Vorbemerkung: Dieser Aufsatz ist ein Beitrag zu den #BlogWochen2025 von Robert, Benedikt und Dirk, näheres dazu ist hier nachzulesen.
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Laut Andy Warhol erlebt jeder Mensch irgendwann seine persönlichen fünfzehn Minuten Ruhm. Zu meinem ersten Mal, 2010 war das, verhalf mir nicht das Blog, vielmehr war es Twitter. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen wurde Jan-Uwe F., der als der „Taubenvergrämer“ zur Twitter-Prominenz zählte (und vielleicht heute noch zählt, ich weiß es nicht), auf mich aufmerksam. Und also fragte er mich, ob ich Lust hätte, an einer von ihm veranstalteten Lesung teilzunehmen, als Vortragender, wohlgemerkt, nicht nur Zuhörer. Ich fühlte mich geehrt und hatte Lust, auch wenn ich dafür nach Berlin reisen musste. Was ich vortrug, weiß ich nicht mehr, jedenfalls fühlte es sich großartig an, auf einer Bühne mit einem Mikrofon einem größeren Publikum selbst verfasste Texte vorzutragen.
In den Jahren darauf veranstaltete Jan-Uwe weitere Lesungen in einem Kölner Telekomladen, auch dorthin wurde ich mehrere Male eingeladen. Immerhin musste ich dafür nicht nach Berlin fahren, sondern nur eine Stadt weiter. Dort las ich dann Texte aus meinem noch jungen Blog vor. Es müsste davon noch Youtube-Aufnahmen geben, warten Sie mal … hier:
Weitere Gelegenheiten, selbstgeschriebenes vorzulesen, erhielt ich bei den von Johannes initiierten #Mimimimi-Lesungen im Bonner Café Friedrich, auch das hat immer Spaß gemacht, die Abende waren gut besucht und zum Schluss gab es Jägermeister für alle. Dann kam Corona, vorbei war es mit #Mimimimi und Kräuterschnaps. Aber wer weiß, vielleicht irgendwann wieder.
Kürzer und weniger rühmlich waren meine Auftritte beim Rosenkrieg, einem Poetry Slam in der Altstadtkneipe Nyx. Beim ersten Mal schaffte ich es immerhin in die zweite Runde, beim zweiten und letzten Mal erzielte ich mit Abstand den letzten Platz und schwor mir, nie wieder um die Wette zu lesen. Tat ich dann aber doch noch einmal, ist noch gar nicht lange her: Letzten November bei der Lesebühne im Limes, einer Kneipe in der Nordstadt, die mittlerweile schließen musste, womit auch die Lesebühne obdachlos wurde. Schade, dort hätte ich gerne nochmal was vorgetragen. Siehe auch hier.
Dieser Aufsatz wäre unvollständig ohne die Erwähnung von Lothar und seiner Lesebühne TapetenPoeten in der alten Tapetenfabrik in Beuel. Dort durfte ich des öfteren was vorlesen als einer von vieren. Auch außerhalb der TapetenPoeten hatte ich schon zweimal Gelegenheit zu einem Leseabend zu zweit mit ihm. Das waren jeweils wesentlich mehr als eine Viertelstunde, wobei, Ruhm … na ja: Die beiden Abende hätten mehr Publikum vertragen. Spaß gemacht hat es trotzdem. Leider gibt es auch die TapetenPoeten nicht mehr. Aber vielleicht ergibt sich nochmal Gelegenheit zu einer gemeinsamen Lesung. Ich würde es wieder tun, auch für nur wenige Zuhörer. Eine Lesung als alleinig Vortragender schließe ich hingegen aus. Das möchte ich niemandem zumuten.
Da fällt mir ein, meine ersten fünfzehn Minuten Ruhm, vielleicht waren es auch ein paar mehr oder weniger, hatte ich bereits 1986 während der Abschlussfeier unseres Abiturjahrgangs in der Aula des Heeper Gymnasiums, zu einer Zeit also, als das Wort Blog noch unbekannt war, mir jedenfalls, was nicht viel heißt. Dort hielt ich anstelle der Jahrgangsstufensprecherin die Abiturrede; zu erklären, wie es dazu kam, würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen, im weitesten Sinne war Alkohol beteiligt. Die Rede (ohne Alkohol) kam jedenfalls recht gut an. Das Manuskript habe ich noch, muss ich demnächst mal raussuchen.
Montag: Beginn einer kleinen Woche. Wiederum auf vielfachen Wunsch einer einzelnen Person habe ich den freien Tag ausnahmsweise von Donnerstag auf Freitag verlegt, zumal auch die Wetterprognose für Freitag trockener ausfällt, jedenfalls Stand heute; das kann sich bis dahin noch ändern, ist dann eben so.
Als in einer Besprechung von „in zehn Jahren“ die Rede war, konnte ich mir die Erwiderung „Mir ist das egal, dann bin ich weg“ nicht verkneifen. Eine angenehme Gewissheit.
Da ich vormittags, wie sonst üblich, nicht dazu kam, die Mutter anzurufen, holte ich das am Nachmittag nach. Antwort: „Ich habe dich noch gar nicht vermisst.“ Es wurde dennoch ein angenehmes Gespräch.
Der Arbeitstag wurde lang. Nicht, weil so viel zu tun war, sondern weil nachmittags ein längerer, fahrradunkompatibler Regenschauer abzuwarten war.
Das ist mein Blog. Mein Tagebuch. Weniger Perfektion. Mehr Banalität. Mehr Belangloses. Denn unser Leben ist nicht immer aufregend, unsere Gedanken nicht immer tiefschürfend, die Sätze nicht immer ausbalanciert, ein Fazit nur selten vorhanden.
So ist es und so gilt es auch für dieses Blog, das zu lesen Sie sich freundlicherweise gerade die Zeit nehmen.
„Kann denn Liebe Sünde sein?“ fragte einst Zarah Leander. Die Antwort lautet ja, jedenfalls machten diese Erfahrung kürzlich ein Manager und seine Personalleiterin, beide verheiratet, nur eben nicht miteinander, als sie während eines Coldplay-Konzerts in inniger Zuneigung von der Hallenkamera erfasst wurden und ihr zweisames Glück für jedermann sichtbar auf dem großen Bildschirm dargestellt sahen, Sie haben das vermutlich in den Medien mitbekommen, vielleicht darüber hämisch gegrinst und Kommentare geleikt. Wie heute in der Zeitung zu lesen war, trat der Manager nun von seinem Posten zurück und die Dame wurde beurlaubt. Meine Güte. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht, sie haben doch nichts Böses getan. Das mit der Kamera war Pech, allenfalls etwas ungeschickt.
Dienstag: Zu früher Stunde brach der Liebste auf nach Amerika, wo er eine Woche lang beruflich zu tun hat. Mittags nach amerikanischer und abends nach unserer Zeitrechnung traf er am Ziel ein.
Während des Fußwegs ins Werk dachte ich über Kunst nach, man hat ja sonst nichts zu bedenken. Gewiss ist es Kunst, besonders gut malen, dichten oder singen zu können, manche können davon leben, auch wenn man sich bei einigen (ich nenne keine Namen) fragt, wie das sein kann. Doch liegt wahre Kunst nicht im Alltäglichen? (Nein, dieses Blog ist nicht gemeint, auch wenn es so heißt.) Auf diesen Gedanken kam ich bei Betrachtung des gepflasterten Weges. Wieviel handwerkliches Können, wovon sich das Wort Kunst einem geflügelten Wort zufolge ableitet, liegt doch darin, die Steine derart in gleichförmigen, harmonisch ineinandergreifenden Bögen zu verlegen. Wer mag sich dieses traditionelle Muster dereinst ausgedacht haben, und ist es nicht wunderbar, es auch heute noch vielfach in Anwendung zu sehen? Dagegen ist so manche Skulptur eher abgewandte Kunst.
Angewandte Kunst
Eine besondere Kunst ist auch das Jonglieren. Im Büro ist derzeit viel zu tun. Dabei kann ich die anstehenden Aufgaben nicht blockweise abarbeiten, wie es am effizientesten wäre, sondern muss mich unter ständigem Umdenken mehrerer Gewerke parallel annehmen, jeweils immer nur ein bisschen, dann muss erst wieder ein anderer was tun, ehe ich weitermachen kann. Das fühlt sich auch ein wenig an wie mehrere Bälle in der Luft zu halten.
Gefreut: über eine weitere Postkarte abends im Briefkasten, dieses Mal aus dem Bonner Süden. Gut, dass ich zufällig gerade heute frische Briefmarken gekauft habe.
Schon länger habe ich mich nicht mehr der WordPress-Tagesfrage gewidmet, die von heute gefällt mir: „Was würdest du an der modernen Gesellschaft ändern?“ Auch auf die Gefahr hin, mich dem Vorwurf gewisser Rückständigkeit ausgesetzt zu sehen: Nicht blind darauf vertrauen, dass sich alles durch Digitalisierung und mit sogenannter Künstlicher Intelligenz lösen lässt. Wenn irgendwann der große Stromausfall kommt, und ich rechne fest damit, das selbst noch zu erleben, werden wir erhebliche Probleme bekommen. Aber auf mich hört ja niemand.
Mittwoch: Als ich morgens sah, wie ein Bus haarscharf an einem Radfahrer vorbeizog, dachte ich: Das ist Natur. Der Mensch ist wohl das einzige Wesen, das glaubt, es könne das natürliche Recht des Stärkeren allein durch Regeln der Straßenverkehrsordnung außer Kraft setzen. Dabei halte ich mich keineswegs für einen besseren Menschen, doch freue ich mich immer wieder über den zunächst irritierten Blick, anschließend das Lächeln der Fußgänger, wenn ich mit dem Fahrrad vor einem Zebrastreifen anhalte, um sie passieren zu lassen.
Im Werk übte ich mich weiter im Jonglieren der Aufgaben, wobei ein Bällchen im Laufe des Tages aus dem Spiel genommen wurde, die anderen wurden deutlich leichter.
Auch gelesen: „Mehr als ein Jahrhundert später hat Bademode als körperpolitische Chiffre wenig von seiner Brisanz verloren.“ Dass selbst dem SPIEGEL dieser Fehler unterläuft, erschüttert ein wenig.
Donnerstag: Morgens begegnete mir wieder eins dieser modernen Klappfahrräder mit den winzigen Rädern. (Der Geliebte nennt sie „Ballettrad“, auch wenn das wenig Sinn ergibt, jedenfalls sah ich noch nie ein Tanztheater, wo solche choreografisch eingebunden waren, aber was nicht ist … Sie wissen schon.) Die mögen praktisch und platzsparend sein, und doch erinnert mich der Anblick einer solchen Fahrrad-Fahrer-Einheit stets an Zirkusäffchen.
Demnächst sind Kommunalwahlen:
Mehr Mut zum Achselhaar. Finde ich gut.
Freitag: Laut Radiomeldung morgens muss Google elftausend Euro Schadensersatz an einen Mann zahlen, weil er von der Streetview-Kamera erfasst und öffentlich sichtbar wurde, derweil er nackt im Vorgarten weilte. Manches kann man sich nicht besser ausdenken.
Kommen wir zur nächsten Folge der Reihe „Was schön war“: Nach gemütlichem Frühstück auf dem Balkon mit dem Geliebten unternahm ich eine nicht sehr lange, indes wieder schöne Wanderung durch die Wahner Heide ab und bis Troisdorf. Schon mehrfach durchwanderte ich dieses abwechslungsreiche, steigungsarme und waldreiche Gebiet, für warme Tage wie heute ideal. Das Heidekraut steht erst im Spärsommer/Herbst in voller Blüte, ein guter Grund, dann nochmal wiederzukommen.
Voila:
............Mit herzlichem Gruß nach Augsburg..
Schön war auch das anschließende Belohnungsbier (heute ohne Currywurst) auf dem Bonner Marktplatz. Währenddessen kurvte ein mittelalter Mann mit auffallend buntem Hemd und Hut auf dem Fahrrad durch die Passanten, nicht schnell und aggressiv wie die radelnden Speisesklaven, sondern gemächlich und umsichtig. Im Gepäckträgerkorb tönte Musik aus einer Plärrdose, der Fahrer spielte dazu einhändig auf einer Mundharmonika. An der Fischbude machte er Halt, holte sich ein Fischbrötchen und schob das Rad anschließend zu einem Tisch im Außenbereich einer Gaststätte, nahm Platz und verzehrte das Brötchen. Zwischendurch dirigierte er zur weiter laufenden Musik, später, nachdem er aufgegessen hatte, nahm er die Mundharmonikabegleitung wieder auf. Unter anderem zu Oh, Donna Clara, das mir danach für mehrere Stunden als Ohrwurm erhalten blieb. Ein bisschen irre, aber augenscheinlich lebensfroh. Dem Personal des Wirtshauses schien er bekannt zu sein, niemand kam, um eine Bestellung aufzunehmen oder ihn zu vertreiben.
Samstag: Ein angenehm ruhiger, warmer Tag ohne besonderen Bloggenswert; ich möchte Sie nicht langweilen mit Berichten über externes Frühstück und Menschenkucken zu zweit in der Fußgängerzone, gemeinschaftliche Hofreinigung mit den Nachbarn, den Altglasentsorgungsspaziergang, der gar nicht zufällig durch den Lieblingsbiergarten führte und Grillen am Abend. Deshalb ist es an der Zeit für die nächste Frage:
Frage Nr. 137 lautet: „Welche Seite im Internet besuchst du täglich?“ Das ist einfach und schnell beantwortet: Diese hier, um den täglichen Eintrag zum Tage vorzunehmen, denn es gibt immer was zu schreiben, und wenn es nur darüber ist, dass es heute nichts zu schreiben gibt, siehe oben.
Sonntag: „Parken, wo andere Urlaub machen“ wirbt ein wenig pittoreskes Parkhaus per Bildschirmreklame in der Bonner Innenstadt, wie ich morgens beim Brötchenholen sah. Urlaub in der Großgarage, man muss es schon mögen. Andererseits, andere fliegen zum Ballermann oder fahren in den Skiurlaub, beides muss ich auch nicht haben.
Der heftige Regen, dessen intensives Rauschen uns morgens geweckt und sich positiv auf meine Motivation ausgewirkt hatte, noch etwas liegen zu bleiben, hörte im Laufe des Vormittags auf und kehrte entgegen der Ankündigung in der Wetter-App bis zum Redaktionsschluss nicht zurück. Deshalb benötigte ich den zum Spaziergang vorsichtshalber mitgenommenen Schirm nicht, vielmehr wurde meine Vorsicht mit Sonnenschein belohnt.
Zum Schluss ein paar weitere Bilder der Woche:
(Dienstag)Vermutlich bin ich mal wieder der einzige, der das lustig findetAlte Kölsche WeisheitIdyll in BahnhöfsnäheImmer höflich bleiben, ganz wichtig
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.
Montag: Der erste Arbeitstag der neuen Woche verlief weitgehend in einer angenehmen Müdigkeit; außer ausgezeichneten Maultaschen zum Mittagessen ist mir zum Zeitpunkt dieser Notiz nicht viel mehr erinnerlich. Am frühen Abend zog ein heftiger Regenschauer mit Gewitter und Windböen über Stadt, Land und Fluss, drei unserer Balkonkästen riss es in die Tiefe. Nach jetzigen Erkenntnissen kam dabei niemand zu Schaden. Erst Stunden später zogen wieder die Mauersegler ihre Runden ums Haus, als wäre nichts gewesen. Später nach Einsetzen der Dämmerung, als ich noch beim Abendglas auf dem Balkon saß, waren sie verschwunden und Fledermäuse übernahmen die Nachtschicht am Mückenbüffet, derweil aus einer nahen Wohnung ein Haushaltsgerät piepte. So wie in der Stadt ständig irgendwo einer rumbölkt, piept auch immer irgendwas.
Dräuendes Gewölk, kurz vorher
Dienstag: Persönliche Pein in der Mittagspause: Da ich es versäumt hatte, das Kantinenguthaben auf dem Mitarbeiterausweis zu prüfen und nachzuladen, reichte es nicht mehr für ein Dessert. Nicht auszudenken, wenn es ausgerechnet heute Götterspeise gegeben hätte.
In der Kaffeeküche steht auf der Spüle nahezu täglich ein gebrauchtes Sektglas mit einem Kaffeelöffel darin. Abgesehen von der Frage, warum der- oder diejenige nicht in der Lage ist, es direkt in die Spülmaschine zu stellen, wüsste ich gerne, was darin zuvor verzehrt wurde.
Als Ausgleich für entgangene Dessertfreude mittags genehmigte ich mir auf dem Rückweg ein Feierabendbier. Bei Rückkehr am trauten Heim fand ich im Briefkasten eine Postkarte aus Trier vor und freute mich.
Mittwoch: Vielleicht lag es am Wetter – es war recht kühl, zeitweise fiel Regen – dass heute die Inspiration, hier etwas Sinnvolles zu vermerken, ausblieb. Was keineswegs heißen soll, es ergäbe immer Sinn, was hier an warmen, trockenen Tagen notiert wird.
Wo Worte ausbleiben, sollen Bilder sprechen:
Rätselhaftes Wahlplakat – Was mag das Sternchen bedeuten?Allein schon wegen der Frisur und des eingeschobenen F. muss man ihn einfach ins Herz schließen
Die Linke verheißt* per Plakat übrigens: „Ohne Linke kein Theater“. Ob die sich das gut überlegt haben?
*In Zeiten der Klimaerwärmung ein interessantes Wort
Donnerstag: Auf dem Fußweg ins Werk begegnete mir am Rheinufer eine mutmaßliche Mutter mit Kinderwagen. Dabei sah sie, jedenfalls solange sie sich in meinem Blickfeld befand, kein einziges Mal auf ein Datengerät. Als wir aneinander vorbeigingen, war ich versucht, ihr den gehobenen Daumen entgegen zu halten.
Ich liebe es, wenn jemand einen Satz mit Bedeutung anzureichern sucht, indem er ihn mit dem energisch ausgesprochenen Wort „Punkt“ beendet, danach aber keinen solchen macht und stattdessen nicht minder bedeutungsvoll weiterredet.
Zusammenhangloser Gedanke während einer langweiligen Besprechung: Wenn etwas verbessert werden soll, spricht man von optimieren. Warum heißt es nicht, wenn das Gegenteil eingetreten ist, pessimieren?
WordPress gratuliert mir zum zehnten Jahrestag als Nutzer desselben. Ich danke herzlich, sofern es sinnvoll ist, einem Algorithmus zu danken. Doch messe ich dem keine größere Bedeutung bei, da dieses Blog ja schon viel älter ist.
Freitag: Das Landlebenblog, das zu abonnieren ich Ihnen empfehle, veröffentlicht regelmäßig, also vielleicht nicht regelmäßig im Sinne von wöchentlich, jedenfalls wiederkehrend Berichte mit dem Titel „Was schön war“. Das finde ich gut, wird doch meistens eher über Negatives, Empörendes geschrieben, selten hingegen darüber, was gut gelaufen ist. Auch dieses Blog neigt meistens eher zum Lästern denn zum Lob, gebe ich ja zu. Warum also nicht wenigstens einmal wöchentlich das Gute hervorheben, also: was schön war. Vielleicht jeden Freitag, der ohnehin wegen des beginnenden Wochenendes meistens im Lichte des Optimismus erstrahlt, nicht immer, indes öfter als der Montag. Ob mir das wirklich jeden Freitag gelingt, kann ich nicht versprechen, vornehmen werde ich es mir jedenfalls. Was also heute schön war:
Nach dem zwar nicht auffallend schönen, immerhin insgesamt angenehmen Arbeitstag radelte ich bei ebenso angenehmen Wetter entlang des Rheins nach Hause. An einer freien Bank hielt ich an, stellte das Fahrrad ab und setzte mich, dann rief ich meinen Jugendfreund U. in Bielefeld an, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Das war sehr schön, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich normalerweise höchst ungern telefoniere.
Schön auch wieder die Wochenkolumne von Kurt Kister, hier ein Auszug:
In allen Fraktionen gibt es Menschen, deren nahezu höchster Lebenszweck die Insubordination ist, also das Abweichen von der Mehrheit, das Nölen, das verbale Hinterhertreten. Diese Menschen merken meistens, dass ihnen von Seiten der Fraktionsführung, von oben, nichts wirklich Schlimmes passiert, sie aber andererseits durch die Einladung in Talkshows belohnt werden. Talkshows leben geradezu von Abweichlern jeder Art, sei es von der Parteilinie oder der Vernunft.
Gehört: „Transsubstantiation? Das ist doch das mit Ebbe und Flut, Gleichstrom und Wechselstrom, nicht?“
Ebenfalls jenseits aller Vernunft dieses seltsame, mutmaßlich irrwitzig teure Fahrzeug, das am späten Abend vor dem Haus stand und bald darauf mit dumpfem Getöse abfuhr
Samstag: Heute war Pride Bonn, eine Veranstaltung, die inzwischen leider zunehmend an Wichtigkeit gewinnt, wie auch hier und vor langer Zeit schon dort dargelegt. Sie begann als Demonstrationszug von Beuel in die Bonner Innenstadt, wo sie auf dem Münsterplatz endete. Aus zeitlichen Gründen konnte ich nicht am Zug teilnehmen, wollte aber wenigstens durch Anwesenheit bei der Schlusskundgebung meinen kleinen Teil dazu beitragen.
Da ich früher auf dem Münsterplatz eintraf als der Zug, nahm ich in der dortigen Außengastronomie Platz und bestellte eine Limonade. Wieder einmal fragte ich mich, wozu solche Getränke fast immer mit einem Trinkhalm serviert werden und legte ihn beiseite. Wieviel Plastikmüll könnte vermieden werden, würde auf diesen Unfug verzichtet. Einer lief mit einem großen Schild „Single“ über den Platz, offenbar erschien ihm hier und heute eine gute Gelegenheit, den passenden Partner zu finden.
Schließlich traf der Zug ein mit zahlreichen Regenbogenfahnen beziehungsweise ihren diversen Unterarten unterschiedlichster Farbkombinationen, deren Symbolik ebenso wie die LGBTQundsoweiter-Buchstabenreihe inzwischen eine Wissenschaft für sich geworden ist; ob das der Sache dienlich ist, ich weiß es nicht. Ansprachen wurden gehalten, es endete mit einer durchaus beeindruckenden Gruppen-Tanzeinlage. Wichtig: Die Veranstaltung wurde nicht gestört durch rechte oder religiöse Spinner. Wenn ich höre und lese, was zu solchen Anlässen mittlerweile in anderen Städten passiert, gruselt es mich und macht mir persönlich Angst. Hoffen wir, dass wenigstens der Single sein Glück gefunden hat.
Zurück zu leichteren Themen: die nächste Frage. Heute die …
Niemals.
Frage Nr. 17 lautet: „An welchen Urlaub denkst du mit Wehmut zurück?“ Es gab viele schöne Urlaube, auch wenn Fernreisen nie meins waren: die Familienurlaube meiner Kindheit in Büsum an der Nordsee und im Allgäu; Eisenbahntouren mit (gestern genanntem) Freund U. und dem Tramper-Monatsticket durch Deutschland in den Achtzigern; die Gran Canaria-Urlaube in den Zweitausendern mit dem Liebsten und zwei Freunden; seit den Zehnerjahren immer wieder Südfrankreich; seit den Zwanzigern altersgerechte Flusskreuzfahrten. Einige davon sind in besonders schöner Erinnerung geblieben, aber Wehmut? Gut, viele der Bahntouren lassen sich nicht wiederholen, weil zahlreiche der bereisten Strecken heute längst stillgelegt und abgebaut sind. Auch die Urlaube auf Gran Canaria würden heute anders verlaufen: ruhiger, entspannter, weil Sturm und Drang, die mit Mitte dreißig noch tosten, sich gelegt haben, es liegt mir fern, das zu beklagen. Nein, Wehmut stellt sich dabei nicht ein.
Sonntag: Der übliche Spaziergang entfiel zugunsten einer Radtour mit dem Liebsten an der Sieg entlang bis nach Hennef, wo ein idyllisches, direkt am Fluss gelegenes Ausflugslokal Aufenthaltsqualität in Aussicht stellte, um dieses in letzter Zeit in den Medien stark strapazierte Wort auch mal zu verwenden. Dort fanden wir reichlich Platz und stärkten uns mit Currywurst und Landbier für die Rückfahrt. Pünktlich bei Rückkehr zu Hause setzte stärkerer Regen ein, auch das eine oder andere Donnergrollen ließ sich vernehmen. Nach knapp einer Stunde war es wieder vorüber, es blieb bewölkt. Warum auch nicht.
Siegauen zwischen Sieglar und Meindorf
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.
Montag: Ein nicht allzu trüber (manche würden schreiben: okayer, mich graust bei solchem Wortungeziefer) Wochenstart mit Regen, Kühle und einem frühen Arbeitsende, weil sich direkt eine Eigentümerversammlung anschloss, die ebenfalls erfreulich kurz und diskussionsarm verlief. Mehr gibt es über den Tag nicht zu berichten, das muss nicht schlecht sein.
Dienstag: Es ist weiterhin kühl, aber trocken. Bei angenehmem Jackenwetter ging ich zu Fuß ins Werk und zurück. Gedanke auf dem Rückweg: Kann es sein, dass das durchschnittliche Alter der Kinder, die von ihren Eltern im Kinderwagen durch die Gegend kutschiert werden, kontinuierlich ansteigt? Vielleicht lassen sich demnächst auch Sechzehnjährige derart chauffieren. Immerhin können sie dann, wenn sie ein Bedürfnis drückt wie Hunger, Kotreiz oder auf den Arm, per Smartphone Kontakt aufnehmen mit dem displaystarrenden, ohrstöpselbewehrten Elternteil.
Mein Kollege, der mich offenbar gut kennt, überreichte mir einen Artikel aus dem ZEIT-Magazin, in dem der Autor Jörg Burger ein Plädoyer auf das Feierabendbier hält. Daraus sei zitiert:
Modisch zeitgemäß wäre es, wenn ich einen rötlich sprudelnden Drink bestellen würde […] Ich trinke allerdings: ein Feierabendbier. […] Seit die Arbeit ein Teil des guten Lebens sein soll und nichts, für das man sich eben zusammenreißt, weshalb man sich abends wieder locker machen kann, gibt es nicht mehr viel zu feiern. […] Wer heute bei der Arbeit digitalen Ablenkungen widerstanden und nicht getrödelt hat, der ist beim ersten Schluck, das kühle beschlagene Glas in der Hand, den Schaum des frisch Gezapften auf der Oberlippe: ein zufriedener Mensch. […] Um 18 Uhr reicht eins. Aber noch eins ist meistens auch nicht falsch. […] Heute finden die Experten, das Leben sollte risikolos sein: null Alkohol. Aber wird es dadurch besser?
Ich fühle mich verstanden und inspiriert, daher verband ich einen Einkaufsauftrag am frühen, wieder sonnigen Abend sogleich mit dem Besuch einer Gaststätte in der Altstadt, wo draußen zufällig ein Tisch frei war. Ich trank nur eins und war sehr zufrieden.
Weg ins Werk
Mittwoch: „Netanjahu schlägt Trump für den Friedensnobelpreis vor“, steht in der Zeitung. Manchmal ist es zu wahr, um schön zu sein oder, wie Dieter Nuhr sagte: Was soll man da als Satiriker noch machen?
Gunkl schrieb: „Ein Diszept ist eine lose Sammlung miteinander unvereinbarer, gleichwohl nicht zutreffender und schon gedanklich hochgradig schleißig ausformulierter Annahmen. Kommt häufiger vor, als es die Seltenheit des Begriffes vermuten läßt.“ Das kann ich bestätigen, wobei mir das Wort „schleißig“ bis heute unbekannt war, aber man kann ja nun wirklich nicht alle Wörter kennen. Laut Duden bedeutet es verschlissen, abgenutzt.
Donnerstag: Kühle und Regen vom Wochenbeginn haben sich verzogen, perfektes Wanderwetter, zufällig an meinem freien Inseltag. Und also wanderte ich: die sechste Etappe des Natursteig Sieg, namentlich eine Runde um Herchen. Klingt harmlos, doch die Strecke hat es in sich. Sie führt überwiegend durch Wälder, teils auf bequem begehbaren breiten Wegen, lange Strecken aber auch über schmale Pfade, teils hart am Abhang, mit zahlreichen Stolperstellen, man muss ein wenig aufpassen. Es empfiehlt sich, einen Wanderstock zu benutzen. Kürzlich schaute ich mal in einem Sportfachgeschäft danach, man zahlt viel Geld dafür. Wesentlich günstiger ist die Variante, für die ich mich entschied: einen der zahlreich am Boden herumliegenden Äste aufheben, geht auch. In meiner ostwestfälischen Kindheit hieß die Mehrzahl von Stock übrigens „Stöcker“, ausgesprochen „Stöcka“. Nun wissen Sie das auch.
Insgesamt war es anstrengend, aber auch wieder beglückend. Zwänge man mich, etwas negatives zu nennen, dann die hier und da etwas liederliche Wegmarkierung, nach der ich mich lieber orientiere anstatt andauernd das Datengerät zu zücken. So verpasste ich manche Abzweigung und musste jeweils ein Stück zurück gehen. Andererseits, wer darin unnötig gelaufene Meter sieht, hat das Prinzip Wandern nicht verstanden.
Die Bahn war heute sowohl hin als auch zurück erfreulich pünktlich, wobei schon die Anreise durch das Siegtal erste Glücksgefühle erzeugt; ich empfehle dringend, aus dem Fenster statt auf das Telefon zu schauen. Bei einem Halt sah ich auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig einen Arbeiter (darf man das noch schreiben?), der ohne jede erkennbare Hast ein paar Staubkrümel erst nach links fegte, dann nach rechts. Das wiederholte er mehrmals mit großer Sorgfalt, schließlich kehrte er sie in die davor liegende, mit einem Rost bedeckte Abflussrinne. Vermutlich fühlte er sich unbeobachtet. Ich musste grinsen.
Bilder des Tages:
..Mahnmal an seltsame ZeitenDie Sieg bei StrombergO Täler weit, o Höhen....DeutschlandpilzFür Lotte..MoosansichtNie zuvor sah ich so viele wilde Himbeeren am WegesrandVerdient, bitte denken Sie sich dazu Currywurst an Pommes
Freitag: Vielleicht war es eine Nachwirkung gestriger Anstrengungen, jedenfalls befand ich mich heute in seltsamer Stimmung. Namentlich fühlte ich mich gestört von Verhaltensweisen anderer: ein quer auf dem Gehweg abgestellter Elektoroller; schon morgens öffentlich telefonierende Menschen und andere, die langsam vor mir her gingen und dabei aufs Telefon schauten; (obwohl ich selbst zu Fuß ging) Läufer auf dem Radweg und Radfahrer, die ohne zu schauen auf den Radweg einbiegen, sich während des Fahrens schnäuzen, indem sie sich ein Nasenloch zuhalten und den Rotz aus dem anderen heraussprühen oder mit irritierender Selbstverständlichkeit aus einer lärmenden Dose die Umgebung mit zweifelhafter Musik beschallen; hupende Autos und solche, die noch bei rot über die Kreuzung brausen sowie weitere Regelverstöße, die mich weder persönlich beeinträchtigten noch mir etwas nahmen. Ich möchte das nicht, ich möchte nicht, dass mich derlei zu stören vermag. Wenn sich das festsetzt, werde ich womöglich irgendwann zum misanthropischen Mopperer, der Leserbriefe schreibt, die Nachbarin wegen des lauten Wellensittichs verklagt und Falschparker aufschreibt, das kann man ja nun wirklich nicht sein wollen. Und vielleicht nehmen andere an mir genauso Anstoß, wenn ich wie üblich die rote Fußgängerampel ignoriere, was bei neutraler Betrachtung auch nicht besser ist.
Der Maileingang war nach einem Tag Abwesenheit ungewöhnlich umfangreich. Darunter Imponderabilien, die sich im Laufe des gestrigen Tages von selbst erledigt haben. Was ein weiteres Mal belegt: Es ist selten ratsam, Dinge sofort anzugehen.
Auf dem Rückweg passierte ich in der Innenstadt eine Gruppe Greenpeace-Aktivisten, die das Gespräch suchten, siehe auch meine Anmerkungen dazu in der vergangenen Woche. Anscheinend konnten sie schon meinen Blick dahingehend deuten, dass eine Ansprache sinnlos war, jedenfalls versuchten sie gar nicht erst, mich anzuquatschen.
Nach der Arbeit war ich beim Friseur, der sein Handwerk wie immer sehr zufriedenstellend und vor allem schweigend vollzog, schon letzteres ist Grund genug für ein angemessenes Trinkgeld.
Manchmal ist das Leben voller Rätsel
Samstag: Die schönsten Wochenenden sind zumeist die ohne Termin im Kalender, wie dieses. Das heißt nicht, dass wir nichts machten. So wie man laut Paul Watzlawick nicht nicht kommunizieren kann, kann man auch nicht nichts machen; selbst wenn man nur auf dem Sofa sitzt und die Tapete anschaut, macht man was. Heute früh beim ersten Toilettengang fielen mir zu diesem Thema kluge Sätze ein, die ich hier ins Blog schreiben wollte, leider war ich da noch zu schläfrig und bequem, sie zu notieren, nun sind sie größtenteils verschwunden. Nur das mit Watzlawick habe ich mir gemerkt, immerhin.
Der große Telekommunikationsanbieter, früher bekannt als Deutsche Bundespost – Fernmeldedienst, feiert an diesem Wochenende sein dreißigjähriges Bestehen. Die Innenstadt sowie das gegenüberliegende Beueler Rheinufer sind dekoriert in Magenta, auf dem Münsterplatz drängeln sich die Menschen, von einer Bühne dröhnt Livemusik, an zahlreichen Ständen stehen sie Schlange, wodurch ich augenblicklich das Interesse daran verlor, zu erfahren wofür sie anstehen. Als ich noch beruflich damit zu tun hatte, standen sie einmal im Monat bei mir Schlange, um ihre Telefonrechnung zu bezahlen, und zweimal im Jahr für das neue Telefonbuch. Mir war das zu voll und zu laut, deshalb zog ich es vor, etwas abseits davon ein Getränk zu mir zu nehmen und dem Treiben zuzuschauen.
Autsch
„Temu greift mit Tütensuppen an“, steht in der Zeitung. Auch das noch.
Frage Nr. 533 lautet: „Würdest du etwas stehlen, wenn du nicht dafür bestraft würdest?“ Nein, jedenfalls nichts, was man auch käuflich erwerben kann. Was anderes auch nicht, jedenfalls fällt mir spontan nichts ein. Gut, das Bahnhofsschild aus Aerzen, das an der Wand über der Modelleisenbahn hängt, ist streng genommen gestohlen; da die Strecke zu dem Zeitpunkt bereits stillgelegt war, würde ich es eher als „weggefunden“ bezeichnen, es wäre sonst vermutlich im Schrott gelandet. Im übrigen ist das eine seltsame Frage. Ist es noch Diebstahl, wenn im Erwischensfalle keine Strafe droht?
Abends gingen meine Lieben und ich rüber ans andere Rheinufer, um uns zusammen mit einigen tausend Anderen die Drohnenshow anzuschauen, die die Telekom zu ihrem Jubiläum bot. Zunächst war ich skeptisch, weil ich große Menschenansammlungen nicht mag, doch es war sehr entspannt und ungedrängt. Es hat sich gelohnt, ich fand es äußerst faszinierend, wie viel Freude siebenhundert Drohnen verbreiten können, wenn sie friedlich eingesetzt werden. Auch wenn der Stromverbrauch der dahinter stehenden Rechenleistung womöglich dem Tagesbedarf einer mittleren Kleinstadt entspricht.
Gehörte Erkenntnis: „Was der Rhein doch groß ist. Um auf die andere Seite zu kommen, brauchste ne Brücke.“
HerkunftKirschblüteVielfalt – leider jetzt nicht mehr überallIch danke auch – es war großartig
Sonntag: Aus der Sonntagszeitung: „Wer jemals versucht hat, einen halben Meter Baguette mit nach Hause zu nehmen, weiß, dass der Transport der überbordend langen Gebäckstangen schnell zum logistischen Desaster werden kann.“ Dagegen gibt es nun Abhilfe:
(FAS)
Immer wieder schön, wenn Probleme gelöst werden, die es gar nicht gibt.
Ein solches sind auch graue Haare, die sich mit zunehmendem Alter bilden. Eigentlich wollte ich es nicht mehr tun, doch das Zeug war ohne mich zu fragen schon gekauft. Nach massivem sozialen Druck meiner Lieben musste ich sie heute nochmals färben. Das Ergebnis ist nicht schlecht, aber doch gewöhnungsbedürftig, sie sind nun deutlich dunkler als zuvor. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, sind Sie also schon mal vorgewarnt. Das war ganz sicher das letzte Mal.
Spaziergangsbild vom nicht mehr ganz so großen Rhein
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die Woche.
Montag: Die Büros waren für einen Montag ungewöhnlich stark belegt, was daran liegen mag, dass der Turm gut gekühlt ist, während draußen das früher sogenannte schöne Wetter vor sich hin glüht. Die Rückfahrt mit dem Rad war dementsprechend mühsam, irgendwas ist ja immer.
Nach Rückkehr holte ich in der nicht minder heißen Innenstadt Brötchen für das Abendessen. Dabei kam ich mal wieder an einem Stand junger Aktivisten vorbei, die unschuldigen Passanten ein Gespräch über ihr Anliegen aufzuzwingen suchten, vielleicht Kinder-, Tier- oder Klimaschutz, ich habe nicht so genau darauf geachtet. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, das sind wichtige Anliegen, aber diese Leute sind unangenehm anstrengend. Als ich mich also näherte, winkte mir eine Aktivistin zu und rief mit der üblichen aufgesetzten Fröhlichkeit „Halloho!“ Da ich als überzeugter Passivist solchen Gesprächsgesuchen gegenüber nicht an einer Konversation interessiert war, erwiderte ich das Halloho nicht minder fröhlich und ging weiter meines Weges. Auch gegenüber Nervensägen immer höflich bleiben.
Früher lag die Macht in der Familie beim Besitzer der Fernseherfernbedienung. Heute ist es das Bedienaggregat für die Klimaanlage. (Geschrieben mit steifgefrorenen Fingern.)
Dienstag: Als ich morgens zu Fuß ins Werk ging, saß auf einer Bank am Rheinufer eine junge Frau und übte Blockflöte. Vor ihr stand ein Notenständer, die Noten waren daran mit Klammern befestigt, damit sie nicht vom bereits morgens sehr warmen Südwind fortgeblasen wurden. Sie spielte nicht schlecht, doch begann sie das mir unbekannte Stück mehrfach von vorn. Ganz offensichtlich spielte sie nicht für Publikum oder mit dem Ziel, dafür von Passanten Münzen zu beziehen, jedenfalls stand kein Sammelbecher vor ihr. Warum sie als Ort für ihr Üben das Rheinufer anstatt der heimischen Stube wählte, weiß ich nicht. Vielleicht ist es dort zu warm oder sie hat geräuschsensible Nachbarn. Ähnliches gilt vermutlich für den schon vor einiger Zeit erwähnten Trompetenspieler, der täglich mittags in der Tiefgarage des Mutterhauses übt, wo es schön hallt, aus den Schächten herausschallt und weithin zu hören ist. Nein, nicht schön: Nie hörte ich ihn ein Lied oder wenigstens Teile davon spielen, immer nur wiederkehrende, öde Tonfolgen. Dabei erreicht er erstaunliche Höhen, jedenfalls manchmal, wenn er den Ton trifft. Gleichwohl, hören möchte man es nicht. Dagegen war die Flötistin richtig gut.
In einer Stellungnahme las ich das schöne Wort „Erwachsenenunterhaltung“ als Umschreibung für unterleibserfreuende Anregungsmedien und notierte es für alle Fälle.
Heimweg durch SchattenHeiß
Aus der Zeitung:
(General-Anzeiger Bonn)
Aufgrund einer spontanen Idee des Liebsten gab es zum Abendessen Sushi, für mich zum ersten Mal. Hat gut geschmeckt, gerne wieder. Und das mit den Stäbchen versuchen wir beim nächsten Mal.
Mittwoch: Heute sei der heißeste Tag des Jahres, sagte morgens der Mann im Radio. Anfang Juli eine eher gewagte Prognose.
Nachmittags hatte ich einen Termin in einem anderen Gebäude unweit des Mutterhauses. Der Weg dorthin und zurück fühlte sich an, als würde ich von einem riesigen, unsichtbaren Fön auf höchster Temperaturstufe angeblasen. Um dem ganzen noch eine gewisse Absurdität zu verleihen, trug ich eine Fleecejacke im Unternehmesdesign mit mir für einen Fototermin, die dann doch nicht gebraucht wurde.
„Jetzt müssen wir aber wirklich was gegen den Klimawandel tun“ ist mal wieder überall zu hören. Morgen wird es kühler, dann sind die Benzinpreise wieder wichtiger. Wohlstand, Wachstum, Wirtschaft und so. Und die nächste Urlaubsreise in sonnige Gefilde, die haben wir uns nun wirklich verdient.
Letzten Freitag schrieb ich: „Für die Rückfahrt mit dem Fahrrad war ich genötigt, eine neue Strecke zu nehmen, weil die bisherige Route inklusive möglicher Varianten wegen mehrerer Baustellen zurzeit nicht nutzbar ist. Ging auch. Mal sehen, wie lange, ehe auch diese wegen neuer Bautätigkeiten unpassierbar wird.“ Raten Sie mal, was heute auf der Rückfahrt den Weg versperrte. Immerhin kann man die neue Baustelle über die Auto-Fahrbahn umfahren. Dafür sind auf der Zu-Fuß-Strecke zwei Baustellen beendet, wie ich bereits gestern mit freudigem Staunen zur Kenntnis nahm.
„China drängt nach Europa“, so der Titel eines Zeitungsartikels. Liest sich nach einem größeren tektonischen Vorhaben.
Donnerstag: Auf vielfachen Wunsch einer einzelnen Person habe ich meine freien Donnerstage auf die geraden Wochen verlegt. Was nicht heißt, dass ich heute ins Werk führe, vielmehr ergeben sich durch die Änderung zwei freie Donnerstage in Folge.
Am Vorabend brachte eine Kaltfront mit Gewittern, die um Bonn freundlicherweise herum zogen, eine gewisse Abkühlung, so wurde es heute nicht wärmer als fünfundzwanzig Grad: Wanderwetter. Das nutzte ich für eine Wanderung durch den (oder das?) Königsforst östlich von Köln, eine Tour, die mir die liebe Kollegin schon vor längerer Zeit empfohlen hat.
Die Anfahrt mit der Bahn gestaltete sich gewohnt abenteuerlich – eine Regionalbahn verschwand ohne Begründung plötzlich von der Anzeige, die nächste war verspätet. Aber ich hatte Zeit und erreichte vor der Mittagsstunde die Zielhaltestelle.
Die ersten Kilometer der Wanderung erschienen zunächst etwas eintönig mit geraden, breiten Wegen, doch dann wurde es deutlich abwechslungsreicher. Für warme Tage ist die Strecke ideal: überwiegend im Wald, keine nennenswerten Steigungen und Stolperstellen, und mit achtzehn Kilometern nicht zu lang. Höhepunkt der Tour, jedenfalls geografisch, ist der Monte Troodelöh, laut Beschilderung der höchste Punkt Kölns. Es gibt sogar ein Gipfelbuch, in das ich mich selbstverständlich eintrug. Im Gegensatz zur Zugspitze, wo wegen des hohen Andrangs kürzlich ein zweites Gipfelkreuz aufgestellt wurde, wie dieser Tage zu lesen ist, war hier nichts los.
Insgesamt war es wieder beglückend. Die Rückfahrt mit der Bahn verlief pünktlich. Einziges Bemerknis war ein Jungvater ein paar Reihen weiter, der lautstark offenbar mit Frau und Kind videotelefonierte und dabei immer wieder die Fragen „Wo ist Luca? – Wo ist der Papa?“ Für jedermann hörbar ins Abteil stellte. Sie konnten nicht abschließend geklärt werden, weil der Papa noch was arbeiten und deshalb Schluss machen musste. Ein allgemeines Aufatmen ging durch den voll besetzten Wagen. Nach Ankunft in Bonn wie üblich Currywurst und Bier, letzteres ungegrillt, siehe oben.
Sonstige Erkenntnisse des Tages:
1) Schön an einer Wanderung alleine sind stets die Selbstgespräche, ohne dass jemand „Was?“ sagt.
2) Im Kölner Ortsteil Heumar gibt es eine Straßenbahnhaltestelle „Autobahn“. Warum? Warum gerade dort? Köln ist umringt von Autobahnen, wer Zeit und Lust hat kann gerne recherchieren, an wie vielen Stellen diese von einer Straßenbahnlinie gekreuzt werden. Gibt es in Heumar nichts anderes, das als Haltestellennamensgeber herhalten kann?
Sehen Sie:
BirkenGipfelschildMit dem Link ist das wie bei Hunden, die an jede Laterne urinieren müssenAn diesem Weiher nahm ich das Mittagessen zu mir, derweil das Telefon sich an der Pauerbenk labteSuchbild mit Fröschen....
Freitag: Jemand schreibt „der Zustellende“ statt „der Zusteller“. Wenn die Gendersprache im Singular regelmäßig an ihre Grenzen stößt. Mehr gibt es über den Tag nicht zu berichten, es war ja auch gestern genug.
Samstag: Über Nacht hatte sich das iPhone nahezu vollständig entladen, vielleicht hatte ich es am Vorabend nach dem letzten Glas Rosé nicht korrekt auf die induktive Ladefläche gelegt. Daher musste ich das Gerät zurücklassen, als wir aushäusig frühstücken gingen. Das fühlte sich erstaunlich normal an, ich habe es nicht vermisst und geriet ob der Offleinigkeit nicht in Unruhe. Das finde ich beruhigend.
Heute ist schon der 186. Tag des Jahres. Anstatt diese unabänderliche Tatsache zu beklagen, beantworte ich lieber eine weitere der tausend Fragen. Frage Nr. 186 lautet: „Worüber grübelst du häufig?“ Das kann ich kurz machen: gar nichts. Oder länger: Ich neige nicht dazu, meine Gedanken längere Zeit um ein Problem kreisen zu lassen ohne Aussicht auf eine Lösung. Vielleicht weil ich zum Zeitpunkt der Niederschrift in der glücklichen Situation bin, von größeren Sorgen ungeplagt zu sein, weder finanzieller noch gesundheitlicher oder beruflicher Natur. Auch gelingt es mir ganz gut, die großen Krisen der Welt, die ich nicht beeinflussen kann, nicht allzu nah an mich heranzulassen. Zudem habe ich keine Kinder, um deren Zukunft ich mich sorgen müsste. Auch das ist sehr beruhigend.
Sonntag: Nach strukturellem Biertrinken auf dem Godesberger Parkfest am Vortag, wo die Karnevalsgesellschaft mit Getränkeausschank und Grillstand vertreten war, blieben wir heute etwas länger liegen. Dabei verpassten wir nichts, es regnete den ganzen Tag und es hat sich deutlich auf unter zwanzig Grad abgekühlt. Das war kein Grund, auf den Spaziergang am Nachmittag zu verzichten, der mit einer Runde durch die Nordstadt und an den Rhein etwas kürzer ausfiel und gastronomisch unbegleitet blieb. Etwa auf halber Strecke bemerkte ich, dass es eine ganz gute Idee gewesen wäre, die wasserdichten Wanderschuhe anzuziehen, leider zu spät. Trotz riesigem Regenschirm, unter dem eine vierköpfige Familie Platz hätte, gelingt es mir nie, die Füße trocken zu halten. Nur wenige Menschen zog es bei dem Wetter nach draußen, die Rheinpromenade war nahezu menschen- und fahrradleer, das Tor zum Lieblingsbiergarten verschlossen. Bedauerlich war das Wetter für die Teilnehmer an der heutigen CSD-Parade in Köln, die dadurch die Wahl hatten zwischen Frieren und weniger Haut zu zeigen.
Promenade, menschenleer
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die voraussichtlich nicht zu warme Woche.