#relevant: Wie wir uns fortbewegen

Die nächste Blogparade bei Blogissimo läuft. Dieses Mal lautet die Aufgabenstellung unter dem Stichwort #relevant: „Fahrrad, Auto, Bus“, also die Frage, wie wir uns bevorzugt von einem Ort zum anderen bewegen. Auf gehts.

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Fahrrad, Auto, Bus – da fehlen mir wesentliche Elemente (oder: Da regt mich ja die Frage schon auf, wie es Frau Hoppenstedt einst formulierte), nämlich Bahn und zu Fuß, zugleich die von mir bevorzugten Fortbewegungsformen. Ich liebe Gehen, Strecken bis etwa fünf Kilometern lege ich möglichst zu Fuß zurück. Nichts ermöglicht es mehr als das Gehen, die Details der Umgebung so intensiv wahrzunehmen. (Eine besondere Form des Gehens ist das Wandern, auch das liebe ich, wobei die ideale Wanderstrecke nicht zu steil und nicht wesentlich länger als zwanzig Kilometer ist. Dabei dient das Wandern dem Selbstzweck, also der Befriedigung der Wanderlust, nur selten hingegen der zielgerichteten Überwindung einer Strecke von A nach B.)

Für Strecken bis etwa zehn Kilometer, oder wenn die Zeit zu knapp ist zum Gehen, bevorzuge ich das Fahrrad. (Auch hier muss unterschieden werden zwischen zielgerichteter Wegstrecke und Lustfahrten; Radtouren können wesentlich länger werden, dabei sollten sie keine längeren Steigungen enthalten, diese wirken sich deutlich lustmindernd aus. Es sei denn, es steht elektrische Unterstützung zur Verfügung, die mich auf Knopfdruck unsichtbar anschiebt.)

Für weitere Strecken oder wenn es regnet oder sonstige meteorologische Unbill herrscht, fahre ich mit Bahn und Bus. Dank freundlicher Subventionierung durch den Arbeitgeber verfüge ich über das Deutschlandticket, auch wenn es sich für mich eigentlich nicht mehr lohnt. Aber es ist schon äußerst praktisch, bei Bedarf jederzeit irgendwo in einen Bus oder eine Bahn steigen zu können, ohne mir Gedanken über das örtliche Tarifsystem machen zu müssen. Bei größeren Entfernungen ist immer noch die Bahn erste Wahl, trotz ihrer viel besungenen Unzuverlässigkeit, Verspätungen und Ausfälle. Es gibt für mich keine angenehmere Art zu reisen, dabei kann ich stundenlang aus dem Fenster schauen und die durchfahrene Landschaft vorüberziehen lassen, ohne den Drang zu verspüren, auf das Datengerät zu schauen. Vorausgesetzt, ich habe einen Sitzplatz am Fenster, was in heutigen Zügen nicht mehr selbstverständlich ist. Es scheint den Konstrukteuren nicht mehr möglich zu sein, Züge so zu bauen, dass jeder Fensterplatz den freien Blick nach draußen ermöglicht, stattdessen schaut man nicht selten gegen die graue Wand zwischen zwei Fenstern.

Autofahren mag ich nicht, am wenigsten als Fahrer, auch als Beifahrer sitze ich am liebsten hinten, weil mir der Fahrer meistens zu schnell, zu langsam, mit zu wenig Abstand oder unnötig auf der linken Spur fährt. Am meisten stören mich beim Autofahren die anderen Autos, die auf der Autobahn ohne Rücksicht vor mir links rüberziehen oder mich von hinten bedrängen, wenn ich mich an die vorgegebenen Geschwindigkeit halte. Auch Blinken scheint aus der Mode zu sein. Nur wenn es gar nicht anders geht, etwa weil das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu erreichen wäre oder schwere Lasten zu transportieren sind, nehme ich das Auto. Ansonsten bin ich glücklich und empfinde es als Privileg, meine Arbeitsstelle wahlweise zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit der Stadtbahn zu erreichen und nicht regelmäßig im Stau zu stehen.

Auch hier brachte die Coronazeit einen Wandel. Zuvor fuhr ich fast ausschließlich mit der Bahn zur Arbeit, einmal wöchentlich ging ich zu Fuß. Dann, während der Pandemie, fuhr ich konsequent bei jedem Wetter mit dem Fahrrad statt der Bahn, auch bei Kälte und Regen. (Von der Möglichkeit des Heimbüros machte und mache ich keinen Gebrauch, weil ich das schrecklich finde; das ist ein anderes Thema.) Dabei bin ich geblieben: Montags, mittwochs und freitags fahre ich mit dem Fahrrad, dienstags und donnerstags gehe ich zu Fuß. Außer bei Regen, Sturm, Hagel oder Glatteis, dann nutze ich das Deutschlandticket.

Gesehen im Hamburger Hauptbahnhof

Im Übrigen bin ich auch gerne zu Hause, daher stimme ich voll und ganz Blaise Pascal zu, dem der Satz zugeschrieben wird: „Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“

Woche 31/2021: Wenn ein Sachse „Workflow“ sagt

Montag: Ich möchte Sie nicht mit Details aus dem Werksalltag langweilen. Vielleicht kennen Sie auch das beglückende Gefühl, wenn der Schmerz nachlässt, etwa nachdem man mit dem Schienbein vor den Couchtisch geknallt ist oder sich – vornehmlich als Mann – die äußeren Genitalien in der Autotür geklemmt hat, kann ja alles passieren. Ähnlich beglückend fühlte es sich an, als am späteren Nachmittag der Bürorechner herunterfuhr.

Ein kleiner Ohrwurm gefällig? Bitte sehr: Heute vor fünfzig Jahren sangen Roy Black und Anita den Hit „Schön ist es, auf der Welt zu sein.“ Gern geschehen.

Dienstag: Wenn ein Sachse in einer Besprechung oder überhaupt „Workflow“ sagt, klingt das lustig.

Ich sollte aufhören, in jedem Porsche ein Arschlochauto zu sehen. Wenigstens könnte ich mir vielleicht abgewöhnen, es ihm jedesmal laut hinterherzurufen.

Heute gab es zwei Gewitter: eins am Nachmittag draußen, das andere abends am Küchentisch. Danach war die Luft vorerst gereinigt, sowohl nach dem ersten als auch dem zweiten, wobei letzteres noch ein wenig nachgrummelte.

Das Buch „Wer alles weiß, hat keine Ahnung“ von Horst Evers ausgelesen, hat mir gut gefallen. Wegen Stellen wie dieser:

„Der Freund meiner Tochter freut sich total, dass die Fitnessstudios wieder öffnen. Ich denke: Mein Leben ist ärmer, weil ich bei den Fitnessstudios vom Vermissen ausgeschlossen war.“

Als nächstes „Das Glück des Gehens“ von Shane O’Mara.

Mittwoch: Glück des Gehens am Morgen ins Werk – nur im Gehen ergeben sich oft Wahrnehmungen, die dem Auge des geräderten Verkehrsteilnehmers zumeist verborgen bleiben.

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Im Übrigen ist es oft sehr einfach, meine persönliche Stimmung zu heben.

(Für das Plastikbesteck bitte ich ausdrücklich um Entschuldigung. Die Hoffnung, ab sofort wieder direkt in der Kantine von einem richtigen Teller essen zu dürfen, erfüllte sich leider nicht, stattdessen immer noch nur zum Mitnehmen, warum auch immer. Ab morgen stecke ich mir wieder Messer und Gabel ein, bevor ich zum Mahl aufbreche.)

Donnerstag: Meinem Desinteresse an Olympia (wie an Sportereignissen generell) verlieh ich schon gelegentlich Ausdruck, dennoch kann man dem als Zeitungsleser und Fernsehnachrichtenkucker nicht völlig entgehen, ist auch nicht schlimm, man kann währenddessen auf das Klo gehen und die Zeitungsseiten rasch überblättern. Was mir auffällt: Es scheint aus der Mode zu sein, für die Kameras und Pressefotos auf Goldmedaillen herumzubeißen, was mir immer schon ausgesprochen sinnlos erschien. Gilt das mittlerweile auch irgendwie als rassistisch, diskriminierend oder gesundheitsschädlich, oder weigern sich die Sportler einfach, weil sie selbst nicht erkennen, wozu das gut sein soll?

„Impfen ist ein patriotischer Akt“, sagt der Gesundheitsminister. Das wäre nun wirklich einer der letzten Gründe, die mich überzeugen könnten, wenn ich denn überzeugt werden müsste.

Freitag: Da es morgens stark regnete, fuhr ich mit der Bahn ins Werk. Die Stadtwerke weisen nun per Durchsage in Dauerschleife darauf hin, dass der Aufenthalt auf den Bahnsteigen nur im Falle von (Originalton) „Reiseabsichten“ zulässig ist, man möge die Haltestelle verlassen, wenn man nicht „auf einen Zug beziehungsweise eine Bahn“ wartet, wozu auch immer diese Differenzierung. Vielleicht aus Gendergründen? Und gilt die Fahrt ins Werk auch als Reise?

Der Arbeitstag begann mit einer Besprechung bereits um acht, in der alle durcheinander redeten. Wegen Chefteilnahme musste ich trotz tageszeitlich bedingten Desinteresses gewisse Aufmerksamkeit walten lassen. Es wurde dann dennoch ein recht angenehmer Tag.

Im Haus nebenan ist einer gestorben. Erst sechs Wochen später ist das den Hausbewohnern aufgefallen, wegen des Geruchs. Wie schlimm muss es sein, wenn einen niemand vermisst.

Samstag: Laut Zeitung sind zweiundsiebzig Prozent der Berufstätigen auch im Urlaub für Werksgedöns erreichbar. Da bin ich gerne Teil einer Minderheit, die nicht mal am Wochenende und außerhalb der Bürozeiten erreichbar ist.

Sonntag: „Es ist kein Privileg junger Menschen mehr, sich öffentlich danebenzubenehmen“, steht in der FAS. War es das jemals?

Beim Gehen gesehen:

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Golgatha 2.0

Kommen Sie gut durch die Woche!

Über Glück und Gehen

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In diesen Tagen und Wochen scheint sich alles um das Thema Glück zu drehen: Die Deutsche Post kartografiert das Glück in ihrem Glücksatlas, wonach die zufriedensten Menschen in Schleswig-Holstein leben, die unglücklichsten in Brandenburg; wir Rheinländer sind mit Platz zwölf auch nicht gerade auf Rosen gebettet, woran man wiederum erkennt, dass der Karneval völlig überbewertet wird.

Und die ARD fragte in einer Themenwoche die Menschen, was für sie Glück bedeute. Nicht verwunderlich – so unterschiedlich wie wir Menschen sind, so unterschiedlich waren die Antworten, die etwa Singen, Sport, Kinderlachen, Kunstgenuss und Musik als Glücksgenerator nannten, ein jeder hat da wohl seine eigenen Glücklichmacher.
Wer mag, kann die Fragen der ARD für sich beantworten (und gerne hier als Kommentar hinterlassen):

– Was bedeutet für Sie „Glück“?
– Bei welcher Gelegenheit waren Sie das letzte Mal glücklich?
– Wann ist Ihnen ein „großes Glück“ begegnet, und wie hat dieses Ereignis Ihr weiteres Leben geprägt?
– Haben Sie einen Trick, um sich einen Glücksmoment zu verschaffen?

Auch ich hatte heute einen Glücksmoment. Dieser bestand aus einem schlichten Spaziergang, der mich durch die Bonner Altstadt an den Rhein und durch die Nordstadt zurück nach Hause führte, wo mich bereits ein Stück Kuchen und eine Tasse Tee erwarteten. Das besondere daran: es war der erste Spaziergang nach meiner Fußoperation, daher noch langsam und etwas humpelig. Aber vielleicht war es gerade diese erzwungene Langsamkeit, die meinen Blick für einige schöne Dinge links und rechts des Weges geschärft hat. Auch das Novembergrau vermochte mein Glücksempfinden nicht zu trüben. Sehen Sie selbst:

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In diesem Sinne – was Sie auch gerade
tun oder vorhaben: Ich wünsche Ihnen Glück!