Vorfreude

Ursprünglich notiert an einem Sommersonntag in einer Außengastronomie in der Bonner Südstadt

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Die Welt ist voller Krisen und Probleme, die Menschen werden scheinbar zunehmend verrückter. Letzteres glaube ich nicht: Schaut man in die Geschichte zurück, waren die Menschen immer verrückt, man muss nur in der Bibel lesen; daran wird sich voraussichtlich bis zur bevorstehenden Selbstauslöschung der Spezies nicht mehr viel ändern. Statt zu verzweifeln und deshalb irrationale Dinge zu tun wie mich auf die Straße zu kleben, schaue ich lieber darauf, was gut läuft, wie das frisch gezapfte Bier, das mir während der Niederschrift dieses Aufsatzes gereicht wurde. Und auf die Dinge, auf die ich mich freue. Vorfreude soll ja die schönste Freude sein, heißt es. Ich freue mich auf:

Den nächsten Urlaub, der schon in wenigen Wochen ansteht. – Den nächsten Aufenthalt in Südfrankreich, wenn auch erst wieder im nächsten Jahr. – Den nächsten Inseltag im September, an dem ich voraussichtlich wieder wandern werde. – Den nächsten Besuch des Lieblingsrestaurants mit meinen Lieben. – An Werktagen freue ich mich morgens auf die Mittagspause und ganztägig auf das nächste Wochenende, sonntagsmorgens auf den Spaziergang am Nachmittag. – Ein Wiedersehen und meine aktive Teilnahme an der Lesung der TapetenPoeten Anfang September. – Ein gemeinsames Blogvorhaben, das hoffentlich bald startet. – Alle Jahre wieder, wenn Weihnachten überstanden ist, alle Geschenk- und Besuchspflichten erfüllt sind.

Auf den Ruhestand, auch wenn ich mich bis dahin noch ein paar Jahre gedulden muss. Das ist nicht schlimm, mit meiner derzeitigen Arbeitssituation bin ich sehr zufrieden, auch wenn sich das hier manchmal anders liest. Wenn es so bleibt, halte ich die verbleibenden maximal neun Jahre locker durch.

Auch meinem Lebensende sehe ich einigermaßen gelassen entgegen, wobei Vorfreude hier der falsche Begriff wäre, da ich als nicht (mehr) religiöser Mensch nicht annehme, dass mit dem Ableben Hauptfreude eintreten wird. Das werde ich ja sehen. Oder eben nicht.

2 Gedanken zu “Vorfreude

  1. Hans-Georg Juli 27, 2023 / 10:03

    Die Unzufriedenheit vieler Menschen beruht wohl auf der Tatsache, dass sie sich nicht über die vielen kleinen Dinge des Lebens freuen können und für die viele Dinge selbstverständlich sind, wie ein Glas Bier, ein Glas Wein, das Sprießen der Natur im Frühling, ach, ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen.

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    • Christine Juli 28, 2023 / 08:29

      Leider sind die Schatten über uns für mich so groß (Krieg, Umweltkatastrophen, Krankheiten, Inflation,…), dass kleine Funkeln einer Rose im Tau oder das wohlige Schnurren der Katze da wenig gegen ausrichten können.

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