6. Aktualisierung: Liste der nervigsten Redewendungen und Floskeln

Es ist wieder einige Zeit vergangen seit der letzten Aktualisierung der Liste. Mittlerweile haben neue und auch mehrere gar nicht so neue Phrasen menschlich-geschäftlicher Kommunikation den Weg in meine Notizen gefunden, welche ich der Liste anfüge; die Neuzugänge finden Sie ab der Nr. 109.

1.) „Okay…“ mit anhebender Stimmmodulation auf der zweiten Silbe. Mein absoluter Spitzenreiter.
1a) „Okodoki“ – die kleine, nicht minder schlimme Schwester von 1.)
2.) „Gesundheit!“ Verdammt, lasst mich doch einfach in Ruhe niesen!
3.) „Geht das zusammen oder getrennt?“
4.) „nicht wirklich“
5.) „Wir müssen die Leute mit ins Boot holen“
6.) „Wir müssen die Leute abholen“
7.) „Da bin ich ganz bei dir/Ihnen“
8.) Ganz neu und ganz schlimm: „Da bin ich fine mit“ (oder „fein“?)
9.) „Gerne!“ als Antwort auf „Danke“
10.) der Klassiker: „Mahlzeit!“
11.) „Da sind wir gut unterwegs“
12.) „Da sind wir gut aufgestellt“
13.) „Kein Thema!“
14.) „Herausforderung“ statt einfach „Problem“…
15.) „Hallo…??“ statt „Hä?“ (was zugegebenermaßen auch nicht schöner ist)
16.) „Ich freue mich auf…“ im Zusammenhang mit geschäftlichen Terminen/Angelegenheiten/was auch immer. Das glaubt ihr doch selbst nicht!
17.) „So was von [beliebiges Adjektiv|“
18.) „Ich sag mal…“
19.) „Na Urlauber…?“ am ersten Tag nach dem Urlaub. Als wenn es nicht so schon schlimm genug wäre, wieder arbeiten zu müssen!
20.) „Das geht g a r nicht!“ Wirklich nicht.
21.) „Wie [beliebiges Adjektiv, zumeist jedoch ‚geil‘] ist d a s denn??“
22.) „Am Ende des Tages…“
23.) „Das macht Sinn“
24.) „Super-GAU“, genau so unsinnig wie „das einzigste“
25.) „Quantensprung“. Ich nehme an, 95% derjenigen, die das Wort benutzen, kennen dessen eigentliche Bedeutung nicht.
26.) „mit Migrationshintergrund“ trieft nur so vor politischer Korrektheit.
27.) „Du, damit habe ich kein Problem.“ Da schwingt stets genau das Gegenteil mit.
28.) „wünsche … gehabt zu haben!“
29.) „Wer mich kennt, weiß, dass ich [blablabla]…“ Gerne von Vorständen und ähnlich „wichtigen“ Personen genutzt
30.) „Da müssen wir jetzt Gas geben“
31.) „Das habe ich auf dem Schirm“
32.) „spannend“ im Zusammenhang mit irgendwelchen halbwichtigen geschäftlichen Angelegenheiten
33.) „Ich bin im Moment lost“
34.) „An der Stelle…“ als Füllfloskel
35.) „Und äh…“ als Satzeinleitung, vor allem, wenn danach sekundenlang nichts mehr kommt
36.) „Dafür nicht“ als Antwort auf Danke
37.) „sexy“ in geschäftlichen und somit völlig unerotischen Zusammenhängen, typische Marketingfloskel“
38.) „Die Kuh vom Eis holen“ (eine Kollegin sagte letzte Woche: „Die Crux vom Eis“. Herrlich!)
39.) „Ins offene Messer laufen“
40.) „Im Tal der Tränen“
41.) „Da müssen wir Geld in die Hand nehmen“
42.) „Das Projekt auf die Straße bringen“
42a) „Die PS auf die Straße bringen“
43.) „Auf Augenhöhe diskutieren“
44.) „Erdrutschartiger Sieg“
45.) „Ein Schluck aus der Pulle“
46.) „Geld in die Kassen spülen“
47.) „Lohnenswert“ – dieselbe Wortfamilie wie „das einzigste“
48.) „Yummie“ – heißt wohl so viel wie lecker, was bei genauer Betrachtung nicht viel besser ist.
49.) „Zeitfenster“
50.) „Otto Normalverbraucher“
51.) „Spaß beiseite“
52.) „Da bin ich leidenschaftslos“ und
53.) „Da bin ich schmerzfrei“
54.) „wtf“ = „What the fuck“. Gerne auf Twitter genutzt, ebenso wie
55.) „#fail“ – ja, mangelhaft!
56.) „Nennen Sie mal eine Hausnummer“ an Stelle von „was kostet das“. Am liebsten würde ich dann immer mit „19b, Hinterhaus“ antworten.
57.) „Das ist mit mir nicht zu machen.“
58.) „Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen.“
59.) „Ich mache mal den Vorsitz“ – beliebter Scherz, wenn nur noch ein Platz an der Stirnseite frei ist
60.) „… bis der Arzt kommt“
61.) „Da krieg‘ isch so’n Hals!“
62.) „Das haben wir ihnen ins Stammbuch geschrieben.“
63.) „Das stimmen wir bilateral ab.“
64.) „eine undurchsichtige Gemengelage“
65.) „[beliebiges Substantiv] wird bei uns groß geschrieben.“ Nicht nur bei euch.
66.) „Roundabout“ klingt ungefähr scheiße.
67.) „Er/sie erfindet sich immer wieder neu.“
68.) „Das meint“ – meint „das bedeutet“ zu bedeuten, tut es aber nicht.
69.) „Ich speichere mal aus“ – klingt nach mentalem Stuhlgang.
70.) „Wer hat da den Hut auf?“
71.) „Ich sehe das mehr durch die […]-Brille.“
72.) „Das ist kein Showstopper.“ – nein, eher verbales Brechmittel.
73.) „Da werden Pflöcke gesetzt“
74.) „Das werfen wir denen (= andere Abteilung etc.) über den Zaun“
75.) „Wir könne hier nicht auf der grünen Wiese planen“
76.) „Das ist Brot und Butter“ – mir vergeht dabei der Appetit.
77.) „Wer sind hier die Player?“ – geht spielen.
78.) „Das haben wir im Scope.“
79.) „Lach doch mal!“
80.) „Topic overflow“ – was mag es bedeuten? Für Hinweise wäre ich dankbar.
81.) „Wir müssen die Anforderung aufbohren.“
82.) „Wir müssen hier ja nicht das Rad neu erfinden.“
83.) „Ich schicke Ihnen mal einen Draft.“
84.) „Wir müssen darauf achten, dass das absolut wasserdicht ist“. – Hauptsache ihr seid ganz dicht…
85.) „Da können wir Honig saugen.“
86.) „nullachtfuffzehn“
87.) „Wenn wir dieses Fass jetzt aufmachen…“
88.) „Das ist kein Hexenwerk“
89.) „Umgekehrt wird ein Schuh draus.“
90.) „Haben wir dafür schon das Go?“ – Geht mir weg!
91.) „Da bekommen wir ein Thema.“
92.) „Ich forwarde Ihnen das mal eben.“
93.) „Da sehe ich uns im Lead.“
94.) „Der Prozess wird noch nicht gelebt.“
95.) „Da muss ich mich erst mal aufschlauen.“
96.) „Das ist so 1990 [oder sonstiges beliebiges Jahr]“
97.) „Wir sind not amused“ – in der Tat wenig amüsant
98.) „Wie ist das gesettet?“
99.) „Leg dich wieder hin“ am Ende eines Telefonats – ein Klassiker
100.) „Wir brauchen da eine gute Storyline.“
101.) „Ein absolutes No Go!“ – geht wirklich nicht.
102.) „Ein absolutes Must Have!“ – also ich muss das nicht haben.
103.) „Das ist doch eher ein Nice To Have.“ – s. Nr. 102
104.) „Wir sollten dazu eine kurze TelKo machen.“
105.) „Wir sind hier doch nicht bei Wünsch dir was!“
106.) „Kannst du mich dazu kurz briefen / debriefen?“
107.) „Sind Sie morgen früh im Office?“
108.) „O-Saft“, „A-Saft“
Fortschreibung vom 26. August 2012:
109.) „Das ist kein Dealbreaker“. Klingt trotzdem zum kotzen.
110.) „Darauf haben wir uns committed.“
111.) „Sie können mich jederzeit anrufen.“ Ebenso verlogen wie
112.) „Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.“
113.) „Wir sollten das nicht mit der Gießkanne verteilen.“
114.) „Das ist alles in trockenen Tüchern.“ Neulich auch gehört: „… in grünen Tüchern.“
115.) „Wir können da noch Synergien heben.“
116.) „Wir sollten das zeitnah erledigen.“
117.) „Wir sollen uns nächste Woche noch mal zusammentelefonieren.“
118.) „Wir phonen morgen.“ Oder „fonen“? Der Duden kennt beides (noch) nicht.
119.) „Mailen Sie mir einfach einen Zweizeiler.“
120.) „Ich schick Ihnen das mal kommentarlos zu.“
121.) „Da müssen wir wohl eine Sonderlocke drehen.“
122.) „Wir müssen das proaktiv kommunizieren.“
123.) „Nachhaltige Maßnahmen“
124.) „Wir müssen das frühzeitig eskalieren“
125.) „Tschö mit Ö“ – wie blöd!
Ergänzungen vom 29.9.2012:
126.) „Ganzheitliche Betrachtung“
127.) „Sounding Board“ – Ja, hat irgendwas mit viel überflüssigem Geräusch zu tun.
128.) „Das ist nicht in Stein gemeißelt“
129.) „Haben wir das auf der Agenda?“
130.) „an“ anstelle von „mit“, häufig in scheinbar gehobener Gastronomie. Beispiel: „Currywurst an Pommes“
131.) „Forecast“
132.) „Den Ball zuspielen“
133.) „Ich mache da noch ’ne QS drüber“
134.) „Handlungsfelder erkennen“
135.) „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ – achtsilbiges Wortschaumgebäck für „jetzt“ (1 Silbe)
136.) „zu keiner Zeit“ – viersilbiges Wortschaumgebäck für „nie“
137.) „auf Kante genäht“
138.) „exorbitant“
Fortschreibung vom 17. November 2012
139.) „Was sind unsere lessons learned?“
140.) „Pros & Cons“
141.) „Da ist noch Spielraum nach oben“ – höfliche Umschreibung von „ziemlich scheiße gelaufen“
142.) „einen Workaround definieren“
143.) „erstmal die Füße stillhalten“
144.) „Das System läuft performant.“
145.) „Das wären ein neues Feature“
146.) „Trouble shooting“
147.) „Die Timeline ist sportlich.“
148.) „Das müssen wir noch mal festklopfen.“
149.) „Das ist keine Rocket Science.“
150.) „Sonst fällt uns das auf die Füße.“
Fortschreibung vom 7. Dezember 2012
151.) „Das ist ein ganz normaler Vorgang.“ – Umschreibung für: „Wir wissen, dass wir Mist gebaut haben, können das aber nicht zugeben.“
152.) „Das ist eine Blaupause.“
153.) „Nicht, dass daraus ein Flächenbrand entsteht.“
154.) „Da haben wir ein Gap.“
155.) „An welcher Stelle ist das Bottleneck?“
156.) „Das habe ich schon eingetütet.“
157.) „Das machen wir on the fly“.
158.) „Das habe ich schon angetriggert.“
159.) „Kann man das später umswitchen?“
160.) „Wir werden das ergebnisoffen diskutieren.“ – uns von unserer Meinung jedoch nicht abbringen lassen.
161.) „Lösungsorientierter Ansatz“ – ja was denn sonst?

Die Liste wird laufend fortgeschrieben. Ergänzende Vorschläge nehme ich wie immer gerne entgegen. Jederzeit. Ganz ehrlich. Ein kommentarloser Zweizeiler genügt.

Menschen in der Bahn – Nachtrag

Unlängst besang ich hier diverse Verhaltensweisen und Erscheinungsformen von Zeit- und Artgenossen im Öffentlichen Personen-Nahverkehr. Als Nachtrag dazu die Schilderung einer kleinen Begebenheit, die sich vor schon längerer Zeit in der Bielefelder Straßenbahn zutrug.

Mit dem Zug nach ereignisloser Fahrt in Bielefeld angekommen, stieg ich am frühen Abend an der Haltestelle Hauptbahnhof in die Linie 3, um meine Eltern im wenig dekorativen Stadtteil Stieghorst zu besuchen, aber das nur am Rande. In der Sitzgruppe neben mir nahmen zwei Personen Platz, ein Mann und eine Frau. Kaum saßen sie, machte die Frau den folgenschweren Fehler, ihr Gegenüber zu fragen: „Und, wie läuft das Projekt?“, etwa so, wie man fragt „Wie geht’s?“, weil man das eben so fragt und nicht etwa in der Hoffnung auf eine ehrliche Antwort – wer will schon Details zur gerade überstandenen Darmoperation oder von den Problemen mit dem ältesten Sohn hören, wenn er eigentlich ein „Danke gut, und selbst“ erwartet hat.

Offenbar hatte sie die Mitteilungsfreude ihres Gesprächspartners unterschätzt, wie aus einem zu früh geöffneten Schleusentor bei einer Springflut ergoss sich ein Wortschwall in die Bahn, unschöner Sprachmüll wie „Performance“, „…haben wir im Scope“, „Business Case“, „gut aufgestellt“, „Herausforderung“, „Showstopper“ und weiterer Verbal-Unrat wurde während dieser Floskelflut an mein Ohr gespült.

Kurz bevor die Bahn wenige Minuten später am Jahnplatz wieder hielt, erhob sich die Frau wortlos von ihrem Platz und ging zur Tür, derweil die Floskeln weiter flogen. „Ach, musst du schon raus?“, fragte der Schwätzer ihr nach, die tonlose Antwort „Ja, ich muss noch…“ war zu vernehmen, als die Tür der Bahn sich schon wieder schloss.

Was der Mann nicht wusste, und ich weiß es auch nicht, bin mir aber ziemlich sicher, dass es so war: Seine Bekannte musste nicht raus, also jedenfalls nicht, weil sie ihr Fahrtziel erreicht hatte. Aber lieber zehn Minuten in Ruhe auf die nächste Bahn warten, als bis Sieker-Mitte diesem Geschwätz ausgesetzt zu sein. Ich an ihrer Stelle hätte es nicht anders gemacht.

Okay…

Der regelmäßige Leser dieses Blogs, wenn es ihn denn gäbe, kennte* meine regelmäßig aktualisierte Liste der nervigsten Redewendungen und Floskeln. Ganz oben auf der Liste steht zu recht das Wörtchen „okay“, Sie wissen schon, dieses fiese Floskel-Okay mit anhebender Stimmmodulation auf der zweiten Silbe, früher fester Bestandteil des Sprachschatzes schwarzbeanzugter Berater und Kostümschicksen mit strengen Business-Frisuren, aus Besprechungen und geschäftlichen wie zunehmend auch privaten Gesprächen nicht weg zu denken, selbst Fernseh- und Radiomoderatoren scheuten sich nicht seiner Verwendung.

Früher? Ja, in der Tat, es scheint ruhig geworden zu sein um dieses Wort, gleichsam den Löwenzahn im sprachlichen Zierrasen, kaum einer benutzt es noch, jedenfalls nehme ich es nicht mehr wahr. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur abgestumpft, so wie langjährige Anwohner einer Autobahn oder Bahnstrecke, welche gegenüber leidgeplagten Besuchern nach einer schlaflosen Nacht behaupten, die Autos beziehungsweise Züge gar nicht mehr zu hören.

Okay – ich vermisse es nicht. Und vielleicht findet es sich ja bald auf einer anderen Liste wieder, nämlich der Liste der aussterbenden Wörter. Leider ist die Freude darüber nur von kurzer Dauer, andere haben längst seinen Platz eingenommen, ich verweise gerne nochmals auf die oben erwähnte Liste; und ganz aussterben wird es wohl niemals, vielmehr lebt es weiter in Form seiner dümmlichen kleinen Schwester „Okidok(i)“, welche hier und da noch zu vernehmen ist.

In letzter Zeit hört und liest man zunehmend eine weitere sprachliche Verrenkung, das hier besungene Wort betreffend: seine Beugung. „Ich habe einen ganz okayen Chef“, hörte ich neulich jemanden in der Bahn sagen. Zugegeben, dagegen ist das klassische Berater-Okay ein wahrer Wohlklang.

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* Konjunktiv II von „kennen“, jedenfalls unterkringelt das Textverarbeitungsprogramm es nicht. Für alle anderen, die es nicht verstehen: würde … kennen.

Auf ein neues!

Bilanz des heutigen ersten Arbeitstages im neuen Jahr:

– 12 mal „frohes neues Jahr“ oder ähnliches schriftlich empfangen,
– 9 mal „alles Gute für 2011“ schriftlich versendet,
– 18 mal „Frohes neues Jahr“ gehört und sinngemäß erwidert,
– 16 mal „Frohes neues Jahr“ als erster gesagt und erwidert bekommen,
– 7 mal „Frohes Neues“ gehört und sinngemäß erwidert,
– 0 mal „Frohes Neues“ gesagt, und
– 0 mal „…gehabt zu haben“ gehört oder gelesen, immerhin.

In diesem Sinne: Alles Gute, auf ein Neues!

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Nachtag 22:25 Uhr:
Der erste Tag ohne Alkohol seit Monaten, der dritte Tag ohne Twitter, und wie es aussieht, werde ich ihn überleben. Demnächst dann mal ein Tag ohne zu rauchen…