Woche 25/2025: Möglichst im Schatten

Montag: Schon länger bemängele ich eine allgemein nachlassende Sorgfalt beim Verfassen von Schriftlichkeiten, hier und da merkte ich es bereits an. Heute in einer offiziellen Mitteilung an den Vertrieb: „Wir bitten für euer Verständnis.“ Fürbitte im harten Geschäftsleben ist mir bislang selten begegnet.

Ansonsten war der Start in die neue Arbeitswoche, schon wieder eine viertägige dank Feiertag, erträglich. Nur die Zahl der Besprechungen war etwas zu hoch, davon die erste bereits morgens um halb neun, somit deutlich vor meiner täglichen Buchstabenlieferung. Wenigstens blieben die meisten Kameras aus und ich hatte nur geringen Redeanteil. Währenddessen betrachtete ich in der Ferne die lange Warteschlange vor dem Konferenzzentrum, wo man sich dieser Tage wieder zu einer internationalen Klimakonferenz trifft. Und wieder frage ich mich, ob das dafür ausgestoßene CO2 in einem angemessenen Verhältnis zum zu erwartenden Ergebnis steht.

In einer anderen Besprechung nachmittags schweifte ich gerade gedanklich etwas ab, als ich plötzlich um meine Meinung gefragt wurde. Meine Antwort, nachdem ich das Mikrofon endlich eingeschaltet hatte, lautete sinngemäß „Ja, das kann man so machen.“ Hat hoffentlich keiner gemerkt.

Dienstag: Wenn ich wie heute zu Fuß ins Werk gehe, komme ich in der Innenstadt an einem äußerst hässlichen Haus vorbei. Gebaut wurde es mutmaßlich in den Siebzigerjahren, als ohnehin nicht sonderlich auf Ästhetik geachtet wurde oder man anders darauf schaute, jedenfalls ist mir aus dieser Epoche kein auch nur halbwegs ansehnliches Gebäude bekannt. Dieses Haus mit seiner zweifelhaften Ornamentik aus bräunlicher Metallverkleidung sticht besonders hervor. Im Erdgeschoss ist ein Friseursalon, die Etagen darüber werden von einer Leiharbeitsfirma genutzt. Ob es darüberhinaus weitere Nutzer, gar Bewohner gibt, weiß ich nicht, ist auch nicht wichtig. Weshalb ich es erwähne: An der Fassade ist eine Uhr angebracht. Diese steht schon seit Jahren, seit ich das Gebäude erstmals zur Kenntnis genommen habe, konstant auf halb eins. Als ob sie uns sagen wollte: Es ist nicht fünf vor zwölf, auch nicht fünf nach, sondern schon halb eins, und das seit Jahren. Also seht euch vor, noch fünf Minuten, und es ist um euch geschehen.

Es würde nicht verwundern, wenn es unter Denkmalschutz steht

Am Rheinufer sah ich zahlreiche Konferenzteilnehmer auf umweltfreundlichen Elektrorollern zum Konferenzzentrum rollern, in der Hoffnung, den nächsten Zeigersprung der Uhr aufzuhalten oder wenigstens verzögern zu können. Außerdem zwei mittelalte Läufer, die sich wegen der Wärme bereits am Morgen ihrer T-Shirts entledigt hatten. Auch kein sonderlich ästhetischer Anblick, aber sowas soll man ja nicht mehr sagen oder schreiben wegen Badischäiming.

Auch nicht gerade eine Schönheit

In der Kantine gab es Fairmasthuhn, demnach fair gemästet, welch Widerspruch in sich; dem Huhn gegenüber erscheint es nicht sonderlich fair. Den ersten Gedanken, ob es nicht Viermasthuhn heißen müsste, verwarf ich wieder. (Obwohl die Rechtschreibprüfung keine roten Strichelchen darunter macht.)

Wesentlich zufriedener als Fair- oder Viermasthühner wirkte diese Gänsegroßfamilie, die mir auf dem Rückweg begegnete.

Gans schön viele. Verzeihung.

Mittwoch: Außer dem von mir sehr geschätzten Erbseneintopf zum Mittag verlief der Büroaufenthalt ohne besondere Bemerknisse. Der Tag endete mit einer Geburtstagsfeier in einem Garten südlich von Bad Godesberg. Viel mehr ist danach nicht erinnerlich.

Den Herkulesstauden an den Gleisen wurde noch immer nicht der Garaus gemacht

Donnerstag: An Fronleichnam feiern die Katholiken, wenn ich es richtig verstehe, jedes Jahr muss ich es erneut nachlesen, die bleibende Gegenwart von Jesus Christus. Erfreulich, dass wir auch zweitausend Jahre später deswegen heute nicht ins Büro müssen, auch Unkathohlen nicht. Sofern man im richtigen Bundesland wohnt; in den anderen scheint Jesus nicht so gegenwärtig zu sein.

Den freien Tag nutzte ich nach spätem Frühstück mit den Lieben auf dem Balkon unter anderem für einen längeren Spaziergang durch Schwarzrheindorf und Beuel. Es war sehr warm, nur wenige Menschen zog es aus den Häusern, auf dem sonst stark befahrenen Rheindeich nur wenige Radfahrer. Vielleicht sind die auch alle weggefahren über das lange Wochenende und drängen sich jetzt an irgendwelchen Stränden. Da bleibe ich lieber zu Hause.

Dieser als Reihenhaus getarnte Trafoturm in Beuel war mir bislang entgangen.

Dort läuft die Klimaanlage auf Hochtouren, der Geliebte lässt darüber nicht mit sich reden. Dadurch ist es in der Wohnung kühl, für mein diesbezüglich etwas eigenartiges Empfinden, weswegen ich mir schon die Bezeichnung „fimschiges Weibchen“ gefallen lassen musste, zu kühl. Das treibt mich immer wieder zum Aufwärmen raus auf den Balkon, ehe es mir dort zu warm wird und ich wieder rein gehe, bis es zu kalt wird und ich wieder raus … siehe oben. Man macht was mit.

Auch Frau K. ist übers lange Wochenende weggefahren. In ihrem immer lesenswerten Landlebenblog schreibt sie wieder wunderbare Sätze wie diesen:

… Motorradfahrer brüllen sich über den ohrenbetäubenden Krach ihrer blubbernden Motorräder gegenseitig Unverständliches zu, bevor sie jaulend und heulend starten. Ich wundere mich, mit welcher Begeisterung und welchem Durchhaltevermögen Menschen laut sind – in einer ohnehin ja schon durchaus lauten Zeit. 

Freitag: Im Büro herrschte dank Brückentag der anderen die erwartete Ruhe mit nur wenigen Besprechungen und geringem Aufkommen an Anliegen in Wort und Schrift. Das motivierte mich zu einem zeitigen Verlassen der Arbeitsstätte mit Zwischenhalt zur inneren Kühlung auf dem Heimweg, da man bekanntlich nicht warten soll, bis der Durst sich meldet. Von der wesentlich jüngeren Ausschankkraft wurde ich geduzt, ich werte es positiv und fühle mich geschmeichelt.

Feierabend

Bei Gunkl las ich das wunderbare Wort „Bedeutungsüberschuß“ und nehme mir vor, es demnächst in werklichen Angelegenheiten mal anzuwenden.

Samstag: Heute ist kalendarischer Sommeranfang, nachdem das Wetter sich schon länger sommerlich geriert. Wie üblich verband ich die erforderliche Altglasentsorgung mit einem Spaziergang, stets möglichst im Schatten, durch die Nordstadt, an den Rhein und durch die Innenstadt. In letzterer ist an diesem Wochenende Straßenfest, dazu ist die Friedrichstraße auf voller Länge mit einem roten Teppich ausgelegt und für den Radverkehr gesperrt. Zusätzlich zur dort ohnehin zahlreich ansässigen Gastronomie werden alle paar Meter Speisen und Getränke zum örtlichen Verzehr angeboten, trotz Hitze waren die Plätze gut belegt. An einer Stelle mit Livemusik ging ich etwas schneller, da ich Livemusik außerhalb von Konzerten und Karnevalsveranstaltungen zumeist als lästig empfinde. Immerhin gelang es mir, den gastronomischen Verlockungen zu widerstehen und mich zurück in die klimatisierte Wohnung zu begeben, die mir heute, im Gegensatz zu Donnerstag, nicht zu kalt vorkommt.

Nordstadt, sommerlich

Zeit für eine weitere Frage. Da heute der 21. ist, nehme ich die doch gleich. Frage 21 lautet: „Ist es wichtig für dich, was andere von dir denken?“ Ja, grundsätzlich schon, jedenfalls bei Menschen, die mich kennen und die mir was bedeuten. Das halte ich auch für gut und richtig, denn Leute, denen das völlig egal ist, sind in der Regel die größten Arschlöcher, verzeihen Sie meine derbe Ausdrucksweise. Eine Folge daraus ist ein gesteigertes Harmoniebedürfnis und eine gewisse Konfliktscheu, was nicht immer gut ist, aber ich kann es nicht ändern.

„Bonn gewinnt“, mit dieser an ein in den Achtzigern beliebtes Spiel erinnernden Sentenz, bei dem es darum ging, als erster vier farbige Plastikplättchen in eine Reihe zu bringen, wirbt die amtierende Oberbürgermeisterin auf Plakaten um Wiederwahl bei den Kommunalwahlen im September. Offen bleibt dabei, was genau zu gewinnen ist und gegen wen. Vielleicht Bielefeld? Rätselhaft auch ein anderes Wahlplakat derselben Partei:

Macht für das Morgen? Was bedeutet das? Macht im Sinne von mächtig, oder macht mal?

Gelesen bei Herrn Buddenbohm und zustimmend vehement genickt:

Als älterer Mensch jedenfalls, wenn man aus der Perspektive eines Menschen auf Szenen und Geschehen oder überhaupt auf irgendwas sieht, der nicht mehr primär an Action und Erlebnis interessiert ist, sondern vielleicht allmählich etwas mehr an Ruhe und Kontemplation, ohne damit allzu ambitioniert klingen zu wollen, aus dieser Perspektive, so glaube ich, wirkt die damalige Zeit naheliegenderweise anziehend. […] Wahrscheinlich geht es nicht nur mir so. Wie bekanntlich alle Fragen, die mit „Bin ich eigentlich der oder die Einzige …“ beginnen, kategorisch verneint werden können.

Nein, Sie sind nicht der Einzige.

Sonntag: Auch heute war es sehr warm, wärmer noch als gestern, was selbstverständlich kein hinreichender Grund ist, auf den allsonntäglichen Spaziergang zu verzichten.

Ob DAS die Wähler überzeugt?
Wenig los an der Poppelsdorfer Allee, nicht nur dort

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die Woche und den Sommer.

Redaktionsschluss: 18:30

Woche 23/2023: Voila – Ginster, Gegend und Gewölk

Montag: Aus Gründen, die mit vergorenen Weinbeeren am Vorabend im Zusammenhang stehen, kamen wir morgens erst relativ spät aus den Betten und an den Frühstückstisch, aber man hat ja Urlaub. Vormittags lungerten wir lesend in Liegestühlen vor dem Haus, danach unternahmen wir eine erste Ausfahrt in die nähere, ginsterbeblühte Umgebung, einschließlich Besuch zweier Groß-Supermärkte in Vaison-la-Romaine. Der Liebste liebt solche Läden, kann sich dort stundenlang aufhalten und das Warenangebot studieren. Ich dagegen finde es nach spätestens einer halben Stunde ermüdend, daher ist mein Bedarf an Großsupermarktbesuchen bis auf Weiteres gedeckt.

Liegestuhlperspektive

Am frühen Abend baute sich im Süden eine beeindruckende Gewitterfront auf. Laut WetterOnline sollte in den nächsten Stunden nichts passieren, das hatten sie gestern Nachmittag auch behauptet, plötzlich waren wir mittendrin. Daher verzichteten wir heute auf das Nachmittagsgetränk im Ort, das mit einem etwa viertelstündigen Fußweg hin und wieder zurück verbunden wäre, und blieben zu Hause. Heute mal kein Bier, das ist nicht schlimm, wir haben adäquaten Ersatz in ausreichenden Mengen im Haus, siehe oben. Für nach dem Urlaub formuliere ich dann mal einen Vorsatz, in dem das Wort „alkoholfrei“ vorkommt.

Aber auch wirklich erst nach dem Urlaub

Gelesen bei Herrn Kiezschreiber und zustimmend genickt: »Warum überhaupt alt werden? Ich habe mal ein Interview mit einer Hundertjährigen gesehen, die zum Reporter gesagt hat, sie wünschte, es wäre endlich alles vorbei. Ich bin 56 und denke manchmal: Eigentlich ist ja auch mal gut. Was soll im Alter noch kommen?«

Dienstag: Dank vorabendlicher Trinkdisziplin saßen wir zu angemessener Zeit und mit Appetit am Frühstückstisch. Danach fuhren wir in westliche Richtung bis nach Piolenc, bekannt als Anbaugebiet von Knoblauch, wovon wir, da wir schonmal dort waren, einen größeren Posten erstanden.

Bitte denken Sie sich den angenehmen Duft selbst dazu

Dabei fuhren wir auch an mehreren Lavendelfeldern entlang, die bereits violett zu schimmern beginnen, indes bis zur vollen Postkartenblüte noch einige Wochen benötigen. (Ich bin mir sicher, dieses Bemerknis so oder ähnlich bereits früher beschrieben zu haben, bitte sehen Sie es mir nach. Das lässt sich nicht ganz vermeiden, wenn man so häufig in der Gegend ist.)

Séguret, nicht zu verwechseln mit Sablet gleich nebenan

Beim Nachmittagsgetränk nach Rückkehr in Malaucène beobachtete ich den auffällig blauen Wagen einer Auto Ecole beim Einparken in eine enge Lücke. Das wirkte auf den ersten Blick etwas ungelenk, doch bin ich sicher, mit meinen – lassen Sie mich rechnen: achtunddreißig Jahren Führerscheinbesitz hätte ich es keinesfalls eleganter hinbekommen als der junge Fahrschüler.

Auf Vorschlag und Wunsch des Liebsten haben wir uns Fahrräder geliehen, die wir am frühen Abend abholten. Zum ersten Mal fahre ich nun Elektrorad, was angesichts der örtlichen Topografie, wo ebene Straßen die Ausnahme sind, durchaus angenehm ist. Wesentlich älter fühlt es sich auch nicht an.

An der Zufahrt zum Haus sitzt dieser Bursche. Im Gegensatz zu ähnlichen Gesellen auf Plätzen und in Fußgängerzonen verharrt er in völliger Regungslosigkeit, auch wenn man ihn mit Münzen bewirft. Respekt.

In Bonn hat eine Klimakonferenz begonnen. Als wir hier abends auf der Terrasse der Pizzeria saßen, unterhielten sich nebenan drei junge Franzosen etwa eine halbe Stunde lang, derweil der Automotor des einen die ganze Zeit lief; zeitweise gesellte sich ein zweites Auto mit laufendem Motor dazu. Das ist ein Grund, weshalb ich den Sinn von Klimakonferenzen zunehmend anzweifle.

Mittwoch: In den frühen Morgenstunden saß eine Nachtigall (oder ein anderer früher Vogel, ich kenne mich da nicht so aus) vor dem Fenster und gab ihre neuesten Hits zum besten. Das war sicher lieb gemeint, doch des Guten zu viel, daher schloss der Liebste das Fenster. Nachdem der Krachtigall kein Erfolg zuteil wurde in Form von Liebesglück oder wenigstens Applaus, zog sie weiter, das Fenster wurde wieder geöffnet. Ich war nun wach, konnte zunächst nicht wieder einschlafen und formulierte stattdessen diese Notiz in der Hoffnung, sie bis zur Niederschrift am Morgen nicht zu vergessen. Voila.

Morgens beim Decken des Frühstückstisches spielte Radio Nostalgi „Last Christmas“ von Wham!. Warum auch nicht, es ist nie zu früh, an Weihnachten zu denken.

Wie verabredet trafen mittags die Schwiegerschwester und Gatte bei uns ein, die mit dem Wohnmobil Südfrankreich bereisen. Nach dem Begrüßungskaffee unternahmen wir gemeinsam eine Radtour nach Vaison-la-Romaine, meine erste längere Tour mit elektrischer Unterstützung, ich bin angemessen begeistert. Auf dem Rückweg näherten wir uns einem heftigen Regenschauer um Malaucène, der sich bei Ankunft freundlicherweise soeben ausgeregnet hatte, nur die begossenen Straßenbäume betropften uns noch etwas; somit alles richtig gemacht.

Donnerstag: Nach dem Frühstück unternahmen wir mit den Schwiegers eine Autotour um und über den Mont Ventoux, mit Zwischenhalten in Montbrun-les-Bains (frei übersetzt etwa: Bad Braunberg), Sault und bei einem Lavendel verarbeitenden und die daraus entstehenden Produkte verkaufenden Betrieb, wo wir in deutscher Sprache eine kleine Führung mit Erläuterung der Lavendelölherstellung durch Destillation erhielten.

Montbrun-les-Baines

Der Gipfel des Mont Ventoux hüllte sich heute, im Gegensatz zu den Vortagen, nicht vollständig in Wolken. Ab und an zog eine vorüber, was recht beeindruckend aussah. Auch sonst blieb es heute regenfrei. Bei Rückkehr zum Haus stand auf dem Tisch davor eine Papiertüte voll frisch gepflückter Kirschen, mutmaßlich vom Vermieter. Das ist ja mal nett.

Blick vom Gipfel des Mont Ventoux

Am frühen Abend tönte vom Ort Partymusik zu unserem oberhalb gelegenen Haus, vermutlich im Zusammenhang mit einer niederländischen Radfahrer-Veranstaltung zugunsten der Bekämpfung von ALS, wenn ich das richtig verstanden habe. Ist das nicht diese Erkrankung, wegen der sich die Leute vor einigen Jahren eimerweise Eiswasser über den Kopf kippten? (Also nicht wegen der Symptome, sondern um auf das Thema aufmerksam zu machen.) Wie auch immer – unter anderem spielten sie „Viva Colonia“ von den Höhnern. Dafür fährt man nun nach Südfrankreich.

Gartenblick

Freitag: Nach dem Frühstück fuhren die Schwiegers weiter Richtung München, wo der Schwager morgen ein Rammstein-Konzert besuchen wird, was rein gar keine Rückschlüsse auf seinen Charakter zulässt. Im Gegenteil, die zwei sind sehr angenehme Ostwestfalen mit allen positiven Eigenschaften, die den Ostwestfalen ausmachen und die ich gerne um mich habe. Und doch verspürte ich bei ihrer Abreise ein ganz klein wenig das, was Herr Fischer kürzlich sehr treffend als „Sozialkater“ bezeichnet hat. Was auch immer das über meinen Charakter aussagt.

Nach ihrer Abfahrt machten wir eine kurze Radtour in die Gegend östlich von Malaucène. Sie endete im Ort bei der Bar unseres Vertrauens, wo wir wegen unklarer Wetteraussichten das Nachmittagsgetränk vorzogen, selbstverständlich im vernünftigen Rahmen, so dass eine unfallfreie Heimfahrt per Fahrrad sichergestellt blieb. Am Nebentisch saß ein Paar mit Kinderwagen, statt des Nachwuchses schaute ein kleinerer Hund heraus. Vielleicht war er ja gehbehindert.

Gegend bei Les Alazards
Ginster in Gegend mit Gewölk
Für die Trafoturm-Sammlung

Samstag: Da wir noch immer die Fahrräder gemietet haben, was nebenbei bemerkt ganz schön teuer ist, müssen wir sie auch nutzen. Das taten wir heute mit einer Radtour über Le Barroux nach Suzette, mit ganz viel Berg- und Talfahrt. Ich muss nochmals meine Begeisterung für elektrisch unterstütztes Radfahren zum Ausdruck bringen: Wenn es anstrengend wird, drückt man auf ein Plus-Knöpfchen, und schon ist es gerade so, als würde man von einer unsichtbaren Hand oder einer kräftigen Rückenwindböe angeschoben. Bergab wird es mir allerdings auch ohne Schubunterstützung ab dreißig Stundenkilometern unheimlich, deshalb wurden die Hände mit Bremsen ungefähr genauso stark beansprucht wie die Beine mit Trampeln. Gleichwohl werde ich mir zu Hause auf absehbare Zeit kein Elektrorad zulegen, für den Alltagsgebrauch innerhalb Bonns genügt das rein muskelbetriebene voll und ganz.

Zwischen Le Barroux und Suzette
Suzette in Sichtweite. Ungefähr hier drückte ich das Plus-Knöpfchen.
Landschaft mit Drogenanbau vor Suzette
Lavendel, vielleicht auch Lavandin
Nachtglas

Sonntag: Während wir frühstückten, kamen nacheinander vier Fallschirmspringer angeschwebt und landeten auf der Wiese nebenan, nachdem sie wohl vom Mont Ventoux abgesprungen waren. Das ist bestimmt toll, so eine lange Strecke über Hügel, Wälder, Wiesen und Dörfer zu gleiten, jedoch nichts, was für mich als Freizeitbeschäftigung in Frage käme. Immerhin besser, als ohne jede Sicherung in hunderte Meter hohen, senkrechten Felswänden herumzuklettern oder mit einem Fahrrad unbefestigte Berghänge herunterzubrettern. Oder mit Motorenlärm andere Leute zu belästigen.

Da heute keine besonderen Aktivitäten anstanden, zog ich es vor, mich zum Lesen und Schreiben in den Garten zu setzen. Ein schönerer Schreib- und Leseplatz ist kaum denkbar: Man kann nicht nur die Gedanken schweifen lassen, sondern auch den Blick, über den Ort hinweg auf die gegenüber liegenden Hügel, und immer wieder in die Wolken. Ich liebe diese Tage, an denen die wesentliche Tätigkeit darin besteht, den Liegestuhl immer wieder umpositionieren, damit er im Schatten steht.

Monstermücke
Ein Glücksort

Tagsüber war es sehr heiß. Deshalb machten wir erstmals von der piscine Gebrauch, die zum Haus gehört. Seit Ewigkeiten war ich nicht mehr in einem Schwimmbecken, und heute voraussichtlich nicht zum letzten Mal.

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Kommen Sie gut durch die hoffentlich nicht zu heiße Woche.