Nur geträumt

 

In seinem Blog schmerzwach fordert Jannis uns dazu auf, unsere Träume zu beschreiben. Gemeint ist hier wohl nicht der Unfug, den wir nachts so träumen und den wir am nächsten Morgen zum Glück meistens wieder vergessen haben, wenngleich es hier durchaus ein paar Traumelemente gibt, die mit eigenartiger Regelmäßigkeit immer wieder auftauchen, auf die ich hier aber nicht weiter eingehen werde – das wäre mal ein schönes Thema für einen anderen Text. Oder für einen Therapeuten.

Wunschträume also. Was soll ich schreiben? Ewiger Weltfriede, Ausrottung  des HIV-Virus, die Rettung des Klimas oder eine Welt ohne Laubbläser? Nein, das können andere viel besser als ich, außerdem soll ich ja wohl etwas über meine ganz persönlichen Träume schreiben, wenn ich die Aufgabenstellung richtig verstehe. Also das, was ich einer Sternschnuppe hinterherwünsche, oder was ich der guten Fee mit den drei freien Wünschen diktieren würde.

Das ist nicht einfach, denn alles in allem bin ich wunschlos glücklich: Ich fühle mich wohl in meiner Haut, haben den besten Partner der Welt gefunden, mit dem ich zusammen alt werden möchte, also NOCH älter als ich eh schon bin; mein Job ist interessant, gut bezahlt und macht einigermaßen Spaß; wir haben eine tolle Wohnung mitten in einer wunderbaren Stadt, haben gute Freunde, können regelmäßig in den Urlaub fahren; die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen. Demgegenüber fiele eine Auflistung aller Dinge, die mir zum Glück fehlen, bescheiden kurz aus, mit anderen Worten: mir fällt nichts ein, was mein persönliches Glück dauerhaft steigern könnte.

Was soll ich der Fee sagen? Klar: alles soll so bleiben wie es ist. Haken dran. Bleiben also noch zwei Wünsche offen, und die eignen sich ganz gut als Träume.

Traum eins: Ich wäre gerne ein erfolgreicher Schriftsteller, der ein bis zwei wirkliche Knaller gelandet hat; von deren Tantiemen kann ich locker und gut leben, ich schreibe nicht mehr, weil ich es muss, sondern einfach, weil ich Freude daran habe, oft werden ja Dinge, die man ohne äußeren Zwang und aus sich heraus gerne tut, besonders gut. Ich könnte morgens so lange schlafen wie ich will, der Montag hätte sein Grauen ein für allemal verloren, ich sitze mit meinem Notizbuch oder Laptop an einem Ort, dessen Schönheit mich inspiriert und die Worte und Sätze nur so fließen lässt.


Buch10

Traum zwei: Ein Haus in der Provence, ein schönes altes Haus mit ockergelben Wänden, hellblauen Fensterläden und verwitterten Dachpfannen, mit einem großen Garten, darin vielleicht – muss aber nicht – ein Swimmingpool; inmitten von Weinfeldern, die Zufahrt zum Haus mit Olivenbäumen und Zypressen gesäumt; von der Terrasse und von meinem Arbeitszimmer aus fällt der Blick auf Gebirgszüge, und das Meer ist nicht weiter als zwei Autostunden entfernt. Im Sommer sitzen wir mit unseren Freunden bei gutem Essen und Wein bis in die Nacht an einem langen Tisch im Garten, im Winter zu zweit vor dem knackenden Kaminfeuer, während der Mistral kalt um das Haus bläst und die Fensterläden klappern lässt.


Traumhaus

Die Kombination aus beiden Träumen könnte das Paradies auf Erden sein. Die Frage ist nur: wie lange? Wie lange dauert es, bis sich neue Träume bilden, und plötzlich sehnt man sich wieder zurück nach Bonn, wo man einem geregelten Bürojob mit Fünftagewoche nachgeht?

Gut, es geht auch eine Nummer kleiner, zwei Träume fallen mir noch ein, aus dem Reich körperlicher Lüste, die der Fee zu nennen ich mich wohl nicht traute.

Erstens: Ich würde gerne mal als Gast an einer Pornoproduktion teilnehmen, also richtig vor der Kamera und so. Weil ich gerne wüsste, a) ob ich das überhaupt könnte, Sie wissen schon, was ich meine, und b) wie sich das anfühlt, mit jemandem Sex zu haben, während mehrere Augenpaare, Kameras und Scheinwerfer auf uns gerichtet sind. (Gut, das mit den Augenpaaren kenne ich schon, funktioniert, tut jetzt nichts zur Sache.) Hierbei bleibt es nun wirklich beim Traum, die würden mich gar nicht mitmachen lassen, und ich hätte viel zu viel Schiss, dass der Film hinterher durch Zufall von den falschen Leuten gesehen würde: Kollegen, (Schwieger-)Eltern, Verwandtschaft, …

Zweitens: Ich hätte gerne mal Sex mit mir selbst, damit meine ich nicht, mir gepflegt einen zu schrubben, dazu brauche ich keine Fee; nein, ich meine mit einer Eins-zu-eins-Kopie meiner selbst. Keiner weiß besser als ich selbst, wie ich es gerne habe, und wenn wir fertig sind, löst sich die Kopie in Wohlgefallen auf. Oder ich selbst, wer weiß. Vielleicht taucht ja bald ein mir bis dato unbekannter, von meinen Eltern bislang geheim gehaltener Zwillingsbruder auf.

Fazit: Lass mal, liebe Fee, alles ist gut so, wie es ist! Gönne mir noch einige Jahre davon; alles andere sind nur Träume.

 

2 Gedanken zu “Nur geträumt

  1. Jannis Plastargias Juli 19, 2011 / 19:13

    boah, toller text! witzig und sympathisch. und… schön, ja schön, dass du so glücklich bist! 🙂 so etwas finde ich beneidenswert! für mich bedeutet das ein bisschen: es gibt noch andere leben, die du glücklich leben könntest. das ist das größte glück überhaupt, glaube ich. es ist nicht sehr vielen menschen gegeben, glaub mir! 🙂

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  2. ThomasS Juli 20, 2011 / 21:29

    Hi,

    ja, so ähnlich sähe wohl auch mein persänlicher Traum aus (natürlich erst nach dem Weltfrieden und der weltweiten Abwesenheit von Krieg, Hunger, Krankheit und Armut. 😉 ): Dass ich nicht nur für den Rest meines Lebens nicht nur aller Geldsorgen ledig bin, sondern sogar ein bisschen wohlhabend. Es muss ja nicht gerade ein 2-stelliger Millionenbetrag sein. Allerdings wäre mein Refugium weniger südlich gelegen …

    Und ganz nebenbei wäre es natürlich nett, ein wenig den eigenen Narzissmus bedienen zu können, indem man irgendwas bedeutend besser kann als die meisten Mitmenschen. Nicht falsch verstehen: Ich meine das nicht despektierlich! Ich glaube nicht eh an die heilsame Wirkung der narzisstischen Kränkung, ebenso wenig, wie ich auf den segensreichen Einsatz von Doppelbotschaften oder von gezielter Isolation schwören würde.

    Der Vorteil, wenn du finanziell gut abgesichert bist und dein Häuschen in der Toskana hast: Du hättest jederzeit die Freiheit, wieder eine Funktion als gut funktionierendes „Rädchen im Getriebe“ einzunehmen, wenn du das vermisst. Du kannst es aber auch wieder lassen, wenn dir das wieder über wird.

    Umgekehrt geht das nicht so einfach …

    MfG

    Thomas

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