Montag: Bereits um viertel vor fünf in der Frühe verließ der Liebste das Tuch, da er geschäftlich bis Freitag nach Spanien reisten musste oder durfte, je nach Betrachtungsweise. Nachdem die Wohnungstür ins Schloss gefallen war, konnte ich nicht mehr einschlafen. Stattdessen, wie stets bei solchen Gelegenheiten, malte ich mir aus, was nun alles schiefgehen könnte: Stadtbahnstörung zwischen Bonn und Siegburg, Zugausfall oder wenigstens Verspätung bis zum Flughafen Frankfurt, Bombendrohung, Meteoriteneinschlag. Ich kann da leider nicht aus meiner Haut, mit zunehmendem Alter wird das immer schlimmer, wohingegen der Liebste bei sowas gelassen bleibt. Zu recht: Alles lief zur Zufriedenheit, zur vorgesehenen Zeit kam er am Ziel an.
Mein Tag verlief in montagsüblicher Unlust. Nach dem Mittagessen wünschte ich mir sehnlichst einen Mittagsschlaf, leider ist derlei in unserer Unternehmenskultur nicht vorgesehen und ich habe wenig Hoffnung, dass sich daran bis zu meiner Zurruhesetzung (ist das nicht ein wunderbares Wort?) noch Wesentliches ändern wird. Apropos Mittagessen: Fragte man mich nach meiner Lieblingsspeise, stünde Entenbrust mit Orangensoße weit oben auf der Liste. Genau die gab es heute in der Kantine. Doch war deren Launenhebungsfaktor gering: Die beigelegten Kartoffeln waren teilweise matschig, das Selleriepurree schmeckte seltsam; immerhin war das Fleisch akzeptabel.
Im Rahmen der Gesundheitswochen sind die Mitarbeiter aufgerufen, öfter die Treppe statt Aufzug zu nutzen. Als Challenge kann man sich in ein Portal eintragen und die täglich gestiegenen Stufen angeben. Einen Aufruf, eine Challenge gar brauche ich nicht: Seit Beginn des Jahres gehe ich konsequent jeden Mittag 487 Stufen hoch, ein wenig staune ich selbst darüber. Auch heute Mittag sah ich niemanden im Treppenhaus, vermutlich ist der Aufruf noch nicht überall vernommen worden.
Dienstag: Nach Ankunft im Büro und Hochfahren des Rechners fuhr die Laune ein wenig runter, als ich die Diskrepanz zwischen besprechungsvollem Kalender und der Aufgabenliste für heute bemerkte. Ich schaffte dann doch einiges weg, weil manche Termine früher endeten und einige Aufgaben weniger Zeit in Anspruch nahmen als angenommen.
Mittags aß ich ein Schupfnudelgericht mit wesentlich größerem Genuss als die Ente gestern. Vielleicht werde ich auf meine alten Tage noch zum Vegetarier, wer weiß.
Dienstags und donnerstags gehe ich grundsätzlich zu Fuß ins Werk und zurück, so auch heute. Was ich dabei überhaupt nicht gebrauchen könnte wäre eine Begleitung mit Gesprächsbedarf, vor allem nicht morgens. Manchmal kommt mir Kollege C. bei seinem Morgenlauf entgegen, wir grüßen uns dann mit einem knappen „Morgen“, das ist schon das Äußerste, was ich auf dem Weg zu reden bereit bin. Auf dem Rückweg heute sah ich auf der Rheinpromenade ungefähr dreißig Meter vor mir jemanden gehen, der möglicherweise ein Kollege war. Ein netter, angenehmer Kollege, mit dem ich gerne einen Plausch halte. Nur eben nicht während des Rückwegs, zumal ich dann GenZ-Ohrstöpsel eingesteckt habe, aus denen GenX-Musik kommt. Also verlangsamte ich meine Schritte. Doch es gelingt mir nicht, beim Gehen eine gewisse Mindestgeschwindigkeit zu unterschreiten, der Abstand zum Vielleicht-Kollegen verringerte sich. Mir blieb nichts anderes übrig, als auf einer freien Bank am Wegesrand Platz zu nehmen und einen Blogartikel zu lesen. Danach war der Abstand groß genug, um ohne Gesprächsgefahr den Weg fortzusetzen. Man schafft sich aber auch manchmal Probleme.

Mittwoch: Der Geliebte hat beim Discounter T-Shirts zu einem fragwürdig günstigen Preis erstanden, laut Kennzeichnung gleichwohl fair hergestellt. „Die dürfen sie ja nichtmal hauen“ sagt er. Es hat das Prinzip fair offenbar verstanden.
Gefreut habe ich mich über eine Postkarte, die im Briefkasten lag, und deren Beantwortung ich abends sogleich in Angriff nahm. Was du heute kannst besorgen und so.
Donnerstag: Heute war Inseltag, das heißt ich hatte frei. Anstatt zu wandern, wofür das Wetter bestens gewesen wäre, trocken und nicht so warm, fuhr ich mit der Bahn nach Dortmund, wo ich die Intermodellbau-Messe besuchte, um das Modelleisenbahnerherz zu erfreuen.
Die große Bahn bot das gewohnte Bild, auf dem Hinweg mit Verspätung im Rahmen der Erwartung, zurück etwas mehr. Als unser Regionalexpress mit bereits zwanzigminütiger Verspätung am Düsseldorfer Flughafen wegen der Überholung durch zwei Fernzüge warten mussten, ließ der Triebfahrzeugführer per mehrminütiger Durchsage seinen Frust über die zuständigen Entscheider raus. Fast war ich versucht, nach vorne zu gehen, ihm über den Kopf zu streichen und zu sagen: Ist doch nicht so schlimm.
Wegen Bauarbeiten wurden wir umgeleitet über Gelsenkirchen, Wanne-Eickel, Herne und Castrop-Rauxel, nur in Herne wurde gehalten. Wieder wurde deutlich: Das Ruhrgebiet ist wesentlich grüner als man es erwartet, wenn man es nur aus dem Erdkunde-Unterricht kennt. Außerdem sah ich während der Fahrt zu blühen beginnende Rapsfelder, jedes Jahr wieder ein beglückender Anblick.
Die Messe war gut besucht, in den von mir aufgesuchten Hallen überwiegend von alten Männern, nicht wenige noch älter als ich. Zum letzten Mal war ich vor Corona dort gewesen, somit vor sechs Jahren, ist es denn wahr. Interessant war es auch wieder, wenngleich ich da nicht jedes Jahr hin muss. Sechs Jahre muss es indes auch nicht wieder dauern.


Freitag: „Änderungen sind spannend verpackte Chancen“ las ich wo und musste mich schütteln, vor allem wegen des mittleren Wortes. Sonst auch.
Am frühen Abend kehrte der Liebste aus Spanien zurück. Neben Wurstspezialitäten für die nächsten Wochen brachte er einiges zu erzählen mit, deshalb fällt der Beitrag für heute kurz aus.
Samstag: Nicht nur Post verbindet, wie in den Achtzigern ein Werbespruch der Bundespost lautete, sondern auch Bloggen. So traf ich heute den geschätzten Mitblogger T. wieder, der uns als Schreiblehrling regelmäßig mit seinen Texten erfreut. Wir kennen uns schon sehr lange, kennengelernt haben wir uns vor Jahren bei einem Twittertreffen; so etwas gab es damals, als Twitter noch jung und schön war und niemand ahnte, welch unheilvolle Entwicklung es mal nehmen würde. Nachdem ich mich dort verabschiedet hatte, blieben wir über das Bloggen und unregelmäßigen Briefaustausch in Verbindung, zuletzt gesehen hatten wir uns vor (vermutlich) dreizehn Jahren. Daher erschien ein Treffen längst überfällig. Wie bei einem Date hatten wir uns am Beethovendenkmal auf dem Münsterplatz verabredet, wo wir uns sofort wiedererkannten, das ist nach so langer Zeit nicht selbstverständlich und spricht für einen zufriedenstellenden Erhaltungszustand auf beiden Seiten. Die folgenden Stunden in einem Café vergingen schnell, es war sehr angenehm und unterhaltsam. Deshalb wollen wir das wiederholen, möglichst nicht erst wieder in dreizehn Jahren.
Durch T. wurde ich auf einen Trend aufmerksam, der bislang völlig an mir vorbeigegangen ist: Zimtschnecken. In der Fußgängerzone gibt es ein Geschäft, das ausschließlich diese anbietet in unterschiedlichsten Farben und Varianten. Warum auch nicht. Ansonsten sind bei frühsommerlichem Wetter Innen- und Innere Nordstadt, wo weiterhin die Zierkirschen vor sich hinblühen, voller Menschen, vor den Eisdielen lange Schlangen. Wir sind uns einig, etwas, wofür man lange anstehen muss, nicht unbedingt haben zu müssen.
Sonntag: Gegen Mittag ging der erste leichte Regenschauer herab, dem im Laufe des Nachmittags weitere folgten. Die Zierkirschen in der Inneren Nordstadt und anderswo haben begonnen, die Blütenblätter abzuwerfen. Dafür übernehmen nun Flieder und Blauregen, auch erste Kastanien zieren sich mit Blütendolden. Ansonsten ein angenehm ruhiger Sonntag mit Ausschlafen, Frühstück, Zeitungslektürezeit und Spaziergang.



Zum guten Schluss: Erfreulich in dieser Woche waren die beginnende Raps-/Flieder-/Kastanienblüte, ein Wiedersehen und Spazierzeit.
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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche und, wenn wir uns vorher nicht mehr sehen oder lesen, jetzt schon schöne Ostertage.



