Woche 41/2024: Kiloweise Trüffel, nicht geleerte Teller und Abschied

(Der letzte Blogeintrag vergangener Woche war der eintausendste, wie ich erst jetzt bemerkt habe. Somit ist dies der tausenderste.)

Montag: Die Woche begann bewölkt mit ein wenig Regen, dafür ungewöhnlich warm. Also nicht T-Shirt-kurze-Hosen-warm, jedenfalls nicht für mich, immerhin ließ es sich mit Pullover im Liegestuhl ganz gut aushalten. Wobei ich dazu kaum kam, nachmittags unternahmen wir eine Ausfahrt in die Umgebung: In Saint-Maurice-sur-Eygues erstanden wir in der Bisquiterie eine größere Menge regionaltypischen Gebäcks. In Vinsobres besuchten wir das befreundete Weingut, wo man gerade gut mit der Lese beschäftigt ist. Wie überall ist die Erntemenge in diesem Jahr wegen des Wetters gering, dafür wird eine hohe Qualität erwartet. Auf einen größeren (W)Einkauf verzichteten wir, irgendwann muss das ganze Zeug in unserem Keller ja mal getrunken werden. In Nyons besorgten wir im Brauerei-Werksverkauf lokales Bier und Limonade, außerdem in der Coopérative zwei Eimer Oliven für das befreundete Restaurant in Bonn.

Für das Abendessen (wegen ungünstiger Wetterprognose zu Hause) kauften wir bei Puyméras weißen Trüffel, dessen Preis, wie bei Trüffeln üblich, mit einem vierstelligen Betrag je Kilogramm ausgewiesen war. Wer kauft kiloweise Trüffel? Warum keine Preisangabe je Tonne? Für alles weitere, wie Nudeln und Knoblauch, suchten wir den Super-U in Vaison-la-Romaine auf. Gelernt, als ich einfach einen Beutel Bandnudeln aus dem Regal nehmen wollte: Man muss sich an das Produkt herantasten.

Bewölkung, morgens
Krokusse im Oktober? Nein, Herbst-Goldbecher, sagt die künstliche Intelligenz. Und eine Schnecke.
Besuch zum Aperitif am Abend (Foto: Stefan K.)
0,000018 Tonnen Weißer Trüffel; nach meinem Geschmack überbewertet, was am erkältungsbedingt immer noch eingeschränkten Geschmacksempfinden liegen mag

Dienstag: Der Regen, der seit der Nacht bis zum Mittag teils heftig fiel, verwandelte den Hof vor dem Haus in einen kleinen See. Immerhin, die von Wetter Online für heute Vormittag in tiefstem Violett angekündigte Gewitterzelle, in deren Zentrum Malaucène liegen sollte, blieb aus. Daher begab ich mich nach dem Frühstück zunächst lesend in den Liegestuhl auf der Terrasse, um mich herum zahlreiche kleine Schnecken, denen es wohl draußen zu naß war. Dabei stelle ich es mir recht heimelig vor, sich bei Regen einfach ins Spiralhäuschen zurückzuziehen und abzuwarten, bis es vorbei ist. Nach dem ersten Knacks unter der Schuhsohle bemühte ich mich, keine weiteren zu zertreten.

Land unter am Morgen
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Nachmittags schien wieder die Sonne, wir unternahmen eine kleine Wanderung durch die nähere nördliche Umgebung, die im Ort mit zwei Bierchen endete.

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Massenhaft Kakteen, als wäre es das natürlichste von der Welt, dass hier massenhaft Kakteen wachsen
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Herzliche Grüße an den Kiezschreiber, auch wenn die Schreibweise etwas abweicht.

Abends versuchten wir es mal wieder mit einem Dreigängemenü im Restaurant. Es ging einiges zurück, was will man machen. Satt ist satt.

Mittwoch: Trotz am Vorabend nicht geleerter Teller erfreuten heute blauer Himmel und warme Luft Auge und Seele, nur der Wind blies unangemessen heftig. Selbst einer Frostbeule wie mir war es problemlos möglich, große Teile des Tages ohne Jacke und Pullover zu verbringen. Nach dem Frühstück (wegen des Windes weiterhin drinnen) besuchten wir den Wochenmarkt von Malaucène, um Gegrilltes und diverse Sättigungsbeilagen für das Abendessen einzukaufen. Der Markt war wesentlich kleiner als im Sommer, die Durchgangsstraße nicht gesperrt. Als wir um kurz nach zwölf ankamen, wurden einige Stände schon abgebaut, obwohl offiziell bis dreizehn Uhr geöffnet.

Bereits gestern Abend hatten wir für mich ein (elektrisch unterstütztes) Leihfahrrad geholt. Der Liebste hat seins schon seit Samstag für seine Alleinzeit jeden Morgen mit Kaffee in der Bar und Baguettekauf, derweil ich zu Hause das Frühstück vorbereite. Nach Rückkehr vom Markt machten wir damit heute eine Tour, wie wir sie ähnlich schon im Sommer letzten Jahres gemacht hatten: über den Berg (nicht den Mont Ventoux, im Leben fiele mir, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht ein, den mit einem Fahrrad zu bereisen, auch nicht elektrisch unterstützt) bis Mollans-sur-Ouvèze, zurück über Entrechaux, teilweise auf der ehemaligen Schmalspurbahn-Trasse. Immer wieder von heftigen Windböen umtost, die uns mehrfach vom Sattel zu pusten versuchten.

Nach Rückkehr zogen wir uns bald ins Haus zurück, als die Sonne hinter Wolken verschwand und der Wind kühl unter das Terrassendach blies. Später kam Regen dazu und wir waren froh, zum Abendessen nicht mehr raus zu müssen.

Bei Malaucène, mit herzlichen Grüßen an das Fachblog für Bewölkung
Blick über den Berg auf den nächsten und Wolken
Mollans

Eine schlechte Nachricht erreichte uns aus Bonn, einen sehr lieben Menschen betreffend, dem wir es unter anderem zumindest indirekt verdanken, dass wir so oft und gerne hier in Malaucène sind.

Donnerstag: Vorletzter Urlaubstag, wie immer vergeht so eine Woche viel zu schnell. Während der Liebste ein paar letzte Einkäufe in Vaison erledigte, machte ich einen Spaziergang, der ungeplant zu einer Wanderung wurde, weil ein von Google Maps behaupteter Weg nicht existiert. Zum Glück hatte ich vorsorglich Wanderschuhe angezogen. So zog sich der Weg stetig ansteigend mit schönen Aussichten in die fernere Umgebung, bis der Bergkamm erreicht war und es auf der andere Seite über steinige Pfade wieder herunter ging bis Beaumont-du-Ventoux. Von da an flanierte es sich recht entspannt weiter durch Obstplantagen und Weinfelder, wie ursprünglich beabsichtigt. Zu meiner Freude begegnete mir niemand. Man möge mir verzeihen, dass mich das freut, doch manchmal, wirklich nur manchmal, betrachte ich die Abwesenheit von (anderen) Menschen als Geschenk. Was mir auch nicht begegnete, daran dachte ich erst in des Waldes Einsamkeit, waren Wildschweine, deren es hier dem Vernehmen nach reichlich gibt; in den letzten Tagen waren immer wieder Gewehrschüsse aus den umliegenden Wäldern zu hören, die Jagd ist eröffnet. Auch hielt mich glücklicherweise kein Chasseur im Pastisnebel für ein solches.

Nach ziemlich genau zwei Stunden kam ich wieder am Haus an, wo ich mich mit einem kleinen Imbiss belohnte. Kurz darauf traf auch der Liebste wieder ein und wir genossen noch etwas Liegestuhlzeit auf der Terrasse bei Sonnenschein und nur noch leichtem Wind.

Aufstieg
Aussicht
Abstieg
Reptil mitten auf dem Weg
Für Frau Lotelta
Blick auf Vaison-la-Romaine
Moos
Obst
Imbiss nach Rückkehr

Obwohl noch letzte Ausläufer der Erkältung spürbar sind, scheint der Appetit wieder hergestellt. Abends im Restaurant gelang es, das Dreigängemenü rückstandsfrei und mit Genuss zu verzehren.

Freitag: Letzter Urlaubstag. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel, die Luft war zunächst kühl, im Laufe des Tages wärmte sie sich auf, ich war genötigt, den Pullover gegen ein Polohemd zu tauschen. Nachmittags begannen wir, die ersten Sachen ins Auto zu packen, ansonsten verbrachten wir die meiste Zeit auf der Terrasse, wo diese Zeilen sowie der Entwurf eines neuen Blog-Aufsatzes entstanden. Außerdem las ich den Stanišić fertig. Es bleibt dabei, das Buch kommt demnächst in den öffentlichen Bücherschrank, wenn es niemand haben möchte.

Was ich mir für den Urlaub vorgenommen hatte, jedoch nicht getan habe: an meinem Romandings weiter zu schreiben. Im Moment hänge ich etwas in der Geschichte, auch fehlen Antrieb und Inspiration. Das ist nicht schlimm, es hat keine Eile. Zudem ist, wie der SPIEGEL gestern meldete, der Literatur-Nobelpreis für dieses Jahr ohnehin bereits vergeben. (Die Meldung erreichte mich während des Aufstiegs auf den Berg. Deswegen stört ihr mich?, dachte ich. Meldet euch erst wieder, wenn der Preis an mich geht. Was man so denkt in Momenten größerer Anstrengung.)

Die Müllentsorgung verband ich mit einem Spaziergang durch die environs. Man hat hier übrigens keine verschiedenfarbigen Hausmülltonnen, die regelmäßig durch die Müllabfuhr geleert werden. Stattdessen stehen an vielen Stellen öffentliche Müllcontainer, in die man die Abfälle einwirft, immerhin seit einigen Jahren auch hier getrennt nach Verpackung, Papier, Glas und Restmüll.

Gegend und unser Haus (Pfeil)

Die übliche Urlaubsende-Melancholie und das Bedauern über die morgige Abreise hielten sich in Grenzen. Nicht, dass ich mich wieder auf die Werktätigkeit ab Montag gefreut hätte, doch löste der Gedanke daran auch kein Unbehagen aus. Vielleicht liegt das etwas an meinem neuen Arbeitszeitmodell, der nächste freie Donnerstag steht schon im Kalender.

Zum Abendessen gingen wir runter in die Pizzeria, die erst seit gestern wieder geöffnet hat. Dort war es sehr laut durch eine sechsköpfige Herrenrunde am Nachbartisch, später kam noch eine vierköpfige, nicht viel leisere am Nebentisch hinzu. Hatten wohl alle Ausgang. Der Genuss von Pizza und Rosé wurde dadurch nicht wesentlich gemindert.

Malaucène-Zentrum, nach der Pizza

Samstag: Abreisetag. Morgens um sieben schlug der Wecker an, eine halbe Stunde später standen wir auf; noch hatten wir Urlaub, da kann der Wecker allenfalls unverbindliche Vorschläge machen. Eine gute Stunde später war alles Restliche zusammengeräumt, der Kühlschrank geleert, ohne Frühstück verließen wir das Haus. Bevor es in Richtung Autobahn ging, fuhren wir zu einem Obstbauern ein Tal weiter, um eine Kiste frisch geernteter Muscat-Trauben für das befreundete Restaurant in Bonn abzuholen.

Bei Abfahrt stellte Frau Navi eine Ankunft nach bereits neuneinhalb Stunden in Aussicht. Gedanklich schlug ich aus Erfahrung eine halbe bis ganze Stunde drauf für Pausen und Staus. Lyon durchfuhren wir dann ohne die übliche Umleitung auf eine Ausweichstrecke und ohne auch nur einmal staubedingt anhalten zu müssen, das ist sehr selten. So kamen wir wirklich fast zur angezeigten Zeit zu Hause an, vom Geliebten wiedersehensfreudig und mit Cremant begrüßt.

Sonntag: Der Tod ist unabwendbarer Teil des Lebens* – das sagt sich so leicht. Wenn er dann in der näheren Umgebung zuschlägt und einen lieben Menschen holt, trifft es einen doch. Was sich am Mittwoch ankündigte, wurde heute Morgen zur Gewissheit. Lieber K, wir werden dich sehr vermissen.

*Auch wenn irgendwelche Spinner glauben, die natürliche Alterung des Körpers ließe sich aufhalten und umkehren, somit wäre ewiges Leben möglich. Welch furchtbare Vorstellung.

Für uns geht das Leben vorerst weiter. Heute mit einem herbstlichen Spaziergang durch die Südstadt und an den Rhein. Hier ist deutlich mehr Herbst als in Südfrankreich. Die Außengastronomien sind noch nicht überall eingeräumt, dort, wo noch Tische und Stühle vor den Lokalen stehen, sitzt niemand mehr. Der Rhein fließt bräunlich dahin, er scheint anzusteigen.

Südstadt
Rheinufer

„Das Mittel gegen den rauen Ton“ wird eine Halspastille an einer Litfaßsäule beworben. Davon sollten einige Politiker, und nicht nur die, ganz viel nehmen.

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Kommen Sie gut durch die Woche. Wenn auch Sie Urlaub hatten, einen guten Start in den Alltag. Sonst auch.

Woche 24/2023: Wenn französische Radiomoderatoren „A-ha“ sagen

Montag: Eine weitere Woche Provence liegt vor uns. Nach dem Frühstück unternahmen wir eine kleinere Ausfahrt mit den Fahrrädern in nördliche Richtung, derweil sich über dem Mont Ventoux bereits wieder beeindruckende Wolkentürme aufbauten.

Scheinvulkan

Nach Rückkehr fuhr der Liebste mit dem Wagen nach Carpentras in den Supermarkt, ich machte es mir auf dem Liegestuhl im Garten bequem, wo ich Blogs las (sie waren alle wieder sehr fleißig) und meine eigenen Blog-Aufsätze sichtete, um bald eine Entscheidung treffen zu können, was ich am 5. September bei den TapetenPoeten vorlese, auch wenn bis dahin noch etwas Zeit ist. Seit ich fast nur noch diese Wochenrückblicke schreibe, komme ich kaum noch zu längeren Texten. Das würde ich gerne wieder ändern, mal so nebenbei bemerkt.

Während ich im Schatten der Zypresse las, sichtete und überarbeitete, begann sich im Westen der Himmel zu verdunkeln, erstes fernes Grummeln war zu vernehmen, durchmischt vom Gesang der Amsel und anderer Vögel um mich herum, die sich wie ich vorläufig nicht davon beeindrucken ließen. Im Laufe des Nachmittags bildetet sich rings um Malaucène mehrere Gewitter, zeitweise blitzte und grollte es aus drei verschiedenen Richtungen, während es hier trocken blieb. Nachdem der Liebste zurückgekehrt war, platzierten wir uns auf der überdachten Terrasse unseres Hauses und schauten der Meteorologie bei der Arbeit zu. Erst als eine Wolkenwand auf uns zurollte, Regen und deutliche Abkühlung mit sich führend, auch die Vögel verstummten, zogen wir uns ins Haus zurück.

Wir fahren nun seit vielen Jahren hierher, eine solche Häufung von Gewittern, fast täglich, haben wir noch nie erlebt. Und in keinem Urlaub habe ich bislang so viele Wolkenfotos gemacht, wobei es nicht meine Absicht ist, mit dem anerkannten Fachblog für Bewölkung in Konkurrenz zu treten.

Denken Sie sich einen Blitz dazu

»Trauer um Silvio Berlusconi: „Mit seinem Tod endet eine Ära“«, twittert die Tagesschau. Finde den Fehler.

Dienstag: In den frühen Morgenstunden wachte ich auf durch eine Kombination aus Traumschreck und Blasendruck. In dem Traum wurden versehentlich die unteren Tore einer Kanalschleuse geöffnet, obwohl die oberen nicht geschlossen waren. Da war vielleicht was los. (Manchmal lässt mich Blasendruck träumen, ich suche eine Toilette auf, die seltsam verbaut ist, so dass man dort sein Geschäft nur unter ungewöhnlichen Verrenkungen verrichten kann; irgendwie gelingt mir dann doch die vollständige Erleichterung. Wenn ich danach aufwache, ist die Blase immer noch gefüllt. Ich bin der Natur sehr dankbar, dass sie das so eingerichtet hat.)

Bleiben wir noch beim Unterleib: Über Twitter fand ich diesen Artikel über den Sommerpenis, ein mir bislang in jeder Hinsicht unbekanntes Phänomen. Am besten gefallen mir die Hinweise »Auch interessant: …« und »Lesen Sie auch: …«, sowie der Satz »Während der Sommerpenis ein Phänomen ist, mit dem man sich gerne abfindet, sollte man beim Anschwellen anderer Körperteile handeln und versuchen, die Blutzirkulation anzuregen.«

Der Tag begann regnerisch und deutlich kühler als die Vortage, was den Urlaubsgenuss nicht minderte. Ab Mittag heizte die Sonne gründlich auf, am frühen Abend die üblichen Gewitter, die wir liegestuhlliegend von der Terrasse aus verfolgten.

Mittwoch: Auch im Urlaub informiert bleiben über die Geschehnisse in der Welt, wobei mir hier die tägliche Lektüre der Bonner Tageszeitung beim Frühstück auf dem Datengerät genügt; auf Fernsehnachrichten, zu Hause fester Bestandteil des geregelten Tagesablaufs, kann ich verzichten. So berichtet die Zeitung über grüne Ampelfrauchen, die mit Rock und Zöpfen bei einigen Bonner Fußgängerampeln versuchsweise die bekannten -männchen abgelöst haben, was zu heftigen Reaktionen in den elektronischen Ätzwerken führt, sowohl zustimmend als auch dagegen. Unter anderem wird beklagt, dass diversgeschlechtliche Menschen unberücksichtigt blieben, wie auch immer die als Ampelpüppchen darzustellen wären. Mir geht das an südlichen Körperregionen vorbei, zumal ich Fußgängerampeln grundsätzlich ignoriere.

Hier war es heute sonnig und warm, wir unternahmen eine letzte Radtour über Veaux, Mollans-sur-Ouvèze und Entrechaux, teilweise entlang und auf der Trasse der ehemaligen Schmalspurbahn von Orange nach Buis-les-Barronnies, was das Herz des Eisenbahnfreundes erfreute.

Ehemaliger Eisenbahntunnel zwischen Mollans und Entrechaux
Farben der Provence
Auch hier inzwischen diese hässlichen Steine in Käfighaltung

Als wir zurückkamen, fanden wir das Haus ohne électricité vor, eine größere Störung, die nicht nur unser Haus betraf, wie ein Anruf beim Vermieter ergab. Nachmittags brachten wir die Fahrräder zurück und verbanden dies mit dem Nachmittagsbier im Ort. Nach Rückkehr war der Strom noch immer nicht wieder da. Ein wenig geriet ich in Sorge um den Kühlschrank, wegen des Eises für den Pastis und den Rosé zum Nachtglas. Ab neunzehn Uhr floss der Strom wieder, für die Getränkeversorgung hat zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden.

Donnerstag: »Parlament will nichts weniger als ein Ende der Menschheit verhindern«, ist in der Zeitung über einen EU-Beschluss zu Künstlicher Intelligenz zu lesen. Abgesehen davon, dass das Ende der Menschheit voraussichtlich nicht mehr zu verhindern ist, jedenfalls nicht per EU-Beschluss: Was bedeutet »nichts weniger als«? Ergäbe der Satz ohne diese drei Wörter einen anderen Sinn?

Der Tag ist sonnig und warm. Ich sitze wieder an meinem Lieblingsplatz im Garten, die Bäume hinter mir rauschen von einem leichten, beständigen Wind aus Norden, derweil der Liebste in der Küche Knoblauch einkocht. Das Ende dieses wunderbaren Urlaubs ist bereits in Sicht, weshalb diese und folgende Tagesnotizen Spuren von Melancholie enthalten können.

Freitag: Der letzte Urlaubstag verlief ohne nennenswerte Unternehmungen. Zum letzten Mal frühstückten wir ausgiebig und in Ruhe vor dem Haus, danach landeten die Reste, die nach Hause mitzunehmen sich nicht lohnt, statt im Kühlschrank im Müll. Zum letzten Mal saß ich im Garten mit Gegendblick, bearbeitete ein paar Texte und las in „Respekt zu diesem Deutsch“ von Peter Köhler, mit der Erkenntnis, dass ich, obwohl ich mir einbilde, das Schriftliche ganz gut zu beherrschen, beim Schreiben noch ganz schön viel falsch mache. (Der ist aber auch pingelig.)

Am frühen Abend packten wir die meisten Sachen und verstauten Sie im Auto. Von da an hatte ich das Gefühl, noch nicht weg und nicht mehr richtig hier zu sein.

Die letzte Pizza, der letzte Rosé. Wenigstens letzterer wird uns dank ausreichender Einkäufe beim Lieblingsweingut noch einige Zeit erhalten bleiben.

Abendröte

Samstag: Um acht Uhr verließen wir Malaucène bei Sonnenschein, zehn Stunden später, nach recht entspannter Autofahrt ohne nennenswerte Ereignisse, trafen wir in Bonn ein, wo die Sonne immer noch schien.

Auf Radio Nostalgi spielten sie A-ha. Wenn französische Radiomoderatoren „A-ha“ sagen, klingt das lustig.

Sonntag: Aufgewacht mit leichten Kopfschmerzen, vermutlich vom Rückkehrrosé am Vorabend, und etwas deprimiert. So schwer ist es mir schon lange nicht mehr gefallen, das Ende des Urlaubs zu akzeptieren. Luxusleiden, ich weiß.

Ein wenig Leidenslinderung brachte der einstündige Spaziergang durch die Bonner Südstadt. Der Weg führte entlang zahlreicher Außengastronomien mit Bierausschank, deren Verlockungen ich tapfer widerstand. In der Stadt ist es drückend heiß, die Leute sind angemessen (un-)bekleidet, auch das ist in Einzelfällen herausfordernd.

»#Kultur bleibt Innenstadt«, klebt an mehreren Lampenmasten, eine Anmerkung, Forderung, was auch immer, deren Aussage nicht unmittelbar einleuchtet. Heute wird gerne allen möglichen Konjektaneen eine Raute vorangestellt, um ihnen Bedeutung zu verleihen. In diesem Fall vergebens, die Bedeutung bleibt unklar. Bleibt die Kultur in der Innenstadt? Welche Art von Kultur überhaupt? Sprachkultur eher nicht. Isch bin U-Bahn. Ich könnte das für Sie im Netz recherchieren, bitte jedoch, das bei Bedarf selbst zu tun.

»Hier keine Fahrräder anstellen/anketten. Denkmalschutz«, bittet eine Schild an einem Südstadtvorgartenzaun, immerhin ohne Raute. Es gibt viele gute Gründe, irgendwo keine Fahrräder abzustellen: weil sie dort im Weg stehen, Beschädigungen zu befürchten sind oder einfach die Optik stören. Warum jedoch der örtliche Denkmalpfleger daran Anstoß nehmen sollte, leuchtet nicht ein. Vielleicht ist es sein Vorgarten.

»Einfahrt !«, teilt ein anderes Schild an einem Tor knapp mit, ohne Raute, dafür mir Leerzeichen. Hier ist Mitdenken gefordert: Nur Einfahrt, keine Ausfahrt? Einfahrt freihalten?

***

Kommen Sie gut durch die Woche. Ich bemühe mich auch.

Woche 38 in Bildern – Noch einmal Provence

Die zurückliegende Woche verbrachten der Liebste und ich (mal wieder) in der Provence.

Bei der Anreise am Samstag vor einer Woche machte wir Halt in Tain d’Hermitage, wo wir dem Werksverkauf der Valrhona-Schokoladenfabrik eine Besuch abstatteten. Man kann dort sehr viel probieren, was einige Besucher bis an die Grenze der Schamlosigkeit ausnutzten (wir natürlich nicht). Merke: Gib dem Menschen was umsonst, und er wird zum Tier.

2009-01 - 1

Das Wetter zeigte sich bei unserer Ankunft in Malaucène unentschlossen, aber immerhin noch so warm, dass wir den ersten Pastis draußen einnehmen konnten.

2009-01 - 1 (1)

Aber wir waren nicht nur zum Vergnügen dort; geschäftliche Pflichten des Weinimporteurs machten am Montag einen Besuch des Auchan-Marktes in Le Pontet erforderlich, eine Verpflichtung, der ich mich als Unternehmergattin natürlich nicht entziehe:

2009-03 - 1

Es gibt sie noch, die guten Dinge:

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Den Mittwochnachmittag verbrachte ich überwiegend damit, von der Dachterrasse aus den von heftigem Südwind getriebenen Wolken zuzusehen. Man kann Tage schlimmer verbringen.

2009-05 - 1

2009-06 - 1

2009-07 - 1

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Am Abend zogen im Nordosten Gewitter auf, die in sicherer Entfernung von unserer Dachterrasse aus ein beeindruckendes Schauspiel boten; zeitweise leuchtete der Himmel ununterbrochen auf. Gegen zwei Uhr in der Frühe erreichte das Gewitter Malaucène und brachte zeitweise heftigen Regen und etwas Hagel mit sich. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht nur diese erbärmliche Wichtigtuerfloskel als Satzeinleitung hasse, sondern auch nächtliche Gewitter. Bis Donnerstagmittag regnete es und es wollte es gar nicht richtig hell werden. Doch am frühen Nachmittag kam der Spätsommer mit blauem Himmel zurück, so machten wir doch noch den ursprünglich für den Vormittag geplanten Ausflug nach Nyons.

2009-09 - 1

2009-10 - 1

2009-11 - 1

Am Freitag wanderten wir bei herrlichem Wetter mit ganz leichtem Mistral durch die Felder und Hügel östlich von Malaucène, traditionell mit einem Pique Nique.

2009-12 - 1

2009-13 - 1

2009-14 - 1

2009-15 - 1

2009-16 - 1

2009-17 - 1

2009-18 - 1

2009-19 - 1

Gestern fuhren wir zurück. Auf dem Weg von Malaucène zur Autobahn wieder die alte Frage, nicht viel mehr als ein Traum: Wie wäre es, für immer dort zu bleiben, in einem schönen alten Haus inmitten von Weinfeldern, mit Blick auf die grünen Hügelketten und den Mt. Ventoux? Ja, vielleicht irgendwann, wenn mir der Durchbruch als erfolgreicher Schriftsteller endlich gelungen ist. Manche Träume bleiben eben nur Träume…

Abends kamen wir zurück in die Bonner Wirklichkeit. Dort spazierte ich heute Nachmittag in Richtung Nordbrücke und an den Rhein. Und wieder stelle ich fest: Der Anblick des Rheins nach einer Woche Urlaub tröstet ein wenig darüber hinweg, dass mit dem morgigen Montag der Büroalltag zurück kehrt. Selbst wenn der Himmel darüber nicht provencalisch-blau leuchtet.

2009-20 - 1

2009-21 - 1