Woche 31/2024: Begegnungen in lichtärmeren Gefilden und andere Abenteuerlichkeiten

Montag: Nach längerer Zeit und maximal siebeneinhalb Jahren vor der Zuruhesetzung, welch ein in jeder Hinsicht wunderbares Wort, träumte ich mal wieder von der großen Prüfung, die meinen Kollegen und mir in Kürze bevorstand. Dazu mussten wir noch einmal für ein paar Tage an der Fachhochschule im südhessischen Dieburg (die es außerhalb der Traumwelt seit dreißig Jahren nicht mehr gibt) antreten. Während sich im Kollegenkreis erhebliche Nervosität ausbreitete, blieb ich erstaunlich gelassen. Mit einem Lächeln wachte ich schließlich auf, was vor einem Montag nicht sehr häufig vorkommt.

„Vielseitigkeitsreiten“ ist auch ein schönes Wort mit einem breiten Interpretationsspielraum, das ich in olympischen Zusammenhängen wahrnahm.

Ein eher irritierendes Wort: Vor der Tagesschau wieder Werbung für Hundefutter mit „Kennerfleisch“.

Laut einer kurzen Zeitungsmeldung ist Wein entgegen früheren Erkenntnissen auch in kleinen Mengen der Gesundheit abträglich. Dessen ungeachtet gab es zum Abendessen welchen, in haushaltsüblichen Schlückchen.

Dienstag: Gedanke beim Feierabendbier in der Außengastronomie: Es ist schön anzusehen, wenn auch ältere (Ehe-)Paare noch händchenhaltend durch die Fußgängerzone flanieren. In sehr speziellen Liebeskonstellationen könnte dadurch, nicht aufgrund der Körperfülle der Händchenhaltenden sondern ihrer Anzahl, ein gewisses Verkehrshindernis entstehen.

Mittwoch: Wie vor einer Woche berichtet, soll der Mittwoch wieder mein Tag sein, an dem abends gelaufen wird. Wie ebenfalls dargelegt, lassen sich viele Gründe finden, es nicht zu tun. Heute zum Beispiel war es dazu bei geschlossener Wolkendecke viel zu warm. Ich tat es trotzdem, sogar ein wenig weiter als letzte Woche. Das war anstrengend, schweißtreibend, jedoch anschließend äußerst befriedigend. Jetzt also dranbleiben.

Wofür ich noch keine befriedigende Lösung gefunden habe ist die musikalische Laufbegleitung. Früher (bitte denken Sie sich bei Bedarf das hochgestellte „TM“ selbst dazu, falls Sie das originell finden) hatte ich dafür einen iPod, das war ein kleines, sehr leichtes Gerät, das man je nach Bauweise in der Hosentasche, am Hals oder per Klammer an der Kleidung befestigt trug und das nichts anderes tat als über einen Kabelkopfhörer eine begrenzte Menge zuvor daraufgeladene Musik abzuspielen, für eine Stunde Laufen völlig ausreichend. Leider hatten die iPods stets nur eine begrenzte Lebensdauer, irgendwann funktionierten sie nicht mehr, und irgendwann waren sie nicht mehr erhältlich. Stattdessen führt man nun das Telefon mit sich und streamt sich die Musik auf die kabellosen Ohrstöpsel. Das finde ich unbequem, für die Hosentasche ist mir das Gerät zu schwer, und diese Oberarmhalteriemen finde ich geckenhaft. Für Lösungsvorschläge wäre ich dankbar.

Donnerstag: Wichtigste Tätigkeit des Tages war das Absenden einer Mail an die Personalabteilung, meine künftige Wochenarbeitszeit betreffend.

Gunkl über Olympia: „Sport ist ja sehr. Also, in letzter Zeit ist sehr Sport. Jüngst war ja Ball drüben rein, und seit ein paar Tagen ist Schnell nach drüben oder auch nur im Kreis, aber halt schnell, Ball drüben rein mit Naßmachen, Naßmachen mit schnell nach drüben und wieder zurück, Naßmachen von oben, Hopsihopsi mit Pferd und Hut, Sachen Wegschmeißen und vieles mehr. Sport halt.“

Freitag: In der Zeitung las ich erstmals, gleichsam als positives Gegenüber der Dunkelziffer, das Wort „Hellfeld“.

Eher an frühere Begegnungen in lichtärmeren Gefilden ließ mich hingegen diese Teams-Chatnachricht denken: „Ich komme etwas später Live Gang“.

Ansonsten erreichten mich per Mail zwei Lichtblicke: Das erst gestern an die Personalabteilung gerichtete Anliegen wurde bereits heute ganz in meinem Sinne beantwortet. Ab 1. September kann ich somit jede zweite Woche einen Inseltag einlegen.

Die zweite Mail befreite mich von der weiteren Beschäftigung mit einer äußerst lästigen Aufgabe, die mich einiges an Zeit und Nerven gekostet hätte.

Im Übrigen hält der Arbeitsalltag immer noch Gänsehautmomente bereit

Samstag: Morgens fuhr ich nach Bielefeld zum Mutterbesuch. Aus praktisch-bequemlichen Erwägungen mit dem Auto, abends war ein Treffen mit Freunden in einem anderen Stadtteil geplant. Zwei Staus hielten mich auf: der erste bei Leverkusen wegen einer gesperrten Fahrspur, der zweite kurz hinter dem Kreuz Dortmund/Unna, vermutlich wegen eines Schildes „Achtung Stau“, kurz dahinter löste er sich wieder auf. Ansonsten der übliche Irrsinn: Autos, die bereits beim Einfädeln auf die A59 überholen, weil ich mich an die zulässige Höchstgeschwindigkeit halte, andere, die ohne jede Rücksicht hinter einem LKW nach links rüberziehend mich zur Notbremsung nötigen und dann konsequent mit 110 Km/h auf der Mittelspur verbleiben, und ein ADAC-Abschleppwagen, der mich bei Remscheid auf der rechten Spur von hinten anlichthupte anstatt einfach zu überholen; wegen vorausfahrender Fahrzeuge konnte ich nicht schneller fahren, das kann ihm unmöglich entgangen sein. Was ist nur los mit den Leuten?

Klar, ich hätte die Bahn nehmen können, was zurzeit und bis auf Weiteres aus guten Gründen auch nicht mit Vergnügungssteuer belegt ist. Beim nächsten Bielefeld-Besuch werde ich das dennoch wieder tun, auch wenn es länger dauert und stets andere Abenteuerlichkeiten bereit hält.

Das Treffen mit den Kollegenfreunden war erfreulich. Bei Grillgut und Getränk tauschte man sich aus über Neuigkeiten, alte Zeiten und aktuelle Todesfälle, auch letzteres Thema gehört mittlerweile fest dazu.

Sonntag: Nach dem Frühstück begab ich mich wieder auf die Autobahn mit dem Vorsatz, auf der rechten Spur entspannt mitzufließen, egal wie langsam, ich hatte Zeit. Das ging einige Kilometer gut, bis mich Wohnwagengespanne, LKWs und notorische Langsamfahrer doch zum Spurwechsel motivierten, während Bernd Stelter im Radio kluge Dinge über Lebensfreude durch Gelassenheit sagte. Insgesamt empfand ich die Rückfahrt dennoch als deutlich entspannter gegenüber der Hinfahrt gestern, wobei das allgemeine Verkehrsverhalten der anderen objektiv betrachtet sicher kein anderes war.

Nach Rückkehr in Bonn und angemessener Begrüßung der Lieben widmete ich mich der mir wesentlich lieberen Fortbewegungsart in Form eines längeren Spaziergangs durch Poppelsdorf und Südstadt mit Einkehr und Blogslesen.

Der Geliebte trennt sich von überzähligem Schuhwerk und anderen Schrankinhalten. Dazu hat er am Hauseingang einen kleinen Sommerschlussverschenk eingerichtet, der gut angenommen wird:

Vorher
Nachher

Am frühen Abend hatten auch die verbliebenen Schuhe Abnehmer gefunden. Deshalb erfolgte eine Angebotsumstellung: Passend zur Jahreszeit trugen wir zwei Stapel Shorts zur Verschenkstelle. Es würde mich nicht wundern, wenn die bereits morgen früh weg sind.

Wohl keine baldigen Abnehmer wird der Unrat finden, der unweit unserer Wohnung abgelegt wurde, vielmehr ist eine Vermehrung zu befürchten:

Es ist nicht immer einfach, Dinge mit Gelassenheit zu betrachten

Spaziergangsimpressionen:

Poppelsdorfer Allee, wo die Kastanien durch Miniermottenbefall bereits eine erste herbstliche Anmutung annehmen
..
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Fragen
Südstadt, hier die Lessingstraße

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Kommen Sie gut durch die Woche, bleiben Sie gelassen.

Woche 11/2024: Bedankt euch bei den Tauben

Montag: Es regnete den ganzen Tag, deshalb war die Stadtbahn heute Verkehrsmittel der Wahl. Dankenswerterweise wurde sie nicht bestreikt, was zurzeit alles andere als selbstverständlich ist. Bitte nicht als Klage verstehen, ich gönne den Öffentlichen Verkehrsbetreibenden eine angemessene Bezahlung. Wenn die nur per Arbeitskampf zu erzielen ist, ist das so, das müssen wir aushalten.

Dennoch ließ meine persönliche Stimmung heute zu wünschen übrig, allgemeine Unbehaglichkeit lag über dem Tag; sollte ich mich mit einem Tier vergleichen, wäre Miesmuschel die passende Entsprechung gewesen. An solchen Tagen machen mich schon Kleinigkeiten aggressiv, etwa Bilder mit Menschen, die ihre Finger zu Herzen formen, oder der junge Kerl, der mir auf dem Rückweg in der Bahn gegenübersaß, einen Kugelschreiber in der Hand hielt und unentwegt mit dem Daumen den Druckknopf betätigte, klick-klick-klick-klick, während seine Aufmerksamkeit, wie soll es anders sein, dem Datengerät galt. Damit nicht genug, zog er einen zweiten Kugelschreiber aus der Jackentasche, hielt nun beide in der Hand und drückte abwechselnd darauf herum, klick-kleck-klick-kleck.

Dabei bot der Tag, objektiv betrachtet, wenig stimmungstrübendes Unbill, auch dem Wetter ist nichts anzulasten, grundsätzlich mag ich Regentage, meine Laune wäre auch bei Sonnenschein nicht heller gewesen. Auch solche Tage muss man aushalten.

Gelesen bei Herrn Buddenbohm und „genau so ist es “ gedacht:

»Ab und zu überlege ich, allerdings nur aus müßigem Interesse, keineswegs anlassbezogen oder gar mit finsterer Absicht, bei gewissen Aspekten des Lebens, wie sie wohl für mich ausfallen würden, lebte ich allein, ohne Familie und Partnerin. Und ich denke, saisonale Deko hätte ich dann sicher nicht. Kein einziges Stück. Stets nach Möglichkeit Blumen oder auch Grünzeug der Jahreszeit auf dem Tisch, das schon, aber bunte Hasen und bemalte Eier und dergleichen … nein.«

Dienstag: Der Tag war durchgehend trübe und kühl, auch meine Stimmung aufgrund eines familiären Themas, für das ich noch keine passende Lösung weiß, zunächst weiterhin gedämpft. Sie hellte deutlich auf nach einem klärenden Telefongespräch meine künftige Wochenarbeitszeit betreffend. Wenn alles meiner Vorstellung und Hoffnung entsprechend verläuft, noch maximal neun Monate in Vollzeit, vielleicht auch nur sechs.

Trüb und kühl

Abends wurde ich untreu gegenüber meinem langjährigen Frisiersalon. Auf Empfehlung probierte ich einen anderen aus. Ohne Termin kam ich sofort dran, der Haarschnitt erfolgte ohne unnötige Wortwechsel zu meiner vollen Zufriedenheit für nicht einmal den halben Preis gegenüber vorher. Als künftiger Teilzeitarbeitnehmer muss man frühzeitig nach Einsparmöglichkeiten schauen.

Mittwoch: Aufgrund einer meteorologischen Fehleinschätzung traf ich morgens mit dem Fahrrad die falsche Auswahl des Verkehrsmittels, um ins Werk zu gelangen; der Niesel zeigte sich wesentlich ergiebiger als vermutet. Dadurch saß ich zunächst mit nassen Hosenbeinen am Schreibtisch. Als Kind und Jugendlicher waren mir nasse Hosenbeine zuwider, heute sehe ich es wesentlich gelassener, zumal nach gut einer Stunde alles getrocknet war. Andere müssen in Jogginghose zu Hause arbeiten, das ist viel schlimmer.

Mittags gingen wir kurz vor der Hauptspeisezeit zu dritt in die Kantine, dort ein jeder seinem Appetit folgend zu einer anderen Ausgabetheke. Danach verloren wir uns im allgemeinen Mahlzeitgemenge und fanden trotz intensiver Suche nicht mehr zueinander. Daher aß ich den Erbseneintopf von Mitessern unbegleitet, er schmeckte dennoch vorzüglich, den dürfte es gerne viel öfter geben. Nächstes Mal vereinbaren wir einen Sammelplatz.

Man sagt übrigens nicht mehr „Nachbarn“, es heißt jetzt „Umwohnende“, ist der PSYCHOLOGIE HEUTE zu entnehmen.

Donnerstag: Von meinen Lieben muss ich mir des öfteren den Anwurf gefallen lassen, zu viele unnötige Fragen zu stellen. Deshalb werde ich fortan und bis auf weiteres jedes Fragen im häuslichen Umfeld weitestgehend reduzieren. Doch bin ich nicht der einzige mit Fragen: „Was sind das da für gelbe Blumen?“ fragte mich heute einer ungefähr in meinem Alter, als wir mittags durch den Park gingen, und zeigte auf die Narzissen. Manchmal frage ich mich – aber nein, ich frage ja nicht mehr.

Freitag: Laut einer Zeitungsmeldung wurden die Vorstandsvergütungen bei der Deutschen Bank wegen Gewinnrückgangs und Postbank-Problemen für das Jahr 2023 gekürzt. Inklusive Boni erhalten die Herrschaften zusammen nur noch 64,6 Millionen Euro gegenüber 64,9 Millionen im Vorjahr. Das ist hart und wird ihnen zu denken geben.

Doch nicht nur Geld macht glücklich.

Das Leben geht weiter

Apropos unersättlich: Die Vogelfütterung vor dem Bürofenster wird bis auf weiteres eingestellt, obwohl der Futtervorrat noch nicht aufgebraucht ist. Grund: Bislang labten sich abwechselnd Raben, Elstern, Amseln, Rotkehlchen, Meisen und Halsbandsittiche am Teller. Sie kamen, pickten einige Körner und flogen ihres Weges; eine Tellerfüllung reichte etwa zwei Tage, ehe nachgefüllt werden musste. Jetzt pickt eine dicke Taube den Teller innerhalb einer Stunde leer, nur die Rosinen bleiben ungepickt zurück, anscheinend mag sie kein Trockenobst. Nicht, dass ich ihr das nicht gönnte, doch erscheint sie mir reichlich verfressen, das muss ich nicht unterstützen. Außerdem ist das Füttern von Tauben in Bonn verboten. Liebe Vogelschar der Gronau, es tut mir leid. Bedankt euch bei den Tauben.

Samstag: Der Wecker weckte zu samstäglicher Unzeit, da ein Mutterbesuch in Bielefeld anstand. Dort, in Mutters Stube, fiel mir eher zufällig ein, dass heute unser kleiner Hochzeitstag ist, als ich das Hochzeitsfoto auf der Anrichte sah. Kleiner Hochzeitstag, ich erklärte es vermutlich schon, weil wir heute vor sechs Jahren nach Öffnung der Ehe für alle nochmals „richtig“ heirateten, nachdem wir bereits siebzehn Jahre zuvor im Mai die Eingetragene Lebenspartnerschaft gefeiert hatten. Deshalb ist der große, oder richtige Hochzeitstag weiterhin im Mai. Kann sein, dass ich das nächstes Jahr wieder erkläre, bitte sehen Sie es mir nach.

Im General-Anzeiger wird jeden Samstag eine rheinische Redewendung vorgestellt und erklärt. Heute eine echte Delikatesse, die für Nichtrheinländer und Zugezogene wie mich unerläutert kaum zu verstehen ist: »Han, sähten se, däten se et net, ävver krieje, sähten se, künnt sin, datt se et dähte«, wörtlich übersetzt: »Haben, sagten sie, täten sie es nicht, aber kriegen, sagten sie, könnte sein, dass sie es täten«. Na, ahnen Sie, was es bedeuten könnte? Nicht? Hier die Auflösung: »Der Artikel ist laut Lieferant zurzeit vergriffen, kommt aber vielleicht bald wieder rein.« Herrlisch.

Aus einer Weinbeschreibung, ebenfalls im General-Anzeiger: »Dahinter zeichnen die Aromen ein feines Porträt mit schwarzer Kirsche, Hagebutte und Holunderbeeren, frisch gemahlenem schwarzem Pfeffer, getrockneten Malvenblüten und gespitzter Bleistiftmine.« Gespitzte Bleistiftmine. Die spinnen, die Weinexperten.

Sonntag: Jochen Schmidt in der FAS: »Ich bin immer neidisch, wenn irgendwelche Berufsgruppen streiken, weil es bei mir überhaupt niemand merken würde, es merkt ja schon niemand, wenn ich arbeite!« Ich verstehe genau, was er meint.

Immer wieder bleibe ich daran hängen, wenn jemand sagt oder schreibt, drei Maschinen Wäsche gewaschen zu haben. Dann stelle ich mir einen Waschkeller vor, in dem drei Waschmaschinen nebeneinander vor sich hin rotieren. Das ist äußerst sprachpingelig, ich weiß. Lassen Sie sich dadurch bitte nicht davon abhalten, weiterhin von drei Maschinen zu sprechen, auch wenn Sie nur eine haben. Es fällt mir dann halt auf, das soll nicht Ihre Sorge sein.

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Kommen Sie gut und möglichst behaglich durch die Woche.

Woche 10/2024: Freie Fahrt für Freie Demokraten und sonnenbebrillte Aperoltrinker

Montag: Weiterhin von läufiger Nase und bellendem Husten belästigt beschloss ich am frühen Nachmittag, mich krankzumelden, alle Termine für morgen abzusagen, nach Hause zu fahren und mich ins Bett zu begeben. Manchmal geht es nicht anders, morgen sehen wir weiter, oder übermorgen.

Abends schaute ich auf Welt TV eine reißerische – nun ja: Dokumentation über die Auslöschung der Menschheit durch Außerirdische, die nicht frei war von unfreiwilliger Komik; alle paar Sekunden schlug irgendwo mit entsprechender Geräuschanimation ein Feuerball ein. Im ersten Werbeblock die Erkenntnis: Die Menschheit hätte es nicht anders verdient.

Dienstag: Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich liegend. Alles Weitere ist hier nachzulesen.

Unbedingt lesenswert: Frau Anjes Betrachtungen zu Gendern und Heiraten.

Mittwoch: Da ich mich morgens nicht unwohler fühlte als üblich um diese Zeit, entschloss ich mich zur Wiederaufnahme der Werktätigkeit; wenn es nicht ging, konnte ich ja wieder nach Hause fahren und mich ins Bett legen. Auf einer Skala von eins bis zehn lag das Wohlbefinden nach Ankunft im Büro bei maximal sechs komma fünf, dennoch verlief der Arbeitstag insgesamt recht angenehm und er endete spät. Auch die offene Angelegenheit mit der Querschnittsabteilung konnte zum Abschluss gebracht werden, wenn auch einen Tag zu spät, was, wie schon gestern beklagt, aus rein formalistischen und nicht im Geringsten sachlichen Gründen zu einer mindestens vierwöchigen Verzögerung eines Vorhabens führen wird. Es sei denn, bestimmte Kollegen drücken ein Auge zu, was so wahrscheinlich ist wie Trumps Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur und die Erreichung der Klimaziele durch die Bundesregierung. Alle sind sich einig, dass das vor über zwanzig Jahren festgelegte Vorgehen Mist ist, ein echter Bullshit-Job im Graeberschen Sinne, der allen Beteiligten viel Arbeit bereitet und keinerlei erkennbaren Nutzen hat, doch niemand sieht sich in der Lage, es zu ändern. Wie den Klimawandel. Ich habe beschlossen, mich heute und in der Zukunft nicht mehr darüber zu ärgern, zumal auch das (gut) bezahlte Arbeitszeit ist. Gleichwohl werde ich jede sich bietende Gelegenheit nutzen, dagegen zu stänkern. Ich fühle mich bereits viel wohler.

In den Niederlanden wurden die Bußgelder für Verkehrsverstöße angehoben, steht in der Zeitung. Unter anderem kostet Falschparken jetzt mindestens hundertzwanzig Euro, bei Rot über die Ampel dreihundert und Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung vierhundertzwanzig Euro. Undenkbar im Land der freien Fahrt für Freie Demokraten.

Donnerstag: Mit der Erkältung wird es immer besser, die Rückkehr zum Stofftaschentuch steht kurz bevor.

Morgens

Auf dem Rückweg vom Werk erregte augapfelstreichelnde Werbung (mindestens) die Aufmerksamkeit.

Schönes Haar ist ihm gegeben

Nach Rückkehr fragte mich der Geliebte, wie und wo ich beerdigt werden möchte. Außerdem hat er ein aufwändiges Blumengebinde gekauft. Gewiss, mein Husten wies in den vergangenen Tagen einen leicht finalen Klang auf, doch manchmal neigt er zur Übertreibung. Im übrigen ist es mir völlig egal, in welcher Weise man meine Überreste dereinst dem ewigen Kreislauf zuführen wird und ich verstehe Leute nicht, die dazu konkrete Vorstellungen und Wünsche haben.

Freitag: In Deutschland fehlen Grundschullehrer, wurde morgens im Radio gemeldet. Diese Not zu lindern könnte auch die Hochschule Aachen entsprechende Studiengänge anbieten. Kann sie aber nicht mangels Gebäude. Es gäbe schon eins, nur kann das nicht genutzt werden, da nicht barrierefrei. Dass eine Körperbehinderung Zugangsvoraussetzung für das Lehramt ist, ist mir neu. Die AfD lacht sich kaputt. (Bevor Empörung aufbraust und man mich des Ableismus bezichtigt: Ich bin für Barrierefreiheit. Doch ist ihre Abwesenheit meines Erachtens kein geeignetes Argument, sinnvolle und notwendige Dinge gar nicht zu tun.)

„Ich bin ein naturverliebter Mensch“ sagte einer in der Besprechung, was großen Raum für Spekulationen eröffnet.

Heute ist nicht nur Weltfrauentag, sondern auch:

Finde den Fehler.

Mittags gab es Currywurst mit Pommes und Kraut. Wann fing das an, dass es statt Krautsalat überall nur noch Coleslaw gibt, und hört das irgendwann wieder auf? (Ja, ich weiß, dass das nicht dasselbe ist.)

Ein berufliches Vorhaben meine Wochenarbeitszeit betreffend nimmt konkrete Formen an. In Kürze werde ich dazu wohl eine Entscheidung treffen, die das Leben noch etwas schöner macht, vor allem Donnerstags.

Samstag: Ich habe beschlossen, den Winter für beendet zu erklären. Zur Bekräftigung dieses Beschlusses habe ich die Winterjacke gegen die leichtere Daunenjacke getauscht. In der Sonne ist es fast warm, aber auch nur dort, wie ich beim ersten Freiluftbier der Saison auf einem schattigen Außengastronomieplatz feststellte, weil alle Sonnenplätze von sonnenbebrillten Aperoltrinkern belegt waren.

Utepils, wie der Norweger sagt

Schon lange erwäge ich, mir einen Hut zu kaufen. Heute wäre es beinahe dazu gekommen, ich befand mich bereits im Hutfachgeschäft und probierte vor dem Spiegel mehrere Hüte an. Doch keiner davon sagte mir richtig zu, mal war es die Farbe, mal die Breite der Krempe oder die Form des Hutbands; bei jedem dachte ich: Das sieht komisch aus. Vielleicht sollte ich demnächst nochmal in Begleitung dort hingehen, ganz ab bin ich von der Idee noch nicht. Sie muss noch etwas reifen.

Sonntag: Aus dem Interview der Sonntagszeitung mit dem Bayer-Chef Bill Anderson: »In großen Unternehmen verbringen manche Beschäftige ihr halbes Leben damit, wie sie für ihre Ideen die Zustimmung ihrer verschiedenen Vorgesetzten bekommen und welche Powerpoint-Folien sie für deren Nachfragen vorbereiten müssen.« Sie sehen mich heftigst nicken.

Nachmittags ging ich spazieren, wie jeden Sonntag.

Magnolienpracht am ehemaligen Krankenhaus
Mirabellenblüte auf der anderen Rheinseite
Stilleben mit Klo unter der Autobahn

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Kommen Sie gut durch die Woche, genießen Sie den Frühling.