Blogparade: Mit der Hand

Die Schreiberin des Blogs KREUZBERG SÜD-OST ruft dazu auf, mal was Handgeschriebenes zu veröffentlichen, ein Aufruf, dem ich gerne nachkomme, schreibe ich doch nach wie vor gerne mit der Hand, zum Beispiel meinen Bestseller, teilweise auch Entwürfe für hier. Einen Text mit einem Stift auf Papier zu schreiben, fühlt sich anders, gleichsam echter an, als ihn mit der Tastatur auf einen Bildschirm zu bringen. Finde ich. Wenn die Worte erst fließen, was manchmal recht lange dauern kann, dann fließen sie am geschmeidigsten auf diese altmodische Weise, womit ich nicht behaupten möchte, dass das, was am Ende dabei raus kommt, auch für den Leser erbaulicher ist als in die Tasten gehauenes. Jedenfalls halte ich es für einen großen Fehler und den Verlust eines wichtigen Kulturgutes, Kinder in der Schule nicht mehr die Schreibschrift zu lehren.

Nun denn: Die folgenden Zeilen notierte ich am 7. September 2014 im Urlaub in mein Notizbuch, als mich nach dem Frühstück und vor dem ersten Rosé plötzlich Schreiblust überkam. Vielleicht war es auch beim oder nach dem ersten. Da mir nichts besseres einfiel, schrieb ich über das Schreiben:

mitderHand - 1

Trotz der mir völlig zu unrecht vorgeworfenen Sauklaue (ich wüsste wirklich gerne, wer dieses Wort in die Welt gesetzt hat; weder sind Hausschweine des Schreibens mächtig, außer Miss Piggy vielleicht, noch verfügen sie über Klauen*) können Sie die Zeilen vielleicht entziffern. Ich betone dies extra, weil ich private Texte üblicherweise in der mir vor vielen Jahren selbst beigebrachten Sütterlin-Schreibschrift verfasse; das sieht dann so aus:

mitderHand - 1 (1)

(Sie sehen den ersten Entwurf des Aufsatzes Apphängig vom 13. Januar 2013.)

Ich finde, dies ist eine sehr schöne und ungewöhnliche Blogparade, vielleicht fühlt sich der eine oder die andere dazu motiviert, uns ebenfalls eine kleine Handarbeit zu Gesicht zu bringen.

Nachtrag vom 26. Januar 2016:
Soeben erfahre ich, dass Schweine zu den Klauentieren gehören. Somit ist der zweite Teilsatz obsolet. Ich lasse ihn trotzdem stehen.

Allgemeiner Wahnsinn 2015

Das menschliche Zusammenleben ist begleitet von merkwürdigen Ereignissen, Zufällen und Gelegenheiten. Wer nun glaubt, die Welle der Jahresrückblicke sei überwunden, der sei um etwas Geduld gebeten, einer kommt noch. Die nachfolgenden Meldungen standen 2015 neben Tod, Terror und Tofu-Würsten ebenfalls in der Zeitung.

Januar – Gerichtsurteil: Ein Mann, der es es bevorzugt, nach alter Männersitte seine Notdurft im Stehen zu verrichten, muss seinem Vermieter keinen Schadensersatz leisten für Beschädigungen des Marmorfußbodens im Bad durch Pipispritzer.

Februar – Ergebnis einer Forsa-Umfrage: Die Mehrheit der Deutschen findet Fasten sinnvoll; je höher der Schulabschluss, desto größer die Zustimmung.

Menschen, die viel und lange arbeiten, neigen eher zu höherem Alkoholkonsum, wie eine andere Studie zeigt.

März – Verirrt: Im saarländischen Nonnweiler verläuft sich nachts ein Saunagänger und klingelt nackt an einer fremden Haustür. Vielleicht hatte er zuvor viel gearbeitet…

Eine andere Begegnung der sonderbaren Art haben Bewohner von Moers mit einem in der Fußgängerzone herumlaufenden Hausschwein. Nach einer Suchanzeige des örtlichen Tierheims meldet sich der Besitzer. Zitat einer Tierheim-Mitarbeiterin: „In diesem Fall sahen wir sofort, dass Tier und Besitzer zusammengehören.“ Woran, wird leider nicht näher erläutert.

April – Die Türkei ist mal wieder angepisst: Anlässlich des 100. Jahrestages der Massaker an Armeniern verwendet (nicht nur) Bundespräsident Gauck den bösen Begriff „Völkermord“.

Mai – Die Bundeswehr möchte „einer der attraktivsten Arbeitgeber“ werden und bildet daher eine „Arbeitsgruppe Attraktivität“. Ob mit Erfolg, ist unbekannt.

Juni – Im rheinland-pfälzischen Braubach können sich nun Hund und Herrchen gemeinsam bestatten lassen. Vielleicht demnächst in Moers dann auch Bauer und Sau.

Eine chinesische Tierschützerin kauft 100 Hunde und erspart ihnen damit ein Ende im Kochtopf.

Juli – Der australische Premier Tony Abbott verbietet Investitionen in Windkraftanlagen, weil angeblich laut einer Studie Windturbinen menschliche Gehirne erregten und somit gesundheitsschädlich seien. Kohle sei dagegen „gut für die Menschheit“, so Abbott. Ob er sich zuvor längere Zeit in der Nähe einer Windkraftanlage aufgehalten hatte, kann nur vermutet werden.

August – Kermit und Miss Piggy geben das Ende ihrer langjährigen Beziehung bekannt.

Pumuckl darf wieder ein Bäuchlein zeigen.

Die Grundfesten abendländischer Kultur sind in Gefahr, weil in den Supermärkten die ersten Dominosteine und Spekulatius erhältlich sind; engagierte besorgte Bürger rufen in sozialen Netzwerken zum Boykott auf.

September – Die Deutsche Umwelthilfe beklagt die zunehmende Vermüllung durch Papp-Kaffeebecher.

Im niedersächsischen Handeloh läuft ein Experiment mit aus dem Ruder: 30 Heilpraktiker irren im Drogenrausch herum und verursachen damit einen Einsatz von 150 Rettungskräften.

Verteidigungsministerin von der Leyen verkündet die Beschaffung eines neuen Sturmgewehres als Ersatz für das umstrittene G36. Vielleicht ein Ergebnis der „Arbeitsgruppe Attraktivität“, siehe Mai.

Oktober – In Kalifornien wird das Verbot aufgehoben, Wäsche zum Trocknen auf einer Leine aufzuhängen.

Eine Amerikanerin verklagt ihren zwölfjährigen Neffen auf Schadensersatz von umgerechnet 111.000 Euro, weil er sie mit seiner stürmischen Begrüßung zu Fall brachte, wobei sie sich ein Handgelenk brach. Die Klage wurde abgewiesen.

November – Laut Studie eines Meinungsforschungsinstituts nutzt jeder fünfte Deutsche kein Internet.

Apropos andere Hobbys: Der Duisdorfer Stiefelclub wählt einen neuen Vorstand. Hierbei handelt es sich nicht um eine Vereinigung zur Pflege eines sexuellen Fetisches unter Einbeziehung von Fußbekleidung, sondern die Mitglieder treffen sich seit 45 Jahren regelmäßig zum gemeinsamen Bierverzehr aus Glasstiefeln.

Dezember – Laut einem Gerichtsurteil kann der Urlaubsanspruch eines gestorbenen Arbeitnehmers an die Nachkommen vererbt werden.

Ein peruanischer Priester weigert sich, ein Kind auf den Namen Lucifer zu taufen.

Die beliebtesten Vornamen in Deutschland für Neugeborene sind Mia und Ben.

In Indien entwickeln sich getrocknete Kuhfladen zu einem Verkaufsschlager, die auch über einen bekannten großen Online-Händler beziehbar sind; auf Wunsch in einer Geschenkverpackung.

Schatzihasimausi

Die Zeitschrift NEON, welche nur noch ausnahmsweise den Weg in unseren Haushalt findet, weil wir mittlerweile der Zielgruppe entwachsen sind, enthält in jeder Ausgabe eine Rubrik „Unnützes Wissen“, in der kuriose, im weitesten Sinne interessante bis witzige Fakten aufgezählt werden, etwa der Name des Hausschweins eines mir unbekannten Fußballers oder der des männlichen Alter Egos einer gewissen Lady Gaga.

Der selben Kategorie zugehörig, jedoch nicht der NEON entnommen, sondern dem Bonner Generalanzeiger, ist das Ergebnis einer Befragung von rund 1400 Personen im Auftrag der Partneragentur Parship, wie sie ihren Partner nennen. Demnach sagen
38% „Schatz“,
10% benutzen eine Abkürzung / Verniedlichung / Verharmlosung des tatsächlichen Vornamens, wie etwa (Hanne-)“Lore“, „Flo“(-rian), „Chris“(-tian oder -toph), „Jo“(-hannes), (Jo-)“Hannes“ oder „Adi“ / „Willi“ / „HaJo“ und so weiter,
8% säuseln „Hase“,
5% „Maus“ und
3% „Bär“.
Immerhin 13% können mit Kosenamen gar nichts anfangen und nennen die Dinge beziehungsweise den Partner beim Namen. Oder sagen einfach „Du“ oder vergleichbares, zum Bespiel „Ey“ oder „Alde / Alder“. Oder sprechen gar nicht mehr miteinander, das soll es ja auch geben, verbale Kommunikation wird in unserer Welt ohnehin überbewertet, überall und unentwegt wird gequatscht und gelabert, dabei zeichnet sich eine wirklich harmonische Partnerschaft doch gerade dadurch aus, dass man sich auch ohne Worte versteht.

Ich persönlich bevorzuge, je nach Situation und Laune, „Hase“, wobei der Liebste, derart benamt, sehr süß genervt die Augen rollt, oder „Ratte“; der Liebste hingegen nutzt in der Regel die namenlose Variante oder „Kröte“, woran Sie schon erkennen, dass bei uns Harmonie herrscht (oder „groß geschrieben wird“, natürlich, wie sonst, es ist ja ein Substantiv). Ernst wird es erst, wenn er mich bei meinem richtigen, unabgekürzten / -verniedlichten Namen ruft, dann droht Ungemach. So wie bei einem befreundeten Ehepaar: in guten Zeiten heißt er Willi, aber wehe, sie zischt Hans-Wilhelm, dann zieht ein Gewitter auf.

Was für das zwischenmenschliche Miteinander gilt, trifft in gleicher Weise auch auf Koalitionspartner zu. Nun dringen solche Details des politischen Alltags selten an die Öffentlichkeit, allgemein bekannt ist nur der Name „Mutti“ für Frau Merkel, wobei anzunehmen ist, dass Seehofer, Gabriel und Steinbrück nur hinter ihrem Rücken von dieser Anrede Gebrauch machen. Bei Rösler bin ich mir nicht so sicher. Als unwahrscheinlich gilt indes, dass positiv belegte Tiernamen wie die oben genannten auf politischem Parket gebräuchlich sind, wobei „Wildsau“ ein situativ zu bewertender Grenzfall ist. Unvergessen auch das Fabelwesen „Übelkrähe“, mit welchem Herbert Wehner (SPD) einst den CDU-Abgeordneten Jürgen Wohlrabe liebkoste. Gerne bediente man sich in jüngerer Vergangenheit Begriffen aus dem Pflanzenreich, wir erinnern uns an die „Gurkentruppe“.

Aber verfolgt man die derzeitigen Koalitionsverhandlungen, dann haben sich alle lieb. Doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis Seehase, Gabri-Bär und Steini wieder verbal übereinander herfallen, derweil Mutti schweigt und Raute zeigt.

Für die FDP hat sich das Thema eh erledigt. Und was soll man an Brüderle noch verniedlichen.