Woche 35/2025: Die erste Liegestuhlprobe verlief erfolgreich

Montag: Morgens auf dem Fahrrad war es recht kühl, vor allem an den Händen. Doch Handschuhe im August erscheinen selbst mir als ausgewiesenem Scheinfrostfühler unangemessen. Auf dem Rückweg war es dann in Anzugjacke fast etwas zu warm. Man hat es nicht leicht.

Dafür, dass die Sommerferien zu Ende sind, war es im Büro und den Nachbarzellen ungewöhnlich ruhig, auch der Eingang an Anliegen in Wort und Schrift war gering. Das darf gerne bis einschließlich Donnerstag so bleiben, danach habe ich Urlaub.

Gelesen bei Herrn Fischer und tatsächlich für gut befunden:

Also (ich hatte kurz überlegt, ob ich „genau“ schreiben sollte, fürchtete aber, dass die Ironie darin nicht rüber käme, weil schon zu viele, selbst von den klügeren viele ständig „genau“ sagen, weil sie sonst selbst nicht wissen, dass sie fertig sind mit Denken, von daher also:
Also: …

Genau.

Dienstag: Eine der wichtigsten Fragen in dieser meteorologischen Übergangszeit: Was ziehe ich an? So, dass es morgens nicht zu kalt und nachmittags nicht zu warm ist. Für den heutigen Fußweg ins Werk und zurück war langärmliges Hemd ohne Jacke genau die richtige Wahl. Auf dem Hinweg schien die Sonne, auf dem Rückweg nicht mehr, es war dennoch sehr warm, was zu einem Feierabendbier am Rheinufer motivierte. Wer weiß wie lange noch, ehe wieder Daunenjacke und Wollmütze erforderlich sind. Ebendiese trug einer, der mir morgens begegnete. Das fand sogar ich übertrieben.

Nachmittags rief mich jemand vom Bonner General-Anzeiger an, um mit mir über die Kündigung des Abonnements zu sprechen, die ich zum Ersten dieses Monats veranlasst hatte. Bereits vergangene Woche hatte er deswegen angerufen, ich hatte ihm die Gründe erklärt: Zunehmend empfinde ich die Berichterstattung als meinungslastig; mich interessiert überhaupt nicht, was unbekannte Menschen zu einem Thema meinen und am allerwenigsten, was sie dazu auf Facebook gepostet haben; das Sahnehäubchen sind Qualitätsmängel im Text wie regelmäßig dieser: „Die Stadt Bonn hat seine Mitarbeiter angewiesen …“. Dafür sind mir über vierhundert Euro im Jahr zu teuer. Das fand der Anrufer schade und wir verblieben, dass ich es mir nochmal überlege (manchmal bin ich zu weich) und er in dieser Woche noch einmal anrufe. Heute also. Zu meinem Erstaunen fragte er mich genau dasselbe wie letzte Woche. Auf meinen Einwand, dass hätte ich ihm doch schon letzte Woche erzählt, ob er sich nicht erinnere, stammelte er so etwas wie „Doch, aber ich wollte nochmal …“ Unnötige Wiederholungen, sei es in Besprechungen oder in Gesprächen wie diesen zerren erheblich an meiner Geduld, mein Tonfall wird dann schnell ungehalten bis genervt. Daran muss ich noch arbeiten. Übrigens habe ich nun das wesentlich günstigere Online-Abo gebucht.

Mittwoch: Die Schule hat wieder begonnen. Auf dem Fahrrad muss man nun wieder besonders achtgeben auf andere Radfahrer, die ohne zu schauen den Weg kreuzen oder von der Seite einbiegen, was mich morgens auf dem Weg zum Büro veranlasste, einen, der mit hoher Geschwindigkeit von vorne rechts kam und unmittelbar vor mir schräg die Straßenseite wechselte, einen Idioten zu schimpfen, was mich wiederum sofort ärgerte; nicht so sehr der Radfahrer, sondern mein verbaler Ausfall. Manchmal passiert es einfach, da kann man nichts machen.

In ein Anforderungsformular schrieb ich als fachlichen Nutzen „Fahlervermeidung“, bemerkte es und freute mich.

Abends im Bett war ich mit dem neuen Buch „Aber?“ von Max Goldt durch, auf dessen Lektüre ich mich sehr gefreut hatte. Es ist mit knapp hundertsechzig Seiten nicht sehr umfangreich, doch auch inhaltlich hatte ich etwas mehr erwartet. Viele der Texte lesen sich wie Verschriftlichungen von Comics des Duos Katz & Goldt, sind es vermutlich auch, das Gedicht zum Schluss machte mich ratlos, was an meiner lückenhaften Lyrikkompetenz liegen mag. Ich vermisse die für ihn typischen Abschweifungen und Themenwechsel innerhalb desselben Textes und Wortschöpfungen wie die legendäre „Klofußumpuschelung“ oder „beliebte Fernkugel“ als Synonym für den Ex-Planeten Pluto aus früheren Büchern. Vielleicht ist er nach so langer Zeit ein wenig aus der Übung und muss erst wieder in den richtigen Schreibfluss kommen. Hoffen wir also auf weitere Bücher von ihm in nicht so ferner Zukunft. Ich werde sie auf jeden Fall kaufen und lesen.

Donnerstag: Besser kann der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub kaum sein. Bis zum Mittag war alles Wesentliche abgearbeitet, bis zum Nachmittag kam nichts Aufwendiges, dringend zu Erledigendes mehr hinzu, so dass ich guten Gewissens und bester Laune den Heimweg antreten konnte, nachdem der Rechner in der Schreibtischschublade verstaut und das dienstliche Telefon ausgeschaltet waren. Da der Regen durch war und die Sonne wieder schien, stand einem urlaubseinleitenden Getränk auf dem Rückweg nichts im Wege.

Laut kleiner kalender ist Maus-flitz-Tag. Ah ja. Demnächst dann vielleicht Beutel-kratz-Tag.

Freitag: Was schön war: der erste Urlaubstag, externes Frühstück mit den Lieben im Sonnenschein, eine störungsfreie Autofahrt nach Beaune im Burgund, das Wiedersehen mit dem freundlichen Hotelpersonal, das erste Glas Burgunder nach der Ankunft, das Abendessen im Hotelrestaurant.

Blick aus dem Hotelzimmer auf ein vorüberziehendes Gewitter

Samstag: Nach dem Frühstück im Hotel verließen wir Beaune mit Ziel Malaucène, wo wir nach staureicher Fahrt am frühen Abend ankamen. Es ist spätsommerlich warm, die Sonne scheint vom blauen Himmel und lässt die Provence in den üblichen Grün- und Ockertönen leuchten. Die erste Liegestuhlprobe verlief erfolgreich. Rosé ist im Kühlschrank. Wir sind sehr zufrieden und freuen uns auf die vor uns liegenden zwei Wochen an diesem wunderbaren Ort.

Apropos zwei – Frage 2 lautet: „Mit wem verstehst du dich am besten?“ Ganz klar: Mit dem Liebsten, und das nun schon seit vielen Jahren. Das schließt gelegentliche Zankereien nicht aus, aber ohne die wäre es ja auch etwas langweilig.

Blaugrün
„So strahlt kein Atommüll“ sagte einer.
Abendglas

Sonntag: Auch der erste Tag hier in Malaucène lag unter blauem Himmel bei Kurze-Hosen-Temperatur, dazu ab Mittag ein leichter Wind. Nach dem ersten Frühstück draußen vor dem Haus blieb ich am Tisch sitzen und stellte diesen Wochenrückblick fertig; heute besonders früh, da nachher Bonner Freundinnen, die ebenfalls zurzeit in Malaucène weilen, zum Grillen kommen. Nach Fertigstellung werde ich mit einem Buch in den Liegestuhl wechseln und dort bis auf weiteres zu einer zufriedenen Freizeitstatue erstarren. Sollte sich im Laufe des Tages noch etwas Berichtenswertes ergeben, wird es nachgereicht. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.

13:30

Hitparade der Tragödien

Zeitungen lieben es bekanntlich, nach Unglücken aller Art eine Rückschau auf vergleichbare Ereignisse in der Vergangenheit zu halten – die beeindruckendsten Wirbelstürme der letzten zehn Jahre, die nassesten Überschwemmungen, die bewegendsten Erdbeben. Dieser Tradition hat der Bonner General-Anzeiger nun ein vorläufiges Sahnehäubchen aufgesprüht, als er nach dem Flugzeugabsturz in Kolumbien unter der Überschrift „Tra­gö­dien mit Sport­lern als Op­fer“ Flugzeugabstürze seit 1949 auflistet, bei denen sich Sportmannschaften unter den Opfern befanden. Ich frage mich: Wer will das wissen?

Noch niemals las ich indessen eine Chronik der schlimmsten rechtlich legitimierten Stadt-/Land-/Flusszerstörungen und Vertreibungen durch Menschenhand in Friedenszeiten, dabei spielt sich eine solche seit Jahrzehnten gar nicht weit von hier ab. In diesem Zusammenhang berichtet die oben genannte Zeitung von einem Angriff Unbekannter auf RWE-Mitarbeiter im Braunkohlegebiet Hambacher Forst, bei dem vier Personen leicht verletzt wurden.

Ich betone deutlich, dass ich jede Form von Gewalt verurteile, erst recht wenn dadurch Menschen zu Schaden kommen, und seien es Mitarbeiter eines rechtsstaatlich geschützten Lebensraumvernichters. Und doch glaube ich, durch das Dickicht meiner Ablehnung ganz schwach ein Lichtlein des Verständnisses für diese Aktion leuchten zu sehen.