Montag: Ich möchte Sie nicht mit Details aus dem Werksalltag langweilen. Vielleicht kennen Sie auch das beglückende Gefühl, wenn der Schmerz nachlässt, etwa nachdem man mit dem Schienbein vor den Couchtisch geknallt ist oder sich – vornehmlich als Mann – die äußeren Genitalien in der Autotür geklemmt hat, kann ja alles passieren. Ähnlich beglückend fühlte es sich an, als am späteren Nachmittag der Bürorechner herunterfuhr.
Ein kleiner Ohrwurm gefällig? Bitte sehr: Heute vor fünfzig Jahren sangen Roy Black und Anita den Hit „Schön ist es, auf der Welt zu sein.“ Gern geschehen.
Dienstag: Wenn ein Sachse in einer Besprechung oder überhaupt „Workflow“ sagt, klingt das lustig.
Ich sollte aufhören, in jedem Porsche ein Arschlochauto zu sehen. Wenigstens könnte ich mir vielleicht abgewöhnen, es ihm jedesmal laut hinterherzurufen.
Heute gab es zwei Gewitter: eins am Nachmittag draußen, das andere abends am Küchentisch. Danach war die Luft vorerst gereinigt, sowohl nach dem ersten als auch dem zweiten, wobei letzteres noch ein wenig nachgrummelte.
Das Buch „Wer alles weiß, hat keine Ahnung“ von Horst Evers ausgelesen, hat mir gut gefallen. Wegen Stellen wie dieser:
„Der Freund meiner Tochter freut sich total, dass die Fitnessstudios wieder öffnen. Ich denke: Mein Leben ist ärmer, weil ich bei den Fitnessstudios vom Vermissen ausgeschlossen war.“
Als nächstes „Das Glück des Gehens“ von Shane O’Mara.
Mittwoch: Glück des Gehens am Morgen ins Werk – nur im Gehen ergeben sich oft Wahrnehmungen, die dem Auge des geräderten Verkehrsteilnehmers zumeist verborgen bleiben.


Im Übrigen ist es oft sehr einfach, meine persönliche Stimmung zu heben.

Donnerstag: Meinem Desinteresse an Olympia (wie an Sportereignissen generell) verlieh ich schon gelegentlich Ausdruck, dennoch kann man dem als Zeitungsleser und Fernsehnachrichtenkucker nicht völlig entgehen, ist auch nicht schlimm, man kann währenddessen auf das Klo gehen und die Zeitungsseiten rasch überblättern. Was mir auffällt: Es scheint aus der Mode zu sein, für die Kameras und Pressefotos auf Goldmedaillen herumzubeißen, was mir immer schon ausgesprochen sinnlos erschien. Gilt das mittlerweile auch irgendwie als rassistisch, diskriminierend oder gesundheitsschädlich, oder weigern sich die Sportler einfach, weil sie selbst nicht erkennen, wozu das gut sein soll?
„Impfen ist ein patriotischer Akt“, sagt der Gesundheitsminister. Das wäre nun wirklich einer der letzten Gründe, die mich überzeugen könnten, wenn ich denn überzeugt werden müsste.
Freitag: Da es morgens stark regnete, fuhr ich mit der Bahn ins Werk. Die Stadtwerke weisen nun per Durchsage in Dauerschleife darauf hin, dass der Aufenthalt auf den Bahnsteigen nur im Falle von (Originalton) „Reiseabsichten“ zulässig ist, man möge die Haltestelle verlassen, wenn man nicht „auf einen Zug beziehungsweise eine Bahn“ wartet, wozu auch immer diese Differenzierung. Vielleicht aus Gendergründen? Und gilt die Fahrt ins Werk auch als Reise?
Der Arbeitstag begann mit einer Besprechung bereits um acht, in der alle durcheinander redeten. Wegen Chefteilnahme musste ich trotz tageszeitlich bedingten Desinteresses gewisse Aufmerksamkeit walten lassen. Es wurde dann dennoch ein recht angenehmer Tag.
Im Haus nebenan ist einer gestorben. Erst sechs Wochen später ist das den Hausbewohnern aufgefallen, wegen des Geruchs. Wie schlimm muss es sein, wenn einen niemand vermisst.
Samstag: Laut Zeitung sind zweiundsiebzig Prozent der Berufstätigen auch im Urlaub für Werksgedöns erreichbar. Da bin ich gerne Teil einer Minderheit, die nicht mal am Wochenende und außerhalb der Bürozeiten erreichbar ist.
Sonntag: „Es ist kein Privileg junger Menschen mehr, sich öffentlich danebenzubenehmen“, steht in der FAS. War es das jemals?
Beim Gehen gesehen:


Kommen Sie gut durch die Woche!