Ein modernes Unternehmen zeichnet sich durch Innovationen aus, nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. „Zufriedene Mitarbeiter sind der wesentliche Faktor unseres Erfolgs“, so oder ähnlich die bekannten Parolen. In diesem Sinne zu loben ist die Initiative eines großen Konzerns, seinen Mitarbeitern in der Zentrale eine Art Kontaktbörse anzubieten, um Mitesser für den Lunch zu finden, wobei die Auswahl zufällig erfolgt. Das heißt: Ich melde mich als Interessent an, und schon werde ich gewissermaßen temporär verkuppelt mit einer mir unbekannten Person, um mit ihr zu Mittag zu essen. Das ganze hat auch einen Namen: Mystery Lunch.
Treffender hätte man es nicht bezeichnen können. Mir ist es ein absolutes Rätsel, was jemanden bewegen könnte, dort mitzumachen. Wie soll so etwas schon ablaufen? Man trifft also jemanden fremdes zum Essen, im günstigsten Falle ist man sich sympathisch. Aber selbst dann: Während des Essens wird man über irgendein völlig uninteressantes geschäftliches Zeugs reden („Aus welchem Bereich kommen Sie?“ – „Ach das ist ja interessant!“ – „Und in welchen Themen sind Sie unterwegs?“), vielleicht spricht man auch über körperliche Gebrechen, etwa so:
„Ich sehe gerade, sie haben nur ein Bein.“
„Ja, das andere habe ich mir zum Wohle des Konzerns ausgerissen. – Und Sie, warum haben Sie eine Glatze?“
„Als die letzten Maßnahmen zur Personalabsenkung bekannt gegeben wurden, habe ich mir die Haare gerauft.“
Ich bevorzuge stattdessen den mittäglichen Kantinenbesuch mit meinen direkten und bekannten Kolleginnen und Kollegen, zumal einem ungeschriebenen Gesetz folgend während dieser Zeit keine Gespräche über geschäftliche Angelegenheiten geführt werden.
Die Tage schwappte das Gespräch bei Tisch ein klein wenig über die Ufer angemessener tischthematischer Gepflogenheiten: Eine Kollegin wusste über eine Mitschülerin ihrer im Grundschulalter befindlichen Tochter zu berichten, die im Unterricht frei und offen vom Besuch der Dildofee bei ihrer Mutter und ihren Freundinnen erzählt hatte. Wie ein Nachfragen meinerseits ergab, handelte es sich dabei offenbar um eine den bekannten Tupperpartys ähnliche Verkaufsveranstaltung, nur eben nicht mit Aufbewahrungsbehältnissen für Lebensmittel als Verkaufsgegenstand. Dem Vernehmen nach suchte und fand die Lehrerin anschließend das Gespräch mit den Eltern des Mädchens. Das hätte ich wirklich sehr gerne belauscht.
Daraufhin erzählte eine andere Kollegin von ihr entfernt Bekannten, die sehr erfolgreich Liebesspielzeug in naturnaher Gemüseform vertrieben. Ich verkniff mir die spontane Bemerkung „Nach dem Motto ‚Bonduelle ist das famose Zartgemüse für die Dose‘, ha ha ha“, Mann weiß ja nie, wie derart feinsinniger Witz bei Frauen ankommt, wie schnell hat man wegen sowas einen #Aufschrei am Hals oder gar eine Paragraphenkette am Arsch.
Schließlich berichtete eine weitere Kollegin vom zweifelhaften Humor eines Mannes, der im Supermarkt einer Dame, die eine Gemüsegurke in ihren Korb gepackt hatte, zugerufen haben soll: „Nehmen sie doch zwei, dann haben Sie eine zum Essen!“ Mein jähes Auflachen wurde durch die empörten Blicke der anwesenden Damen empfindlich gedämpft.
Nachts darauf hatte ich einen Traum. Einen komischen Traum, wobei Träume ja, bei Hellem betrachtet, meistens ziemlich komisch sind, jedenfalls in der Rückschau, sofern man sie nicht ohnehin vergessen hat. In diesem komischen Traum also ging ich mit einer Tasche durch die Gegend, in welcher sich neben anderen Habseligkeiten ein künstlicher Gummipenis befand. Die Gründe, welche mich dazu bewegten, einen Gummipenis mit mir zu führen, sind nicht mehr nachvollziehbar, auch erscheint es mir wenig angebracht, danach zu forschen.
Und also geriet ich an einen Menschen, der Kraft seines Amtes dazu befugt war, Taschenkontrollen durchzuführen, und also kontrollierte er. „Was haben wir denn hier“, rief er laut, auf dass alle Umstehenden es hörten, wedelte mit dem Tascheninhalt durch die Luft und grinste mich an. „Das ist ein künstlicher Gummipenis“, antwortete ich selbstbewusst, „mit dem kann man…“ Weiter weiß ich nicht, vermutlich wachte ich an dieser Stelle auf.
Wäre diese Begebenheit Realität gewesen statt ein Produkt nächtlichen Hirnfegens, würde es sehr lange dauern, bis ich darüber lachen könnte. Und mindestens nochmal so lange, bis ich darüber schriebe.
LOL
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Ich bitte Sie, das ist doch nicht zum Lachen!
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„Mystery Lunch“, das fände ich spannend. Wir haben keine Kantine.
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