Woche 9/2023: Was?

Montag: Die Woche begann mit einer Dienstreise nach Göttingen. Mit der Bahn – trotz ihrer Unzuverlässigkeit bleibt sie mein bevorzugtes Verkehrsmittel für längere Strecken. Bei Verlassen des Hauses meldete die Bahn-App eine Verspätung von zehn Minuten wegen eines defekten Stellwerkes. Diese hielt sich bis kurz vor der neuen Abfahrtszeit, dann kam per Ansage die Verlängerung auf ca. fünfundzwanzig Minuten, die Stellwerksstörung war inzwischen zu einem Schaden an der Strecke mutiert. Ich sah es gelassen; da ich keinen Termin mehr hatte, war es egal, wann ich in Göttingen ankam, außerdem saß ich auf einer sonnenbeschienen Bank am Ende des Bahnsteigs, von wo aus ich in aller Ruhe zur Halteposition meines Wagens in Abschnitt F gehen würde, wenn die Einfahrt des Zuges in Aussicht gestellt wird, und fragte mich ein weiteres Mal, welcher Sitzmöbeldesigner aus der Hölle dieses kalte und unbequeme Teil aus Drahtgeflecht zu verantworten hat. Während ich saß und fragte, kam plötzlich und unangekündigt mein Intercity um die Ecke gebraust und nötigte mich zu einem Sprint in Abschnitt F.

Am Fahrtverlauf gab es nichts zu beanstanden. Etwas fragwürdig der Begriff „Komfort Check-in“ dafür, dass ich selbst über die App melde, den reservierten Platz eingenommen zu haben. Worin genau liegt hier der Komfort, und für wen?

Wenige Sitzreihen vor mir hörte jemand Kirchenchormusik, zur Freude der Mitreisenden nicht über Kopfhörer. Mich störte das nicht, jedenfalls nicht mehr als das Dauergequatsche der beiden Damen nebenan, deren eine zwei- oder dreimal die sakrale Musik beklagte, indes nichts dagegen unternahm und weiter mit ihrer Sitznachbarin schnatterte.

Um kurz nach elf teilte mir die DB Reisebegleitung per Mail mit, ich hätte in Hannover eine Minute Anschlusszeit. (Der Streckenschaden vor Bonn hatte sich mittlerweile in eine Bahnübergangsstörung gewandelt.) Eine Minute. In Hannover. Mit Wechsel von Gleis 10 nach Gleis 4. „Das merkt ihr selbst, oder?“ war ich kurz versucht, zu antworten.

Nach einem Halt auf freier Strecke vor Lindhorst war der Anschlusszug in Hannover weg. Das war nicht schlimm, der nächste ICE Richtung Göttingen kam bereits wenige Minuten später, er war angenehm unvoll und brachte mich mit nur fünfzehn Minuten Verspätung gegenüber der ursprünglich geplanten Ankunftszeit am Ziel an. Da kann man nun wirklich nicht meckern.

Dienstag: Tagungsbedingt mangelte es heute an Alleinzeit, um hier was aufzuschreiben, wobei es auch nicht viel Aufschreibenswertes gab. Vielleicht dieses: »Der Hidden-Bar-Trend ist ein Spin-off des international wachsenden Mixology-Booms« war in einem Zeitungsbericht über sogenannte Flüsterbars zu lesen. Manchmal lautet die einzig angemessene Reaktion: Was?

Vielleicht noch dieses, aus der Weinkarte des Hotelrestaurants: »Was du heute kannst entkorken, das verschiebe nicht auf morgen.«

Mittwoch: Zwischen Tagungsende und Abendessen machte ich einen Spaziergang durchs Dorf, das Groß Ellershausen heißt (ein Ortsteil von Göttingen), es ist ganz idyllisch und nicht sehr groß. Es gibt wohl kleinere Ellershausens, sonst hieße es nicht so.

Donnerstag: Es gibt Arbeitstage, mit denen man uneingeschränkt zufrieden sein kann. So einer war heute: Das von mir initiierte und geleitete Arbeitstreffen lief sehr gut; fast möchte ich so weit gehen zu schreiben: Es hat Spaß gemacht. Auch die Bahn zeigte sich ungewohnt zuverlässig: Die Züge waren pünktlich und nicht allzu voll, auch traten keine menschlichen wie sakral-musikalischen Störgeräusche auf.

Abends zu Hause wurde nach dem Abendessen Likör gereicht. Da kann man zufrieden sein.

Freitag: Aus den Tagesnachrichten: Erdogan wird wahrscheinlich wiedergewählt, der weltweite CO2-Ausstoß hat ein Rekordniveau erreicht, die FDP fordert die Produktion von Verbrenner-Motoren über 2035 hinaus (und kommt damit womöglich durch), das Verkehrsministerium erwartet eine Zunahme des LKW-Verkehrs bis 2051 um mehr als die Hälfte (weshalb mehr Autobahnen benötigt werden), der Deutschlandtakt bei der Bahn wird erst 2070 vollständig eingeführt sein. Man braucht schon einen robusten Fatalismus, um nicht zu verzweifeln. Oder hilfsweise Likör.

„Postfiliale nach Raub auf dem Prüfstand“ schreibt das Darmstädter Echo. Journalismus vom Feinsten.

Kurt Kister über die Liebe der Menschen zu ihren Datengeräten:

Manchmal, wenn ich in der Stadt Dinge zu erledigen habe, denke ich an Meeresküsten. Dort nämlich, zum Beispiel auf dem Darß oder auf El Hierro, gibt es diese schiefen Bäume, deren Wuchs dauerhafte Winde zurechtgeblasen haben. Man nennt sie auch Windflüchter. Die Leute, die immer auf ihr Mobiltelefon blicken, während sie gehen, sind auch leicht schief. Sie halten das Gerät in einer Hand, der obere Rücken ist etwas nach vorne gebeugt, der Hals auch, das Gesicht halb nach unten gerichtet. Ich glaube, wenn das jemand drei, vier Jahre lang konsequent macht, wird er oder sie insgesamt auch schief werden. Vielleicht nicht so wie der Wacholder auf den Kanaren. Aber doch merkbar schief. Und in ein, zwei Jahrzehnten wird das große Sonstewas aus vielen Stadtbewohnern Handyschieflinge gemacht haben.

Deutscher Alltag

Samstag: Gestern Abend schauten wir den ESC-Vorentscheid. In diesem Jahr wird in Liverpool also eine alberne, brüllende Rockband unser Land vertreten ganz weit hinten platziert sein. Bezeichnenderweise nennen sie sich „Lord Of The Lost“, somit werden gar nicht erst falsche Hoffnungen geweckt. Ich wüsste nicht, welchem Beitrag ich bessere Chancen zugetraut hätte. Jedenfalls verstehe ich nicht, warum seit Jahren kein deutschsprachiges Lied mehr auf die Bühne gebracht wird, warum immer Englisch? Gut: Dieser Kasper, der sich Ikke Hüftgold nennt, wäre auch nicht besser. Aber wer weiß, man denke an den Auftritt von Gildo Horn 1998. Vielleicht sollte man einfach Barbara Schöneberger dorthin schicken, die die Sendung gestern nicht nur in bewährt-sympathischer Weise moderierte, sondern auch bewies, dass sie ziemlich gut singen kann.

Heute war nur der übliche Samstagskram ohne besonderen Notierenswert.

Sonntag: Den Sonntagsspaziergang vollzog ich heute erstmals mit Musikbegleitung aus den kabellosen Kopfhörern des Liebsten. Das ist einerseits angenehm, besonders bei Liedern, deren Takt dem meiner Schritte entspricht. Andererseits entgehen mir dadurch die Umweltgeräusche, was für viele vor allem junge Menschen ein wesentlicher Grund sein mag, niemals ohne – teils absurd große – Kopfhörer aus dem Haus zu gehen; mir indessen fehlt da was. Deshalb werde ich auch künftig hin und wieder ohne Elektrobeschallung rausgehen.

Der Weinkolumnist der Sonntagszeitung gibt Tipps zum Verschließen nicht leergetrunkener Wein- und Sekt-/Champagnerflaschen. Somit die Lösung für ein Problem, das in unserem Haushalt allenfalls theoretischen Charakter hat.

Zucken Sie auch innerlich ein wenig, wenn jemand „diesen Jahres“ sagt oder schreibt? Dieser und viele weitere beliebte Fehler sind aufgelistet auf der Seite Korrekturen.de, auf die ich ebenfalls durch die Sonntagszeitung aufmerksam wurde. Sich dort ein wenig umzuschauen ist lohnend. (Nicht enthalten ist dort übrigens „lohnenswert“. Auch der Duden führt es auf und findet daran nichts zu beanstanden. Offenbar bin ich der einzige, der das Wort für falsch hält.)

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die FDP verboten werden muss.

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Kommen Sie gut durch die Woche.

Woche 18/2022: Camargue in Brandenburg und Sympathie in Lippe

Montag: »Das ist harter Tobak«, ist in einem Zeitungskommentar zu lesen. Auf der Liste der abgegriffensten Metaphern ein ganz alter Hut.

Wie weiterhin in der Zeitung zu lesen ist, erlaubt ein Göttinger Schwimmbad aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit jetzt auch Besucherinnen an Wochenenden den Besuch mit freiem Oberkörper. (Für Freunde des generischen Femininums: also allen Besucherinnen.) Das ist zu befürworten, solange aus der Erlaubnis keine Verpflichtung wird.

Dienstreise nach Schönefeld bei Berlin. Die Notdurft der mitfahrenden Kollegin erforderte einen kurzen Halt auf einem Rastplatz. Wo wir schon mal hielten, wollte auch ich die Gelegenheit nutzen, kam allerdings nicht dazu, weil die Herrenabteilung der Toilette verschlossen war. Jetzt, da Frauen oben ohne ins Freibad dürfen, wäre es wünschenswert, endlich auch diese unsinnige Geschlechtertrennung bei Toiletten zu überdenken. Und wozu gibt es immer noch Damen- und Herrenfahrräder?

Wo wir gerade beim Wünschen sind: Der Ort Wünschdorf wird auf einem braunen Sehenswürdigkeitenhinweisschild am Autobahnrand als „Bücher- und Bunkerstadt“ bezeichnet. Vielleicht habe ich mich auch verlesen.

Dienstag: Teil zwei unserer Tagungstournee. Der Tagungsort ist, verglichen mit Buch am Ammersee in der vergangenen Woche, nicht ganz so idyllisch gewählt, aber wir sind ja nicht (nur) zum Vergnügen hier: Statt bayrischer Seeidylle Neubau- und Gewerbegebiet. Immerhin – in einem Teich zwischen Bahnstrecke und vierspuriger Straße weilen Flamingos, und sie scheinen sich dort nicht unfreiwillig aufzuhalten. Ein Hauch von Camargue in Brandenburg.

Finde den Fehler.
Kleines Rätsel am Wegesrand

Auch das kollegiale Abendprogramm war überwiegend angenehm. Gewiss, einer nervt immer, das gehört dazu. Im Übrigen kann ich wunderbar abschalten, während andere über Fußball sprechen.

Mittwoch: Dank rechtzeitigem Absprung am Vorabend erwachte ich in einigermaßen erfreulichem Zustand. Dennoch verzichtete ich aus in der vergangenen Woche bereits dargelegten Gründen auf das Frühstück.

Tagsüber gehört und notiert: „Wir sind relativ statisch unterwegs.“

Zügig unterwegs waren wir nachmittags auf dem Weg nach Celle zur dritten Tagungsetappe, die morgen startet. Nach dem Abendessen in kleiner Runde im Hotelrestaurant zeitig ins Tuch. Man weiß nicht, was einem der nächste Abend abverlangt.

Donnerstag: Hypothese: Je voluminöser der Gast, desto größere Mengen an Nahrung werden auf den Teller gepackt. Während meiner stillen Beobachtung beim Frühstücksbüffet treten Ursache und Wirkung in einen fröhlichen Streit miteinander. Ansonsten gibt es Saftgläser in angemessener Größe und im Zimmer einen Haken für die Jacke, was in Hotels keineswegs selbstverständlich ist.

Neben uns tagt hier auch eine Gruppe von Rheinmetall, ein Unternehmen, das seine Eigenschaft als bevorzugtes Verabscheuungsobjekt aus aktuellen Gründen zumindest teilweise eingebüßt hat. Bleibt immer noch Amazon.

Vor dem Abendessen ging ich ein wenig durch die Gegend.

Rapsfelder gehen immer

Freitag: Erst gegen Mittag kehrte das uneingeschränkte Wohlbefinden zurück, da am Vorabend Rosé, Hausbrand, Wiedersehensfreude und Willensschwäche in eine ungünstige Konstellation getreten waren, die morgens noch etwas nachwirkte.

Gegen 18 Uhr kehrte ich nach einer sehr angenehmen Tagungswoche heim in die Arme der Lieben. Die vierte und letzte Etappe folgt übernächste Woche, ich freue mich drauf.

Samstag: Da plötzlich Sommer ist, frühstückten wir erstmals in diesem Jahr auf dem Balkon, den wir neuerdings mit dem Außenaggregat der neuen Klimaanlage teilen, die seit dieser Woche unsere Wohnung bereichert, weil die Lieben meinen, wir benötigen derlei, und wer bin ich, daran zu zweifeln. „Daran gewöhnst du dich“, sagt der Liebste. Bestimmt, man gewöhnt sich angeblich auch an Tinnitus. Und im Gegensatz zum Ohrenflöten kann man auf dem Gerät Dinge abstellen, immer auch das Positive sehen.

„Ich würde mir wünschen, dass du das mal begutachtest“, hörte ich in der Fußgängerzone einen zu seiner mutmaßlichen Gattin sagen. Vielleicht haben sie gerade ein Seminar über erfolgreiche Kommunikation in der Partnerschaft absolviert.

Sonntag: Um 0:45 Uhr aufgewacht, weil jemand an der Haustür geklingelt hatte (wobei das bei uns nicht klingelt, sondern ein „Düdl-düdl-düdl“-Geräusch ertönt; ich wollte aber nicht „gedüdelt“ schreiben). Da wir weder Besuch noch ein weiteres Paket erwarteten, reagierten wir nicht und konnten, da nicht erneut geklingelt beziehungsweise gedüdelt wurde, in Ruhe weiterschlafen.

Heute vor fünfundzwanzig Jahren erkannten zwei (damals noch) junge Männer während einer Gruppenwanderung durch lippische Wälder und Fluren gegenseitige Sympathie; auf den Tag genau fünf Jahre später sagten sie vor dem Bonner Standesamt „Ja“. Mein Liebster, danke für die Jahre, in denen wir uns nun schon aufs Angenehmste reiben! Ich freue mich auf die nächsten fünfundzwanzig. Mindestens.

Der zwanzigste Hochzeitstag heißt übrigens „Porzellanhochzeit“. In Japan heißt es „Kintsugi“, wenn die Risse eines zerbrochenen und wieder zusammengefügten Porzellangefäßes mit Goldstaub hervorgehoben werden, habe ich mal irgendwo gelesen. Das hat keinen direkten Bezug zum vorstehenden Absatz, ist trotzdem schön.

Auch schön. Wenn wir Menschen uns irgendwann erfolgreich selbst ausgerottet haben, wird sich die Natur alles ganz schnell zurück holen. Immer das Positive sehen.

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Kommen Sie gut durch die sommerliche Woche.

Woche 4: Schlepperei über Stadtbahntreppen

Montag: „Wir haben die Situation, dass unter einer Adresse tatsächlich mehrere Standorte unterwegs sein können“, hörte und notierte ich in einer Besprechung.

Unterwegs war auch ich. Der ICE 794 ab Frankfurt Flughafen Fernbahnhof fuhr heute in angegebener Wagenreihung auf die Minute pünktlich ab und kam genauso pünktlich und wohlgereiht in Göttingen an. Ich finde, sowas sollte auch mal erwähnt werden in einer Welt, wo nur die schlechte Nachricht von Wert ist.

Das Abendessen im Hotel ließ ich auf mein Zimmer buchen, zu diesem Zweck (und nur zu diesem) nannte ich der netten Dame meine Zimmernummer. Kurze Zeit später kehrte sie zurück und teilte mit, Zimmer 247 sei gar nicht belegt. In der Tat, ich hatte mich um zehn vertan, wie ein Blick in den Zimmerausweis ergab. Was wäre wohl passiert, wenn Zimmer 247 bewohnt gewesen wäre?

Dienstag: Laut Zeitungsbericht wurde in Bonn-Mehlem nun nach neun Monaten ein Auto aus einem abschüssigen Waldstück geborgen, das dort seit April vor sich hin oxidierte, weil der Fahrer zuvor den Lichtschalter mit dem Gaspedal verwechselt hatte und die Stadt Bonn anschließend versäumte, die Bergung des Fahrzeugs nachzuhalten. Das erscheint in etwa so plausibel wie die Geschichte des Mannes, der mit einer Banane im äußeren Gedärm zum Arzt kommt und behauptet, beim Verlassen der Dusche wäre er ausgerutscht und direkt in der Obstschale gelandet.

Ansonsten ist es in Süd-Niedersachsen sehr schön.

KW4 - 1

KW4 - 1 (1)

KW4 - 1 (2)

Mittwoch: „Wandhydrant“ ist ein schönes Wort, gelesen an einem solchen im Hotel.

„Das ist mit dem heißen Eisen gestrickt“ ist ein schöner Satz, gehört in einer Besprechung.

Donnerstag: „Früher wandte man sich mit seinen Problemen an Gott, Freunde oder den Weinvorrat. Heute geht man zum Coach“, lese ich in der Kundenillustrierten der Bahn, die immer mehr oder weniger zerfleddert in den Netzen auf der Rückseite des Vordersitzes ausliegen.

Lobte ich am Montag die Bahn? Wohl etwas voreilig: Im letzten Jahr fielen 3.700 Fernzüge aus, steht in der Tageszeitung. Auch 2020 fallen Züge aus, zum Beispiel heute der ICE 814 von Frankfurt nach Siegburg. Warum ich gerade den erwähne? Raten Sie mal. Dennoch kam ich schließlich mit Umweg über Köln nur etwa eine halbe Stunde später als geplant zu Hause bei meinen Lieben an.

Freitag: Inmitten eines Schüler-Schwarms, der sich morgens vom Bahnsteig der Stadtbahn aus die Treppe hochschob, machte ich einen weißen Cello-Koffer aus und hatte danach stundenlang das gleichnamige Lied von Udo Lindenberg / Clueso im Kopf (jetzt, da ich es notiere, erneut, und Sie, die es lesen, vielleicht auch, Verzeihung). Ob das dazugehörige Mädchen – aus unerfindlichen Gründen unterstelle ich, ohne es gesehen zu haben, es ist ein Mädchen, selbstverständlich kann es auch ein Junge sein – ob also sie oder er es wohl bereut, nicht stattdessen Oboe gelernt zu haben, so rein wegen der Schlepperei über Stadtbahntreppen?

„Rauchen mindert Ihre Fruchtbarkeit“ steht auf der Zigarettenschachtel. „Was für ein Glück!“, sagt der Geliebte und steckt sich eine an. So gesehen fielen mir einige Menschen ein, denen nahezulegen wäre, mehr zu rauchen, zum einen, weil ihre Vermehrung nicht wünschenswert erscheint, zum anderen, weil Kinderlosigkeit ein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz ist.

Samstag: Was, der ADAC ist nicht mehr gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen? Was kommt als nächstes, tritt Trump für mehr Klimaschutz ein oder gar zurück? Fordert die AfD die Aufnahme von mehr Flüchtlingen?

„Lokführer etwa können künftig auch Jeans und Polohemd tragen, und auch Kleider sind im Angebot“, schreibt die Zeitung über die neue Dienstkleidung der Bahn.

Sonntag: In einer Kolumne der FAS las ich gleich zweimal das mir bislang völlig unbekannte Wort „Idiosynkrasien“, dessen Bedeutung sich mir auch aus dem Textzusammenhang nicht erschloss. Laut Duden hat es davon drei: Erstens die „Überempfindlichkeit gegen bestimmte Stoffe und Reize“, zweitens eine „besonders starke Abneigung oder Widerwillen gegenüber bestimmten Menschen, Tieren, Speisen, Dingen o. Ä.“ und drittens die „Gesamtheit persönlicher Eigenheiten, Vorlieben und Abneigungen“. Da haben wir doch wieder was gelernt.

Ich bin übrigens überzeugt, in fast jedem Menschen schlummert eine gewisse Fremdenfeindlichkeit, ob er will oder nicht, davon nehme ich mich selbst nicht aus. Meine beispielsweise erwacht, wenn der Fahrer eines durch die Stadt knallenden „Sportwagens“ dunkelhaarig und bärtig ist, und sehr oft sind sie das. Das ist dann wohl auch eine Idiosynkrasie, womit ich das Wort erst- und vermutlich auch letztmalig benutzt habe.