Woche 10/2025: Kantine statt Kamelle

Montag: Einmal noch Karneval, dann reicht es wieder bis November. Der gestrige Tag beim Godesberger Zoch mit anschließendem Ausklang in der Stadthalle verlief bei bestem Wetter weitgehend angenehm, den vergangenen Sonntag diesbezüglich geäußerten Erwartungen ist nichts Wesentliches hinzuzufügen. Wir brachen nicht sehr spät auf nach Hause, wo wir im Fernsehen das Bühnenprogramm von „Sitzungspräsident“ Volker Weininger ansahen und darüber sehr lachten mussten, mehr als der noch gegenwärtige Hustenreiz zuließ. Wenn Sie ihn nicht kennen, empfehle ich ihn sehr, auch wenn Sie dem Karneval nicht zugeneigt sind.

Am heutigen Rosenmontag war unser Musikcorps für den Umzug im Stadtteil Lannesdorf gebucht. Der ging pünktlich um elf Uhr elf los, daher musste ich auch heute frühzeitig aufstehen. Es verlief alles zufriedenstellend, auch heute unter blauem Himmel. Größte Hürde war nach Rückkehr der Fußweg vom Hauptbahnhof nach Hause, weil wegen des inzwischen gestarteten Bonner Zuges in der Innenstadt zahlreiche Straßen abgesperrt und menschenumsäumt waren und nicht überquert werden konnten. Nach einer halben Stunde kam ich an, legte die Trommel ab und zog, weiterhin in Uniform, sogleich eine Straße weiter, um mich zusammen mit dem Liebsten und einigen Vereinsleuten in die Menge am Straßenrand zu stellen und den Zug zu betrachten. Nahrung kam währenddessen wie im Schlaraffenland direkt aus der Luft angeflogen, fast ununterbrochen war ich am kauen: Weingummi, Schokowaffeln, Mäusespeck, Maoam, Milky Way und ein Apfel. Dazu zwei bis drei Becherchen Kölsch aus der Kneipe gegenüber. Als das Prinzenpaar durch war, konnte ich endlich nach Hause, für die nächsten Monate die Uniform und vor allem endlich die Schuhe ausziehen.

Ab morgen wieder ins Büro, wo ganzjährig ein gewisses Jeckentum herrscht. Mit Kantine statt Kamelle.

Dienstag: Wie es sich für einen Dienstag gehört, ging ich zu Fuß ins Werk und zurück, auch wenn es faktisch ein Montag war. Morgens waren in der Innenstadt fleißige Menschen damit beschäftigt, den Rosenmontag zusammenzukehren und -blasen. Überall lag dieses Riesen-Konfetti herum, ich weiß nicht, wie es richtig heißt, Sie wissen vielleicht, was ich meine: Diese mehrere Zentimeter langen bunten Streifen, die, mit einer Kanone in die Luft geschossen, flimmernd langsam zu Boden sinken. Hübsch anzusehen, solange sie in der Luft sind, doch dürften sie anschließend den Reinigungskräften erheblichen Verdruss bereiten. Selbst hinter den Glastüren mehrerer Läden waren sie auf dem Boden auszumachen, durch welche Ritzen auch immer sie dort eingedrungen sein mögen. Auch auf dem Heimweg am frühen Abend sah ich sie noch in nennenswerter Anzahl herumliegen und es ist davon auszugehen, dass sie auch in den nächsten und übernächsten Tagen noch vereinzelt zu finden sind.

Im Büro war reichlich zu tun, die Zahl der seit Donnerstag eingegangenen Mails war fast so hoch wie nach einer Woche Urlaub; anscheinend haben nicht alle Karneval gefeiert, wo kämen wir da auch hin. Zum Glück konnte ein großer Anteil davon nach erster grober Sichtung sofort gelöscht werden.

Ebenfalls auf dem Heimweg wurde ich zufällig Zuschauer der Bonner Stadtsoldaten: Die Gardisten standen in Reih und Glied vor dem Alten Rathaus, Dankesworte wurden gesprochen, auch vom noch amtierenden Prinzen und der Bonna (für Nicht-Bonner: gleichsam die zugehörige Prinzessin), danach marschierte man ein letztes Mal bei getragener Musik um den Marktplatz und stellte sich wieder in Formation auf. Schließlich erklärte der Kommandant die Session für beendet; weggetreten. Vermutlich suchte man zum Ausklang noch die örtliche Gastronomie auf.

Morgenweg mit Gewölk
Rosenmontagsreste
Bald haben auch sie es geschafft

Mittwoch: Vorbei die Zeiten, da ich nach dem Mittagessen über achtundzwanzig Etagen die Treppen hoch gehe, ab heute nur noch dreiundzwanzig, da ich infolge einer Umorganisation umgezogen bin. Auch die Aussicht aus dem Fenster hat sich gewandelt, trotz Höhenunterschied von fünf Etagen weiterhin augerfreuend.

Vorne die Deutsche Welle, dahinter der UN-Campus

Es gibt schon erstaunliche Zufälle: Im Januar löste sich mittags beim Verzehr eines Nudelgerichts die Krone eines Weisheitszahnes, ich berichtete. Heute kam mit der Post die Zahnarztrechnung für das Wiedereinsetzen. Nun dürfen Sie gerne raten, 1) was ich heute Mittag gegessen habe und 2) was währenddessen passierte. Damit hat der Zahn sein Dasein verwirkt, in den nächsten Tagen wird die Zange ihr Werk verrichten.

Donnerstag: Auch dieser Tag war sonnig, die Fußweg ins Werk und zurück eine Wohltat. Die Natur ist spät dran dieses Jahr, vor einem Jahr blühten schon die Magnolien. Während Schneeglöckchen, erste Krokusse und Narzissen bereits blühen, zeigen sich Büsche und Bäume noch weitgehend unbegrünt, nur hier und dort sind beim genauen Hinsehen erste Knospen auszumachen. Vielleicht warten sie ab, bis sich Union und SPD auf eine Koalition geeinigt haben, manchmal hängen Dinge in gar wundersamer Weise zusammen.

Nach Ankunft stand ich zunächst vor verschlossener Bürotür, weil die Schließtechnik nicht auf die dafür vorgesehene App auf meinem Telefon reagierte. Der Chefchef war so freundlich, mir Zugang zu gewähren. Nach etwas Mailverkehr und mit Hilfe eines befugten Mitarbeiters konnte auch dieses Problem im Laufe des Vormittags gelöst werden. Ebenfalls vormittags vereinbarte ich einen Zahnarzttermin für Montagnachmittag.

Auf dem Rückweg war ich versucht, das erste Freiluftbier zu trinken, Gelegenheiten wären genug gewesen. Da ich spät dran und die Sonne bereits im Untergang begriffen war, sah ich davon ab.

Wo mögen sie gewesen sein?

Freitag: Der Arbeitstag endete zeitig, da ein Augenarzt-Termin anstand. Die letzte Besprechung des Tages endete erst kurz vor Büroschluss, so dass keine Zeit blieb, das Mailpostfach aufzuräumen und schon mal in den Kalender zu schauen, was nächste Woche so anliegt. Das mag ich nicht, heute ging es nicht anders. Immerhin blieb nichts unerledigt, was heute noch dringend zu erledigen gewesen wäre, somit ging ich mit gutem Gewissen ins Wochenende.

Während der Radfahrt zurück geriet ich durch die Verbindung aus Frühlingsmilde und Winterjacke ins Schwitzen, war jedoch zu bequem, anzuhalten und die Jacke auszuziehen; leider gehöre ich nicht zu denen, die das mühelos während der Fahrt erledigen und dabei noch telefonieren und essen können.

Bei der Augenarztpraxis kam ich vorzeitig an, musste dennoch nicht lange warten. Vielleicht ein Vorzug des privat versicherten Beamten. (Ja, ich finde das auch ungerecht. Da ich mich jedoch auf der begünstigten Seite befinde, fällt es mir schwer, darüber zu klagen.) Am meisten fürchtete ich die Augentropfen, da bin ich sehr empfindlich. Doch die wurden nicht verabreicht, stattdessen wurde der Augendruck per kurzem Luftstoß gemessen. Das war auch nicht sehr angenehm, doch weit weniger schlimm als die Tropfen. Nach weniger als einer Viertelstunde war die Untersuchung erledigt, alles in Ordnung beziehungsweise im altersgerechten Rahmen, auch eine neue Brille brauche ich nicht. Nur legte mir die Ärztin nahe, das nächste Mal nicht erst wieder in zehn Jahren zu kommen. Die Zeit rast aber auch.

Samstag: Nachdem sie sich in den vergangenen Tagen latent mit Hustenreiz und erhöhter Nasenläufigkeit ankündigte, hat auch mich nun die Erkältung richtig erwischt, arbeitgeberfreundlich zum Wochenende. Deshalb wurde die für heute geplante Fahrradpflege zugunsten längerer Sofazeit auf nächstes Wochenende verschoben. (Bitte denken Sie sich hier lautstarkes Husten und Schnäuzen.)

Aus einer Kolumne im General-Anzeiger über die sogenannte Longevity-Bewegung, also Leute, die es für erstrebenswert erachten, möglichst alt zu werden und dafür erheblichen Aufwand betreiben: „Die Darmflora erfährt mehr Zuwendung als so mancher Beziehungsberechtigte.“

Sonntag: Das sonnig-warme Frühlingswetter lockte zahlreiche Menschen nach draußen, am frühen Nachmittag auch mich. Am Rheinufer begegnete mir ein Paar, beide mit großflächig tätowierten Armen. Dazu ein Dalmatiner. Die drei ergänzten sich perfekt. Anscheinend eher einseitig ergänzt sich dagegen ein anderes Paar, das mir auf Fahrrädern begegnete. Sie schimpfte: „Dann fährst du in die Sauna, dann fährst du in den Urlaub, und ich bin immer nur gut genug, auf den Köter aufzupassen.“

In der Nordstadt hängten zwei Männer Wahlplakate des BSW ab. Vielleicht zum ersten und letzten Mal, wer weiß, ob die bei den nächsten Wahlen nochmal dabei sind. Durchaus entbehrlich, aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung.

Lesen bildet, man lernt immer noch was dazu:

(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)

Zum guten Schluss: Erfreulich waren in dieser Woche ein problemloser Büroumzug, für gut befundene Augen und mehrere Spaziergänge unter blauem Himmel.

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Kommen Sie gut durch die Woche.

Woche 42/2024: Volle Hingabe und ein Naturschauspiel

Montag: Die Wiedereingliederung in das Arbeitsleben nach eineinhalb Wochen Urlaub gelang zufriedenstellend. Morgens auf dem Fahrrad war es fingerkalt, immerhin trocken. Erstmals nach längerem befuhr ich probeweise wieder den umstrittenen Radweg entlang der Adenauerallee (zur Erinnerung: umstritten, weil zugunsten breiterer Radwege nur noch zwei der einst vier Fahrspuren dem Autoverkehr zur Verfügung stehen), der wieder auf ganzer Länge nutzbar ist, ohne baustellenbedingt den gebeutelten Kraftfahrzeugführern ins Gehege zu kommen oder auf den Gehweg ausweichen zu müssen.

Im Büro keine nennenswerten Montäglichkeiten, weder im Maileingang noch im Gemüt; im Laufe des Vormittags waren alle Mails gesichtet, priorisiert, beantwortet oder, die meisten, nach mehr oder weniger interessierter Kenntnisnahme gelöscht. Außerdem besprach ich mit dem Kollegen, mit dem ich mich vertrete, unsere Urlaubsplanung für das kommende Jahr, dafür ist es nie zu früh. Das Mittagessen in der Kantine nahm ich ausnahmsweise unbegleitet zu mir, da die üblichen Mitesser beschäftigt waren. Das kam mir heute durchaus gelegen.

Da nichts Größeres anlag, das anzugehen nicht auch morgen oder im Laufe der nächsten Tage früh genug wäre, kam das Arbeitsende nicht sehr spät, gerade passend, um die Lücke zwischen zwei Regenschauern zu nutzen. Ab morgen wieder volle Hingabe.

Dienstag: Zu Fuß ins Werk und zurück durch den Herbst, das war schön. Am schönsten, nicht nur im Herbst, ist stets der Moment, wenn ich dem Innenstadtlärm von Kraftfahrzeugen und Kehrmaschinen entkomme und am Rheinufer in relativer Stille wandele, unterbrochen nur von mobilschwatzenden Mitmenschen und den Motoren der Schiffe. Kurz vor Ankunft am Mutterhaus empfing mich heute ein Duett aus Aufsitzrasenmäher und Laubbläser. Das war nicht schön.

Morgens I
Morgens II

Auf dem Rückweg dachte ich aus mehreren gegebenen Anlässen darüber nach, wie das Erscheinungsbild junger Männer im Wandel begriffen ist. Neben den allgegenwärtigen Einheitsjugendlichen mit Wuschelhaaren, knöchelfrei, weißen Turnschuhen, eingewachsenen Ohrstöpseln und stets auf das Datengerät gerichtetem Blick sind mittlerweile wieder vermehrt zweifelhafte Langhaarfrisuren, Schnäuzer und sackartige Hosen zu beobachten. Das finde ich ästhetisch bedenklich, aber mich fragt da keiner. Warum auch.

Weiterhin begegnete mir, während mich die Daunenjacke in Wohlfühltemperatur hüllte, ein Junge auf dem Fahrrad mit Rucksack, sonst obenrum mit nichts weiter bekleidet. Vielleicht hatte er sich kurz zuvor mit etwas sehr übel riechendem bekleckert und, da er in äußerster Eile war, keine Zeit gehabt, sich umzuziehen; man weiß ja oft nicht, warum Dinge sind wie sie sind.

Abends kaufte ich zwei Hosen, da es höchste Zeit ist, meinen Hosenbestand zu erneuern. Bei der Gelegenheit ließ ich mich, in Erwartung künftiger Rabatte, als Kunde registrieren, die Quittung erhielt ich per Mail. Darin werde ich abwechselnd geduzt und (im „Kleingedruckten“) gesiezt, was ich in letzter Zeit zunehmend erlebe. Ist das Absicht oder schlicht Schluderei?

Mittwoch: Ab Mittag schien die Sonne und heizte das Büro trotz heruntergelassener Jalousien stark auf wie während des ganzen Sommers nicht, achtundzwanzig Grad zeigte das Wandthermometer an. Vermutlich ist die Temperaturregelung des Gebäudes bereits auf Winterbetrieb umgestellt. Was solls, zu kalt hätte ich schlimmer gefunden.

Dazu war es recht laut: Im Nebenbüro war man zu dritt, zeitweise ohrenscheinlich in derselben Teamskonferenz auf Englisch. Vor der großen Seuche, als noch alle täglich in die Büros kamen, war das selbstverständlich. Ich bin diesbezüglich deutlich empfindlicher geworden.

Auch mal wieder in einer Besprechung gehört: „Wir müssen uns ehrlich machen.“ Dann macht mal.

Manchmal habe ich den Eindruck, um mich herum sind alle irre, was allerdings darauf hindeuten könnte, dass ich der Irre bin. Heute wieder: Auf dem Rückweg sah ich nebenan auf dem Gehweg eine junge Frau, die im Gehen ihr Datengerät über Kopfhöhe hielt, auf das Display schaute und dazu eine ziemlich dämliche Schnute zog, in Infaulenzer-Fachkreisen wohl Duckface genannt. Scheiß die Wand an, so mein spontaner, zugegeben nicht sehr wertschätzender Gedanke. Das dürfte sie mitbekommen haben, denn ich dachte ziemlich laut. Im Übrigen bin ich der Meinung, auch wenn das wie ein alter Griesgram klingt: Diese Geräte machen die Leute bekloppt.

Donnerstag: Der Fußweg morgens ins Werk kam mir wesentlich dunkler vor als am Dienstag. Da ich nicht davon ausgehe, zwischenzeitlich in ein mehrwöchiges Zeitloch gefallen zu sein, lag es wohl an der Bewölkung. Am Rheinufer traf ich auf den Hochleistungsfrühsportler, der dort jeden Morgen seinen Leibesertüchtigungen* nachgeht und dabei schnauft wie das NDR-Pausenwalross Antje, die Älteren erinnern sich vielleicht. Wenn ich ihn passiere, schaut er mich an mit einem irren bis auffordernden Blick, als erwarte er eine Ansprache wie „Mann, Sie sind aber sportlich, während ich hier einfach nur gehe, was ja immerhin besser ist, als mit dem Auto zu fahren oder so einem Elektroroller, die wahre Straßenpest, nicht wahr … Was meinen Sie, ich soll mal Ihren Bizeps fühlen? Ich bitte Sie, wir kennen uns doch gar nicht. Ein anderes Mal vielleicht. Frohes Schnaufen und einen schönen Tag noch“. Aus Gründen, die ich nicht benennen kann, ist mir der Kerl unheimlich und ich gehe jedes Mal etwas schneller an ihm vorbei. Dabei geht von ihm vermutlich keine Gefahr aus, außer vielleicht angesprochen zu werden, was morgens schlimm genug wäre.

*So hieß noch in den Siebzigern der Schulsport an unserem Gymnasium, in den Stundenplänen abgekürzt „LE“. Das machte es nicht schlechter, aber auch nicht besser.

Vgl. Dienstag

Letzten Sonntag besang ich hier das Ende der diesjährigen Außengastronomiesaison. Dem Lied ist eine weitere Strophe hinzuzufügen, heute war die Terrasse des Rheinpavillons wieder gut besucht, da es in den letzten Tagen deutlich wärmer geworden ist. Auch zahlreiche T-Shirts und kurze Hosen wurden nochmals hervorgeholt. Von solchem Hin und Her lasse ich mich nicht treiben; für mich ist jetzt Daunenjackensaison und basta.

Immerhin kein Serviervorschlag

Freitag: Nach Ankunft im Büro bis in die erste Tageshälfte hinein war meine Konzentration auf die Geschäfte eingeschränkt, weil sich vor den Fenstern ein Naturschauspiel ereignete, wie ich es noch nicht erlebt habe, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Dichter Nebel bedeckte bis zum Horizont Stadt, Land und Fluss, nur der Turm und das Siebengebirge ragten heraus, was mir von meinem Arbeitsplatz in der achtundzwanzigsten Etage aus einen grandiosen Blick über die Wolken ermöglichte. Caspar David Friedrich hätte wohl nicht lange gezögert, den Pinsel zu zücken. Deshalb war ich dankbar für die einstündige Teams-Konferenz mit viel Fensterkuckzeit. Sehen Sie:

Zwischenzeitlich zeigte sich die Godesburg (rechts)
Es gibt schlechtere Arbeitsplätze
Gegen Mittag zog sich der Nebel über den Rhein und ins obere Rheintal zurück

Mittags schien wieder die Sonne und ich hatte nach dem Essen Gelegenheit für einen kleinen Spaziergang durch den Park. Außerdem schickte ich den Stanišić (also nur das Buch) nach Meppen, von wo sich eine Interessentin dafür gemeldet hatte. Liebe E., ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre.

Im Park
Nachmittag

Ansonsten war die erste Arbeitswoche nach dem Urlaub insgesamt angenehm, sie verging ähnlich schnell wie zuvor die Urlaubswoche. So hat alles seine Vor- und Nachteile.

Samstag: Dieter Nuhr erhält den Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten Söder, steht in der Zeitung. Ob er sich darüber freut?

„Lass mal wieder zusammen emotional werden“ las ich während des Spaziergangs an einer Litfaßsäule, für Kino werbend. Traurigkeit ist wohl eine angemessene Emotion für derart schludrigen Sprachgebrauch.

Wolkenemotionen über Schwarzrheindorf

Sonntag: Wesentliche Aktivitäten des Tages waren die Lektüre der Sonntagszeitung, ohne bloggenswerte Erkenntnisse, und ein längerer Spaziergang auf die andere Rheinseite bei sonnigem Herbstwetter. Gegen Ende hatte unerwartet der Lieblingsbiergarten geöffnet, was für das vielleicht letzte Freiluftbier des Jahres genutzt wurde, ehe bald wieder Glühwein das Freiluftgetränk der Wahl ist.

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Kommen Sie gut durch die Woche.

Woche 37/2024: Fahrplanabweichungen, Frohlocken und Fischstäbchen

Montag: Nachdem es am vergangenen Wochenende noch richtig heiß war, scheint nun der Herbst eingetroffen zu sein mit Regenschauern und deutlich gefallenen Temperaturen, in den von mir regelmäßig gelesenen Blogs vielfach bejubelt. Obwohl großer Herbstfreund, halte ich mich mit Frohlocken noch zurück. Erstmals nach längerer Zeit verließ ich morgens das Haus in Jacke und kehrte auch darin zurück. Der Anblick noch erstaunlich vieler kurzer Hosen, dem ich sonst durchaus zugetan bin, ließ mich frösteln. Vielleicht weigern sich deren Träger konsequent, vor dem kalendarischen Herbstanfang ins lange Beinkleid zu wechseln, so wie andere nicht vor Oktober die Heizung in Betrieb nehmen, egal wie kalt es ist.

Da es morgens regnete und für den Tag weitere Schauer zu erwarten waren, nahm ich die Bahn. „Es kommt zu Fahrplanabweichungen und Verspätungen“ verkündete die elektrische Anzeige an der Haltestelle. Ich freute mich über das Wort „Fahrplanabweichungen“ und nahm den Hinweis ansonsten mit der gebotenen Gelassenheit zur Kenntnis. Ins Büro kam ich früh genug.

Dorten viel spontan aufkommender Kleinkram, der mich in seiner Summe ganz gut beschäftigte.

Laut interner Mitteilung heißt die Kopierstelle im Mutterhaus nun Print Center Campus. Das wurde aber auch Zeit.

Nach nicht übertrieben spätem Arbeitsende hatte ich einen Friseurtermin. Eigentlich hatte ich den schon am Samstag gehabt, aufgrund eines Missverständnisses war ich jedoch zu spät erschienen, deshalb ein neuer Termin heute. Vorbei die Zeiten, da Friseure montags geschlossen haben. Ich habe das nie verstanden, andererseits hat es mich auch nicht gestört, das war eben so. Ohnehin neigte und neige ich nicht oder vielleicht zu wenig dazu, gegebene Dinge zu hinterfragen, vielleicht verdanke ich dieser Haltung aber auch einen Zuwachs an Zufriedenheit, während andere sich grämen.

Während der Niederschrift höre ich durch die geöffnete Balkontür den Regen auf die Markise prasseln, derweil der Geliebte Tee kocht. Das kann nicht mehr lange dauern mit dem Frohlocken.

Das war jetzt ganz schön viel Text für einen recht ereignislosen Tag.

Dienstag: Im Gegensatz zu gestern stockte heute die Schreibinspiration etwas. Das ist nicht schlimm, wer soll und will das auch immer alles lesen, nicht wahr. Ein fast ganz normaler Dienstag mit Fußmarsch ins Werk und zurück, wobei der Rückweg nicht mit einer gastronomischen Einkehr verbunden wurde. Zum einen lud das zwar trockene, doch kühle Wetter nicht zu einem Freiluftbier (immer wieder erstaunlich, welche Wörter von der Rechtschreibkorrektur nicht beanstandet werden) ein, zudem hatte ich einen ersten Anprobetermin beim Schuhmacher, wo ich vor mehreren Wochen einem spontanen Entschluss folgend Maßschuhe in Auftrag gegeben habe. Dazu vielleicht demnächst mehr.

Weg ins Werk
Das kann ja mal passieren.

Erstmals seit Wochen wurde das Abendessen, gemäß einer alten Familientradition dienstags Döner, am Küchentisch statt auf dem Balkon eingenommen, als Begleitgetränk Tee statt Wein. Willkommen im Herbst.

Mittwoch: Erstmals in dieser Woche mit dem Fahrrad ins Werk. Pünktlich zur Abfahrt hörte der Regen auf, nachdem es die Nacht durchgeregnet hatte, so dass die vorsichtshalber übergezogene Regenjacke nicht erforderlich war. Manchmal ist es fast etwas unheimlich, wie es sich fügt.

Mittags in der Kantine gab es Fischstäbchen, die habe ich ewig nicht gegessen. Sie schmeckten gut, so wie ich sie in Erinnerung hatte, alles andere wäre ja auch bedenklich. Zufällig sah ich gerade gestern Werbung eines Herstellers dieses Produkts, worin das „Frosta-Reinheitsgebot“ angepriesen wurde, am Ende hieß es „Frosta ist für alle da“, in womöglich unbewusster Anlehnung an die frühere Bac-Reklame, die Älteren erinnern sich vielleicht, „Ach Kinder … mein Bac, dein Bac – Bac ist für uns alle da!“ Eher ein Grund, auf den Verzehr von Fischstäbchen zu verzichten.

GLS brachte eine Sendung, darin ein Buch, eine Anthologie, zu der ich vor vielen Jahren, als ich noch gerne über Liebe und Triebe schrieb, einen Text beigetragen hatte und die nun, unter neuem Verlag und neuem Titel, wieder aufgelegt wurde. Kommt auf den wachsenden Stapel der ungelesenen Bücher.

Falls es Sie interessiert: erschienen im MAIN Verlag, ISBN 978-3-95949-735-0, 14€. Ich erhalte kein Honorar, was Sie nicht davon abhalten soll, es zu kaufen.
Ich brauche einfach mehr Zeit

Der Liebste hat Grillzubehör gekauft.

Von Profis für Profis

Beim Laufen abends merkte ich die dreiwöchige Unterbrechung wegen der Tagungs-Tournee, es lief sich sehr schwerfällig trotz idealer Lauftemperatur und ausgewählter Musikbegleitung im Takt der Schritte, was mich normalerweise beflügelt. Daher nur die kurze Strecke. Ab sofort wieder regelmäßig, immer schön in Bewegung bleiben, gerade im Alter.

Ansonsten Vorfreude auf den freien Tag morgen.

Donnerstag: Gelobt sei die Teilzeit. Den ersten „planfreien“ Tag nutzte ich für eine Wanderung über die vierte Etappe des Natursteigs Sieg von Merten bis Eitorf. Das Wetter war mir wohlgesinnt, um die fünfzehn Grad, meistens sonnig und trocken, erst bei Ankunft in Eitorf leichter Regen. Pünktlich um elf Uhr und mitten im Grünen plärrte das Datengerät los anlässlich des Warntages, kurz darauf heulten aus den Tälern rundherum die Sirenen hoch. Bis heute empfinde ich das Geräusch als gruselig, vor allem den auf- und abschwellenden Ton für Luftalarm. Wenn mir als in Friedenszeiten Aufgewachsener das schon so geht, was müssen dann erst diejenigen empfinden, die das noch als Ernstfall erlebt haben?

Die Strecke ist angenehm zu gehen und nicht sehr anstrengend, die Kennzeichnung gut, nur an wenigen Stellen musste ich in die App schauen, um die richtige Abzweigung zu nehmen. Die Bäume stehen noch in sattem Grün, abgesehen von den zahlreichen Fichtenleichen, die kahl in die Höhe ragen, dennoch lag bereits der würzige Hauch des Herbstes in der Luft. Immer wieder spürte ich unsichtbare Fäden des Altweibersommers (darf man das noch schreiben?) im Gesicht. Nur einmal begegnete mir ein anderer Wanderer. Insgesamt war es wieder beglückend.

Bereits kurz vor vierzehn Uhr erreichte ich das Ziel, Eitorf. Da es, wie oben erwähnt, regnete und zudem zehn Minuten später eine Bahn fuhr, suchte ich gar nicht erst nach einer geeigneten Gaststätte für das Wanderabschlussgetränk (hier schlägt die Rechtschreibprüfung an) und nahm stattdessen die Bahn zurück. Erst nach Rückkehr in Bonn erfolgte die Belohnung für die Mühen mit Oktoberfestbier und Fleischpflanzerln (für Außerbayrische: Frikadellen, Buletten) im bayrischen Brauhaus. Am Nebentisch zwei Herren, die offenbar schon länger dort verweilten. Als ein dritter dazukam, fiel der Satz: „Setz dich, wir sind gerade von swinging states auf Swingerclub gekommen.“

Hier ein paar Eindrücke des Tages:

Für die Sammlung (Merten)
Moosbetrachtungen I
Talblick
Stechpalme für Frau Lotelta
Rastplatzlyrik
Moosbetrachtungen II
Totes Holz
Moosbetrachtungen III
Käfer laben sich an einer Nacktschnecke. Vielleicht für Gartenfreunde eine Alternative zu Schneckenkorn, wobei man nicht weiß, worüber sie sich hermachen, wenn sie mit den Schnecken fertig sind.
Die Sieg in Eitorf

„PFERDE WETTEN“ steht in großen Buchstaben auf einem Schaufenster in der Bonner Innenstadt. Offen bleibt, um was die Gäule wetten.

Laut Zeitungsbericht haben über vierzig Prozent der elf- bis siebzehnjährigen schon mal einen Porno gesehen, oh Zeiten, oh Sitten! – Aha. Wo ist das Problem? Vermutlich haben über achtzig Prozent aus derselben Altersgruppe schon Tatort gesehen, wo Mord und Totschlag im Mittelpunkt stehen. Darüber wird nie berichtet. Warum auch.

Freitag: Heute ist Freitag, der dreizehnte. Wenn Sie das beunruhigt, sind Sie Paraskavedekatriaphobiker, falls Sie das noch nicht wussten. Sonst auch.

Mein Tag begann mit diesem Lied morgens im Radio, das, da wiederhole ich mich, meine Laune stets zu heben vermag, und das mich als angenehmer Ohrwurm durch den Werktag begleitete.

Beim Morgenkaffee das erste Mal gelacht:

Quelle: General-Anzeiger Bonn

Der Werktag verlief ohne nennenswerte Imponderabilien. In der Präsentation zu einer Besprechung stand „Scheiss Experience“, erst dachte ich, mich verlesen zu haben, doch das stand da wirklich. In derselben Runde sagte einer „Sonst bekommen wir ein Fuck up“. Dass die sich nicht schämen. Später, in einer anderen Besprechung, war „Das wäre ein kleiner Super-GAU“ zu hören; was so gesagt wird, wenn man nicht weiter nachdenkt.

Samstag: „… hat Wladimir Putin außerdem zwei Söhne aus seiner Partnerschaft mit der Rhythmischen Sportgymnastik-Olympiasiegerin Alina Kabajewa“, ist in der Zeitung zu lesen.

Vor Jahren, als ich noch regelmäßig den Radiosender 1live hörte (heute ertrage ich das Gelaber nicht mehr), lief dort täglich eine Juxserie, deren Titel mir entfallen ist. Ich erinnere mich nur noch an den in jeder Folge gesagten Satz „Du hast doofe Ohren“, am Ende explodierte immer eine Bombe. Wie ich darauf komme: In der Fußgängerzone sah ich einen, der offenbar früher diese riesigen Ösenringe in den Ohren getragen hatte. Nun nicht mehr, die großräumig durchlöcherten Ohrläppchen hingen schlaff herunter. Der hatte wahrlich doofe Ohren.

Sonntag: Der Sonntagsspaziergang fiel kurz aus, er führte in das Kult41, wo acht Autorinnen und ein Hobbyschreiber ihre selbstverfassten Texte für die „Bonntastik V“ vortrugen. Anschließend wurde ich für das Bürgerradio interviewt, das kommt auch nicht oft vor. Die vorgetragenen Texte und noch viel mehr gibt es auch als Buch, wenn Sie hier mal schauen möchten.

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Kommen Sie gut durch die Woche, lassen Sie sich nicht ärgern.