Woche 49/2024: Für Fußgängerinnen sind keine Einschränkungen zu erwarten

Montag: Wegen der Dienstreise nach München war der Wecker auf halb fünf eingestellt, zwei Stunden früher als gewöhnlich an Arbeitstagen. Um kurz nach drei wachte ich auf, umgehend stellten sich die vor Reisen üblichen Gedanken darüber ein, was alles schief gehen kann, von Verschlafen über Stellwerksstörung bis Zugausfall, die mich am Weiterschlafen hinderten. Dennoch schlief ich nach mehreren Sorgenrunden nochmal ein, kurz vor dem Wecker wachte ich wieder auf und kam erstaunlich leicht aus dem Bett.

Ich möchte mich nicht allzu sehr in Eigenlob ergehen, jedenfalls war der Beschluss, eine Regionalbahn früher als die in der Bahn-App angezeigte nach Köln zu nehmen, obwohl alles pünktlich sein sollte, genau richtig, auch auf die Gefahr hin, dadurch eine Dreiviertelstunde in der Kälte des Deutzer Bahnhofs auf den ICE nach München warten zu müssen. Nach pünktlicher Abfahrt in Bonn stand der Zug später wegen einer Weichenstörung längere Zeit vor Köln-Süd, aus der Dreiviertelstunde in Deutz wurden schließlich wenige Minuten. Das Unbehagen wäre vermeidbar gewesen, da der ICE entgegen dem Fahrplan auch in Siegburg/Bonn hielt, das bequem und zuverlässig mit der Stadtbahn zu erreichen ist. Warum wurde das geheim gehalten?

Immerhin erreichte ich in Deutz den ICE, während die planmäßige Regionalbahn aus Bonn vermutlich noch vor Köln-Süd im Stau stand. Entgegen der Anzeige in der App war er nicht besonders voll, jedenfalls nicht Wagen 31. Schönheitsfehler: Mein reservierter Platz war einer von den allgemein beliebten, von mir indes gemiedenen Sitzen in einer Vierergruppe mit Tisch, obwohl ich das anders gebucht hatte. In Frankfurt, wo ein größerer Fahrgastwechsel erfolgte, fand ich einen zufriedenstellenden Reihensitz mit Fußfreiheit. Mit etwa einer Viertelstunde Verspätung kamen wir in München an, somit am unteren Rand des Rahmens meiner Planung.

Das Hotel, im wenig pittoresken Stadtteil Obergiesing gelegen, ist einfach und zweckerfüllend. Immerhin verfügt das Zimmer über zwei Jackenhaken, dafür keinen Kleiderschrank oder wenigstens Ablageflächen für Kleidung. Aber ich war hier ja nicht im Urlaub, für zwei Nächte reichte es.

Einfach und zweckerfüllend

Die Kollegen besuchten abends den Tollwood-Weihnachtsmarkt auf der Theresienwiese. Ich verzichtete zugunsten eines ruhigen Alleinabends mit Aussicht auf frühe Nachtruhe. Ob die den Namen verdiente, würde sich zeigen; die Tegernseer Landstraße ist nicht, wie der Name vermuten lässt, eine ruhige Allee zum gleichnamigen Gewässer, sondern eine brausende, sechsspurige Hauptverkehrsstraße.

Dienstag: Die Kollegen erschienen mit Restmüdigkeit zum Frühstück, nachdem sie um zwei Uhr nachts zurück ins Hotel zurückgekehrt waren. Ich erfreute mich hingegen einer der Tageszeit angemessen Munterkeit, sogar meine Abneigung gegenüber Hotelfrühstücksräume überwand ich. (Pluspunkt: ausreichend große Saftgläser.) Auch die Nachtruhe war gegeben, dank ausreichendem Schallschutz gegen den brausenden Verkehr.

Etwas rätselhaft zwei Bedienelemente über dem Kopfende des Bettes mit flackernden Buttons, über die wohl das Raumlicht zu steuern ist. So sehr ich auch drauftippte und -drückte, nichts ging an oder aus. Ein wenig fühlte ich mich wie Polizeichef Heribert Pilch im Dauerkampf mit dem Kaffeeautomaten in der Krimikomikserie „Kottan ermittelt“.

Satz des Tages in einer Besprechung: „Das Team zeichnet sich durch maximale Humorlosigkeit aus.“

Abends besuchten wir in größerer Gruppe den Augustiner-Bierkeller. Dort war es sehr laut, was die verbale Kommunikation nicht nur für mich erschwerte. Den Biergenuss, unter anderem eine nur mäßig gefüllte Maß, beeinträchtigte das indes nicht. Außerdem wurde Wiener Schnitzel als typisch bayrisches Gericht ausgewiesen. Auf meine Essensauswahl – Ente mit Rotkohl und Knödeln – hatte das keinen Einfluss. Laut Karte sogar eine Bauernente, was auch immer das bedeuten mag.

Mäßig

Mittwoch: Die Rückfahrt mit der Bahn verlief zufriedenstellend. Pünktlich verließ der ICE München, wegen Stockungen vor Frankfurt wurde der Zielbahnhof Siegburg/Bonn mit fünf Minuten Verspätung erreicht. Da kann man nun wirklich nicht meckern.

Ich reiste im Ruhebereich. Vor mir zwei junge Damen, die sich angeregt, jedoch wenigstens mich nicht sehr störend unterhielten. Eine weitere junge Frau daneben sah bzw. hörte das wohl anders: Empört wies sie die beiden zurecht, ehe sie sich wieder dem Film auf ihrem Datengerät widmete, dem sie über Ohrstöpsel lauschte. Man kann sich auch ein bisschen anstellen.

Ab Frankfurt saß eine Dame neben mir, die es mit dem Ruhebereich ebenfalls nicht so eng sah. Deutlich für mich und alle Umsitzenden telefonierte sie mit einem Lokal, wo sie gestern anlässlich einer Weihnachtsfeier einen Ohrring verloren hatte. Muss ein rauschendes Fest gewesen sein.

„Nenne fünf Dinge, in denen du gut bist“ lautet der heutige Themenvorschlag des Blogvermieters. Ich wäre schon froh, wenn ich eins nennen könnte.

Donnerstag: Kleine Woche – Inseltag. Statt der üblichen Wanderung gönnte ich mir einen ruhigen Tag mit Ausschlafen. Zu Frühstück und Zeitungslektüre suchte ich das Kaufhof-Restaurant auf, wie weitere ältere Herren ohne Begleitung an den anderen Tischen. Auch wenn es voraussichtlich noch ein paar Jahre dauert, nähren solche Tage die Vorfreude auf den Ruhestand deutlich. Nach Rückkehr begann es kräftig und für längere Zeit zu regnen, was den Nichtwanderbeschluss bekräftigte.

Nachmittags legte ich die Reihenfolge der Texte für die Lesung am Abend fest und beantwortete den Brief eines Blogkollegen.

Die Lesung hätte ein paar weitere Besucher vertragen können, war ansonsten für die Lesenden wie (hoffentlich auch) die Hörenden vergnüglich, die Zeit verging schnell. Vielen Dank an die Stage Gallery für die Bereitstellung des Raumes und ganz besonders an dich, lieber Lothar, dass ich wieder an deiner Seite vortragen durfte!

Freitag: Der letzte Arbeitstag der Woche war sogleich der erste im Büro. Regen und Sturmerwartung legten die Anfahrt mit der Bahn nahe. Auf der Etage war ich fast allein, die anderen zogen Heimbüro vor. Mir war es recht, so konnte ich nachmittags, als alle Besprechungen überstanden waren, in Ruhe Angefallenes wegarbeiten. Nachmittags war der Regen vorerst durch, was den Rückweg zu Fuß ermöglichte.

Für den Abend hatte der Liebste kurzfristig beim Franzosen unseres vollen Vertrauens reserviert. Seit Weggang des ambitionierten, schon von Sternen träumenden Jungkochs steht der Chef selbst in der Küche, das Niveau ist wieder traditioneller ausgerichtet und die Preise wurden gesenkt, was dem Restaurant nicht geschadet hat. Es war gut besucht, wir waren höchst zufrieden.

Samstag: Beim Aufwachen spürte ich eine gewisse postethanolische Unpässlichkeit, dabei war die Weinbegleitung am Vorabend nicht übermäßig gewesen. Manchmal ist das so, dann vertrage ich nicht viel. Vielleicht das Wetter?

Das, so morgens die Frau im Radio, starte heute mit dichter Bewölkung, erst zum Nachmittag hin werde es voraussichtlich „schöner“, so die Frau. Wieder frage ich mich: Was ist an Bewölkung, sofern sie uns nicht Starkregen, Hagel oder Orkan um die Ohren haut, schlecht?

Aus einem Zeitungsartikel über die anstehende Untersuchung einer der drei Bonner Rheinbrücken: „Radfahren­de und Fußgänger müssen daher in dieser Zeit die Brücke auf der jeweils anderen Seite überqueren.“ Für Fußgängerinnen sind demnach keine Einschränkungen zu erwarten.

Aus einem anderen Artikel über Modelleisenbahnen als mögliches Weihnachtsgeschenk:

Finde den Fehler (General-Anzeiger Bonn)

Sonntag: Im Radio sind nun wieder auf allen Sendern die Weihnachts-Popsongs mit künstlichen Glocken und Pferdeschlittenschellen zu hören, manche eine echte Ohrenplage. Vielleicht äußerte ich es schon in den Vorjahren, in diesem Fall verzeihen Sie mir bitte die Wiederholung: In meinen Ohren das diesbezüglich schlimmste Lied ist nicht das vielgeschmähte „Last Christmas“, sondern „Wonderful Christmas Time“ von Paul McCartney. Ding-dong, ding-dong … Grauenvoll.

Nachmittags verband ich den üblichen Spaziergang mit der Freilassung mehrerer Bücher in öffentliche Bücherschränke. In der Südstadt treiben die Magnolien schon Knospen aus. Sie werden wissen, was sie tun. Die Innenstadt war an diesem verkaufsoffenen Sonntag gefüllt mit kaufoffenen Menschen, die sich auf der Jagd nach Besinnlichkeit durch die Gassen des Weihnachtsmarktes schoben.

Nebenan auf der Hofgartenwiese feierten unterdessen die Syrer mit Flaggen und Freudenrufen die Vertreibung des Tyrannen aus ihrem Land, auch hupende Autokorsos waren später, als ich wieder zu Hause war, zu vernehmen. Ich freue mich mit ihnen. Hoffentlich entwickelt sich dort alles zum Guten, ein wenig skeptisch bin ich noch.

Schöne Adventszeit
Poppelsdorfer Allee
Am botanischen Garten

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Kommen Sie gut und möglichst adventsstressfrei durch die Woche. Ding-dong.

Woche 49/2023: Selbstbeherrschung ist und bleibt ein mühsam zu beackerndes Feld

Montag: Da ich einen Weinkarton für den Kollegen zu transportieren hatte und wegen einer ungünstigen Niederschlagsprognose für den Nachmittag entschied ich mich morgens für die Stadtbahn. Die verspätete sich aufgrund üblicher Imponderabilien, das störte mich nicht weiter. Es stand morgens kein Termin an, und das Gleitzeitkonto sollte bis zum Jahresende möglichst leer laufen.

Die jugendliche Hosenmode erfährt zurzeit einen unvorteilhaften Wandel, wie ich auch heute während der Hinfahrt wieder sah: Bevorzugte man in Jungenkreisen bislang enganliegende Beinkleider, gerne etwas kürzer mit bei jeder Witterung freiliegenden Fußfesseln, so hüllen sie sich nun zunehmend in weit geschnittene, bollerige Beinsäcke. Es ist äußerst angenehm, an derartige Trends nicht (mehr) gebunden zu sein.

Gelesen in einer internen Mitteilung über den Werksweihnachtsmarkt am kommenden Donnerstag: »Wer es lieber „flüssig“ mag, muss sich zwischen klassischem oder leckerem Apfel-Zimt-Glühwein entscheiden.«

Dienstag: Heute ist der fünfte, daher ist alles Wesentliche zum Tage bei Interesse hier nachzulesen.

Mittwoch: Deutschland ist in Aufregung wegen der Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie, der mittelfristige Schaden für die Wirtschaft soll mehrere Billionen Euro betragen, wie auch immer zweifellos kluge Leute das berechnet haben. Als Gründe werden ein hoher Ausländeranteil mit schlechten Deutschkenntnissen, Benachteiligung bei finanzschwachem Elternhaus und Lehrermangel vermutet. Ohne in rentnerbeiges Genörgel verfallen zu wollen: Kann es nicht auch daran liegen, dass immer mehr vor allem junge Menschen Teile ihres Hirns ins Datengerät ausgelagert haben? Vielleicht ist das nicht schlimm, weil bei den Tests Kenntnisse abgefragt wurden, die aufgrund fortschreitender Digitalisierung mittel- bis langfristig nicht mehr benötigt werden, jedenfalls nicht, solange noch Strom fließt. Rechnen? Taschenrechner-App. Schreiben? ChatGBT. Längere Texte lesen und verstehen? Zeitverschwendung.

Passend dazu erreichte mich abends eine Nachricht

Mittags nach Rückkehr aus der Kantine (heute wieder vorzüglich) tönte im Werkshof „Last Christmas“ in erheblicher Lautstärke. Gerade als mein rechter Fuß im Takt zu wippen begann, verstummte es wieder.

Donnerstag: »Ihr Paket ist da!«, verkündet ein Benachrichtigungszettel des rot-weißen Paketdienstleisters. Offen bleibt, wer mit Ihr gemeint ist, auch, wie da zu deuten ist. Hier ist es jedenfalls nicht, der unbekannte Empfänger erfährt auch nicht, wo es sich befindet und wie er dessen habhaft werden kann. Danke, DPD, für dieses nette Weihnachtsrätsel.

Der Tag endete mit einem Weihnachtsmarktbesuch und anschließendem Essen im Kollegenkreis. Mein Zurückhaltungsvorhaben bezüglich Getränkeverzehr gelang nur so halb. Selbstbeherrschung ist und bleibt ein mühsam zu beackerndes Feld.

Freitag: Erfreulicherweise lagen im Büro keine anspruchsvollen, heute dringend zu erledigenden Geschäfte an; auch der Eingang an Mails, Anrufen und sonstigen Belästigungen war gering. Daher konnte ich nach Abarbeitung einiger Dinge zeitig das Werk verlassen.

Die Gruppendruckbetankung am Vorabend zog heute eine gewisse Unpässlichkeit nach sich. Eigentlich mag ich Glühwein nicht in größeren Mengen. Doch kaum war der Becher geleert gewesen – es nützte nichts, durch langsameres Trinken eine niedrigere Frequenz anzustreben, weil der Trunk dann durch Abkühlung ungenießbar wird – schon stand der nächste auf dem Tisch. Dazu wurde später ein cremeartiger Likör mit adventlichen Aromen gereicht, vom Chef persönlich, was soll man da machen.

Danach suchten wir eine spanische Gaststätte auf. Das Essen war gut (andere würden es als „lecker“ bezeichnen), mehrere Platten und Teller mit unterschiedlichen Speisen wurden serviert, von denen sich jeder nahm, und wovon später, als alle gesättigt waren, erschreckend viel zurück ging. Anscheinend wurde für die Zubereitung in großen Mengen Knoblauch nicht der höchsten Qualitätsstufe verwendet, jedenfalls beklagten meine Lieben heute bis zum Abend entsprechende Ausdünstungen meinerseits.

Samstag: Aus einem Zeitungsbericht über Extras, die Firmen ihren Mitarbeitern zur Arbeitsluststeigerung gewähren: »Richtet ein Unternehmen einen Fitnessraum ein, kann man ihn nutzen, muss es aber natürlich nicht.« Das finde ich sehr beruhigend.

Auch gelesen und für gut befunden:

»Wer glaubt, dass sich ein vergangenes oder zukünftiges Ereignis ändern lässt, indem man sich lange genug schlecht fühlt oder Sorgen macht, der lebt auf einem anderen Stern mit anderen Gesetzen.«

William James

Gesehen:

Claudia W. und Jan-Malte L. aus B. bereiten ihre Kinder Lea-Charlotte (links) und Paula-Marie für das nächste Pisa-Debakel vor.

Sonntag: In der aktuellen Ausgabe der PSYCHOLOGIE HEUTE, die ich noch bis Juni erhalte, ehe das Abonnement endet, ein interessanter Artikel über (positive) Alleinzeit in Abgrenzung zur (negativen) Einsamkeit. Darin wird der Begriff „aloneliness“ genannt, für den es wohl keine passende deutsche Entsprechung gibt. Er bezeichnet die Unzufriedenheit, wenn man nicht genug Zeit für sich selbst zur Verfügung hat.

Bestandteil meiner persönlichen Alleinzeit ist der regelmäßige Spaziergang am Sonntag. Dieser führte mich heute bei Sonnenschein und milder Temperatur zunächst nach Bonn-Beuel, und zwar – welch Zufall – genau dorthin, wo ich eine Woche zuvor einige meiner Aufsätze einem erlesenen Publikum vortragen durfte. Im Kellergeschoss desselben Gebäudes betreibt der Modelleisenbahnclub Köln eine beeindruckende Anlage in Spur 1, die heute öffentlich zugänglich und in Betrieb zu besichtigen war.

Dieser Triebwagenzug der Baureihe 515/815 beeindruckte mich besonders

Danach ging es in einer größeren Schleife über Schwarzrheindorf (mit spontanem Besuch des örtlichen Weihnachtsmarktes), die Nordbrücke und am Rhein entlang zurück nach Hause, wo die heutige Alleinzeit endete.

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Kommen Sie gut durch die Woche.