Woche 24/2025: Zufriedenstellende Arbeitslust und Kohlroulade

Montag: Da in dieser Woche aus Pfingstgründen der Montag auf morgen verlegt wurde, hatten wir einen weiteren Tag frei. Herzlichen Dank dafür an die Christenheit und an Herrn Merz, dass uns faulem Pack dieser Tag noch nicht gestrichen wurde. Da sich das Wetter wieder freundlich zeigte, nutzte ich ihn für eine neue Folge der Reihe Bonner Buslinien, heute die 604 nach Ückesdorf, ein weiterer Ortsteil, bei dem ich erstmal schauen musste, wo das überhaupt ist. Dorthin also ließ ich mich fahren und spazierte zurück, eine angenehme Strecke von neun Kilometern durch das Katzenlochbachtal, Lengsdorf, Poppelsdorf und die Südstadt, sie endete zufällig in einer Außengastronomie in der Innenstadt mit Maibock-Ausschank.

In Ückesdorf besteht eine gewisse Uneinigkeit über die Priorität der Verkehrsmittel. Wobei man sich schon fragen muss, ob die Stadt Bonn zu viel Geld hat, denn hier dürften sich Autos und Fahrräder auch ohne aufwendige Markierungen kaum ins Gehege kommen.
Bei Ückesdorf
Mordkapellenpfad oderhalb Poppelsdorf
Rosenblüte in Poppelsdorf

Dienstag: Der nachgeholte Montag verlief recht zufriedenstellend mit nur wenigen Besprechungen und Anrufen, auch sonst hielt der Arbeitstag keine Imponderabilien bereit und er endete zeitig, man muss ja nicht gleich am ersten Tag die Welt retten.

Am frühen Nachmittag befiel erstmals ein Krampf den linken Zeigefinger. Er gehorchte nicht mehr den gängigen Bewegungsbefehlen und ließ sich nur mit Hilfe der rechten Hand beugen, dazu leichter Schmerz. Nach ungefähr zehn Minuten war es vorüber, der Finger funktioniert wieder. Interessant, was man erlebt, wenn so ein Körper älter wird.

Mittwoch: Regelmäßig wundere ich mich über Eltern, deren volle Aufmerksamkeit, während sie ihre Brut im Kinderwagen durch die Gegend schieben, ihrem Datengerät gilt. Eine Variante davon sah ich morgens auf dem Weg ins Werk: Ein Fahrrad fuhr mit belegtem Kindersitz am Rheinufer, der Fahrer trug Kopfhörer. Vielleicht ein Sennheiser Divine-Silence PXC-700.

In einer Besprechung ohne externe Teilnehmer wurde sich teilweise noch gesiezt. Das erlebt man auch immer seltener, fast ist es schon Nostalgie.

Man sagt nicht mehr „Das ist mein Lieblings-[irgendwas]“, es heißt jetzt „Das ist mein go to …“, wie ich abends während der Verabschiedung einer lieben Kollegin in den Ruhestand von zwei jungen Kolleginnen erfuhr. Ansonsten war es ein sehr schöner Abend mit Grillgut, Getränken und Gesprächen im Ennert-Wald.

Ebendorten

Im Briefkasten ein Postkartengruß des Bloggerkollegen aus Duisburg aus Hamburg. Also der Gruß aus Hamburg, der Blogger aus Duisburg. Lieber M., herzlichen Dank!

Donnerstag: Morgens kam ich nur schlecht aus dem Bett, Körper und Geist wären gerne noch etwas länger liegen geblieben. Ein Zusammenhang zum Vorabend ist weitgehend auszuschließen, da ich mich beim Bier in Zurückhaltung geübt hatte und zeitig wieder zu Hause war. Vielleicht setzt nach nunmehr drei freien Donnerstagen hintereinander eine gewisse Gewöhnung ein. Nächste Woche wieder.

Belohnt wurde das Aufstehen mit zufriedenstellender Arbeitslust und Kohlroulade zum Mittagessen. Neben Grünkohl und Erbseneintopf ein Gericht, über das ich mich immer besonders freue, wenn es auf der Karte steht.

Nach der Arbeit war ich beim Friseur, der sich heute ungewöhnlich gesprächig zeigte. Nicht, dass mir das einreißt.

Freitag: Vor geraumer Zeit veröffentlichte ich unter dem Pseudonym Christian Rebeck das Buch „Herbsterwachen“, eine Geschichte über Liebe und Triebe zwischen männlich gelesenen Personen, heute heißt das wohl innerhalb der LGBTQ*-Komjuniti, mit Schwerpunkt auf G. Nun erhielt ich die Mailnachricht von jemandem, der wirklich Christian Rebeck heißt mit der Frage, wie ich auf diesen schönen Namen gekommen sei. Das ist schnell erklärt: Namensgeber sind zwei mir nahestehende Personen. Der eine gab seinen Vornamen, der andere hieß mit Geburtsnamen Becker, woraus als Anagramm Rebeck entstand. Ich hätte mich auch Eckber oder Keberc nennen können, wer weiß, wer dann geschrieben hätte. Weitere Bücher unter diesem Namen und dieses Genres sind von mir im Übrigen nicht zu erwarten.

Aus einer Besprechung: „Wir hatten uns gemeeted, um uns zu syncen.“ Es erscheint mir im Übrigen höchst albern, ein Problem als „Herausforderung“ zu euphemisieren.

Es ist warm geworden, sehr warm. Sogar für mein verfrorenes Empfinden, und das will was heißen. Die Menschen zeigen wieder ihre mehr oder weniger sehenswerten Körper.

oder weniger
Morgens im Rheinauenpark
Abends auf dem Weg zur Packstation, hier eine der vergangene Woche erwähnten unendlichen Bonner Baustellen an der Bornheimer Straße

Samstag: „No woman, no cry“ sang Bob Marley morgens im Radio. Ein Satz, der sich problemlos auf alle Geschlechter erweitern ließe, ohne ein Körnchen an Wahrheit einzubüßen.

Am frühen Nachmittag fuhren der Liebste und ich bei immer noch heftiger Hitze mit dem Schiff nach Königswinter. Dort waren wir verabredet mit Freunden zum gemeinsamen Besuch des jährlichen Weinfestes oberhalb von Rhöndorf. Die Wetter-App hatte vormittags noch Grund zur Hoffnung geboten, dass die angekündigten Gewitter und Unwetter weiter nördlich ihr Unbill treiben würden, doch je näher wir Königswinter kamen, desto dräuender zeichnete sich eine Wolkenfront im Süden ab und erstes Grollen war zu vernehmen. Mit Verlassen des Schiffes fielen dicke Tropfen, die einerseits angenehme Kühlung brachten, andererseits die Freude auf das Weinfest trübten. Da die Freunde noch nicht mit der Fähre aus Mehlem eingetroffen waren, stellten wir uns zunächst mit zahlreichen anderen mehr oder weniger nassen Menschen in den Unterstand der Stadtbahn.

Bei Ankunft der Freunde war der erste Schauer durch, doch kündigte sich aus Süden bereits der nächste mit Gewölk und Grollen an. Dessen unbeeindruckt fuhren wir mit der Stadtbahn nach Rhöndorf und gingen zum Weinfest oben in den Weinbergen. Ich zog die vorausschauend eingepackte Regenjacke an, derweil mein Unbehagen gegen die Naturgewalten wuchs; bei Gewitter ist es nicht das Vernünftigste, sich in einen Weinberg zu begeben, wo allenfalls Pavillonzelte etwas Wetterschutz bieten. Auch das erste Glas Riesling brachte mir nur wenig Gelassenheit über die selbstgefasste Einrede, dass man sich schließlich von Geburt an in ständiger Lebensgefahr befindet. Erst gegen achtzehn Uhr und einige Gläser später waren die Schauer durch und die Sonne beschien die Umgebung. Von da an wurde es sehr gemütlich und der Abend endete ohne weitere Zwischenfälle. Einen Vorteil hatte es: Die Hitze war vorerst gebannt, was bei Weingenuss von Vorteil ist.

Rheintal im Sonnenschein, später

Sonntag: Der Tag begann deutlich kühler und bewölkter als der gestrige, das war nicht schlimm, immer noch angenehmes Kurze-Hosen-Wetter. Der Spaziergang führte durch die Nordstadt und an den Rhein mit Einkehr auf ein Helles im neu möblierten Lieblingsbiergarten. Man kann ja nicht immer nur Wein trinken.

Lieblingsbiergarten mit neuer Möblierung

Was war noch – ach ja, richtig: eine der tausend Fragen. Heute die

110.

Frage Nr. 110 lautet: „Bist du manchmal von anderen enttäuscht?“ Ja, selbstverständlich, wer wäre es nicht, wenn andere sich nicht an Vereinbarungen halten oder Zusagen nicht einhalten, den Geburtstag vergessen oder sich nicht mehr melden. Häufig kommt das allerdings nicht vor, da meine Erwartungen an die Menschheit im Allgemeinen nicht sehr hoch sind. Das letzte Mal enttäuscht war ich nicht von einer Person, sondern einem Unternehmen, konkret dem Veranstalter unserer letzten Schiffsreise im Mai, weil wie berichtet die Verpflegung an Bord deutlich schlechter war als auf unseren vorherigen Reisen mit demselben Veranstalter.

Enttäuscht bin ich auch vom Bonner General-Anzeiger, unserer Tageszeitung. Gestern wurde fast eine zweidrittel Seite lang berichtet über einen kaputten Klodeckel, was die betroffene Mieterin dazu bei Facebook postete und was andere darauf antworteten. Schon vor längerer Zeit habe ich das Abonnement gekündigt mit der Absicht, es nach Ablauf zu günstigeren Konditionen neu abzuschließen. Mittlerweile überlege ich, ob ich das wirklich tun soll.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, ich hoffe, Sie mit diesem Rückblick nicht enttäuscht zu haben. Kommen Sie gut durch die Woche.

Redaktionsschluss: 18:30

Woche 17/2025: Dafür kann man es nicht selbst machen

Montag: Weiterhin Ostern. Der Papst ist tot. Völlig unangemessen spielt, seit ich es erfahren habe, in meinem Kopf der Kinderkanon „Der Hahn ist tot“, nur statt Hahn eben Papst und „Hallelu – lelujah“ statt „kokodi – kokoda“. Sein Chef möge mir verzeihen.

Nachmittags unternahm ich einen Spaziergang durch die Nordstadt und an den Rhein. Dabei sah ich unter anderem ein Schwanenballett:

..

Die Zufahrten zur Inneren Nordstadt sind weiterhin für den Durchgangsverkehr gesperrt, obwohl die meisten Kirschblüten inzwischen abgefallen sind und einen rosa Niederschlag auf dem Pflaster bilden.

..
Peterstraße, mittlerweile kirschblütenfrei

Die Liste des Grauens wurde nach längerer Zeit mal wieder ergänzt.

Dienstag: Auch die letzten dürften inzwischen mitbekommen haben, dass der Papst gestorben ist, daher erscheinen weitere Meldungen, Brennpunkte und mediale Trauerbekundungen entbehrlich. Wenngleich weiterhin viele Menschen aus ihrem Glauben Halt und Hoffnung schöpfen, sollte nicht vergessen werden: Der Papst ist oberster Repräsentant eines weltweiten Konzerns, der auf Grundlage uralter, zweifelhafter Überlieferungen viel Leid und Schmerz über die Menschen gebracht hat.

Im Übrigen war der erste Arbeitstag der Woche wenig montäglich. Er endete spät, weil eine Besprechung um eine halbe Stunde überzogen wurde und ich davon absah, zum vorgesehenen Ende die Runde zu verlassen; ich bin einfach zu nett. Angenehme Fußwege hin und zurück. Da auf dem Rückweg die Sonne schien, erlag ich den Verlockungen der Außengastronomie und entschädigte mich für den späten Feierabend.

Weg ins Werk
Detail am Wegesrand

Mittwoch: Heute war Gelegenheit, den großen bunten Regenschirm zu benutzen, den mir meine Lieben mal zum Geburtstag geschenkt haben, da es sowohl morgens als auch feierabends regnete und daher die Stadtbahn das Verkehrsmittel der Wahl war. Die fuhr jeweils pünktlich und war osterferienmäßig unvoll, das gerne mal loben bei allem Gezeter in der Welt (und oft genug auch in diesem Blog, ich weiß).

Vom Schreibtisch aus schaute ich der Meteorologie bei der Arbeit zu, wie sie von Südwesten dunkles Gewölk über den Venusberg schob und über der Stadt abregnen ließ, einmal war leichtes Donnergrollen zu vernehmen. Gearbeitet habe ich selbstverständlich auch, seit gestern Nachmittag mit Windows 11, auf das mein Rechner apgedäitet … geapdäitet* … na Sie wissen schon wurde. Noch ein wenig gewöhnungsbedürftig, das wird schon. Jedenfalls stört es mich nicht so sehr wie einen Kollegen, der unschöne Worte dafür gebraucht, die Ihnen erspart seien.

*Ja ich weiß, selbstverständlich schreibt man upgedatet. Ab sofort halte ich es damit wie Frau Anje: „… aber wie sonst sollen neue Wörter entstehen, die man nicht sofort als geklaut erkennt?“

Nachmittags verspürte ich Appetit auf Süßes. Hierfür liegen noch mehrere Marzipanbrote und Nougat-Marzipan-Riegel aus der letzten Weihnachtszeit in meiner Schreibtischschublade, was bemerkenswert ist, in früheren Jahren wären die spätestens im Februar vollständig vertilgt gewesen. Vielleicht ist der verminderte Zuckerdrang eine weitere Altersbegleiterscheinung, wenn ja, wohl nicht die schlechteste. Heute jedenfalls gelüstete es mich danach, nur ein halbes, den Rest später. Daraus wurde dann in kürzester Zeit doch ein ganzes. Reicht jetzt aber auch erstmal wieder.

Aus der Zeitung: In einem Artikel über in örtlichen Gewässern entsorgte Heimtiere beklagen Experten ausgesetzte Rot- und Gelbwangen-Schmuckschildkröten, die »den heimischen Landschildkröten […] großen Schaden zufügten«. Heimische Landschildkröten im Rheinland, überhaupt in Deutschland? Da hat der Reporter wohl nicht richtig zugehört.

Ein echter Experte auch Herr Dr. Uwe H. aus Bonn. In seinem Leserbrief nimmt er Bezug auf einen Artikel aus der vergangenen Woche, wonach die Stadt Bonn einem Oldtimer-Club aus Mehlem untersagt hat, ihre historischen Autos nach einer traditionellen Landpartie der Öffentlichkeit im Park einer Villa zu präsentieren, weil es dadurch zu Bodenverdichtung und Verunreinigungen durch auslaufendes Öl kommen könnte. Die Entscheidung der Stadt möchte ich hier nicht bewerten, Herr Dr. H. weiß hingegen: »Die Besucher [der Villa früher, Anm. d. Chronisten] mit Auto suchten sich einen Platz im Park. Das sind meines Erachtens die Wurzeln des Wortes „Parkplatz“ und des „Parkens“«. Die Akademiker sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Donnerstag: Diese Woche ist Kleine Woche, also wäre heute planmäßig frei gewesen. Da sie schon durch den Ostermontag nur vier Arbeitstage aufweist, verzichtete ich auf den freien Tag und spare mir die Stunden für später auf, zumal auf diese Woche zwei Wochen Urlaub folgen. Spare in (bzw. an) der Zeit, dann hast du in der Not, wie die Oma wusste.

Auch heute regnete es die meiste Zeit, freundlicherweise morgens nicht und abends nur leicht, so dass ich zu Fuß trocken ins Werk und zurück kam. Zurück nur einigermaßen trocken, nicht weil wieder die Gastronomie lockte, vielmehr waren bei Rückkehr trotz Schirm die Socken an den Fußspitzen feucht, als hätte ich Sandalen statt Turnschuhe* getragen. Offenbar nicht die richtigen für Leichtregen. Auf dem Hinweg sah ich am Rheinufer den Monteurwagen eines Unternehmens mit dem Namen „Pipe Protection“, dessen Profession demnach in der Wartung von Leitungen liegt. Wäre es meine Firma, hieße sie vielleicht „Rohrsorge“.

*Für die Jüngeren: Snieker.

Die Arztrechnung für die Zahnziehung kürzlich ist gekommen. Demnach kostet die „Entfernung eines tief frakturierten/zerstörten Zahnes“ 34,93 Euro. Da kann man nicht meckern, dafür kann man es nicht selbst machen.

Morgens

Freitag: Der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub war nochmal für einen Freitag ungewöhnlich reich an Besprechungen, dennoch gelang es, die anstehenden Angelegenheiten zu erledigen oder wenigstens in einen Zustand zu versetzen, der es erlaubt, sich ihnen mit gutem Gewissen erst nach dem Urlaub wieder zu widmen.

Der Regen ist durch, ab dem Nachmittag schien wieder die Sonne, die erste Flasche Schaumwein geöffnet, gleichsam ein Vorgeschmack: Die Koffer sind gepackt, morgens früh geht es los in die Champagne. Vorfreude streichelt das Gemüt.

Samstag: In nicht allzu früher Morgenstunde brachen wir auf nach Épernay, wo wir am späten Nachmittag ankamen. Die Anfahrt verlief äußerst entspannt durch die Eifel und Belgien unter Vermeidung von Autobahnen, so sieht man wesentlich mehr, auch wenn es länger dauert, vor allem wenn man mehrfach hinter Traktorgespannen herfährt, ehe man sie überholen kann. Wir haben ja Zeit.

Bei Ankunft im Hotel etwas außerhalb des Ortes wurde als erstes ein Glas ortsüblichen Schaumweins gereicht. Wir fühlten uns sogleich willkommen geheißen.

Sonntag: Am ersten Urlaubstag unternahmen wir eine Ausfahrt ins nahegelegene Reims. Am Weg dorthin lag ein Leclerc-Supermarkt, der, wie in Frankreich üblich, auch sonntags geöffnet ist. Daher ließ es sich der Liebste nicht nehmen, dort einen Halt einzulegen. Das erwies sich als erträglich, da der Markt nur mäßig besucht war.

In Reims besichtigten wir die örtliche Kathedrale, die (wenigstens mich) vor allem durch ihre bunten Fenster beeindruckt. Ansonsten gilt, was für alle derartigen Bauten gilt: Man muss der Kirche nicht nahestehen, um die Leistung zu würdigen, derartiges zu bauen, erst recht mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln.

Anschließend besichtigten wir den Keller von Pommery. Über 136 Treppenstufen steigt man hinab und durchschreitet ziemlich dunkle Gänge, in denen neben unzähligen Champagnerflaschen in allen gängigen Größen zahlreiche Kunstwerke zu sehen sind, die mit der Schaumweinkellerei in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen und aus meiner unmaßgeblichen Sicht dort entbehrlich sind. Immerhin bekommt man, nachdem man die 136 Stufen wieder aufgestiegen ist, ein Gläschen eingeschenkt. Insgesamt erschien es mir ziemlich teuer für das Gebotene, muss man nicht unbedingt machen. Zurück fuhren wir über die Dörfer, in denen bekannte große Champagner-Produzenten ihre Residenzen haben.

Apropos Schaumwein: Schaumloser Wein heißt Stillwein, erklärte der Liebste, der es wissen muss. Stillwein – da bekommt das Wort „stillen“ eine neue Bedeutung.

Unser Hotel, Teilansicht
ÖPNV in Reims
Kathedrale ebendort
Reims
Keller von Pommery
Drogenanbau bei Bouzy

(Aufgrund später Rückkehr von den vorgenannten Tagesaktivitäten entstand dieser Tageseintrag unter Zeitdruck, die Schlussredaktion für diesen Wochenrückblick erfolgte unter leichtem Alkoholeinfluss. Etwaige Fehler und sonstige Nachlässigkeiten bitte ich zu entschuldigen.)

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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche.

Woche 8/2025: Der Ofen bleibt an

Montag: Über das Wochenende muss es einen Zeitsprung gegeben haben. Beim Verlassen des Hauses am Morgen war es deutlich heller als in der Vorwoche, auch die Rückfahrt erfolgte bei etwa gleichem Arbeitsende in vollem Tageslicht. Vielleicht ist das auch nur Einbildung.

Nicht ein- sondern pseudogebildet dieses: „Das ist semivorteilhaft“ sagte eine in der Besprechung. Vorteil einer Teamssitzung ohne Kamera: Man kann ungehemmt mit den Augen rollen.

Mehrfach augenrollend nahm ich auch das Benutzerhandbuch eines Softwarelieferanten zur Kenntnis wegen zahlreicher Rechtschreib- und Kommafehler. Wobei das keine Ausnahme ist, vielmehr beobachte ich in den letzten Jahren diesbezüglich eine zunehmende Nachlässigkeit, nicht nur in augenscheinlich rasch runtergetippten Mails, sondern auch in offiziellen Dokumenten. (Ja, dieses Blog ist auch nicht fehlerfrei, ich weiß. Aber wenigstens sind mir aufgedeckte Fehler hinterher angemessen peinlich.) Anscheinend ist korrekte Orthografie in Zeiten von künstlicher Intelligenz und natürlicher Inkompetenz nicht mehr so wichtig. Dieses Land hat andere Probleme, um diese in letzter Zeit gern genutzte Phrase auch mal anzubringen.

Selbst die Word-Rechtschreibkorrektur resigniert

Nicht immer glückt eine Phrase: „Das wird uns die Kohlen aus dem Feuer holen“ hörte ich in einer anderen Veranstaltung. Danach ist der Ofen folglich aus.

In einem Netzartikel über eine Blogger-Konferenz ist von „Teilgeber:innen“ die Rede. Ich glaube nicht, dass ich daran teilnehmen bzw. -geben möchte.

(Ganz schön viel für einen Montag.)

Dienstag: Entwarnung, der Ofen bleibt an: Laut einer neuen Umfrage halten nur noch 25% der Deutschen Klimaschutz für eines der wichtigsten Themen. Wenn das so weitergeht, hocken die Menschen in spätestens tausend Jahren wieder in den Bäumen. Sofern es sie dann noch gibt, Menschen und/oder Bäume.

Wo es gerade um Bäume geht: Diesen eher rätselhaften Aufkleber fand ich an einem Lampenpfahl vor.

Was will man dem Flaneur sagen?

Rätselhaft auch das Speisenangebot in der Kantine, wo es heute an der vegetarischen Theke, wenn man wollte, „Fries Reloaded mit gepickeltem Gemüse und veganem Gouda“ gab. Ich wollte lieber nicht.

Mittwoch: Eher zufällig nahm ich morgens an der Einmündung der Stockenstraße in die Adenauerallee den grüner Pfeil für Radfahrer wahr. Schon immer dachte ich, dass der dort sinnvoll wäre. Im Gegensatz zu den meisten anderen Radfahrern, für die er (nicht nur dort) virtuell schon immer da war, hielt ich stets brav an bei rotem Licht. Ich weiß nicht, wann das Zeichen angebracht wurde, das morgenmüde Auge nimmt sowas in der Dämmerung ja nicht sofort wahr, vielleicht wartete ich schon unnötiger Weise auf Grün und vergeudete damit wertvolle Lebens- und Arbeitszeit. Wie auch immer – jetzt ist er da. Erfreulich, wenn sich Dinge mal zum Guten entwickeln in diesen Zeiten.

„No risk no fun“ hörte ich wen sagen. Auch eine der eher dümmlichen Phrasen.

Der Satz des Tages kam von einer unternehmens- und offensichtlich rheinlandfremden Besprechungsteilnehmerin: „Ist das nicht bald bei Ihnen da wieder, wie nennt man das noch, wenn man sich verkleidet.“

Donnerstag: Kleine Woche, daher endete mit Büroschluss für mich diese Arbeitswoche. Morgen fahren die Lieben und ich aus karnevalistischen Gründen nach Stuttgart, wo wir auf Einladung einer befreundeten Gesellschaft bis Sonntag bleiben. Auch dort verkleidet man sich gelegentlich.

Freitag: In den Radionachrichten morgens wurde Donald Trump nicht erwähnt. Vielleicht war sein Wochensoll an Unfug erfüllt, nächste Woche geht es dann weiter. Dafür wurde gemeldet, dass nach dem aktuellen Temperaturanstieg in Ostwestfalen die Krötenwanderung begonnen hat. Die Lurche interessiert das alles nicht, sie machen und lieben sich weiter wie immer, unbeeindruckt vom großen, orangen Oberlurch.

Vorfrühling auch bei uns: Vor Abfahrt nach Stuttgart suchten wir zum Auswärts-Frühstück die Fußgängerzone auf, wo die außengastronomischen Angebote schon wieder gut angenommen wurden. Wir zogen es wegen Restkühle indessen vor, im Inneren des Lokals zu frühstücken.

„Gestalte mit uns Gesundheit!“ wirbt ein Sanitätshaus um neue Mitarbeiter. Immerhin nicht „Lass uns Gesundheit gemeinsam neu denken!“

Nach staureicher Fahrt erreichten wir am späten Nachmittag Stuttgart. Zunächst gab es ein Ankunftsgetränk mit einem ebenfalls bereits angereisten Vereinskameraden in der Hotelbar. Anschließend aßen wir Maultaschen und was mit Spätzle in einem Restaurant in fußläufiger Nähe. Der Abend endete wiederum in der Hotelbar, wo mich die Erinnerung verließ.

Auch das Maritim-Hotel in Stuttgart ist nicht in der Lage, seinen Gästen im Zimmer Jackenhaken zur Verfügung zu stellen. Dafür hat man einen schönen Ausblick aus dem Fenster.

Hotelfensterblick I
Hotelfensterblick II, vorne die Alte Reithalle, wo wir morgen auftreten werden

Samstag: Im Bad des Hotelzimmers fordert ein Aufkleber dazu auf, mit Wasser sparsam umzugehen. Dem ist nicht zu widerraten, doch scheitert es an moderner Technik: Die Dusche verfügt nicht über eine gewöhnliche Armatur mit Hähnen zum Drehen, vielmehr wird sie durch Berühren eines Sensors in Gang gesetzt und abgestellt. Die Ingangsetzung funktionierte, jedoch lässt sie sich, einmal laufend, nicht mehr absperren, so zart oder fest man auch den Sensor berührt. Erst nach gut einer Viertelstunde, wenn der Spiegel großflächig beschlagen ist, reißt der Strahl von selbst ab, danach lässt sie sich nicht mehr anschalten. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Innovation nicht immer mit Verbesserung einhergeht.

Nach dem Frühstück mit wenig Appetit meinerseits, was zum einen am Vorabend, zum anderen an meiner Abneigung gegen große Hotelfrühstückssäle lag, gingen wir in die Stadt. Unter anderem besuchten wir die Markthalle, wo sich ein gewisses Frankreich-Gefühl einstellte. Vom Besuch der Weinbar nahmen wir zunächst Abstand.

Es ist deutlich wärmer geworden. Daher nahmen wir nach der Markthalle und einer Runde durch den Park in einer gut besuchten Außengastronomie am Schlossgarten Platz, mit Blick auf die zahlreich vorbeigehenden Menschen, was immer wieder erhebliches Vergnügen bereitet. Während ich eine Limonade bestellte, näherte sich der Geliebte mit einem Glas Sekt schon wieder Gehaltvollerem an.

Hausgemachte Limonade mit überflüssigem Trinkhalm und der unvermeidlichen Zierfrucht

Am späten Nachmittag traf der Rest der Karnevalsgesellschaft mit dem Bus ein. Zur Begrüßung wurde Kölsch gereicht, es schmeckte wieder.

Der Auftritt abends bei der Sitzung in der Alten Reithalle direkt neben dem Hotel verlief erfreulich, das anschließende Abendprogramm angenehm gemäßigt. Bei mir wirkte noch der Vorabend etwas nach, die Angereisten hatten während der Busfahrt schon ein wenig vorgebechert. Nach Rosenmontag sollte ich diesbezüglich vielleicht mal wieder einen Beschluss fassen. Weniger muss ja nicht gleich gar nichts bedeuten.

Für mich war es der zweite Stuttgart-Besuch in karnevalistischer Mission. Hätte man mich gefragt, wann der erste war, hätte ich bis gestern aus voller Überzeugung gesagt: vergangenes Jahr. Doch ein Mitjeck machte darauf aufmerksam, es war bereits 2023. Eine kurze Recherche in diesem Blog, auch für sowas ist es gut, ergab: Er hat recht. Ein weiterer Wie-die-Zeit-vergeht-Moment.

Sonntag: Aus oben genannten Gründen fiel für mich das Brausebad am Morgen aus; nachdem meine Lieben gereinigt waren, stellte die Dusche den Betrieb ein und ließ sich keinen weiteren Strahl entlocken, ich musste mit einer Haarwäsche am Waschbecken Vorlieb nehmen. Immer wieder erstaunlich: Man überlebt das, man beginnt auch nicht augenblicklich, unangenehm zu müffeln.

Nach dem Frühstück fuhren wir zurück nach Bonn. Die Sonne schien, die Autobahnen waren frei, ich konnte auf dem Rücksitz, im Auto stets mein Lieblingsplatz, einige Leserückstände aufholen. Am frühen Nachmittag trafen wir ein, so konnte ich noch einen Spaziergang machen. Der Frühling wirkt, oder wenigstens sein Vorbote: Über der Weststadt beobachtete ich eine Formation Kraniche in Richtung Norden ziehen. Auf den Balkonen leicht bekleidete Menschen, die baren Füße auf der Brüstung abgelegt, das Gesicht mit geschlossenen Augen der Sonne zugewandt. Auf der Wiese vor dem Poppelsdorfer Schloss lagen und saßen zahlreiche Studenten auf Decken. Während ich, nicht als einziger, noch die Winterjacke trug, immerhin mit geöffnetem Reißverschluss. Man weiß ja nie, was noch kommt.

Neubauten in der Südstadt

Apropos was noch kommt – Anmerkung zum Wahlausgang: Wir hatten die Wahl. Jetzt haben wir den Salat.

Zum guten Schluss: Erfreulich waren in dieser Woche die Frühlingsmilde, ausreichend große Saftgläser zum Hotelfrühstück und (vielleicht, zum Zeitpunkt der Niederschrift noch ungewiss) der Auszug der FDP aus dem Bundestag.

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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche. Bleiben Sie zuversichtlich, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Woche 28/2023: Von Wanderglück beseelt

Montag: Am Wochenbeginn war nichts Wesentliches zu beanstanden, es gab schon montäglichere Montage. Zu beklagen ist der Defekt der Geschirrspülmaschine nach nur acht Jahren Betrieb, was nicht dem Montag anzulasten ist. Dabei handelt es um ein Gerät des einst für die Verlässlichkeit und dauerhafte Haltbarkeit seiner Produkte bekannten Gütersloher Hausgeräteherstellers im gehobenen Preissegment. Anscheinend kann man sich auf nichts mehr verlassen. Vor geraumer Zeit stellte bereits der Wäschetrockner aus demselben Hause seine Dienste ein; sein Nachfolger, ebenfalls aus Gütersloh, nervt seitdem mit durchdringendem Piepen nach Trocknungsende.

Aus einem Zeitungsbericht über den Brand in einem Landauer Autohaus am vergangenen Wochenende: »Durch das Feuer wurden unter anderem Autos zerstört« – Wer hätte das gedacht.

Arno Frank im aktuellen SPIEGEL über Freibadkultur: »Und wenn weibliche Brüste vom Schönheitschirurgen sein können, dann sind männliche manchmal von der Brauerei.«

Dienstag: Vormittags fuhr ein Lieferwagen auf die gelb verdorrte Rasenfläche hinter dem Werk, mit Anhänger, darauf ein Aufsitz-Rasenmäher, obwohl es dort nichts mehr ernsthaft zu mähen gab. Bevor er lärmend zu grasen begann, brachte der Grünschnittvollstrecker mittels einer nicht minder lärmenden Motorsense die umstehenden Hecken in Facon. An Büroschlaf war nicht zu denken. Ich schloss die Fenster und dachte: Der macht auch nur seine ihm aufgetragene Arbeit. Wenigstens bediente er sich zum Aufsammeln der Heckenreste einer klassischen Harke statt eines Blasinstruments.

„Da sind wir schon in Progress“ hörte ich in einer Besprechung und fasste mich an den Kopf.

In einer Überschrift las ich was von „spannendem Gemüse“ und wunderte mich.

Aus gegebenem Anlass wünsche ich mir für WhatsApp eine Funktion, die eine Gruppe automatisch für mindestens acht Stunden stummschaltet, sobald jemand ein Spruchbild darin veröffentlicht. Oder mehr als ein Ausrufezeichen verwendet.

Nachmittags unterhielt ich mich mit einem Kollegen über den Ruhestand und kam zu der Erkenntnis, dass ich in spätestens neun Jahren gehen kann. Neun Jahre sind nicht viel, zurückgerechnet ist das 2014. Das war doch gerade erst.

Mittwoch: „Wir haben leider ein Delay“ hörte ich in einer Besprechung. Das tut mir leid, hoffentlich singt er nicht.

Die Tagesfrage des Blogvermieters lautet, welche Strategie ich anwende, um das tägliche Leben angenehmer zu gestalten. Eine bewusste Strategie, die einhergeht mit einer Planung, verfolge ich nicht, doch gibt es schon ein paar Dinge, die mir unverzichtbar erscheinen: die konsequente Trennung von Beruf und Privat, weshalb ich Heimarbeit ablehne. Eine Mittagspause ohne geschäftliche Gespräche und abseits des Schreibtisches, ganz wichtig und nicht verhandelbar. – Bewegung, das muss kein Sport im engeren Sinne sein: Radfahrten und Fußgänge ins Werk, Spaziergänge, die weitgehende Meidung von Rolltreppen und Aufzügen. (Das Sportstudio, das ich vor Jahren regelmäßig aufsuchte, ehe ich daran die Lust verlor, befindet sich im zweiten Stock. Sie glauben nicht, wie viele der Muskelzüchter dorthin den Aufzug benutzten.) – Ein, zwei Gläser Wein oder Bier am Abend. Ja ich weiß, nicht gut, weniger wäre besser, gehört für mich aber dazu. – Ausreichend Schlaf, das heißt, vor Arbeitstagen gegen zweiundzwanzig Uhr ins Bett, am Wochenende nicht vor zehn wieder raus. – Mich nicht für alles interessieren, worum allgemeines Geschrei tönt. – Lesen. Schreiben. – Das war eine kleine Auswahl, die sich mit etwas Nachdenken noch erweitern ließe.

Abendgewölk

Donnerstag: Etwas, das das Leben auch angenehmer macht, sind Unterbrechungen des Alltags. Das muss nicht gleich ein mehrwöchiger Urlaub sein, einzelne Tage zwischendurch erquicken ebenfalls. Ein solcher Inseltag war heute, den ich bei perfektem Wetter wandernd verbrachte, auf der zweiten Etappe des Natursteigs Sieg von Hennef nach Blankenberg. Glücksgefühl stellte sich erstmals ein, nachdem der zum Teil steile Zuweg von Hennef herauf geschafft war und mich auf dem Hauptweg Waldkühle umgab, derweil von rechts aus dem Tal fernes Stadt- und Straßenrauschen ans Ohr drang.

Der Wanderweg führt nicht nur durch Wald und Feld, sondern ab und an auch durch ein Wohngebiet. Ich mag das. Ob die Anwohner es genauso mögen, wenn fremde Leute an ihren Gartenzäunen entlang wandern, ist eine andere Frage.

Während der Mittagspause auf einem wohlgelegenen Rastplatz mit Blick auf das Tagesziel diktierte ich aus gegebenem Anlass die erste Whatsapp-Sprachnachricht meines Lebens. Dabei hielt ich, worüber ich sonst gerne lästere, das Telefon flach vor den Mund und schaute mich immer wieder um, ob mich jemand sehen könnte. Obwohl es für viele völlig normal ist, wäre mir das peinlich gewesen. Ähnlich wie beim WildWaldpinkeln.

Gegen vierzehn Uhr erreichte ich den Ortsteil Stein, wo ich mich in einer Außengastronomie an einem Weizenbier labte. Derart gestärkt erklomm ich anschließend den Hügel, auf dem die idyllische Stadt Blankenberg ruht, eigentlich schon Beginn der dritten Siegsteig-Etappe, die ich mir für einen der nächsten Wandertage vornehme. Danach fuhr ich, von Wanderglück beseelt, mit einer fast leeren S-Bahn zurück nach Siegburg, wo spontan aufgekommener Currywurstappetit gestillt wurde.

Wenn es Sie interessiert, hier einige Eindrücke des Tages:

Sieg bei Hennef
Waldeslust
Farben
Das Ziel vor Augen (Pfeil)
Für die Sammlung (Stein)
Stadt Blankenberg
Finde den Fehler

Freitag: „Es wird demnächst tatsächliche Standards für die Betreiber kritischer Infrastruktur geben“, sagte die Innenministerin anlässlich der Störaktion Klimaklebender auf dem Düsseldorfer Flughafen. Tatsächlich. Dann kann ja nichts mehr passieren.

Irgendwer hat mir per Teams ohne weitere Kommentierung eine Aufgabe zugewiesen. Da ist er bei mir richtig. Ohne genauer zu wissen, was er von mir will, habe ich sie auf Erledigt gesetzt und warte ab, was passiert. Mit dem Alter kommt die Gelassenheit, derlei nicht ernst zu nehmen und die Erkenntnis, dass in über neunzig Prozent solcher Fälle gar nichts passiert.

Samstag: Das Wetter zeigt sich unentschieden, mal regnet es, ab und zu lugt die Sonne durch ein Wolkenloch, dazu angenehme Temperaturen nicht weit über zwanzig Grad. Dank der neuen Markise kann ich den Nachmittag niederschlagsunabhängig auf dem Balkon sitzen und das Blog befüllen, auf dass Sie am Montag wieder was zu lesen haben. Ein wenig getrübt wird das Vergnügen durch Arbeitsgeräusche des bisweilen zu Hyperaktivität neigenden Nachbarn gegenüber, der heute etwas mit einer elektrischen Handkreissäge bearbeitet, dazwischen heult immer wieder ein Staubsauger mit nervensägenden Klopfgeräuschen, ungefähr so: „Uüüüüüüüüü – bum bum bum – üüüüüüüüü – bum bum bum – üüüüü …“.

Aus Unpässlichkeitsgründen haben wir ausnahmsweise Cola im Haus, die klassische bauchige Glasflasche im Einliterformat, ich wusste nicht, dass es das (noch) gibt. Nach so langer Zeit schmeckt die braune Süßbrause erstaunlich gut, wird aber nicht zur Gewohnheit werden.

Aus der Zeitung:

Haben die das wirklich nicht gemerkt?

Alles Gute zum Namenstag unter anderem an Bonaventura, Gumbert und Regiswind.

Sonntag: Bei den Kraftstoffpreisen ist offenbar noch Luft nach oben. Anders ist nicht zu erklären, dass ich beim Spaziergang an gleich drei Fahrzeugen vorbeiging, die mit laufendem Motor entweder am Straßenrand standen, derweil der Fahrer sich mit dem Datengerät beschäftigte, oder vor geschlossen Bahnschranken. Soll man die Leute ansprechen? Ja, sollte man wohl, aber außer einer dummen Antwort, vielleicht auch Gewaltandrohung, wird man nichts erreichen.

Meine Abneigung gegen das Händeschütteln schon lange vor der Seuche brachte ich bereits des öfteren zum Ausdruck. Wie der aktuellen Ausgabe der PSYCHOLOGIE HEUTE zu entnehmen ist, praktizierten die australischen Walbiri den Penishandschlag. Leider wird nicht erläutert, wie eine solche Begrüßung genau ablief, auch in des Netzes Weiten fand ich nichts dazu. Das würde mich sehr interessieren, wenngleich ich nicht annehme, für dieses Wissen eine praktische Anwendung beziehungsweise eine allgemein akzeptierte Alternative zum Händeschütteln zu finden.

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Kommen Sie gut in und durch die Woche.

Woche 8: Rhabarber und Hellbier

Montag: So langsam erscheinen harte Einschnitte unvermeidlich, da mir die Frisur täglich größere Ähnlichkeit mit Andreas Scheuer verleiht, was nun wirklich nicht erstrebenswert erscheint.

Auch nicht schön: „Das System läuft wieder performant“ teilte der IT-Bereich nach einer Störung mit. Laut Duden völlig korrekt, ansonsten … na ja. Meine persönliche Performanz ließ dagegen heute zu wünschen übrig, beziehungsweise da war Luft nach oben, wie Leute sagen, die auch „performant“ verwenden, oder vielleicht Andreas Scheuer.

„Mondgeruch“ bot mir das Datengerät zur Auswahl an, als ich „Montag“ eintippen wollte. Darüber muss ich nachdenken, daraus lässt sich was machen, wobei mir spontan nichts einfällt, aber die Woche ist jung. (Wenn Sie damit was anfangen können, bitte sehr, bedienen Sie sich gerne.)

Dienstag: Das Amt der Interventionsbeauftragten für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs beim Erzbistum Berlin wird laut einer Zeitungsmeldung künftig von Birte Schneider ausgeübt. Birte Schneider, echt jetzt? Künftigen Folgen der heute-Show sehe ich mit noch größerer Freude entgegen.

Als ich mittags nach Currywurstverzehr bei Sonnenschein durch den Rheinauenpark spazierte, begegnete mir eine junge Frau mit Kinderwagen, die dieses in ihr Freisprechmikrofon sprach, jedenfalls nehme ich an, dass der Satz nicht an den Kinderwageninhalt gerichtet war: „Der Rückwärtsgang ist leichter manchmal.“ Als nicht besonders geschickter Autofahrer meide ich Rückwärtsfahren wie der Papst das Pornokino und bin froh, wenn ich dabei nichts und niemanden beschädige (vorwärts fahre ich auch nicht viel besser und lieber), doch finde ich den Satz in unserer vorwärtsgerichteten Welt, wo nur gilt, was nach Höher, Schneller, Weiter strebt, als Lebensweisheit durchaus bemerkenswert.

Mittwoch: Während der täglichen Lektüre des Pressespiegels fragte ein Kollege per Skypenachricht an, ob ich kurz Zeit hätte, danach erklärte er mir mündlich, dass er mir gleich eine Mail schreiben würde. Was solls, das ist alles bezahlte, ruhegehaltsfähige Arbeitszeit. („Ruhegehaltsfähig“ ist ein wunderschönes Wort, nicht wahr?)

Hätte ich Lust und die Fähigkeit zum Programmieren, entwickelte ich eine App, mit deren Hilfe sich öffentliche Toiletten finden lassen. Den Namen wüsste ich schon, ich würde sie „Scheißhouse“ nennen.

Donnerstag: Trotz allem ging auch heute die Sonne auf.

Unterdessen verleiht die Außengastronomie am Rhein unter Vorwegnahme der Tatsachen stumm der Hoffnung auf bessere Zeiten Ausdruck.

Früh dran waren diese Kameraden, deren stummen Genießens ungeachtet irgendwelcher Tatsachen ich mittags im Rheinauenpark Zeuge sein durfte:

Freitag: Kennen Sie noch „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“, das wir als Kinder ohne Bedenken mit großer Freude spielten? So ganz bekomme ich Ziel und Inhalt des Spieles nicht mehr auf die Reihe. Zwei Gruppen standen sich im Abstand von etwa zehn Metern gegenüber, dann rief einer aus der einen Gruppe die oben genannte Frage, woraufhin die andere Gruppe rief: „Niemand!“ – „Und wenn er kommt?“ – „Dann laufen wir!“ Daraufhin liefen beide Gruppen aufeinander zu, was dann geschah weiß ich nicht mehr, es ging auf jeden Fall meistens unblutig aus. Dabei dachte jedenfalls niemand an die Männer in dunklen Anzügen, die auch heute noch gegen immense Bezahlung weltweit Angst und Schrecken verbreiten:

„Weltweit formieren die McKinsey-Alumnis eine Allianz aus 34.000 Personen in 120 Ländern. Fast fünf Prozent der Vorstandsmitglieder der 100 größten Unternehmen sind Meckis […] Der Übergang von einem intakten Netzwerk zu anrüchiger Kungelei ist fließend. Ebenso wie zur Seilschaft, die sich gegenseitig nach oben hievt und zur Not auch mal andere in den Abgrund tritt.“

Quelle: Handelsblatt

Siehe hierzu auch diesen vielfach unbeachteten Aufsatz.

Was spielen heutige Kinder eigentlich stattdessen? „Wer hat Angst vor de*r*m Metzger*in“? Aber vermutlich wäre das zu traumatisierend.

Samstag: Vergangene Woche zitierte ich aus der Sonntagszeitung Despektierlichkeiten über Werbung für ein bestimmtes Müsli-Produkt aus Schwaben. Von vergleichbarer Unerträglichkeit ist die Fernsehreklame für ein Katzenfutter, in der eine computeranimierte weiße Katze, untermalt von einem mit piepsiger Frauenstimme in hirnquälender Melodie intonierten „miau miau miau …“, eine als „Vitaldrink“ bezeichnete Suppe schleckt, die große Ähnlichkeit mit Erbrochenem nach Genuss von zu viel Rhabarber und Hellbier aufweist.

Doch gibt es auch seriöse Werbung – erstaunlich, was ein andersfarbiger Spazierstock zu bewirken vermag.

Von ziemlich schlechten Eltern dagegen „Deutschlands Hustenduo Nr. 1“ aus einer Reklame für Erkältungsmittel.

Gehört: „Molkerei auf der Bounty“. Vielleicht habe ich mich auch verhört.

Sonntag: Über das Schreiben schrieb ich vor mehreren Jahren dieses, kürzlich beim Sichten eines älteren Notizbuchs wiederentdeckt:

„Schreiben ist eine wunderbare Tätigkeit, erst recht dann, wenn es kein Ziel verfolgt. Ziel-, jedoch nicht sinnloses Schreiben. Nicht für Herzchen bei Twitter, Daumen hoch bei Facebook, lobende Kommentare im Blog, und nicht für einen Platz in der Bestsellerliste; nicht für eine Lesebühne und nicht für einen Sieg beim Poetry Slam. Einfach hinsetzen, den Stift zur Hand und die Worte fließen lassen: zwecklos und entspannend. Wörter, Sätze, Ideen, Gedanken, Texte, Aufsätze, Gedichte, Listen, Skizzen, Entwürfe, Zeichnungen, Bilder, Geheimes, Öffentliches, Lustiges, Ernstes, Trauriges, Erotisches, Groteskes, Absurdes, Alltägliches, Ausgedachtes – was auch immer: Hauptsache Schreiben.“

Zu „Mondgeruch“ ist mir dann doch nichts eingefallen.