupperpartys ähnliche Verkaufsveranstaltung, nur eben nicht mit Aufbewahrungsbehältnissen für Lebensmittel als Verkaufsgegenstand. Dem Vernehmen nach suchte und fand die Lehrerin anschließend das Gespräch mit den Eltern des Mädchens. Das hätte ich wirklich sehr gerne belauscht.

Daraufhin erzählte eine andere Kollegin von ihr entfernt Bekannten, die sehr erfolgreich Liebesspielzeug in naturnaher Gemüseform vertrieben. Ich verkniff mir die spontane Bemerkung „Nach dem Motto ‚Bonduelle ist das famose Zartgemüse für die Dose‘, ha ha ha“, Mann weiß ja nie, wie derart feinsinniger Witz bei Frauen ankommt, wie schnell hat man wegen sowas einen #Aufschrei am Hals oder gar eine Paragraphenkette am Arsch.

Schließlich berichtete eine weitere Kollegin vom zweifelhaften Humor eines Mannes, der im Supermarkt einer Dame, die eine Gemüsegurke in ihren Korb gepackt hatte, zugerufen haben soll: „Nehmen sie doch zwei, dann haben Sie eine zum Essen!“ Mein jähes Auflachen wurde durch die empörten Blicke der anwesenden Damen empfindlich gedämpft.

Nachts darauf hatte ich einen Traum. Einen komischen Traum, wobei Träume ja, bei Hellem betrachtet, meistens ziemlich komisch sind, jedenfalls in der Rückschau, sofern man sie nicht ohnehin vergessen hat. In diesem komischen Traum also ging ich mit einer Tasche durch die Gegend, in welcher sich neben anderen Habseligkeiten ein künstlicher Gummipenis befand. Die Gründe, welche mich dazu bewegten, einen Gummipenis mit mir zu führen, sind nicht mehr nachvollziehbar, auch erscheint es mir wenig angebracht, danach zu forschen.

Und also geriet ich an einen Menschen, der Kraft seines Amtes dazu befugt war, Taschenkontrollen durchzuführen, und also kontrollierte er. „Was haben wir denn hier“, rief er laut, auf dass alle Umstehenden es hörten, wedelte mit dem Tascheninhalt durch die Luft und grinste mich an. „Das ist ein künstlicher Gummipenis“, antwortete ich selbstbewusst, „mit dem kann man…“ Weiter weiß ich nicht, vermutlich wachte ich an dieser Stelle auf.

Wäre diese Begebenheit Realität gewesen statt ein Produkt nächtlichen Hirnfegens, würde es sehr lange dauern, bis ich darüber lachen könnte. Und mindestens nochmal so lange, bis ich darüber schriebe.