#499 – 10 Jahre „Alltägliches und Ausgedachtes“

Heute vor zehn Jahren eröffnete ich das Blog „Alltägliches und Ausgedachtes“ auf blog.de. Der erste Eintrag trug die wenig originelle, gleichwohl zutreffende Überschrift „Da bin ich…“. Ich zitiere daraus:

„Es soll Leute geben, die schreiben ein Blog in der Hoffnung, dass es möglichst viele lesen und sie vielleicht sogar ihre mehr oder weniger geistreichen Kommentare abgeben. Mir ist es vollkommen egal, ob das hier irgendjemand liest, ich schreibe das nur für mich. Kommentare? Bitte, wenn Sie es nicht lassen können, schreiben Sie; auch das ist mir ziemlich egal. Meine intimsten Gedanken werde ich hier sicher nicht zum Ausdruck bringen, die bleiben meinem Tagebuch vorbehalten (ja, so ein richtiges Buch mit Seiten aus Papier, in das man mit einem Stift schreibt, die älteren unter Ihnen kennen so etwas vielleicht noch).

Warum ich dann überhaupt hier bin, fragen Sie? Nun: Es ist schlicht und einfach meine Freude am Schreiben. Und ich werde versuchen, das hier regelmäßig zu tun. Über was? Weiß ich noch nicht. Über den Alltag vielleicht. Vielleicht auch Geschichten, die ich irgendwo gehört oder mir selbst ausgedacht habe.“

Daran hat sich grundsätzlich nichts geändert, vor allem die Schreibfreude erfreut sich nach wie vor stabiler Gesundheit, wobei ich gerne zugebe, dass mir Gefallensbekundungen und Kommentare keineswegs egal sind und sie mich geschmeichelt erröten lassen. Gleichwohl halte ich nicht nach, ob nach einer neuen Veröffentlichung hundert, zehn oder zwei hier reinschauen, oder gar keiner. Insofern begegne ich Ratschlägen, wie man die Reichweite und Besucherzahl seines Blogs erhöhen kann, noch immer mit Schulterzucken. Geringe Popularität hat ihre Vorzüge: Nahezu unbemerkt von einer breiten Öffentlichkeit kann ich ohne Hemmungen Gedanken mit nur geringer Jugendfreiheit notieren oder über Kirche, Religion, Erdogan, Kinder, Hunde und Katzen herziehen, ohne einen Shitstorm zu riskieren.

Ich will Sie nicht mit Statistikdaten langweilen oder gar mit Besucherzahlen protzen, zumal es da nicht viel zu protzen gäbe. Nur soviel: Bis heute sind (mit diesem) 499 Beiträge erschienen, also fast einer je Woche. Kurz war ich versucht, einen weiteren zwischenzuschieben, um heute stolz die Zahl 500 verkünden zu können, aber den hebe ich mir für nächste Woche auf, so gibt es einen Anlass, eine weitere Flasche Sekt zu öffnen.

Eine Zeit lang pflegte ich den „Blogtausch“ mit anderen Bloggern, das heißt, ich veröffentlichte deren Texte bei mir, und sie dafür Zeilen aus meiner Feder bei sich, zum Beispiel hier, da und dorten. Diese schöne Tradition ist leider wieder eingeschlafen, ich würde sie jedoch gerne fortsetzen, falls sich freiwillige Tauschpartner finden.

Im Juni 2013 trat ich den Bonner Ironbloggern bei, was mich seitdem drängt, mindestens einmal wöchentlich etwas zu schreiben; vorher geschah dies nicht ganz so regelmäßig. Hierdurch kam ich in Kontakt mit weiteren Bonner Bloggern, die gemeinsamen Abende waren stets sehr angenehm und in kühle Getränke gerahmt. Schade, dass nicht noch mehr Schreiber bei den Eisernen mitmachen, ich kann nur dafür werben.

Als besondere Ehre empfand und empfinde ich es nach wie vor, einige meiner Texte persön- und öffentlich vortragen gedurft zu haben, zum Beispiel hier:

Jourfitz, Köln, 5. April 2011 (1)

Jourfitz, Köln, 5. April 2011 (2)

#Mimimimi!, Bonn, 20. Februar 2016 (ab Minute 45)

Mitte Dezember 2015 wurde blog.de geschlossen, deshalb musste ich mir eine neue Bleibe suchen und zog mit komplettem Inventar hierher nach WordPress um. Das klappte problemlos, seitdem fühle ich mich hier heimisch. Übrigens gehen die Meinungen darüber auseinander, ob es das oder der Blog heißt, laut Duden ist beides erlaubt. Mir persönlich gefällt das Neutrum etwas besser, aber das ist natürlich, wie so vieles im Leben, Geschmacksache.

So erhebe ich nun mein Glas auf Sie, liebe Leserinnen und Leser! Es freut mich, wenn Sie regelmäßig oder nur ab und zu hereinschauen, ob sie dies nun mit einem „Gefällt mir“ oder Kommentar kundtun oder nicht. Und wer weiß, vielleicht bekomme ich das mit dem Shitstorm auch noch irgendwann hin.

Woche 47: Gesang, Nahverkehrsbeobachtungen und eine Postleitzahl

Montag: Meine ersten Gedanken des Tages fand ich an einem Laternenpfahl recht gut auf den Punkt gebracht:

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So schlimm wurde der erste Nachurlaubstag dann aber nicht.

Dienstag: Es erfüllt mich mit Stolz, am heutigen Tage heraustreten zu dürfen aus der langen Reihe derjenigen, die noch niemals mit Vicky Leandros auf einer Bühne gesungen haben. Möge der Himmel alle schlimmen Dinge von ihr fern halten. (Köln, Rudolfplatz)

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Mittwoch: Am Morgen saß mir in der Bahn ein junger Mann mit extravaganter Frisur gegenüber. Das lange Deckhaar, bei aufrechter Haltung elegant gescheitelt um den Kopf geschwungen, fiel ihm in seiner bevorzugten, tief über sein Datengerät gebeugten Sitzposition als dichter, etwa vierzig Zentimeter langer Vorhang über das Gesicht. Ihn dabei zu beobachten, wie er im Halbminutentakt die Tolle abwechselnd mit der Hand oder mit einem zur Seite gewandten Kopfzucken beiseite zu bewegen suchte, was das Haar, der Schwerkraft gehorchend, wenig beeindruckte, war mindestens so interessant wie mein Buch. – Dem einen fallen die Haare ins Gesicht, dem anderen, mir, komische Sachen ein. Inspiriert von einer Werbung, deren Inhalt beziehungsweise beworbenen Gegenstand ich nicht erinnere, kam mir eine Idee: Wäre es nicht wunderbar, einen Reparaturservice für Gitarren, Harfen und Geigen zu gründen, nur um ihn Saitenwechsel nennen zu können?

Donnerstag: Der Tag begann mit Morgenrot. Darum, unter anderem, ist es am Rhein so schön.

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Hinweis an die Stadtwerke Bonn: Der Stadtbahnwagen 7753 ist eine Schrottkarre. Ein Sitzpolster liegt nur noch lose auf dem Rahmen, und der Spaltrost hat eine zentimeterbreite, dreckgefüllte Lücke zwischen Fenstereinfassung und Innenverkleidung getrieben. Bitte den Wagen bald modernisieren oder ausmustern.

Freitag: Die Zeitung berichtet von den subversiven Umtrieben des bayrischen Sängers Christ­oph Wei­he­rer. Dieser ruft dazu auf, die im Einzelhandel gern gestellte Frage nach der Postleitzahl stets mit 25541 zu beantworten, wodurch die schleswig-holsteinische Stadt Brunsbüttel gewisse Aufmerksamkeit erlangt. Er soll für sein Anliegen bereits eine größere Anhängerschaft gefunden haben, was laut Bericht erste Händler im Raum Augsburg dazu bewogen hat, sich den Ausweis des Käufers zeigen zu lassen. Ich finde die Aktion sehr gut und würde mich gerne daran beteiligen, fürchte jedoch, dass ich mir die Postleitzahl 25541 nicht merken kann.

Samstag: Irgendwann muss ich aufhören, Menschen zu hassen, weil sie langsam vor mir her gehen und auf ihr Display starren. – Tag 1 unseres Konzerts im „Jot Jelunge“ lief gut.

Sonntag: Sekt schmeckt in Verbindung mit den Endorphinen eines gelungenen Auftritts besonders gut. Auch ohne Vicky.