Woche 47/2023: Ich möchte lieber nicht

Montag: Die Woche begann wenig optimismusfördernd. Erst Giesinger im Radio (schon wieder am Montagmorgen, machen die das extra, um mich zu prüfen oder zermürben?), dann die Meldung, wonach eine internationale Konferenz zur Reduzierung von Plastikmüll am Widerstand der erdölfördernden Länder gescheitert ist. Meine Überzeugung, dass diese Spezies den baldigen Untergang verdient, festigt sich täglich.

Abends in der Innenstadt hörte ich über den bereits aufgebauten, noch dunklen Weihnachtsmarktbuden eine Amsel singen, als wäre April. Alle irre.

Dienstag: Dienstag ist Zufußtag, und also ging ich zu Fuß ins Werk und zurück, entlang dem noch immer hochwässrigen Rhein. Auf dem Rückweg hielt ich nach längerem mal wieder Einkehr auf einen Tee (jawohl!) im Rheinpavillon. Dort waren bei Ankunft die meisten Tische reserviert für eine größere Gruppe, weshalb ich mit einem Platz nahe dem Eingang vorlieb nahm, wo es jetzt schon wieder recht kühl ist. Kurz darauf trafen nach und nach die Gäste ein, es wurde immer lauter. Ab der kommenden Woche gibt es dort im Außenbereich wieder Glühwein; die Verkaufsbude ist bereits aufgestellt, aber noch geschlossen.

Tosende Wasser
Urlaubsfreuden
Weg ist der Weg

Vergangene Woche ließ ich mich über die Gewohnheit junger Menschen aus, ständig „genau“ zu sagen, nicht im Sinne von „exakt“, sondern eher „nun denn …“ oder „äh“, weshalb mir die Kategorie „Generation Genau“ passend erscheint. Was sie auch gerne und oft sagen, wie mir heute wieder auffiel, ist „keine Ahnung“. Sie deswegen als „Generation keine Ahnung“ zu bezeichnen erscheint mir indes unangemessen.

Mittwoch: Die Nachbarabteilung trifft sich heute zum Offsite, anschließend teambuildet man in einem Bash Room. Bislang unwissend, was das ist, recherchierte ich kurz und fand heraus: Dort trifft man sich zu einem zweieinhalbstündigen Game-Show-Event, wo es gilt, durch unterschiedliche Aufgaben und Spiele zu ermitteln, wer am Ende der/die/das Beste ist. Motto: „All About Skill“. Da halte ich es wie der Schreiber Bartleby: Ich möchte lieber nicht. Wann genau und wodurch ist berufstätigen Menschen die Fähigkeit abhanden gekommen, zum Zwecke des persönlichen Austauschs einfach nur gemeinsam zu essen und sich nett zu unterhalten? Warum muss daraus immer gleich ein Event gemacht werden?

Donnerstag: »Doch kaum einer will’s oder interessiert’s«, schreibt Bild Online.

Interessiert vielleicht auch keiner:

*** Auftritt Mainzelmännchen ***

Ich hätte es längst erzählen sollen, wollte jedoch abwarten, bis es fertig ist, et voila: das Buch zum Blog. Rechtzeitig für die Gabentische ist es ab sofort fast überall erhältlich, zum Beispiel hier. Auch beim großen A., wenn es unbedingt sein muss.

276 Seiten, ISBN 978-3-758433-08-5

*** Abgang Mainzelmännchen ***

Freitag: »In Zeiten von Krieg macht es keinen Sinn, dass Millionen Euro in Böller fließen, die dann auf der Straße verpuffen«, wird der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft in der Zeitung zitiert. Dazu erlaube ich mir zu ergänzen: Auch in Friedenszeiten macht es keinen Sinn. Die FDP ist erwartungsgemäß anderer Meinung: »Feuerwerk an Silvester ist häufig ‚Made in NRW’ und gehört für viele Menschen zum Jahreswechsel«, so eine Abgeordnete. Auch beim größten Unsinn immer schön an die Wirtschaft denken.

Dieselbe Zeitung über Geert Wilders: »… ein Mann mit einer platinblonden Haartolle aus Venlo«. Venlo ist ja weltberühmt für seine traditionsreichen Haartollenmanufakturen.

Wie ich auf der Rückfahrt vom Rad aus sah, ist die Glühweinbude am Rheinpavillon nun geöffnet, was spontane Vorfreude auslöste.

Abends besuchten wir den heute eröffneten Bonner Weihnachtsmarkt. Alles wie immer: Die üblichen Buden an den üblichen Plätzen, dazwischen die üblichen Menschenmengen, die sich durch die Gänge schieben. Am Feuerzangenbowlenstand blies unangenehm kalter Wind die Flammen von den brennenden Zuckerkegeln, auf dem Rückweg wurden wir nassgeregnet. Wir werden wohl trotzdem bald wieder hingehen.

Samstag: Vormittags erledigte ich ein paar Samstäglichkeiten in der Stadt, unter anderem ließ ich ein paar ausgelesene Bücher in einen öffentlichen Bücherschrank frei, in dem sich bei Ankunft seltsamerweise nur ein einziges Buch befand, ein Beziehungsratgeber; da der mir vermutlich auch nicht helfen kann, ließ ich ihn stehen und stellte meine Bücher dazu.

Abends hatten wir mit der Karnevalsgesellschaft einen Auftritt in Wachtberg-Niederbachem, voraussichtlich den letzten in diesem Jahr. Im Januar geht es dann wieder richtig los mit Alaaf und so.

(Fotos: Der Geliebte)

Sonntag: Nach etwas appetitlosem Frühstück (keine Folge des Auftritts gestern, eher der Wetten dass..?-Begleitweine; wir schauten die Sendung gestern Abend, weil der Geliebte unbedingt Cher sehen wollte, was der Alkoholunterstützung bedurfte; die deutlich gealterten Herren von Take That fand ich auch sehenswert) fuhr ich mit dem Bus nach Bonn-Duisdorf, um eine Modellbahnbörse zu besuchen, die zweite innerhalb weniger Wochen, nachdem ich zuvor jahrelang auf keiner mehr gewesen war.

Zurück bei leichtem Regen zu Fuß, damit war der Sonntagsspaziergang auch erledigt. In der Inneren Nordstadt eine kleine Überraschung: Das am vergangenen Sonntag an einem öffentlichen Bücherschrank halblegal angebrachte Plakat für die Lesung nächsten Sonntag war noch nicht entfernt.

Ansonsten gesehen:

Wer wollte das bezweifeln
Auch schön (Weststadt)

Einmal noch Werbung:

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Kommen Sie gut und voller Optimismus durch die Woche.

Woche 15: Sieben Tage ohne die tanzende Mutter

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Montag: Abendveranstaltung der Lirac-Winzer anlässlich der von uns besuchten Weinmesse in Avignon. Das Verhalten der Mitmenschen an den Häppchenplatten inspiriert mich zu einem Gedicht:

Was immer gilt auf dieser Welt,

das gilt auch jetzt und hier:

Sobald umsonst es etwas gibt,

da wird der Mensch zum Tier.

Dienstag: Das Angebot französischer Supermärkte ist für das deutsche Auge bisweilen ungewohnt.

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Mittwoch: Laut einem Zeitungsbericht konsumieren die Deutschen jährlich im Schnitt 29,3 Liter Wein. Rein rechnerisch deckt mein persönlicher Konsum somit ungefähr den Jahresbedarf der Mainzelmännchen ab.

Donnerstag: Ein südhessisches Unternehmen vermietet laut Zeitungsbericht Hühner, wobei die während der Mietzeit gelegten Eier dem Mieter zufallen. Das bringt mich auf eine Geschäftsidee: Seit diesem Jahr sind Rauchmelder in Wohnungen Pflicht. Man könnte Hühner zu Rauchmeldern ausbilden und dann mit dem geschützten Warenzeichen ‚Alarmglucken‘ an den Markt gehen.

Unterdessen fordert die AfD, der evan­ge­li­schen und ka­tho­li­schen Kir­che den Sta­tus ei­ner Kör­per­schaft des öf­fent­li­chen Rechts zu ent­zie­hen, was das Ende von Kirchensteuer und Religionsunterricht in Schulen (und vielleicht irgendwann gar des karfreitäglichen Vergnügungsverbotes) nach sich ziehen würde. Ich bin weit davon entfernt, den Ideen der AfD Sympathie zu bekunden, aber diese erscheint gar nicht so verkehrt.

Freitag: Allerdings bedeutete dies, konsequent weitergedacht, auch die Abschaffung aller kirchlichen Feiertage wie diesem. Das mag die Wirtschaft freuen, dürfte jedoch auch beim atheistischstenen AfD-Wähler nur auf wenig Zustimmung stoßen.

Samstag: Ein einwöchiger Frankreichaufenthalt bietet neben vielen anderen auch den großen Vorteil, sieben Tage lang nicht aus dem Radio von einem gewissen Max Giesinger wegen einer tanzenden Mutter belästigt zu werden.

Sonntag: So schön der Urlaub war – das Wohlgefühl ausgehend von der ersten Nacht im eigenen Bett und der ersten Darmerleichterung auf heimischer Brille nach Rückkehr ist kaum zu steigern. Nur an die rheinische Kühle nach einer Woche in provencalischem Kurzehosenwetter muss ich mich noch etwas gewöhnen.

Zum Schluss noch ein paar Bildeindrücke der zurückliegenden Woche:

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Zu Hause ist es indessen auch ganz schön:

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