Woche 8/2025: Der Ofen bleibt an

Montag: Über das Wochenende muss es einen Zeitsprung gegeben haben. Beim Verlassen des Hauses am Morgen war es deutlich heller als in der Vorwoche, auch die Rückfahrt erfolgte bei etwa gleichem Arbeitsende in vollem Tageslicht. Vielleicht ist das auch nur Einbildung.

Nicht ein- sondern pseudogebildet dieses: „Das ist semivorteilhaft“ sagte eine in der Besprechung. Vorteil einer Teamssitzung ohne Kamera: Man kann ungehemmt mit den Augen rollen.

Mehrfach augenrollend nahm ich auch das Benutzerhandbuch eines Softwarelieferanten zur Kenntnis wegen zahlreicher Rechtschreib- und Kommafehler. Wobei das keine Ausnahme ist, vielmehr beobachte ich in den letzten Jahren diesbezüglich eine zunehmende Nachlässigkeit, nicht nur in augenscheinlich rasch runtergetippten Mails, sondern auch in offiziellen Dokumenten. (Ja, dieses Blog ist auch nicht fehlerfrei, ich weiß. Aber wenigstens sind mir aufgedeckte Fehler hinterher angemessen peinlich.) Anscheinend ist korrekte Orthografie in Zeiten von künstlicher Intelligenz und natürlicher Inkompetenz nicht mehr so wichtig. Dieses Land hat andere Probleme, um diese in letzter Zeit gern genutzte Phrase auch mal anzubringen.

Selbst die Word-Rechtschreibkorrektur resigniert

Nicht immer glückt eine Phrase: „Das wird uns die Kohlen aus dem Feuer holen“ hörte ich in einer anderen Veranstaltung. Danach ist der Ofen folglich aus.

In einem Netzartikel über eine Blogger-Konferenz ist von „Teilgeber:innen“ die Rede. Ich glaube nicht, dass ich daran teilnehmen bzw. -geben möchte.

(Ganz schön viel für einen Montag.)

Dienstag: Entwarnung, der Ofen bleibt an: Laut einer neuen Umfrage halten nur noch 25% der Deutschen Klimaschutz für eines der wichtigsten Themen. Wenn das so weitergeht, hocken die Menschen in spätestens tausend Jahren wieder in den Bäumen. Sofern es sie dann noch gibt, Menschen und/oder Bäume.

Wo es gerade um Bäume geht: Diesen eher rätselhaften Aufkleber fand ich an einem Lampenpfahl vor.

Was will man dem Flaneur sagen?

Rätselhaft auch das Speisenangebot in der Kantine, wo es heute an der vegetarischen Theke, wenn man wollte, „Fries Reloaded mit gepickeltem Gemüse und veganem Gouda“ gab. Ich wollte lieber nicht.

Mittwoch: Eher zufällig nahm ich morgens an der Einmündung der Stockenstraße in die Adenauerallee den grüner Pfeil für Radfahrer wahr. Schon immer dachte ich, dass der dort sinnvoll wäre. Im Gegensatz zu den meisten anderen Radfahrern, für die er (nicht nur dort) virtuell schon immer da war, hielt ich stets brav an bei rotem Licht. Ich weiß nicht, wann das Zeichen angebracht wurde, das morgenmüde Auge nimmt sowas in der Dämmerung ja nicht sofort wahr, vielleicht wartete ich schon unnötiger Weise auf Grün und vergeudete damit wertvolle Lebens- und Arbeitszeit. Wie auch immer – jetzt ist er da. Erfreulich, wenn sich Dinge mal zum Guten entwickeln in diesen Zeiten.

„No risk no fun“ hörte ich wen sagen. Auch eine der eher dümmlichen Phrasen.

Der Satz des Tages kam von einer unternehmens- und offensichtlich rheinlandfremden Besprechungsteilnehmerin: „Ist das nicht bald bei Ihnen da wieder, wie nennt man das noch, wenn man sich verkleidet.“

Donnerstag: Kleine Woche, daher endete mit Büroschluss für mich diese Arbeitswoche. Morgen fahren die Lieben und ich aus karnevalistischen Gründen nach Stuttgart, wo wir auf Einladung einer befreundeten Gesellschaft bis Sonntag bleiben. Auch dort verkleidet man sich gelegentlich.

Freitag: In den Radionachrichten morgens wurde Donald Trump nicht erwähnt. Vielleicht war sein Wochensoll an Unfug erfüllt, nächste Woche geht es dann weiter. Dafür wurde gemeldet, dass nach dem aktuellen Temperaturanstieg in Ostwestfalen die Krötenwanderung begonnen hat. Die Lurche interessiert das alles nicht, sie machen und lieben sich weiter wie immer, unbeeindruckt vom großen, orangen Oberlurch.

Vorfrühling auch bei uns: Vor Abfahrt nach Stuttgart suchten wir zum Auswärts-Frühstück die Fußgängerzone auf, wo die außengastronomischen Angebote schon wieder gut angenommen wurden. Wir zogen es wegen Restkühle indessen vor, im Inneren des Lokals zu frühstücken.

„Gestalte mit uns Gesundheit!“ wirbt ein Sanitätshaus um neue Mitarbeiter. Immerhin nicht „Lass uns Gesundheit gemeinsam neu denken!“

Nach staureicher Fahrt erreichten wir am späten Nachmittag Stuttgart. Zunächst gab es ein Ankunftsgetränk mit einem ebenfalls bereits angereisten Vereinskameraden in der Hotelbar. Anschließend aßen wir Maultaschen und was mit Spätzle in einem Restaurant in fußläufiger Nähe. Der Abend endete wiederum in der Hotelbar, wo mich die Erinnerung verließ.

Auch das Maritim-Hotel in Stuttgart ist nicht in der Lage, seinen Gästen im Zimmer Jackenhaken zur Verfügung zu stellen. Dafür hat man einen schönen Ausblick aus dem Fenster.

Hotelfensterblick I
Hotelfensterblick II, vorne die Alte Reithalle, wo wir morgen auftreten werden

Samstag: Im Bad des Hotelzimmers fordert ein Aufkleber dazu auf, mit Wasser sparsam umzugehen. Dem ist nicht zu widerraten, doch scheitert es an moderner Technik: Die Dusche verfügt nicht über eine gewöhnliche Armatur mit Hähnen zum Drehen, vielmehr wird sie durch Berühren eines Sensors in Gang gesetzt und abgestellt. Die Ingangsetzung funktionierte, jedoch lässt sie sich, einmal laufend, nicht mehr absperren, so zart oder fest man auch den Sensor berührt. Erst nach gut einer Viertelstunde, wenn der Spiegel großflächig beschlagen ist, reißt der Strahl von selbst ab, danach lässt sie sich nicht mehr anschalten. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Innovation nicht immer mit Verbesserung einhergeht.

Nach dem Frühstück mit wenig Appetit meinerseits, was zum einen am Vorabend, zum anderen an meiner Abneigung gegen große Hotelfrühstückssäle lag, gingen wir in die Stadt. Unter anderem besuchten wir die Markthalle, wo sich ein gewisses Frankreich-Gefühl einstellte. Vom Besuch der Weinbar nahmen wir zunächst Abstand.

Es ist deutlich wärmer geworden. Daher nahmen wir nach der Markthalle und einer Runde durch den Park in einer gut besuchten Außengastronomie am Schlossgarten Platz, mit Blick auf die zahlreich vorbeigehenden Menschen, was immer wieder erhebliches Vergnügen bereitet. Während ich eine Limonade bestellte, näherte sich der Geliebte mit einem Glas Sekt schon wieder Gehaltvollerem an.

Hausgemachte Limonade mit überflüssigem Trinkhalm und der unvermeidlichen Zierfrucht

Am späten Nachmittag traf der Rest der Karnevalsgesellschaft mit dem Bus ein. Zur Begrüßung wurde Kölsch gereicht, es schmeckte wieder.

Der Auftritt abends bei der Sitzung in der Alten Reithalle direkt neben dem Hotel verlief erfreulich, das anschließende Abendprogramm angenehm gemäßigt. Bei mir wirkte noch der Vorabend etwas nach, die Angereisten hatten während der Busfahrt schon ein wenig vorgebechert. Nach Rosenmontag sollte ich diesbezüglich vielleicht mal wieder einen Beschluss fassen. Weniger muss ja nicht gleich gar nichts bedeuten.

Für mich war es der zweite Stuttgart-Besuch in karnevalistischer Mission. Hätte man mich gefragt, wann der erste war, hätte ich bis gestern aus voller Überzeugung gesagt: vergangenes Jahr. Doch ein Mitjeck machte darauf aufmerksam, es war bereits 2023. Eine kurze Recherche in diesem Blog, auch für sowas ist es gut, ergab: Er hat recht. Ein weiterer Wie-die-Zeit-vergeht-Moment.

Sonntag: Aus oben genannten Gründen fiel für mich das Brausebad am Morgen aus; nachdem meine Lieben gereinigt waren, stellte die Dusche den Betrieb ein und ließ sich keinen weiteren Strahl entlocken, ich musste mit einer Haarwäsche am Waschbecken Vorlieb nehmen. Immer wieder erstaunlich: Man überlebt das, man beginnt auch nicht augenblicklich, unangenehm zu müffeln.

Nach dem Frühstück fuhren wir zurück nach Bonn. Die Sonne schien, die Autobahnen waren frei, ich konnte auf dem Rücksitz, im Auto stets mein Lieblingsplatz, einige Leserückstände aufholen. Am frühen Nachmittag trafen wir ein, so konnte ich noch einen Spaziergang machen. Der Frühling wirkt, oder wenigstens sein Vorbote: Über der Weststadt beobachtete ich eine Formation Kraniche in Richtung Norden ziehen. Auf den Balkonen leicht bekleidete Menschen, die baren Füße auf der Brüstung abgelegt, das Gesicht mit geschlossenen Augen der Sonne zugewandt. Auf der Wiese vor dem Poppelsdorfer Schloss lagen und saßen zahlreiche Studenten auf Decken. Während ich, nicht als einziger, noch die Winterjacke trug, immerhin mit geöffnetem Reißverschluss. Man weiß ja nie, was noch kommt.

Neubauten in der Südstadt

Apropos was noch kommt – Anmerkung zum Wahlausgang: Wir hatten die Wahl. Jetzt haben wir den Salat.

Zum guten Schluss: Erfreulich waren in dieser Woche die Frühlingsmilde, ausreichend große Saftgläser zum Hotelfrühstück und (vielleicht, zum Zeitpunkt der Niederschrift noch ungewiss) der Auszug der FDP aus dem Bundestag.

***

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche. Bleiben Sie zuversichtlich, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Woche 7/2025: Das wird schon

Montag: Am Wochenbeginn gab es wenig zu beklagen, was ja schon mal ganz gut ist. Wie erwartet zwickt es im unteren Rücken weiterhin, doch ist leichte Besserung zu spüren. So gelingt es fast schon wieder ohne Schmerzen, auf das Fahrrad zu steigen und hinterher wieder ab. Die Arbeitslust war steigerungsfähig, das wird schon, spätestens Donnerstag, sagt die Erfahrung. Immerhin endete der Arbeitstag mit einem kleinen kollegialen Umtrunk und Pizza zur Befeierung eines erfolgreichen Projekts. Zwar ist das noch nicht abgeschlossen, doch das wird schon, spätestens … mal sehen. Betrachten wir es als ein Reinfeiern. Außerdem soll man Feste feiern wie sie fallen; wer weiß, ob es demnächst noch was zu feiern gibt in diesen Zeiten, um auch mal in den allgemeinen Pessimismus einzustimmen.

Apropos demnächst: Die Medien widmen sich intensiv der Frage, ob Merz oder Scholz das Kanzlerkandidatenwettreden (ich finde den in diesem Zusammenhang üblichen Begriff Duell unangemessen) gestern Abend gewonnen hat. Wie nicht anders zu erwarten sieht jede der beiden Parteien ihren Vertreter als Sieger, die Kandidaten sich selbst sowieso, alles andere wäre verwunderlich. Ich verstehe nicht, weshalb darum soviel Gewese gemacht hat; das ist doch völlig unerheblich und es erscheint mir fragwürdig, daraus eine Wahlentscheidung abzuleiten.

Dienstag: Zu Fuß ins Werk, aus terminlichen Gründen mit der Bahn zurück, da am frühen Abend bereits die nächste kollegial-gastronomische Zusammenkunft anstand, ohne Zusammenhang zum gestrigen Umtrunk. Bitte denken sie nicht, das wäre ständig so, in dieser Woche waren es zufällig gleich zwei Treffen. Das Lokal war vollbesetzt, für einen normalen Dienstagabend erstaunlich. Spätestens als direkt neben uns ein Musiker mit elektrisch verstärkter Gitarre und Mundharmonika begann, Tischgespräche zu verunmöglichen, wurde es Zeit, zu gehen. Bevor er um Münzgeld anhaltend durch die Reihen ging, war ich weg. Meine bereits geäußerte Abneigung gegen derartige Livemusik wurde ein weiteres Mal bestätigt.

Weg ins Werk

Mittwoch: Der Arbeitstag war lang, aber nicht sehr arbeitsreich, da ich einen großen Teil davon mit vielen Leuten in einem Besprechungsraum verbrachte, zuhörte und aus dem Fenster schaute. Es liegt mir fern, das zu beklagen, es gibt unangenehmere Arten, sein Gehalt zu *räusper* verdienen. Bei den nur noch seltenen Präsenz-Besprechungen achte ich stets darauf, einen Platz mit Fensterblick zu haben, auch wenn es dort selten etwas Außergewöhnliches zu sehen gibt. Derweil wurde im Besprechungsraum nebenan zeitweise ungefähr im Zehnsekundentakt applaudiert. Was auch immer dort aufgeführt wurde, ohrenscheinlich war da mehr los als bei uns. Auch das keine Klage, eher im Gegenteil.

Etwas weniger applaudiert wird womöglich demnächst woanders: „Sparschock für Oper und Orchester“ übertitelt die Zeitung einen Artikel, weiterhin fallen die Wörter „massiv“ und „Paukenschlag“, letzteres in diesem Zusammenhang besonders originell. Darum geht es: Die Stadt Bonn muss sparen, deshalb hat sie angekündigt, den jährlichen Zuschuss für Kultur ab 2029 um gut fünf Millionen Euro zu kürzen. Wenn man bedenkt, dass allein für Oper und Theater im letzten Jahr fast 33,8 Millionen Euro ausgegeben wurden, schrumpft der massive Paukenschlag zu einer leisen Flatulenz, aber die riechen ja oft am übelsten.

Am Montag hatte ich die Fahrradwerkstatt per Mail um einen Termin für die jährliche Inspektion gebeten, in den Vorjahren wurde sie im Februar/März durchgeführt. Heute kam der Termin: Anfang Mai. Vermutlich leidet auch die Werkstatt unter Personalmangel, wie so viele.

Donnerstag: Im Briefkasten lagen heute die Briefwahl-Unterlagen für die Bundestagswahl. (Warum heißt das so? Worunter legt man die? – Ich schweife ab.) Wenn ich jetzt nur wüsste, wo ich die Kreuze machen soll. Und was nützt es, die Kreuze an der vermeintlich richtigen Stelle zu machen, wenn nachher über fünfzig Prozent der Wähler vielleicht das falsche ankreuzen? Das ist selbstverständlich kein Grund, nicht zu wählen.

Wenn Sie sich auch unsicher sind und dem Wahl-O-Mat nicht trauen, gibt es als Alternative den Real-O-Mat. Auf der Startseite heißt es: „Der Real-O-Mat schaut nicht auf die Wahlversprechen, sondern gleicht das tatsächliche Abstimmungsverhalten der Fraktionen und Gruppen zu aktuellen politischen Themen mit Ihrer persönlichen Position ab. Grundlage sind dabei Anträge und Gesetzentwürfe im Bundestag.“ Ich habe es ausprobiert und bin vom Ergebnis etwas überrascht, doch es erscheint mir akzeptabel.

Das Kreuz mit dem Kreuz. Meinem Rücken geht es übrigens viel besser, nur noch selten zwickt es, und dann im gewohnten Rahmen.

Morgens – das Siebengebirge lag ganztägig hinter Wolken

Freitag: Ein weiterer Tag in Trübnis ohne Schreibtisch-Aussicht auf das Siebengebirge. Erst nachmittags schimmerten die sieben Berge (ja ich weiß, es sind mehr) vage, mehr eine Ahnung denn Aussicht, durch den dichten Dunst. Immerhin beruhigend, sie sind noch da, nachdem sie zwei Tage lang verhüllt waren. Man muss ja mit allem rechnen in diesen Zeiten.

Leider muss ich mich von diesem Blick bald schon wieder verabschieden. Nicht, dass der Ruhestand nahte, dann begönne dieser Satz nicht mit „Leider“. Bereits Anfang März ziehe ich aus organisatorischen Gründen von der achtundzwanzigsten in die dreiundzwanzigste Etage, was nur räumlich ein Abstieg ist, ansonsten bleibt (fast) alles beim Alten. Dann sitze ich in der entgegengesetzten Ecke des Turms mit Blick auf die Stadt statt die Berge. Von mir aus, ich werde schließlich (meistens) nicht gut dafür bezahlt, aus dem Fenster zu schauen. Dennoch, ein wenig werde ich sie vermissen, auch das Morgenrot und die Sonnenaufgänge. Im künftigen Büro dann vielleicht Abendrot und Sonnenuntergänge, wenn ich lange genug bleibe.

Ansonsten herrschte die Trübnis nur draußen, innerlich ging die Wochenend-Sonne auf.

Ich konnte nicht anders

Samstag: „Geeignet sei das Motorschiff für ganzjährige Veranstaltungen wie Geburtstage, Hochzeiten, Firmenevents oder Weihnachtsfeiern“ steht in einem Zeitungsbericht über ein neues Ausflugsschiff auf dem Rhein. Eine ganzjährige Weihnachts- oder Firmenfeier erscheint mir wenig vergnüglich.

Vergnüglich dagegen der Besuch der Außenveranstaltung einer befreundeten Bonner Karnevalsgesellschaft auf dem Marktplatz, bei der wir seit geraumer Zeit Fördermitglied sind, was zum Tragen des Ordens und der Feldmütze (umgangssprachlich auch Schiffchen genannt) der Gesellschaft berechtigt. Wir fühlen uns gut aufgenommen. Neben Sekt und Kölsch war zur inneren Wärmung auch köstliche Erbsensuppe im Angebot.

Erbsensuppe macht glücklich (Foto: der Liebste)

Sehr vergnüglich auch der Abend: Unsere Karnevalsgesellschaft fuhr mit dem Bus zu einem Auftritt nach Herdorf im Westerwald. Vor Abfahrt kam es zum kleinen Eklat, weil der Busfahrer es versäumt hatte, Getränke für die lange Fahrt zu beschaffen. Der Mangel konnte rasch beim örtlichen Getränkehändler behoben werden, so dass die Anreise nicht allzu trocken geriet.

Vor und nach dem Auftritt verbrachten wir die Zeit in einer Gaststätte neben dem Festsaal. Dort durfte, wie generell in Rheinland-Pfalz, noch geraucht werden, wovon reichlich Gebrauch gemacht wurde. Ein wenig fühlte ich mich zurückversetzt in längst vergangene Zeiten, als in Kneipen und Restaurants mit großer Selbstverständlichkeit geraucht wurde. Obwohl seit inzwischen mehr als fünf Jahren Nichtraucher, hat es mich nicht gestört.

Ansonsten scheint das dort eine sehr hübsche Gegend zu sein; wegen Dunkelheit ließ sich das nur erahnen.

Sonntag: Wegen der Vorabendaktivität und später Rückkehr verzögerte sich der gewohnte Tagesablauf um gut eine Stunde.

Der Weinkritiker Stephan Reinhardt in der FAS:

Und es ist alles viel individualistischer geworden, jeder ist mehr oder weniger mit sich beschäftigt. Wenn eine Gruppe in der Wirtschaft sitzt, schaut jeder auf sein Telefon. Um dort was zu finden? Erlösung? Wir könnten uns alle ruhig mal wieder mehr Gelassenheit gönnen. Stattdessen feiern wir Leute, die es geschafft haben, ihr Kind nicht mehr betrunken in den Kindergarten zu fahren, und darüber ein Buch geschrieben haben. Wow.

Beim Spaziergang durch die Nordstadt erneut die Frage, die in letzter Zeit und voraussichtlich bis auf Weiteres in anderen Zusammenhängen häufig gestellt wird: Wie konnte es dazu kommen?

..

Zum guten Schluss: Erfreulich waren in dieser Woche das nachlassende Rückenleiden, die vom Saalpublikum in Herdorf entgegengebrachte Begeisterung für unseren Auftritt und getrüffeltes Rührei am Sonntagabend.

***

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche möglichst ohne innere und äußere Trübnis. Bitte wählen Sie, aber darauf muss ich Sie ja nicht extra hinweisen, oder?

Eine Blogparade, eine Blogparade!

Frau Melli und Herr Tommi haben in ihrem Blog „Jansens Pott“ zu einer Blogparade über das Bloggen aufgerufen. Dem komme ich gerne nach.

Hier die Fragen und Antworten:

Warum hast Du ursprünglich mit dem Bloggen angefangen?

Warum – dazu kann ich nur Vermutungen anstellen. In den Achtzigern fing ich an, inspiriert durch Ephraim Kishon übrigens, Texte über Alltäglichkeiten zu schreiben. Die tippte ich dann mit der Schreibmaschine ab ohne genau zu wissen, was ich damit machen soll. Schon sehr bald hörte ich damit wieder auf, und diese wunderbare Beschäftigung schlief für lange Zeit ein. 2007 meldete ich mich bei Twitter an und begann wieder zu schreiben, wenn auch nur bis zu 140 Zeichen lange Textlein. Doch ich fand dort bald Anschluss, folgte und wurde verfolgt, entwickelte durchaus eine gewisse Sucht für dieses Medium. Über Twitter erfuhr ich erstmals von Blogs und der Möglichkeit, dort beliebig lange Texte ins Netz zu stellen. Die Idee gefiel mir, daher wurde ich 2009 Blogger. (Die alten Texte aus den Achtzigern habe ich auch noch.)

Welche Plattform nutzt Du für Deinen Blog und warum hast Du Dich dafür entschieden?

Wie die meisten nutze ich WordPress. Das war keine gezielte Entscheidung von mir. Vielmehr begann ich 2009 auf Blog.de, auch das war keine gezielte Entscheidung, sondern eher Zufall, weil ich keine Lust hatte, nach der besten Plattform zu recherchieren, daher nahm ich die erstbeste. Vor etwa zehn Jahren, wenn ich mich richtig erinnere, wurde Blog.de geschlossen und es gab dort eine Anleitung für einen Umzug nach WordPress. Das funktionierte gut, seitdem bin ich hier und zufrieden.

Hast Du schon auf anderen Plattformen gebloggt?

Ja, siehe vorherige Frage.

Wie schreibst Du Deine Blogposts? Nutzt Du ein lokales Bearbeitungstool oder eine Panel/Dashboard-Funktion Deines Blogs?

Die Tagesblöcke der Wochenrückblicke schreibe ich am jeweils angegebenen Tag direkt ins Blog, selten auch erst am Folgetag. Längere Aufsätze schreibe ich vor, entweder und am liebsten handschriftlich ins Notizbuch oder in Pages.

Wann fühlst Du Dich am meisten inspiriert zu schreiben?

Eine spezielle Zeit gibt es nicht. Meistens höre oder sehe ich etwas Blogabeles, bei Besprechungen, in der Zeitung, beim Gehen durch die Stadt. Das schreibe ich entweder direkt auf oder zunächst nur Stichwörter, formuliert wird dann später. Manchmal wache ich nachts auf und kann längere Zeit nicht wieder einschlafen. Dann kommen mir ab und zu Schreibideen und Formulierungen, die aus Bequemlichkeit und wegen Störung der Nachtruhe nicht sofort notiert werden. Wenn ich Glück habe, kann ich mich am nächsten Tag noch erinnern.

An manchen Tagen stockt die Inspiration etwas. Dann ist es anstrengend, etwas halbwegs vorzeigbares zu notieren.

Veröffentlichst Du Deine Texte sofort oder lässt Du sie erst eine Weile als Entwurf liegen?

Wie oben beschrieben entstehen die Wochenrückblicke durch tägliche Fortschreibung. Am späten Sonntagnachmittag ist Schlussredaktion für die Woche, veröffentlicht wird per Voreinstellung am Montagmorgen um halb sieben.

Längere Aufsätze, zu denen ich leider nur noch selten kommen, reifen in der Regel etwas länger, manchmal ein paar Wochen, ab und zu aber auch nur Stunden. Ich beneide einige Bloggerinnen und Blogger, die jeden Tag lange und dazu äußerst lesenswerte Texte veröffentlichen.

Über welche Themen schreibst Du generell?

Wie der Blogname schon sagt: Alltägliches und Ausgedachtes, wobei ersteres überwiegt; im Ausdenken fiktiver Geschichten bin ich nicht besonders gut. Lieblingsthemen sind schluderiger Sprachgebrauch, seltsame Verhaltensweisen, aber auch das anscheinend unausweichliche Bestreben der Menschheit, sich selbst auszulöschen.

Für wen schreibst Du?

Auch wenn das abgedroschen wirkt, weil das so ziemlich jede(r) schreibt, die/der diese Fragen beantwortet: vor allem für mich. Andererseits hat sich inzwischen eine regelmäßige Leserschaft angesammelt, über die ich mich sehr freue. Für die schreibe ich selbstverständlich auch und freue mich über Kommentare und Gefallensbekundungen, gerne auch Kritik, die allerdings selten ist. Ich habe eine sehr freundliche Leserschaft. (Die mir auch verzeiht, dass ich grundsätzlich aufs Gendern verzichte.)

Was ist Dein Lieblingsbeitrag auf Deinem Blog?

Einen absoluten Liebling habe ich nicht. Die, die mir recht gelungen erscheinen, habe ich in einem Buch herausgebracht. Ansonsten mag ich die Liste des Grauens sehr, die inzwischen weit über fünfhundert Einträge hat und weiter fortgesetzt wird.

Hast Du schon Blogpausen eingelegt oder Blogs ganz aufgegeben?

Wenn mehrwöchiges Nichtbloggen dazuzählt, ja. In der Anfangszeit war ich noch nicht sehr fleißig. Ansonsten nein und ich hoffe, noch lange weiterzubloggen. Einmal in der Woche mindestens, wozu ich mich als Ironblogger übrigens verpflichtet habe.

Was empfiehlst Du Menschen, die mit dem Bloggen anfangen wollen?

Nur keine Hemmungen. Und mit WordPress geht es auch für einen Technik-Laien wie mich ganz gut. Mit anderen vermutlich auch, die habe ich nur nie ausprobiert. Daher keine unbezahlte Werbung für WordPress. Apropos: Es lohnt sich, ein paar Euro jährlich auszugeben für ein werbefreies Blog, die Leser werden es danken.

Hast Du Zukunftspläne für Deinen Blog? Vielleicht ein Redesign, ein Wechsel der Plattform oder neue Features?

Wie schon geschrieben, noch möglichst lange weitermachen. Eine Designänderung oder ähnliches ist nicht geplant, außer vielleicht den Schlumpf mal durch etwas anderes zu ersetzen. Dazu habe ich noch keine Idee, Vorschläge sind willkommen.

Sehr gerne würde ich was Gemeinsames mit anderen Bloggerinnen und Bloggern machen. Eine Zeit lang gab es Blogtausche, das heißt, ausgewählte Texte von anderen übernahm ich in mein Blog, dafür veröffentlichten sie einen von mir in ihrem Blog. Ein konkretes gemeinsames Blogvorhaben mit einer von mir sehr geschätzten Bloggerin ist aus Zeitgründen bislang nicht zustande gekommen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Aber das sollte man ohnehin nicht, nicht nur als Blogger.

Woche 6/2025: Besser nicht bestimmt bewegen

Montag: Die Woche begann kalt und nicht allzu montäglich. Mehr weiß ich über den Tag nicht zu berichten, immerhin auch nichts zu beklagen.

Übrigens ist heute laut kleiner kalender Tag der männlichen Körperpflege. Haben wir das auch hinter uns, meine Herren; ab morgen wieder unrasiert ins Büro. Dazu eine gar entzückende Illustration:

„Irgendwie geht mit dem Ding der Bart nicht ab. Und warum trage ich diese alberne Mütze auf dem Kopf?“

Dienstag: Der Tag begann mit einer Enttäuschung: Am Samstag habe ich mich in einem örtlichen Musikfachgeschäft spontanverliebt in eine Trommel, ein kleineres, transportfreundlicheres Modell im Vergleich zu dem Riesentrumm, das ich bislang zu den Aufritten schleppe. Die wollte ich mir heute zum Geburtstag schenken und beim Auftritt am Abend sogleich in Betrieb nehmen. Aber ach: Abweichend von der Anzeige im Netz hat das Geschäft montags und dienstags geschlossen.

Der freie Tag, aus gegebenem Anlass bereits heute statt Donnerstag, wurde dennoch angenehm. Nach dem verhinderten Trommelerwerb frühstückte ich im Kaufhof-Restaurant. Ich mag das Frühstück dort, weil man sich wie im Hotel soviel vom Büffet holt (und bezahlt), wie man voraussichtlich verzehrt, wohingegen die fertigen Frühstücksarrangements in Cafés oft so umfangreich sind, dass meistens etwas zurück geht, was nur schwer mit meiner Sozialisierung als Flüchtlingskind zu vereinbaren ist, ich schrieb es schon.

Nach dem Frühstück fuhr ich mit der Stadtbahn nach Oberdollendorf, von dort unternahm ich eine Rundwanderung durch das Siebengebirge, unter anderem über Stenzels- und Petersberg. Es war kalt, aber beglückend. Den Aufstieg auf den Petersberg schaffte ich schnauffrei, das tägliche Treppensteigen im Turm scheint Früchte zu tragen. Während es für die meisten Menschen völlig normal ist, telefoniere ich äußerst ungern in Öffentlichkeit, Wald und Flur. Dem kam die schwache Mobilfunkabdeckung in Teilen des Siebengebirges entgegen. Ansonsten war ich dankbar, dass die meisten Gratulationen per Kurz- oder WhatsApp-Nachricht eintrafen und das Telefon in der Tasche nur kurz aufzucken ließen, auf dass ich sie später beantworte.

Zurück in Bonn belohnte ich mich wie üblich mit Currywurst an Pommes. Dabei beantwortete ich mit letzter Akkukraft des Telefons die Gratulationsnachrichten. Offensichtlich war der Wandertag sehr anstrengend für das Gerät, im Gegensatz zum Nutzer.

Abends war ein Auftritt des Karnevalscorps in Bad Godesberg, für mich hoffentlich zum letzten Mal mit der sperrigen Trommel. Die neue kaufe ich morgen Abend, wenn sie dann noch da ist.

Der Tag in Bildern:

Bei Heisterbach
Stenzelsberg
Frostige Höhen
Stechpalme, gefrostet
Blick vom Petersberg auf Drachenfels, Schloss Drachenburg und Rhein
Für die Sammlung (Oberdollendorf)
Nur eine Zahl, leicht angerostet

Mittwoch: Im Gegensatz zu gestern war der Tag durchgehend dunstig-bewölkt, morgens mit leichtem Sprühregen. Im Büro war gut zu tun, an dem freien Tag hatten sich ungewöhnlich viele Mails angesammelt. Gut, ein größerer Anteil bestand aus Gratulationen, die zügig abgearbeitet waren. Der Arbeitstag endete mit einem sehr angenehmen Chefgespräch, meine Zielerreichung betreffend, außerdem muss er wie jedes Jahr eine Potentialeinschätzung zu meiner Karriereentwicklung abgeben. Auch in diesem Jahr schrieb er: »Wirkt bzgl. Veränderungen teilweise etwas gleichgültig«. Dem ist vollumfänglich zuzustimmen; maximal sieben Jahre vor dem Ruhestand tendiert mein Karrierestreben, bei weiterhin grundsätzlich positiver Motivation, gegen Null. Jeder weitere Karriereschritt wäre mit erheblicher Freizeiteinbuße verbunden, das muss nun wirklich nicht sein.

Abends kaufte ich wie geplant die kleinere Trommel und absolvierte mit ihr probeweise einen kleinen Parademarsch durch die Wohnung.

Die alte (links) und die neue Trommel

Donnerstag: „Vater Staat ist nicht dein Erziehungsberechtigter“ steht auf den Wahlplakaten der FDP. Und ich wünsche nicht, von Herrn Lindner geduzt zu werden.

„Es ist ja auch ein Haufen Code dahinter“, sagte eine in der Besprechung.

Die Schwäche, Gesichter zu erkennen, heißt Prosopagnosie. Ob bei mir eine leichte Variante vorliegt, weiß ich nicht, jedenfalls kommt es manchmal vor, dass ich zwei Menschen, die ich nur vom Sehen kenne, für einen halte. Sie müssen sich nicht besonders ähnlich sehen wie Zwillinge oder Geschwister, ich weiß auch nicht, aufgrund welcher Merkmale die Verwechslung beziehungsweise Verschmelzung entsteht. Solange, bis ich beide gleichzeitig sehe. Die Erkenntnis „Huch, das sind ja zwei“ ist jedesmal irritierend. Heute Mittag in der Kantine wieder.

Freitag: Während der Radfahrt zum Werk morgens erinnere mich ein länger nachwirkender Stich im unteren Rücken daran, dass Alter nicht nur eine unbedeutende Zahl ist.

Bei Ankunft ärgerte ich mich ein wenig über einen Kollegen. Dazu muss ich ein wenig ausholen: Bei den Aufzügen im Turm wählt man die Etage nicht innerhalb der Kabine, sondern an mehreren Displays im Eingangsbereich. Nach Auswahl des Stockwerks wird der zutreffende Aufzug angezeigt. Besagtem Kollegen wurde nun dieselbe Kabine wie mir zugewiesen, die er einige Sekunden vor mir betrat. Aus Egoismus oder Gedankenlosigkeit betätigte er den Tür-zu-Knopf, woraufhin sich die Türen schlossen und ich mit vermutlich tadelndem Blick davor stehen blieb. Das bemerkte der Kollege, immerhin, und streckte den Arm zwischen die noch nicht ganz geschlossenen Flügel, woraufhin sie sich wieder öffneten und ich eintreten konnte. Statt eines Wortes der Entschuldigung rühmte sich der Held, mir unter dem Risiko des Armverlustes den Einstieg ermöglicht zu haben. Da er in die Vorstandsetage fuhr, wie der Anzeige zu entnehmen war, sah ich von weiteren Beschimpfungen ab.

„Jede Treppenstufe bietet bis zu 4 Sekunden längere Lebenszeit“ las ich in einer Mitteilung. Wenn ich es schaffe, bis zum voraussichtlichen Ende meines aktiven Berufslebens einmal arbeitstäglich die Treppen statt des Aufzugs zu nehmen, könnte ich knapp zwanzig Tage herausholen.

Samstag: Im Rücken zwickt es bei bestimmten Bewegungen weiterhin, erfahrungsgemäß wird mich das noch einige Zeit begleiten. Das morgens angebrachte Wärmepflaster brachte nur wenig Linderung. Also besser nicht bestimmt bewegen. Das ist allerdings kein Grund, auf den Spaziergang zu verzichten.

Spaziergangsbild
Warnhinweis auf der Wärmepflasterpackung

Sonntag: Der Spaziergang führte unter anderem durch die Südstadt, wo die Schneeglöckchen blühen. Woanders wahrscheinlich auch, nur sah ich sie dort erstmals in diesem Jahr. Das milde, zeitweise sonnige Wetter lockte viele Spaziergänger aus den Häusern, vom derzeit allgegenwärtigen Pessimismus war nichts zu spüren.

Anlässlich eines Auftritts der Karnevalsgesellschaft am Abend kam die Trommel zu ihrem ersten öffentlichen Einsatz. Ich bin sehr zufrieden damit.

Zu guter letzt: Erfreulich in dieser Woche waren der Wandertag, die neue Trommel und das schöne Gefühl, wenn der Schmerz nachlässt.

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Ich wünsche Ihnen eine angenehme, möglichst schmerz- und sorgenfreie Woche.

Woche 5/2025: Plakatwände mit den üblichen Gesichtern und inhaltslosen Parolen

Montag: Zu den Kindern kommt abends das Sandmännchen, um sie in den Schlaf zu geleiten. Mich besuchte hingegen sein fieser, pickeliger Bruder, das Weckmännchen. In der Frühe gegen halb vier holte es mich aus ereignislosen Träumen, erst gegen fünf durfte ich noch ein knappes Stündchen schlafen, ehe der erste Wecker zur neuen, großen Arbeitswoche rief. Das Arsc Der Bursche erscheint unregelmäßig zumeist in Nächten auf Montag nach einem langen, schlafreichen Wochenende wie dem vergangenen, da machste nix. Weder Meditieren noch (selbstverständlich tonlos) Gedichte von Eugen Roth und Heinz Erhardt zu rezitieren helfen dann, wach ist wach, in Seit- wie Rückenlage; Bauchlage habe ich nicht probiert. Immerhin kam mir währenddessen eine Idee, wie es auf meiner Romanbaustelle weitergehen könnte, falls ich da nach monatelanger Untätigkeit mal dran weiterzumachen mich aufraffen sollte. Außerdem bemerkte ich, wie nah die Wörter Dekret und Sekret nach der Wiederwahl des amerikanischen Präsidenten nicht nur sprachlich beieinander liegen.

Die Radfahrt zum Werk erfolgter bei ungewöhnlicher Milde, nicht einmal Handschuhe waren erforderlich. Auch die angekündigten Windböen erwiesen sich als gemäßigt. Erst im Laufe des Vormittags tosten sie um den Turm und trieben großflächige Wolken über das Firmament, wie ich während mehrerer Besprechungen vom Arbeitsplatz aus betrachten konnte. (Eigentlich müssten sie mir für die Aussicht was vom Gehalt abziehen, woanders zahlt man dafür Eintritt. Das bleibt bitte unter uns.)

Gegen Nachmittag machte sich der Schlafmangel bemerkbar in Form stark verringerter Arbeitslust, daher verließ ich das Büro nach Erledigung kleinerer Restarbeiten zur vorgesehenen Zeit. Auch das Wetter hatte sich wieder beruhigt, Restwinde schoben mich auf der Rückfahrt freundlich an.

Aus der Zeitung:

Man muss schon sehr genau hinschauen. (General-Anzeiger Bonn)

Dienstag: Viele Menschen fürchten offenbar, augenblicklich zu Staub zu zufallen, wenn sie warten müssen. Nicht zum ersten Mal sah ich, wie der Fahrer eines Lastenfahrrads mit hoher Geschwindigkeit eine rote Ampel ignoriert, vorne in der Ladekiste ein Kind, das Papis Fehlverhalten aufmerksam verfolgt. Es komme mir niemand mehr, ich müsse vor einer roten Fußgängerampel warten, vor allem wenn Kinder in Sichtweite sind. (Manchmal warte auch ich nicht gern.)

Die Stadt ist vollgehängt mit Wahlplakaten des örtlichen CDU-Kandidaten, alle paar Meter grinst er einen an. Das wäre schon Grund genug, ihn nicht zu wählen.

Blaue Stunde morgens

Mittwoch: Auf dem Rückweg vom Werk telefonierte ich über Hörsprechstöpsel in den Ohren mit einem Geburtstaghabenden, anschließend koordinierte ich per Kurznachrichten mit den Lieben die Speisefolge für das Abendessen. Von einem Gen Z-ler nur dadurch zu unterscheiden, dass ich nicht im Stande bin, im Gehen beiddäumig zu tippen.

Anschließend vor mir eine Kundin in der Bäckerei: „Genau … dann nehme ich tatsächlich so ein Dinkelbrot.“ Das danach vor mich hin gemurmelte „tatsächlich“ wird sie nicht gehört haben.

Der Tag lag im Schatten der Abstimmung im Bundestag über den Antrag der CDU zur Asylpolitik, der mit Zustimmung der AfD angenommen wurde. Abends schrieb ich ins Tagebuch: „Das könnte der Beginn einer unheilvollen Zeitenwende sein.“ Siehe dazu auch hier.

Donnerstag: Der mittägliche Treppengang musste aus Zeitgründen leider ausfallen, weil der Chef etwas zu verkünden hatte. Mit dem Verkündeten hatte ich gerechnet, irgendwann, jedoch nicht so bald. Ob sich dadurch für mich etwas verschlechtern wird, bleibt abzuwarten. Besser wird es jedenfalls nicht, besser als es zurzeit ist kann es kaum werden.

Nachmittags begann es zu regnen, deshalb fuhr ich mit dem Bus nach Hause. Als ich vom Busbahnhof (warum eigentlich „bahn“?) durch die Stadt ging, rief vor mir einer mehrfach: “Warum?“ Eine berechtigte Frage, die ich mir auch immer öfter stelle.

Freitag: Das Passwort meines Bürorechners war abgelaufen und musste erneuert werden. Ständig wird man aufgefordert, Passwörter zu aktualisieren oder erstmals sich auszudenken. Dabei werden die Kriterien für ein halbwegs sicheres Passwort immer komplexer: mindestens acht Zeichen lang, bestehend aus Groß- und Kleinbuchstaben, Sonderzeichen und Ziffern, deren Quersumme nicht zwölf ergeben darf. Es darf nicht leicht zu erraten sein, etwa aufsteigende Zahlenfolgen, den Namen des Nutzers oder das Geburtsdatum enthalten, zudem darf es nicht übereinstimmen mit den dreizehn zuletzt vergebenen. Dann muss man es sich auch noch merken können, ohne es irgendwo zu notieren. Vielleicht kommt es irgendwann zum Atomkrieg oder zur Kernschmelze, weil an entscheidender Stelle jemand das erforderliche Passwort vergessen oder dreimal falsch eingegeben hat.

Übrigens: Die Weltuntergangsuhr steht auf 11:58:31.

„Außer Trump und Merz, außer AfD und Wahlkrampf gibt es auch noch andere Menschen und Dinge, mit denen man sich beschäftigen kann, beschäftigen sollte“ schreibt Kurt Kister in seiner Kolumne „Deutscher Alltag“, die wieder da ist. Das heißt, sie war nie weg, nur erhielt ich sie nicht mehr wöchentlich zugesandt, weil ich anscheinend aus dem Verteiler gefallen war. Da er in früheren Texten angedeutet hatte, aus Altersgründen nicht mehr zu schreiben, nahm ich an, nun wäre es soweit. Durch eine Kollegin, die die Kolumne weiterhin erhält, erfuhr ich eher zufällig, dass es sie weiterhin gibt, und abonnierte sie umgehend. Heute erhielt ich sie erstmals wieder, somit kann ich mich freitags wieder darauf freuen. (Es soll auch Menschen geben, die sich montags auf diesen Wochenrückblick freuen. Das freut mich sehr.)

Samstag: Nun also schon wieder Februar. In elf Monaten wird voraussichtlich wieder über ein Böllerverbot dabattiert. Wie bereits vergangene Woche dargelegt, empfand ich den Januar weder als unangenehm noch endlos. Der erste Tag des neuen Monats war sonnig und kalt, Dächer und beschattete Flächen waren mit Raureif* überzogen. Die wöchentliche Altglasentsorgung verband ich wie üblich mit einem Spaziergang durch die Nordstadt und an den Rhein, wo die Uferpromenade gut besucht war. In der Nordstadt werben große Plakatwände mit den üblichen Gesichtern und weiterhin inhaltslosen Parolen um meine Kreuze bei der Bundestagswahl. Dieses Mal fällt es mir wirklich schwer, zu entscheiden, welche Partei ich für die beste oder wenigstens für das kleinere Übel halte.

*Weiterhin widerstrebt es mir, das Wort ohne h zu schreiben, aber es hilft ja nichts

Februarblau

Sonntag: Der Sonntagsspaziergang musste wegen Dienst an den Trommelstöcken (in meiner ostwestfälischen Kindheit sagte man Stöckern) leider ausfallen, weil zwei Auftritte der Karnevalsgesellschaft in Euskirchen und Bad Godesberg sich mit den üblichen Wartezeiten (wer selbst im Karneval aktiv ist, weiß vermutlich, was ich meine) bis in den späten Nachmittag zogen.

Kleiner Nachtrag zu Dienstag: Laut einer Messung des ADAC im vergangenen Jahr ignorieren acht Prozent der Radfahrer rote Ampeln, steht in der FAS. Das erscheint mir sehr wenig, oder sie haben nicht in Bonn gemessen

Das Gute zum Schluss: Erfreulich waren in dieser Woche die wiederentdeckte Kister-Kolumne, ein eingetroffenes, erst am Dienstag zu öffnendes Päckchen und die Sofalesezeit nach den Auftritten.

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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche. Lassen Sie sich nicht um den Schlaf bringen, weder vom Weckmännchen noch von Friedrich Merz.