Heute machte ich zeitig Feierabend und ging, einem spontanen Entschluss folgend, zu Fuß nach Hause. Das war eine gute Entscheidung.
Monat: Oktober 2014
Geißel der Menschheit

Ich bin wohl der letzte, der sich öffentlich zum Weltgeschehen äußern sollte. Weder habe ich die Bankenkrise verstanden, noch könnte ich erklären, wer aus welchem Grund gerade in Syrien, Irak, Libyen, Ägypten, Afghanistan, Israel oder der Ukraine gegen wen kämpft, und warum Deutschland dazu den einen Waffen liefert und den anderen nicht; ich durchblicke ja nicht einmal das Sitzplatznummerierungssystem der Bahn.
Dennoch, auch auf die Gefahr hin, dass man mich ob meiner vereinfachten, undifferenzierten Sichtweise einen naiven Idioten schilt, behaupte ich, ja bin ich aus tiefstem Herzen überzeugt: Die größte Geißel der Menschheit sind nicht Krankheiten, nicht Naturkatastrophen und auch nicht mobile Datengeräte. Des Menschen größte Geißel sind und waren Religionen, egal wen sie preisen und wie sie sich nennen. Und dazu muss ich gar nicht so weit wie in die vorgenannten Länder schauen.
Sommertag
Heute war möglicherweise der letzte spätsommerliche Tag in diesem Jahr, wer weiß das schon so genau. Das heißt: zum letzten Mal Temperaturen über 20 Grad, zum letzten Mal Biergarten, Menschen in kurzen Hosen und Ende der Grillsaison (während ich diese Zeilen schreibe, hüllt eine dunkle Qualmwolke von unserem Balkon aus die Innere Nordstadt ein, Verzeihung liebe Nachbarn, kommt so bald nicht wieder vor!)
Ob des schönen Wetters waren wir draußen, wo es wieder manches zu sehen und knipsen gab:
Panico

Lieber Beueler Gastwirt,
letzten Mittwoch ließen Sie meiner lieben Kollegin S. in ungelenken Worten eine Nachricht zukommen, in der Sie sie darum baten, nicht länger ihr Lieblingsitaliener sein zu müssen:
Liebe S.
habe eine schlechte Nachricht ich weiß das du demnächst oder schon da bist in Afrika seit da wir grosse angst haben von ebola möchten wir jeglichen Kontakt zu Personen vermeiden die nach Afrika fliegen es ist wirklich kein Spaß wir bitten aus angst unser Restaurant zu vermeiden und unsere grosse sorge zu akzeptieren wir haben alle diese Entscheidung nicht einfach treffen möchten aber da wir wirklich grosse sorge haben was dieses Thema angeht möchte n wir das ihr bitte Rücksicht nimmt es ist vielleicht für euch nichts besorgniserregend aber für uns ja ich Bitte deshalb unsere Entscheidung zu akzeptierten da wir angst vor ebola haben und unser Restaurant vermeidet wir möchten euch alles gute wünschen und bitte nicht persönlich nehmen das wir den persönlichen Kontakt vermeiden
mit freundlichen grüßen
Hm – solche Formulierungen kennen wir vor allem aus Spammails, die uns beispielsweise nach Zahlung einer Gebühr von nur wenigen tausend Euro die Überweisung eines Millionenbetrages in Aussicht stellen oder uns über die Vorzüge einer Penisvergrößerung zu überzeugen suchen. Indes, die Rückfrage von S. , die tatsächlich eine Woche zuvor aus Tansania zurückgekehrt war, wo sie zusammen mit ihrem Mann den Kilimandscharo bestiegen hatte, ergab: Das war kein Spam, das haben tatsächlich Sie geschrieben. Respekt.
Bitte lassen Sie mich der erste sein, der Ihnen zu dieser weitsichtigen Entscheidung gratuliert. Gerade in der Gastronomie ist neben der eigenen auch die Gesundheit der Gäste ein hohes Gut, unsere Behörden lassen da bekanntlich und zum Glück nicht mit sich spaßen. Da gilt es, Opfer zu bringen, notfalls auch den Verlust eines Stammgastes, der dafür sicher Verständnis hat und kein Aufhebens daraus macht, indem er zum Beispiel seinen Freunden und Bekannten von Ihrer freundlichen Bitte erzählt, zumal diese, wenn sie klug sind, ebenfalls von ihm Abstand nehmen.
Aber reicht es wirklich aus, nur Afrikabesucher Ihrer Gaststube zu verweisen? Erste Ebolafälle sind bekanntlich auch in den USA und Spanien aufgetreten, hier erscheint mir Konsequenz angezeigt. Auch ist Ebola nicht die einzige Gefahr, die droht. Daher hier einige Ratschläge, welchen weiteren Personen Sie Ihre Gastfreundschaft umgehend kündigen sollten (sie werden es bestimmt nicht persönlich nehmen):
Schwule, Bekannte von Schwulen und Leser von Ralf-König-Comics. Aids ist längst noch nicht besiegt.
Schweinefleischesser, Sparschweinbesitzer und Menschen mit schweinischen Gedanken. Die nächste Schweinegrippewelle kommt bestimmt, H1N1 ist zu unrecht etwas in Vergessenheit geraten.
Italiener. Man weiß noch nicht genau, was es ist, aber es muss hochansteckend sein. Anders ist nicht zu erklären, warum sie mehrfach Silvio Berlusconi zu ihrem Häuptling wählten und komische Nachrichten an ihre Gäste schreiben.
Am besten überhaupt alle Menschen – irgendwas hat ja jeder, und wenn es ein erheblicher Dachschaden ist. Vielleicht wäre es überhaupt das beste, Sie machen Ihren Laden zu, setzen sich auf den Arsch an den Po und verdingen sich künftig als Spampoet.
Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung
Ihr Stancer
(Name und Anschrift des Lokals sind der Redaktion bekannt)
Abgeschrieben: Über was bloggen wir?
Vor einer Woche war ich auf dem Treffen der Bonner Ironblogger, um das Geld anderer Leute zu versaufen, ich berichtete schon. Dort war des öfteren die Frage zu hören: „Und über was bloggst du so?“ Gute Frage, die ich für mich nicht beantworten kann. Weder Mode, Technik- und Internetzeugs, Musik, Sport, Politik, Weltgeschehen, Fotografie, noch Essen und Trinken, meine Familie oder was man sonst noch alles thematisieren kann ist mein Schwerpunkt. Ja, über all das schreibe ich auch, wenn mir gerade was dazu einfällt. Alltägliches und ausgedachtes halt. Eine sehr originelle Antwort fand Stefan: „Ich blogge nicht.“ Tut er zum Glück aber doch, nämlich genau zur oben gestellten Frage. Mit seiner freundlichen Erlaubnis gebe ich den Text hier wieder:
***
»Und, über was bloggst du so?«
Die Frage, über was ich blogge, wird mir bei exakt einem sozialen Ereignis gestellt: Wenn die Ironblogger sich treffen. Auch vergangene Woche wieder, mehrfach am Abend. Das Gespräch läuft ungefähr so:
»Und, über was bloggst du so?«
»Ich blogge gar nicht.«
»Hahaha, du bist also zufällig hier und isst einfach auf unsere Kosten mit? Sehr gut!«
Einige Zeit später, meistens dann, wenn das unangenehme Schweigen einsetzt, wird der zweite Versuch gestartet, um das Gespräch aufrechtzuerhalten. Denn meine erste Antwort war ja ganz offensichtlich nur ein Scherz! Bloggt nicht, ist aber auf einem Ironblogger-Treffen. Hahaha, Spaßvogel!
»Jetzt mal ehrlich, über was bloggst du denn jetzt?«
»Ich blogge nicht!«
»???«
Und das macht das unangenehme Schweigen oft noch unangenehmer ? wobei ich das gar nicht schlimm finde, denn wenn man sich beim Blind Date auf einem Ironblogger-Treffen das erste Mal unterhält, hat man vielleicht nicht direkt diesen Zugang zueinander. Da entstehen Gesprächslücken. Gar nicht schlimm.
Dennoch zur Erläuterung: Ich habe wirklich nicht das Gefühl, dass ich blogge. (Ich höre den Chor im Hintergrund: »Wir auch nicht!«) Schon gar nicht über etwas. Und noch weniger so, dass ich benennen könnte, über was genau ich blogge. Stattdessen diszipliniert mich das Ironblogger-Ding einfach dazu, regelmäßig einen Text zu verfassen. Thema offen, Länge offen, Stil offen, Tiefe offen, Zeitpunkt offen, Ergebnis offen. Dieses Blogdings hier, und deshalb heißt es auch so, ist einfach nur der Ort, an dem ich diese Schreibtherapie verfolge; insbesondere, weil ich meine Schreibe bekanntermaßen nicht mag und der Hoffnung bin, dass sich durch die Regelmäßigkeit daran etwas ändert, möglichst zum Besseren. Deshalb: Ich blogge nicht. Ich therapiere hier. Mich.
Davon abgesehen finde ich die Frage als Gesprächseinstieg, zumal auf einem Ironblogger-Treffen, schon so ein bisschen bescheuert. Klar, wir haben alle diese eine Gemeinsamkeit, deshalb sind wir ja vor Ort. Aber man kann doch über das Essen reden oder was man am Tag so erlebt hat oder was jemand sonst so beruflich oder privat macht. Mit diesen Zusatzinformationen geht man anschließend nach Hause und liest im besten Fall das Blogdings der (neuen) Gesprächspartner mit ganz anderen Augen und mit einer neuen inneren Stimme. Darum geht es doch: Den Menschen ein bisschen besser kennenzulernen, dessen Texte man ? ab dann ? regelmäßig liest. Oder auch nicht. Aber wenn das Menschliche passt, ist es auch egal, über was die- oder derjenige bloggt. Und fragen muss ich danach schon gar nicht, ich kann es einfach lesen.
Quelle: http://hinterlektuelles.wordpress.com/2014/10/06/und-uber-was-bloggst-du-so/
Dem ist meinerseits nicht viel hinzuzufügen. Doch, vielleicht eins noch: Sollte ich erklären, was mich zum Bloggen antreibt, so könnte ich es nicht genau sagen. Klar, die pure Freude am Schreiben, vielleicht auch, wie bei Stefan, gewisse therapeutische Motive. Ich kann nur mit großer Sicherheit sagen, was es nicht ist: das Verlangen nach Klicks und „Likes“, zumal Blog.de sowas gar nicht anbietet; verhallt ein von mir für gelungen gehaltener Text (das kommt vor) ohne jegliche Reaktion im virtuellen Raum, so beugt mich nicht der Gram, mein Kopfkissen bleibt in der Nacht vor Tränen verschont. Na gut, über einen Kommentar freue ich mich schon. Oder wenn jemand, wie auf dem Ironbloggertreffen geschehen, zu mir sagt: „Ich lese dein Blog wirklich gerne.“ Das geht dann runter wie Oktoberfestbier.











