Panico

panik

Lieber Beueler Gastwirt,

letzten Mittwoch ließen Sie meiner lieben Kollegin S. in ungelenken Worten eine Nachricht zukommen, in der Sie sie darum baten, nicht länger ihr Lieblingsitaliener sein zu müssen:

„Liebe S.
habe eine schlechte Nachricht ich weiß das du demnächst oder schon da bist in Afrika seit da wir grosse angst haben von ebola möchten wir jeglichen Kontakt zu Personen vermeiden die nach Afrika fliegen es ist wirklich kein Spaß wir bitten aus angst unser Restaurant zu vermeiden und unsere grosse sorge zu akzeptieren wir haben alle diese Entscheidung nicht einfach treffen möchten aber da wir wirklich grosse sorge haben was dieses Thema angeht möchte n wir das ihr bitte Rücksicht nimmt es ist vielleicht für euch nichts besorgniserregend aber für uns ja ich Bitte deshalb unsere Entscheidung zu akzeptierten da wir angst vor ebola haben und unser Restaurant vermeidet wir möchten euch alles gute wünschen und bitte nicht persönlich nehmen das wir den persönlichen Kontakt vermeiden
mit freundlichen grüßen … “

Hm – solche Formulierungen kennen wir vor allem aus Spammails, die uns beispielsweise nach Zahlung einer Gebühr von nur wenigen tausend Euro die Überweisung eines Millionenbetrages in Aussicht stellen oder uns über die Vorzüge einer Penisvergrößerung zu überzeugen suchen. Indes, die Rückfrage von S. , die tatsächlich eine Woche zuvor aus Tansania zurückgekehrt war, wo sie zusammen mit ihrem Mann den Kilimandscharo bestiegen hatte, ergab: Das war kein Spam, das haben tatsächlich Sie geschrieben. Respekt.

Bitte lassen Sie mich der erste sein, der Ihnen zu dieser weitsichtigen Entscheidung gratuliert. Gerade in der Gastronomie ist neben der eigenen auch die Gesundheit der Gäste ein hohes Gut, unsere Behörden lassen da bekanntlich und zum Glück nicht mit sich spaßen. Da gilt es, Opfer zu bringen, notfalls auch den Verlust eines Stammgastes, der dafür sicher Verständnis hat und kein Aufhebens daraus macht, indem er zum Beispiel seinen Freunden und Bekannten von Ihrer freundlichen Bitte erzählt, zumal diese, wenn sie klug sind, ebenfalls von ihm Abstand nehmen.

Aber reicht es wirklich aus, nur Afrikabesucher Ihrer Gaststube zu verweisen? Erste Ebolafälle sind bekanntlich auch in den USA und Spanien aufgetreten, hier erscheint mir Konsequenz angezeigt. Auch ist Ebola nicht die einzige Gefahr, die droht. Daher hier einige Ratschläge, welchen weiteren Personen Sie Ihre Gastfreundschaft umgehend kündigen sollten (sie werden es bestimmt nicht persönlich nehmen):

Schwule, Bekannte von Schwulen und Leser von Ralf-König-Comics. Aids ist längst noch nicht besiegt.

Schweinefleischesser, Sparschweinbesitzer und Menschen mit schweinischen Gedanken. Die nächste Schweinegrippewelle kommt bestimmt, H1N1 ist zu unrecht etwas in Vergessenheit geraten.

Italiener. Man weiß noch nicht genau, was es ist, aber es muss hochansteckend sein. Anders ist nicht zu erklären, warum sie mehrfach Silvio Berlusconi zu ihrem Häuptling wählten und komische Nachrichten an ihre Gäste schreiben.

Am besten überhaupt alle Menschen – irgendwas hat ja jeder, und wenn es ein erheblicher Dachschaden ist. Vielleicht wäre es überhaupt das beste, Sie machen Ihren Laden zu, setzen sich auf den Arsch an den Po und verdingen sich künftig als Spampoet.

Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung
Ihr Stancer

(Name und Anschrift des Lokals sind der Redaktion bekannt)

4 Gedanken zu “Panico

  1. ThomasS Oktober 14, 2014 / 04:29

    Naja … ich würd zu diesem Nobel-Italiener schon noch hingehen. Ansonsten haben wir am Ende doch eh bloß wieder eine „gescheiterte Existenz“ die man „durchfüttern“ muss! Oder?

    Was ich allerdings vermeiden würde, wäre, mich mit dem Betreiber jener Gastwirtschaft allzu vertraulich zu stellen. Rein, bestellen, essen, trinken zahlen, raus … das sollte in jener Kneipe das höchste der Gefühle sein! Nix mehr mit „Gut Freund mit dem Gastwirt“!

    Wie sollte jener Briefeschreiber wohl sonst an die Information gekommen sein, dass deine Kollegin demnächst nach Afrika reist. Ich schätze, doch wohl nur, weil sie es dem Mann als „Stammgast“ im Vertrauen erzählt hat.

    Vielleicht solltet ihr dieses Lokal geradezu stürmen! Warum verschickst du nicht eine Rundmail im Betrieb mit einer entsprechenden Empfehlung. Scheißt den Mann doch zu mit eurem Geld! Wenn er gute Pasta zubereitet, soll’s ja euer Schade nicht sein! Bloß dass es mit der vertraulichen Ebene ab sofort tabu ist. Sobald der Typ sich anwanzt, zeigt ihr ihm die kalte Schulter. Für einen kontaktfreudigen Südländer ist sowas eh ein Todesurteil. Vielleicht könntet ihr zwischendrin auch immer mal wieder ein Stchwort fallen lassen, das irgendwie mit Afrika zu tun hat. Jede Wette: Irgendwann wird der Mann aufgeben!

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  2. ThomasS Oktober 14, 2014 / 05:02

    Ich meine, mir wird seit Jahren mehr als nur die „alte Schulter“ gezeigt, weil ich vermutlich irgendwann mal einen Fehler gemacht habe, der dann die Runde gemacht hat. Und selbst ich komme da ins Grübeln, obgleich sich meine Sehnsucht nach freundschaftzlichen Kontakten sogar nach deutschen Maßstäben arg in Grenzen hält. Als Italiener wäre ich längst zusammengebrochen, weil niemand mehr mit mir redet!

    Und als DUMNMER Italiener noch viel eher!

    Wäre der Mann ebenso paranoid, aber ein bissl klüger gewesen, hätte er nicht so einen blöden Brief verschickt! Der hätte seinen Ex-Stammgast irgendwie rausgeekelt, ohne Spuren zu hinterlassen, die dann später im Internet auftauchen könnten oder womöglich sogar justiziablen Charakter hätten! Dass der Mann offenbar bissl blöd im Kopf ist, lässt sich womöglich sogar vor Gericht als „mildernder Umstand“ anführen! Aber wem nützt das? Wer wünscht schon weiteren Leerstand, wo vorher ein florierendes Restaurant war! Es sei denn, du willst dich selbstständig machen und spekulierst auf die Lokalitzät. Im Krieg und in der Liebe ist ja bekanntlich jedes Mittel erlaubt! Und Rechenschaft ablegen muss man bestenfalls erst auf dem Sterbebett!

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  3. ThomasS Oktober 14, 2014 / 05:34

    Die abgeschotteten Krisengebiete liegen im Westen Afrikas. Tansania, wo deine Kollegin hingereist ist, liegt im Osten. Dazwischen liegen Tausende von Meilen!

    Da greift dieselbe Hysterie wie vor 30 Jahren bei AIDS! Die hast du noch miterlebt. Da hat auch jeder erstmal gezögert, bevor er einem Homosexuellen die Hand gegeben hat, weil eben keiner so recht Bescheid wusste! Somit ist es kein Wunder, dass du auf sowas extrem allergisch reagierst! Was damals AIDS war, ist heute halt Ebola! Keiner weiß darüber Bescheid, darum reagieren manche Leute halt panisch! Da reichen – damals wie heute – manchmal schon Reizwörter wie etwa „schwul“ oder „Afrika“, um Menschen zu meiden!

    Allerdings scheint mir das Ebola-Virus durchaus fixer zu arbeiten als das HIV-Virus. D.h., wenn deine Kollegin wirklich daran erkrankt wäre, so hätte sie weder das Interesse noch die Kraft, eine Mahlzeit bei ihrem Lieblings-Italiener einzunehzmen!

    Vielleicht könntet ihr das dem blöden Typen irgendwann mal verklickern, nachdem ihr den ausreichend gezwiebelt habt?

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  4. Stancer Oktober 14, 2014 / 16:30

    Ja, über so etwas haben wir auch schon nachgedacht. Aber letztlich ist es doch mühsam und wird nicht viel bringen.

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