Woche 47/2024: O tosendes Novemberbrausen

Montag: Morgens zeigte die Wetter-App Regen an, womit sie im Widerspruch zum Blick aus dem Fenster stand. Dort war zwar kein blauer Himmel zu sehen, aber auch kein Niederschlag oder diesen ankündigende dunkle Wolken. Vorsichtshalber nahm ich dennoch die Stadtbahn, schließlich leiste ich mir nicht Monat für Monat das Deutschlandticket, um mit nassen Hosenbeinen im Büro zu sitzen. Der Regen setzte dann erst bei Ankunft am Werk ein, ab Mittag hörte er auf, kurz zeigte sich die Sonne. Somit hätte der planmäßigen Radfahrt nichts entgegengestanden. Dafür kam ich außerplanmäßig in den Genuss eines Spaziergangs zurück, immer das Positive sehen, auch und gerade in diesen Zeiten.

Morgens in Werksnähe

„Vielleicht kannst du ein paar Bulletpoints rüberscribbeln“, sagte einer in der Besprechung, damit war mein Tagesbedarf an derlei Geschwätz gedeckt.

In der Innenstadt wurden die letzten Weihnachtsmarktbuden aufgebaut, es wurde fleißig geschraubt, geräumt und geschmückt. Die große Glühweinpyramide auf dem Friedensplatz machte schon einen trinkfertigen Eindruck, doch der Eindruck täuschte. Freitag erst können wir uns wieder am warmen Trunk laben. Bis dahin gibts zu Hause Tee, das ist auch nicht schlecht. Immer das Positive sehen.

Dienstag: O tosendes Novemberbrausen: Auch dieser Tag begann überraschend mild, doch mit Regen, deshalb war wieder die Bahn das Verkehrsmittel der Wahl. Hinzu kam eine amtliche Sturmwarnung, deren Winde nicht nur den Gebrauch des Regenschirmes erschwerten, sondern auch den Turm umwehten und ihn wie ein altes Schiff knarzen ließen, was dem Arbeitstag bei aller Büronüchternheit eine gewisse Behaglichkeit verlieh. Abends regnete und blies es noch immer, zudem hat es sich spürbar abgekühlt, was den Fußweg zurück vereitelte. Den hatte ich ja bereits gestern. Dennoch mag ich den November.

Aus gegebenem Anlass nochmals der Hinweis an die lieben Kollegen: Anliegen, die mich per Teams-Chat statt Outlook-Nachricht erreichen, werden nachrangig oder, wenn ich nicht daran denke, gar nicht beantwortet. Jedenfalls unterbreche ich deswegen grundsätzlich nicht meine aktuelle Tätigkeit. So wie es sinnlos ist, zu versuchen, mich unangekündigt in eine laufende Teams-Besprechung hinzuzuziehen.

In letzter Zeit, vielleicht aufgrund der Weltlage, begegnet mir immer wieder das Wort „Eskapismus“, dessen Bedeutung ich recherchieren musste: Die Flucht vor den Unannehmlichkeiten der Realität in Illusionen und Vergnügungen. Auch ohne Kenntnis des Wortes beherrsche ich das Prinzip schon lange recht gut, denke ich.

Mittwoch: Da es morgens und abends trocken war, holte ich den gestern wetterbedingt versäumten Fußweg ins Werk und zurück nach. Vormittags zog ein Schneegestöber auf, nachmittags noch eins, dazwischen war ab und zu auch kurz die Sonne zu sehen. Im Büro war reichlich zu tun, mit Unterbrechungen durch zahlreiche Besprechungen. Mittags gab es Graupeneintopf mit einer Mettwurst, köstlich. Zum Feierabend war noch Arbeit übrig. Die kann und muss warten bis Freitag, morgen habe ich frei.

Morgens

Auch dem Rückweg durch die Kälte, die sich kälter anfühlte als das Thermometer am UN-Campus anzeigte, wäre ich einem Glühgetränk am Rheinpavillon zugeneigt gewesen, leider ist die Bude noch nicht aufgebaut. Dennoch war die Terrasse von Lichterketten illuminiert, an der Außentheke stand eine Gruppe und trank aus Pappbechern. Augenscheinlich eine Gesellschaft, deshalb verwarf ich die Idee, mich dazu zu gesellen.

Knüller des Tages: Herr Levin hat von mir geträumt und darüber geschrieben. Meines Wissens sind wir uns noch niemals begegnet; es tut mir leid, wenn ich ihn dennoch in seinen Träumen belästigte. Jedenfalls fühle ich mich sehr geehrt und erleichtert, dass es offenbar kein Alptraum war.

Donnerstag: Heute hat Namenstag, wer Amalberg im Ausweis stehen hat, steht in der Zeitung. Das denken die sich doch aus, oder?

Trotz Inseltag stand ich zur gewohnten Werktageszeit auf, da ich mit meiner Mutter in Bielefeld verabredet war. Als Verkehrsmittel wählte ich den Bahn-Nahverkehr. Der Zug auf der ersten Etappe von Bonn nach Köln war fast leer. Das ist wenig verwunderlich, da in der Viertelstunde vor meiner Abfahrt drei weitere Züge dieselbe Strecke fuhren: die verspätete RB 26, die RB 48 und der RE 5. Warum mit meinem Zug wenige Minuten später eine weitere RB 48 auf die Reise geschickt wird, weiß ich nicht. Es ist mir ja recht, einen ganzen Zug fast nur für mich zu haben, aber vielleicht könnte man die Mittel für andere Fahrten sinnvoller ausgeben. Wahrscheinlich fehlt mir da der Überblick, um das beurteilen zu können. In Köln zeigte sich der Triebfahrzeugführer per Durchsage erfreut und überrascht über die pünktliche Ankunft, oft scheint das nicht vorzukommen.

Während der zweiten Etappe bis Bielefeld zeigte die Bahn wieder die gewohnte und erwartete Betriebsqualität mit Umleitung, Warten wegen belegter Bahnhofsgleise und Baustellen, immerhin ohne Stellwerksstörung und Verzögerungen im Betriebsablauf. Während der Fahrt wünschte der Zugbegleiter neben meinem Ticket auch einen, so wörtlich, Lichtbildausweis zu sehen, ein schönes Wort aus einer vergangenen Epoche. Mit achtzehn Minuten Verspätung erreichten wir das Ziel, damit war ich zufrieden.

Ein Hauch von Winter in Neuss

Während der weiteren Fahrt zur Mutter sah ich in der Straßenbahn schräg gegenüber ein Mädel, das an einer Spargelstange knabberte, jedenfalls sah es nach einer solchen aus, vielleicht war es auch ein anderes Gemüse. Dabei zog sie mit den Zähnen jede Faser einzeln ab. In besonders billigen Erotikfilmchen sieht man manchmal, wie zweifelhafte Damen sich lasziv oral an einer Banane zu schaffen machen, auf dass die Hormone der Hetero-Herren brodeln. Die heute beobachtete Spargelszene wäre indessen geeignet gewesen, jegliche Lust auszutreiben.

Ein Plakat bewirbt ein Mittel zur „Augenbefeuchtung der Profis“, darauf einige junge Männer abgebildet, mutmaßlich Fußballprofis, ich kenne mich da nicht aus. Profis bevorzugen zur Befeuchtung der Augen also ein Drogerieprodukt. Amateure schauen sich dafür Wahlergebnisse an.

Auch die Rückfahrt verlief zufriedenstellend. Trotz Bundespolizeieinsatz im Zug und mehreren kleinen Verzögerungen, die vom Zugpersonal immerhin detailliert erklärt wurden, war ich zur vorgesehenen Zeit wieder zu Hause .

Freitag: Morgens hatte ich eine Voicemail-Nachricht auf meinem geschäftlichen iPhone. Beim Abhören stellte sich heraus, der Anrufer hatte nicht bemerkt, dass er mit dem digitalen Tonband sprach, vielmehr wähnte er mich selbst in der Leitung: „Hallo Carsten … hörst du mich? … Hallo?“ Ich wurde stutzig, da das bereits der dritte Gesprächsteilnehmer innerhalb der letzten Tage war, dem solches widerfuhr. Um der Sache auf den Grund zu gehen, rief ich mich selbst an, und siehe beziehungsweise höre da, der Grund war bald ermittelt: Nach mehrmaligem Tuten ein kurzes Rauschen, dann hörte ich meinen von mir selbst irgendwann eingesprochenen Namen, mehr nicht. Bislang war die Namensnennung eingebunden in die automatische Ansage einer virtuellen Dame: „Hallo, hier ist die Mobilbox von [kurze Pause, dann von mir selbst gesprochen:] Carsten Kubicki [kurze Pause, wieder die Dame:] Bitte hinterlassen Sie nach dem Signalton …“ und so weiter. Bei der Voicemail-Einstellung fand ich dann unter „Begrüßung“ eine Auswahl „Standard“ und „Eigene“, die man sich dort direkt anhören kann, das Häkchen war bei „Eigene“ gesetzt. Dort kam jetzt nur noch der Name ohne den ihn umkleidenden oben zitierten Text. Unter Standard hingegen die nervig-debile Siri-Stimme, den Anrufer duzend und mit neuem Text auf die Weiterleitung hinweisend. Offenbar hat es da in jüngerer Zeit eine Änderung gegeben, von der ich nichts mitbekommen habe, weil ich mal wieder zu bequem war, mir nach einer neuen Version die ganzen Informationseinblendungen durchzulesen. Kurz war ich versucht, die Einstellung so zu belassen und mich weiterhin am irritierten Gestammel der Anrufer zu erfreuen, setzte das Häkchen dann doch auf Standard. Sollen sie sich doch das dämliche Fräulein Siri anhören.

Büroblick morgens

Beim Kiezschreiber las ich übrigens für das zwang- und dauerhafte aufs Datengerät Schauen den schönen Begriff „Handy-Hypnose“. Gefällt mir, muss ich mir merken.

Nach dem Mittagessen umtoste heftiges Schneegestöber den Turm, wodurch Vorfreude auf den heute beginnenden Weihnachtsmarkt aufkam, auch wenn das eine mit dem anderen nichts unmittelbar zu tun hat.

Abends leisteten wir unseren Beitrag zur gelungenen Weihnachtsmarkt-Eröffnung, wo wir durch unsere Kopfdeckungen gewisse Aufmerksamkeit erregten.

Foto: Christine B. (unten rechts)

Samstag: Aus der Tageszeitung: „Denn aktuell ist Brutsaison für die Trichternetzspinne, dessen männliches Exemplar die giftigste Spinne der Welt ist.“ Mittlerweile mein Lieblingsfehler.

Tagsüber hatte ich Gelegenheit, an einem Seminar teilzunehmen zur Verbesserung des Vortrags bei Lesungen. Ob es was gebracht hat, können Sie beurteilen am kommenden Mittwoch auf der Lesebühne im Limes* und am 5. Dezember hier:

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*Lesebühne im Limes am Mittwoch, 27. November ab 19:30 Uhr, Theaterstr. 2, Bonn

Apropos Bühne: Abends hatten wir einen Auftritt mit der Karnevalsgesellschaft in Wachtberg-Niederbachem. Der Liebste und ich kamen etwas spät von zu Hause los, hinzu kam dichter Straßenverkehr in der Bonner Innenstadt: Um halb sechs sollten wir uns treffen, um sechs unser Auftritt sein. Laut Frau Navi würden wir erst um kurz vor sechs ankommen. Mich macht so etwas immer sehr nervös, ich trage ein ausgeprägtes Pünktlichkeitsgen in mir, das manchmal etwas anstrengend ist. Zur angegebenen Zeit kamen wir an, hektisch holte ich die Trommel aus dem Kofferraum, setzte den Dreispitzhut auf und eilte zum Veranstaltungsort. Siehe da: Die grün-weiß Uniformierten standen ganz entspannt vor der Theke, vor uns trat noch eine andere Tanzgruppe auf, wir frühestens um halb sieben. Meine innere Hektik war umsonst gewesen. Mal wieder, muss ich ergänzen: Nur selten habe ich erlebt, dass ein Auftritt pünktlich begann. Da ist noch etwas an mir zu arbeiten.

Sonntag: Auch heute besuchte ich eine Modelleisenbahnbörse, und zwar in Bonn-Duisdorf. Meine Erwartung, dort nichts Erstehenswertes zu finden, wurde erfüllt, das ist überhaupt nicht schlimm. Hauptzweck des Ausflugs war ohnehin, nach Hinfahrt mit der Bahn, der Spaziergang zurück durch das Messdorfer Feld und über mir bislang unbekannte Wege der Weststadt.

Wie angekündigt hat es sich deutlich erwärmt von gestern noch knapp über null auf heute nicht weit unter zwanzig Grad, dazu stärkerer Wind, der Blätter fliegen und Fahnenmasten sirren lässt. Einige gehen schon wieder in kurzen Hosen vor die Tür, vor den Gaststätten sitzt man draußen. Im Messdorfer Feld lassen Eltern mit den Kindern Drachen steigen, festgehalten per Smartphone-Kamera für das digitale Familienarchiv.

Mein Rückweg führte vorbei an der Müllverbrennungsanlage und dem Heizkraftwerk, in unmittelbarer Nähe auch das örtliche Freudenhaus mit viel Rot an der Fassade. An der nächsten Straßenecke sprach mich eine junge Dame mit eindeutigen Geschlechts Geschäftsabsichten an. Ich verzichtete auf die Abgabe eines Angebotes und ging weiter meines Weges.

Es schadet nie, wenn auch Offensichtliches erklärt wird
Messdorfer Feld
Heizkraftwerk

Unterdessen war der Liebste in der Fußgängerzone und berichtete von zahlreichen Menschen, die sich enttäuscht bis empört darüber zeigten, dass der Weihnachtsmarkt am heutigen Totensonntag geschlossen ist. Nun ja: Der Markt ist geschlossen mit Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Christen, dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wenn man aber bedenkt, warum es überhaupt Weihnachten gibt, ist dann nicht so ein Weihnachtsmarkt mit Glühwein, Karussells, Krams- und Fressbuden überhaupt die größte denkbare Blasphemie? Nur der Gedanke eines Agnostikers, den es nicht weiter berührt.

***

Kommen Sie gut durch die Woche und den Restnovember. Wenn Sie mögen, genießen Sie den Glühwein oder was Sie bevorzugen.

Woche 17/2024: Schöne Aussicht und ein Gang nach Auerberg

Montag: Reisen machen mich nervös, sogar wenn andere sie tun. Morgens reiste der Liebste in die USA nach Atlanta, wo er bis nächste Woche beruflich zu tun hat. Was mich daran nervös machte war nicht die Angst vor einem Flugzeugunglück (obwohl er mit einer Boeing-Maschine flog), sondern die Anreise zum Flughafen Frankfurt, erst mit der Stadtbahn nach Siegburg, dann weiter mit dem ICE. Aufgrund persönlicher Erfahrungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln fand ich meine Sorge begründet, zumal er die spätest mögliche Stadtbahnverbindung wählte. Doch es lief alles zur Zufriedenheit, er kam gut und pünktlich an.

Der erste Arbeitstag im Mutterhaus nach viereinhalb Jahren Auslagerung verlief zufriedenstellend und weitgehend ohne Montäglichkeit. Auch das Gewusel auf dem Flur und in den Nebenbüros – nebenan telefonierte einer zu etwa achtzig Prozent seiner Arbeitszeit – störte mich weniger als befürchtet.

Blick aus meinem Büro über den Rheinauenpark auf das Siebengebirge

Beim Ausräumen meiner Schreibtischschubladen vergangene Woche fand ich eine noch fast volle Schachtel Altoids-Pfefferminzbonbons. Das freute mich ganz besonders, zumal mir schon vor längerer Zeit die örtlich Bezugsquelle abhanden gekommen ist. Vermutlich könnte ich sie beim großen A bestellen, doch bestelle ich dort aus grundsätzlicher Abneigung nichts; wenn es etwas nur beim großen A gibt, dann gibt es das für mich eben nicht.

Falls Sie die irgendwo sehen sollten, wäre ich für einen Hinweis sehr dankbar.

Am Samstag hatte ich bei einem Hersteller von Modellautos per Kontaktformular wegen Ersatzteilen angefragt, nachdem bei einem Omnibusmodell durch Unachtsamkeit ein Rückspiegel abgefallen und vermutlich im Staubsauger verschwunden war. Heute kam per Mail die Antwort: Gerne schicke man mir die gewünschten Teile, gegen Zusendung von Briefmarken im Wert von sieben Euro. Bis in die Neunzigerjahre eine durchaus gängige Zahlungsmethode, heute mutet sie ein wenig extravagant an.

Dienstag: Nach eisiger Nacht war der Rhein morgens in Nebel gehüllt, während abseits davon blauer Himmel das Auge erfreute; aus der Kranichperspektive wird das recht beeindruckend gewesen sein, sofern Kraniche auf so etwas achten. Da ein vernebelter Rhein nicht sehr oft zu sehen ist, erlaube ich mir heute eine gewisse Bildlastigkeit.

Am Brassertufer
Blick auf Beuel, wenn es zu sehen wäre
Das übliche Wochenbild, ohne Hintergrund
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Der Bundesgalgen
Wie man sieht beziehungsweise nicht, war auch das Mutterhaus dicht umhüllt

Auf dem Rückweg stillte ich im Rheinpavillon spontane Lust auf ein Arbeitsendegetränk, wobei diese schon morgens auf dem Hinweg erwachte, als die Gaststätte noch geschlossen war. Zudem wäre es bedenklich, bereits vor acht Uhr Bier zu trinken. Währenddessen fuhr auf dem Rhein ein kleines Segelboot mit erheblicher Schräglage vorüber, mal neigte es sich nach Back-, mal nach Steuerbord, stets ausgeglichen durch die beiden Insassen, die sich auf der jeweils anderen Bordseite weit nach außen lehnten. Für mich wäre das nichts, schon gar nicht bei der derzeit herrschenden Kälte.

Luv oder Lee
Später kam eine alte Bekannte durch: Die Alisa, mit der wir im vergangenen Jahr auf dem Rhein kreuzfuhren

In der Fußgängerzone sah ich einen, der Passanten einen angeknitterten Pappbecher entgegen hielt und um Kleingeld anhielt. Kurz darauf begegnete mir ein anderer, ebenfalls mit einem Pappbecher in der Hand, nicht so knitterig wie der erste, gefüllt mit aufgecremtem Kaffee. Ich fragte mich, wie der wohl geschaut hätte, hätte ich dort Münzen eingeworfen.

Mittwoch: Wie ich erst nachmittags bemerkte, waren die beiden Umzugskartons aus dem alten Büro längst angeliefert, nur nicht wie darauf angegeben in mein neues Büro, sondern in einen Sammelraum den Gang runter, Servicewüste Deutschland. Egal, nach dem Auspacken und dekorativer Platzierung des Inhalts im Regal kommt eine gewisse Behaglichkeit auf, im Gegensatz zu den meisten anderen Büros ohne feste Bewohner.

Abends besuchte ich recht spontan eine Lesung, nachdem ich morgens durch die Zeitung darauf aufmerksam wurde. Sie fand statt in einer Kneipe unweit unserer Wohnung, die ich seit Jahren nicht mehr besucht hatte. Beim letzten Mal hieß sie noch anders und das Publikum war ein völlig anderes; soweit ich mich erinnere, hatten Damen keinen Zutritt. In den hinteren Räumen konnte Mann sich in einer Art und Weise vergnügen, die hier detailliert zu schildern womöglich gegen die Richtlinien des Bloganbieters verstößt.

Die Lesung (beziehungsweise der Poetry Slam, das Publikum stimmte per bei Gefallen hochgehaltener Fliegenklatsche ab), war unterhaltsam.

Auch die Fliesenbeschriftung über den Urinalen hat Niveau

Einer meiner Vorsätze lautet, nie wieder um die Wette zu lesen, nachdem ich bei einem ähnlichen Anlass vor Jahren grandios den letzten Platz belegt hatte. Dennoch habe ich mir heute einen Handzettel mit den nächsten Terminen und Kontaktdaten des Veranstalters eingesteckt, man soll niemals nie sagen.

Donnerstag: Aus terminlichen Gründen ließ es sich heute nicht vermeiden, die Kantine erst gegen zwölf aufzusuchen. Um diese Zeit ist der Andrang besonders groß, an manchen Tagen findet man dann kaum noch einen freien Platz. Ich hatte Glück und fand einen unbesetzten Zweiertisch, von wo aus ich gute Aussicht auf das hungrige Treiben hatte. Erkenntnis auch heute, wie kürzlich schon bemerkt: Das Platzproblem könnte deutlich gelindert werden, wenn die Leute nach dem Essen gehen würden, anstatt noch eine Viertelstunde und länger vor leer gegessenen Tellern sitzend zu quatschen.

Kennen Sie Gunkl? Sollten Sie. Er schreibt täglich tolle Sachen. Heute dieses:

Vermutlich bin ich nicht der erste, der sich überlegt, ob ein Feiertag fürs Universum, so er einmal eingeführt werden sollte, anders – jedenfalls glamouröser – benannt werden sollte als „Alltag“.

Tolles auch im General-Anzeiger:

Hier wäre wohl zunächst ein Kurs zu richtiges Schreiben angebracht.

Freitag: Resümee nach einer Woche Mutterhaus: Trotz permanentem Gemurmel aus den Nebenbüros fühle ich mich dort wieder wohl, die Sehnsucht zurück in die behagliche Ruhe des bisherigen Gebäudes ist gering. Die Aussicht auf das Siebengebirge entschädigt für vieles. Ein wenig gewöhnen muss ich mich noch daran, dass nebenan ständig die Kollegen wechseln. Ich bin einer der wenigen mit festem Arbeitsplatz, man kann sich das aussuchen: Entweder bis zu drei Tage in der Woche Heimbüro, dafür keinen festen Schreibtisch, oder jeden Tag ins Büro kommen. Da musste ich nicht lange überlegen. Auch der zweite Platz in meinem Büro ist flexibel belegt. In dieser Woche war nur zweimal wer da, beide waren sehr verträglich. Im Übrigen gilt, wie die geschätzte Mitbloggerin Frau Novemberregen schon vor einigen Wochen schrieb: Es ist ein Arbeitsplatz, keine Tagespflege.

Samstag: Der Frühling ist zurückgekehrt mit Sonnenschein und milder Luft. Das veranlasste mich am Nachmittag zu einem längeren Spaziergang nach Bonn-Auerberg. Nicht, weil das ein besonderes schöner Stadtteil wäre, eher im Gegenteil, die Auerberger mögen mir verzeihen, sondern weil mir wieder eingefallen war, vor längerer Zeit mal im Netz recherchiert zu haben, dass der dortige Rossmann Altoids-Bonbons im Sortiment hatte, siehe Montag. Leider nur hatte, jetzt hat er nicht mehr. Dafür immerhin ein ähnliches Produkt eines anderen Herstellers, ebenfalls in einer dekorativen Blechschachtel. Somit war der Gang nach Auerberg nicht vergeblich. Wobei ein Spaziergang ohnehin nie vergeblich ist, auch nicht nach Auerberg.

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Wahlkampf

Sonntag: Nach spätem Frühstück fuhr ich mit der Bahn nach Bonn-Duisdorf, um eine Modellbahnbörse zu besuchen. Damit war ich schnell durch, es war nichts Kauflust erregendes im Angebot, das ist nicht schlimm. Zurück ging es zu Fuß durch das Messdorfer Feld, damit war der Sonntagsspaziergang auch erledigt. Mehr gibt es über den Tag nicht zu berichten, das ist auch nicht schlimm.

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Kommen Sie gut durch die Woche.