Woche 32: Wenn man sich die Finger wund schreibt

Montag: „Das zu bundeln macht schon Sinn, oder?“, wurde ich während einer Besprechung in einer Phase geistiger Abwesenheit gefragt. Ohne den leisesten Schimmer über den Sinn der Frage, erst recht des Wortes „bundeln“, nickte ich stumm und ergab mich der Hoffnung, man möge die um meinen Kopf kreisenden Fragezeichen nicht allzu sehr sehen. Während der Abwesenheit dachte ich über eine Frage nach, die zwar belanglos war, in dem Moment aber interessanter erschien als das Besprechungsthema, ohne eine Antwort darauf zu finden. Muss ich später mal im Netz recherchieren, so mein Plan. Leider hatte ich später die Frage vergessen. Vielleicht ist die künstliche Intelligenz ja bald so weit, dass man recherchieren kann, nach was man im Laufe des Tages recherchieren wollte. Ich könnte Alexa fragen, wenn wir eine hätten. Siri ist dafür eindeutig zu blöd. Aber Alexa kommt mir nicht ins Haus, niemals.

Dienstag: Heute war wieder so ein Tag, an dem ich den Kolleginnen ehrlicherweise einen Münzfernsprecher ins Büro wünsche und dazu ein sehr begrenztes Kleingeldbudget.

Geräuschentwicklung auch am Abend: Nachdem die Singstar-Krähe von Gegenüber seit geraumer Zeit ausgeflogen scheint, erfreut nun der Nachbar nebenan mit Gesang. Doch zürne ich darüber nicht, so ist das eben, wenn man mitten in der Stadt wohnt. Zudem übe ich ja selbst regelmäßig Trompete, und jeder weiß: Wenn ein Anfänger oder Wiedereinsteiger Trompete übt, ist das die Hölle. Für alle unmittelbar und mittelbar Beteiligten.

Mittwoch: „Die Spitze des Eisbergs ist noch nicht erreicht“, las ich heute in einem Artikel über zu erwartende Entgelterhöhungen bei Briefen und Paketen. Ich liebe schiefe Bilder.

Lehrt man die Schüler heute eigentlich das Wort „Entgelt“? Wenn ja, wie lange dauert es, bis sie nicht mehr „Endgeld“ in ihr Diktatheft schreiben? Lässt man heute überhaupt noch Diktate schreiben? Oder Aufsätze? Und in welchem Zusammenhang sollten sie es gebrauchen? Vielleicht „Talentgeltungsdrang“, ein Wort, welches beim Scrabble mit hoher Punktzahl belohnt, jedoch zu einer vergleichbaren Diskussion führen würde wie „Schwanzhund“ und „Quallenknödel“.

Donnerstag: Aus Gründen, welche darzulegen hier den Rahmen sprengte, die Sie aber nachlesen können, nehme ich an, jedes Tier, welches meine Nähe sucht, ist ein gestorbener Verwandter. Deshalb habe ich stets größte Skrupel, eine Fliege totzuschlagen, so lästig sie auch ist. Wer wollte sich schon nachsagen lassen, er hätte seine Großmutter umgebracht.

Freitag: Wenn man sich hier Woche für Woche die Finger wund schreibt, freut man sich, wenn es mal jemand liest, oder noch besser: sich vorlesen lässt. Am Abend hatte ich erneut das Vergnügen und die Ehre, als einer von vier Vorlesern an der #Mimimimi-Sommerlesung teilzunehmen. Schön wars! Vielen Dank an die Organisatoren, die Mitwirkenden mit Wort und Ukulele, und das Publikum!

Nochmal zum Nachlesen:

Homer Simpson und der Alle-mal-malen-Mann

Kein Schmähgedicht

Loblied auf die Tüchtigen

Schöner Träumen

Samstag: Nachtrag zu Donnerstag: Die zahlreichen Wespen, die zurzeit mit uns frühstücken, stellen meine Friedfertigkeit auf eine harte Probe.

Laut SPIEGEL produzieren Träger von Boxershorts fünfundzwanzig Prozent mehr Spermien gegenüber denen, die eng anliegende Schlüpfer bevorzugen. Gut zu wissen.

Gegenüber den für die kommende Nacht erwarteten Sternschnuppen legt der Geliebte eine eher unromantisch-nüchterne Haltung an den Tag: „Na super, dann haben wir den Dreck auch noch.“

Sonntag: Da der Liebste heute blümeranzbedingt etwas länger im Bett blieb, war es an mir, Brötchen zu holen, warum auch nicht, kann ich ja auch mal machen. Auf dem Weg zum Bäcker sah ich an einem Laternenpfahl einen Aufkleber: „Sunday Morning Sex“. Dem ist fürderhin nicht zu widerraten. Ein paar Meter weiter erreichte aus einem Fenster eine Vorleserstimme mein Ohr: „Die kleine Raupe Nimmersatt …“ Mit ganz viel schräger Phantasie kann man zwischen beidem möglicherweise einen Zusammenhang konstruieren, wenn man sich ganz doll Mühe gibt.

Wenn man die Sonntagszeitung durch, aber noch keine Lust hat, trotz zahlreicher Wespen den Liegestuhl auf dem Balkon zu verlassen, kann man noch etwas Zeit damit verbringen, Werbeprospekte zu studieren, die die Post am Vortag brachte.

KW32 - 1

„Sieh nur, Liebling, dieses Früchtchen hier, an was erinnert es mich bloß?“

„Schatz, lass mich eben dieses Kartoffel fertig schälen, dann helfe ich deiner Erinnerung auf die Sprünge, he he.“

Merke: Nicht nach den Wespen schlagen.

3 Gedanken zu “Woche 32: Wenn man sich die Finger wund schreibt

  1. Michi August 14, 2018 / 16:42

    …ja, recht haste ja 😉 konnte auch meine eigene Stimme nicht mehr hören. Aber beim Münzen einwerfen wäre ich mit ziemlicher Sicherheit die Sparsamere … ein Versuch wäre es wert 😉

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