Woche 9/2025: Für etwas Punk ist es nie zu spät

Montag: Ohne Zweifel erleichtert moderne Technik die Bürokommunikation erheblich. Was jedoch meine Geduld regelmäßig erheblich strapaziert: Wenn man mich per Teams anruft, dann seinen Bildschirm teilt und erst dann anfängt, zu suchen, was man mir zeigen will. Allein dass auch das in die gut bezahlte Arbeitszeit fällt, hält mich zumeist von Unmutsäußerungen ab.

Vormittags entdeckte ich ein Problem, das nicht bedrohlich ist, weder sind Menschen noch Sachgüter in Gefahr, meinen Arbeitsplatz wird es mich voraussichtlich auch nicht kosten. Dennoch ist es lästig, ich weiß noch keine Lösung, und die muss in dieser Woche gefunden werden.

Zumal es eine sehr kurze Arbeitswoche wird, die wegen des bevorstehenden Karnevalsfinales bereits am Mittwoch eob endet. Hoffentlich. Vielleicht. Denn: Meine Lieben kränkeln, den einen plagt die Erkältung, den anderen malade Mandeln. Somit nur eine Frage der Zeit, bis es auch mich wieder erwischt. Erstes Hüsteln bricht sich schon Bahn.

Dank Herrn Tommi weiß ich jetzt, dass ich hier Thin Content produziere. Was das ist, beschreibt er (bzw. die künstliche Intelligenz) wie folgt:

„Thin Content“ bezeichnet Inhalte auf Blogs oder Websites, die nur wenig Mehrwert für die Leser bieten. Diese Inhalte sind oft zu kurz, oberflächlich oder generisch und bieten keine tiefergehenden Informationen, Analysen oder neue Perspektiven. Suchmaschinen wie Google bewerten solche Inhalte meist negativ, da sie den Nutzern keinen echten Nutzen bieten.

Das trifft es ziemlich genau. Schön, dass Sie hier dennoch lesen.

Dienstag: Die Nacht war unruhig, von der Seite kam immer wieder krankheitsbedingtes Husten, Röcheln und Stöhnen, das ist ausdrücklich kein Vorwurf. Während einer Wachphase schlichen sich Gedanken über das gestern erwähnte Büroproblem an, was zum Glück nur selten vorkommt. Immerhin brachten sie die Idee einer möglichen Lösung mit, über die ich wieder einschlief.

Den Fußweg ins Werk legte ich in Erwartung milder Luft ohne Schal und Handschuhe zurück, was sich als etwas voreilig-kühl erwies, doch ich ließ mir nichts anmerken, zumal die Rheinuferläufer schon wieder überwiegend in kurzen Hosen das wintermüde Auge erfreuen.

Morgens

Das Büroproblem ließ sich vormittags mit wenig Aufwand in kurzer Zeit lösen, was wieder zeigt: Wenn man nicht weiß, was zu tun ist, erstmal liegenlassen und nicht weiter darüber nachdenken; das Hirn (oder welches Organ auch immer) findet oft selbstständig den Weg. Ob es wirklich gelöst ist, zeigt sich erst kommende Woche. Wenn nicht, wird es auch dafür eine Lösung geben.

Nachmittags schlossen sich automatisch die Brandschutztüren auf der Etage, was auf einen Feueralarm hindeuten könnte. Das Gute: Der Alarm trat nicht ein. Das Schlechte: Immer wenn einer die Tür passierte, fiel sie anschließend mit lautem Donnern wieder zu.

Auf dem Rückweg überholte ich am Rheinufer ein älteres Paar, sie mit Rollator, er vorweg mit altersgerechter Schirmmütze. Erst im Vorbeigehen nahm ich die blauen Haare wahr, die unter der Mütze hervorschimmerten. Für etwas Punk ist es nie zu spät.

Aus der Zeitung:

(General-Anzeiger Bonn)

Der Tisch muss ganz schön groß sein.

Rätsel am Wegesrand (Kleiner Tipp: Name einer Hotelkette)

Mittwoch: Jemand unbekanntes schaffte es, mich in derselben Mail erst zu siezen, dann zu duzen. Offensichtlich hatte er sie vor dem Absenden nicht noch mal durchgelesen, bereits letzte Woche äußerte ich Missfallen gegen derlei Liederlichkeiten im Schriftlichen. Da auch das geäußerte Anliegen weitgehend unsinnig war, verzichtete ich auf eine Antwort.

Ansonsten freue ich mich nun auf und über fünf arbeitsfreie Tage. Abends wären wir in Kölsch- und Reibekuchenangelegenheiten bei der befreundeten Karnevalsgesellschaft gewesen, deren Zeughaus in naher Fußläufigkeit zu unserer Wohnung liegt. Da der Liebste weiterhin ein wenig kränkelt, blieben wir zu Hause. Das ist überhaupt nicht schlimm, ab morgen gibt es genug Alaaf.

Meine derzeitige Bettlektüre ist das wundervolle Buch „In einem Zug“ von Daniel Glattauer, das mir die liebe Freundin zum Geburtstag geschenkt hat. Ich empfehle es sehr, obwohl ich erst ungefähr ein Drittel davon gelesen habe. Es sind Sätze wie folgende über den Gebrauch von Datengeräten, die mich beim Lesen immer wieder lächeln lassen:

„Ja, die Handysucht hat etwas Anmutiges. Während uns vor Betrunkenen ekelt, uns Drogenjunkies leid tun und uns um Borderliner angst und bange wird, strahlen die Onliner, selbst deren hoffnungsloseste Fälle, stets friedlichen Gleichmut und ein harmonisches Einssein mit sich, der gerade angesagten Verschwörung und dem Warenkorb aus.“

Donnerstag: Heute war Weiberfastnacht (nicht, wie manche es nennen, Altweiberfastnacht, junge feiern auch), wie an diesem Tag üblich bereicherte unsere Karnevalsgesellschaft per Bustour mehrere Behördenfeiern und eine Sitzung mit unseren Auftritten. Meine Lieben nahmen nicht teil, da sie noch nicht völlig genesen sind und sich schonen wollen für den Godesberger Zoch am Sonntag. Da der erste Auftrittsort näher an unserer Wohnung lag als am Zeughaus, dem Ausgangspunkt der Tour, ging ich bei mildem Sonnenschein direkt dorthin. Mit meiner Uniform fiel ich kaum auf, da viele Menschen in der Stadt mehr oder weniger kostümiert waren zuzüglich denen, bei denen das stets unklar ist.

Mögliches Tagesmotto

Nach dem ersten Auftritt holten wir mit dem Bus unsere Junggardisten von der Schule ab, wo sie heute (in Uniform) eine Klausur schreiben mussten; laut Zeitungsbericht eine erzieherische Maßnahme, um die Jugendlichen an diesem Tag von frühzeitigem Alkoholverzehr abzulenken.

Nach dem letzten Auftritt fuhren wir zurück zum Zeughaus, wo der Abend gemeinsam ausklang und für mich nicht sehr spät und nur unwesentlich alkoholisiert endete. An der Bahnhaltestelle geriet ich anschließend in eine Situation: Während ich wartete, entstieg einer Bahn am Bahnsteig gegenüber ein augenscheinlich migrationshintergründiger Mann, daraufhin urinierte er deutlich schwankend in eine Ecke, während er Unverständliches brabbelte. Nachdem er fertig und (immerhin) untenrum wieder alles eingepackt war, entdeckte er mich. Vielleicht wegen der auffälligen Uniform, vielleicht, weil ich der einzige auf dem Bahnsteig war. Nun sprach er mich in unverständlicher Weise an, mit etwas Phantasie konnte man es wie „Warte, ich komme rüber“ deuten. Laut Anzeige noch fünf Minuten bis zur Ankunft meiner Bahn, das konnte er trotz vorübergehender Gehbehinderung locker schaffen. Und also wankte er zum Ende seiner Bahnsteigs, überquerte die Gleise, wechselte auf meinen und kam auf mich zu getorkelt. Noch vier Minuten. Ein Entkommen war nicht möglich, da der Bahnsteig nur über den einen Zu- bzw. Abgang verfügt. Als erstes hielt er mir die Faust hin, nicht als Drohung, sondern wie es sich während der Coronazeit als Handschlagsurrogat etabliert hat. Da ich an jeglicher Berührung mit dem Kerl uninteressiert war, ignorierte ich die Geste, was ihn offensichtlich aufbrachte, von nun an wurde ich in weiterhin unverständlichen Worten beschimpft. Ich möchte nicht ausschließen, dass er sich bemühte, deutsch zu sprechen, mit stark alkoholischem Dialekt, ab und zu erkannte ich ein Wort; wiederum mit Phantasie bezichtigte er mich womöglich der Fremdenfeindlichkeit. Die einfahrende Bahn brachte nicht die sofortige Erlösung, denn er stieg hinter mir ein (in dieselbe Richtung, aus der er kurz zuvor gekommen war), pöbelte in der Bahn herum, schaute und deutete dabei immer wieder vorwurfsvoll in meine Richtung. Alle anderen Fahrgäste gaben sich unbeteiligt, widmeten sich den Datengeräten. An der nächsten Haltestelle stieg er aus. Ich hatte nicht eine Sekunde daran gedacht, er könnte ein Messer zücken, darauf kam erst der Geliebte, als ich später zu Hause von dem Vorfall erzählte. Angst hatte ich nicht, empfand das ganze nur als überaus lästig.

Freitag: Aufgrund der Erfahrungen vergangener Jahre hatte ich für heute Urlaub genommen. Das wäre nicht nötig gewesen, dank umsichtiger Biereinnahme am Vorabend erwachte ich unverkatert und hätte problemlos ins Büro fahren können. Das weiß man vorher nie, doch es gibt keinen Grund, ohne Not einen gebuchten Urlaubstag nicht anzutreten. Der Plan für den Tag: eine Wanderung. Leider kündigte die Wetter-App ab dem Mittag länger anhaltenden Regen an, ungünstig zum Wandern. Um den Tag nicht gänzlich ungelüftet zu verbringen, beschloss ich nach dem Frühstück einen längeren Spaziergang zur Siegmündung, dort ist es recht idyllisch, nur, wie sich herausstellte, zurzeit stellenweise sehr matschig. Der Spaziergang wurde dann genauso lang wie die ursprünglich geplante Wanderung und die Schuhe mindestens so verschlammt. Etwas geregnet hat es zwischendurch auch, wenn auch nicht so viel wie erwartet. Auch das weiß man vorher nie.

Siegauen I
Siegauen II
Blick auf Graurheindorf gegenüber
Im Auenwald

Am frühen Abend half ich dem Liebsten, einen der Karnevalswagen für den Godesberger Zoch mit Kamelle zu beladen, auf dass meine Lieben am Sonntag was zu werfen haben, sofern sie wieder genesen sind, wovon nach jetzigem Stand auszugehen ist.

Samstag: Wesentliches Ereignis des Tages, also im Kleinen, nicht global gesehen, war die sogenannte Kamelleparty der Karnevalsgesellschaft im Zeughaus. Dabei wird niemand mir Naschwerk beworfen, vielmehr wird die erfolgreiche Beladung der Wagen mit selbigem für morgen gebührend begossen mit obergärigem Kölner Bier, dazu spielt das Musikcorps einige Lieder. In treuer Pflichterfüllung als Musiker nahm ich trommelnd und trinkend daran teil und blieb nicht allzu lange, da ich sonst womöglich nicht in der Lage gewesen wäre, diesen Wochenrückblick zu Ende zu bringen. Morgen werde ich voraussichtlich nicht dazu kommen, deshalb …

Sonntag: … erfolgt dieser Eintrag bereits am Samstag im Futur zwei. Wir werden unsonntäglich früh aufgestanden sein, da wir bereits morgens um viertel nach zehn gewaschen, rasiert und uniformiert in Bad Godesberg sein müssen. Nach dem großen Appell werden wir uns am Rathaussturm beteiligt haben, ehe mittags der Zoch beginnt, laut Prognose bei trockenem und mildem Wetter. Nach dem Zoch werden wir gemeinsam mit zwei anderen Gesellschaften im nicht einsturzgefährdeten Teil der Godesberger Stadthalle den Tag gefeiert haben.

Mögliche noch nicht vorhergesehene Erwähnenswertigkeiten reiche ich im Präteritum oder Plusquamperfekt nach.

Zum guten Schluss: Erfreulich in dieser Woche waren die Gewissheit, dass die FDP raus ist, ein gelöstes Büroproblem und viele Karnevalsfreuden.

***

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche. Ab Dienstag kein Karneval mehr, versprochen. Alaaf!

Woche 49/2022: Einigermaßen wunschlos glücklich

Montag: Vergangene Nacht träumte ich bunt in zahlreichen, häufig wechselnden Szenen. Wie wenn man durch die verschiedenen Fernsehsender zappt, nur eben nicht selbst sondern durch fremde Hand, man gleichsam gezappt wird. (Im Englischen bedeutet to zap übrigens abknallen oder jemandem eine vor den Latz knallen; da ich das nicht wusste, habe ich es eben kurz nachgeschaut. Weiß der Himmel, wie es dazu kam, dass dieses Wort im Deutschen für das sinnlose Durchschalten durch die Fernsehsender benutzt wird.) Eine Traumszene ist mir erinnerlich geblieben, obwohl sie vermutlich genauso wenig Sinn ergab wie die vergessenen: In einer Abteilungsbesprechung präsentierte ein junger Kollege mithilfe einer umfangreichen Powerpointpräsentation eine absolute Marginalie als die große, von ihm erdachte Innovation, wofür er von allen Anwesenden ebenso umfangreich gelobt wurde. Dass die gelobte Marginalie keineswegs neu war, wusste nur ich, behielt es aber für mich. Nach der Besprechung nahm mich die neue Chefin, die äußerlich große Ähnlichkeit aufwies mit der amtierenden Entwicklungsministerin, deren Name mir momentan entfallen ist, beiseite und teilte mir mit, sie würde sich freuen, auch von mir mal derartiges präsentiert zu bekommen. Danach gingen wir, die Chefin und ich, durch die Fußgängerzone, bis ich sie schließlich im Gewühl verlor. Mehr weiß ich nicht mehr. Reicht auch.

Kein Traum, sondern Realität: In der Nacht hatte es geschneit. Stellenweise blieb der Schnee bis in den frühen Nachmittag liegen, was für Bonn und das südliche Rheinland ungewöhnlich ist.

Mittags bei nur kurzem Gang durch den Park

Im Büro ist es mit maximal neunzehn Grad weiterhin nicht warm, dank zusätzlicher Fleecejacke indes erträglich. Nachmittags fiel mir während der Zubereitung eines Tees ein Reim über Weihnachtsunlust ein. Leider versäumte ich es anschließend, ihn zu notieren, daher ist er mir entfallen. Sollte er mir wieder einfallen, werden Sie die ersten sein, die ihn lesen.

Abends aßen wir bei ortsüblichem Regen Brat- und Currywurst auf dem Weihnachtsmarkt. Dabei wurde mir fast mein Schlüsselbund geklaut, jedenfalls vermisste ich es auf dem Rückweg in der Jackentasche. Ich hatte es aber nur zu Hause vergessen, wo es nach Rückkehr an seinem angestammten Haken hing. Die sich bei solchen Gelegenheiten einstellende Erleichterung ist ungefähr so angenehm wie der Moment, wenn der Schmerz nachlässt, nachdem man sich den Kopf gestoßen hat. Oder eine vor den Latz geknallt bekommen hat. Oder einen Tritt in die Marginalien.

Dienstag: Nikolaustag. Ich wurde beschenkt und etwas beschämt. Seit Jahren versuche ich meine Lieben davon zu überzeugen, uns zu Weihnachten nichts mehr zu schenken, weil wir alles haben und nichts brauchen. Ich gebe zu, das ist ein wenig vorgeschoben. Die Wahrheit ist: Mir fehlen die Ideen und ich bin etwas bequem, darüber nachzudenken, a) was ich schenken kann, worüber sie sich wirklich freuen, also keine Unterhosen oder Staubsaugerbeutel, und b) was ich mir selbst wünschen soll; in materieller Hinsicht und auch sonst bin ich einigermaßen wunschlos glücklich. Heute früh nun bog sich die Küchentischplatte fast vor Nikolausgaben, wohingegen ich mit leeren Händen auftrat. Ohne jede Frage freue ich mich über jedes einzelne davon, und doch frage ich mich: Wohin soll das führen? Ich habe mit jedenfalls fest vorgenommen, nicht einzusteigen in dieses Geschenkewettrüsten. Daher, meine Lieben, erwartet bitte auch im kommenden Jahr von mir nichts zu Nikolaus, bitte nehmt es mir nicht übel. Ich mag euch auch ohne Geschenke. Sehr sogar. Mal mehr, mal noch mehr; und nur ganz selten etwas weniger.

Der heutige Inhalt des Werks-Adventskalenders. Wenig überraschend, jedoch nicht zu beanstanden. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ist er längst entkleidet und verzehrt.

Durch ein von mir geschätztes und regelmäßig gelesenes Blog wurde ich aufmerksam auf einen anderen Blogtext, den ich heute mit Interesse und gelegentlichem Kopfnicken las. Bis zu dieser Stelle: »… noch vor wenigen Jahren wären weite Teile der Bevölkerung fein damit gewesen, …« – Ab „fein … gewesen“ musste ich die Lektüre leider abbrechen. Schade.

Schon wieder las ich entgegen jeder Gewohnheit im Sportteil der Zeitung und fand dieses:

(General-Anzeiger Bonn)

Mittwoch: Zu den Unarten der Bürokommunikation zähle ich, mir einen langen Mailverlauf weiterzuleiten mit der lapidaren Frage, ob ich helfen könnte, voraussetzend, ich würde mir den ganzen Verlauf durchlesen, um zu verstehen, um was es überhaupt geht, anstatt das Anliegen kurz zusammenzufassen. Weiterhin schätze ich es nicht, das erwähnte ich schon, wenn man mich spontan und unvorbereitet in eine Teams-Besprechung hineinzieht und ebenso spontan von mir eine fundierte Auskunft erwartet.

Beides widerfuhr mir heute Morgen bereits vor neun Uhr, also zu einer Zeit, in der meine Bereitschaft zu verbaler Kommunikation gering ist. Im ersten Fall schrieb ich ebenso lapidar zurück „Um was geht es?“, woraufhin die Fragestellerin umgehend anrief und mir erklärte, das stünde doch weiter unten. Nach einer angemessenen Unmutsäußerung meinerseits konnte ich dann, um Freundlichkeit bemüht, helfen. Spontane Besprechungsnötigungen hingegen ignoriere ich grundsätzlich, es sei denn, es ist der Chef oder es könnte wichtig sein, wobei Chefanliegen selbstverständlich immer wichtig sind. Heute vermutete ich aufgrund aktueller Ereignisse Wichtigkeit und nahm das Gespräch an. Es stellte sich dann als völlig unwichtig und durch einfache Weiterleitung einer (kurzen) Mail wesentlich effizienter zu lösen heraus, was mich zu einer weiteren Unmutsäußerung veranlasste.

Nachmittags nahm ich an einem Workshop mit persönlicher Anwesenheit teil. Weitere Teilnehmer waren unter anderen ein Lead Solution Engineer, ein Senior Solution Consultant und eine Senior Strategic Account Executive, deren Wortschatz ebenfalls jede Menge bedeutend scheinender englischer Begriffe enthielt. Meine tiefe Abneigung gegen Gruppenarbeit, die ich schon seit der Schulzeit hege, wurde erneut bestätigt. Auch hierüber äußerte ich in der abschließenden Feedback-Runde mein Missfallen.

Dass ich auf der Rückfahrt vom Werk mit dem Fahrrad nass geregnet wurde, wirkte sich indessen kaum negativ auf das Wohlbefinden aus. Spätestens als zum Abendessen Glühwein gereicht wurde war aller Unmut verflogen.

Donnerstag: Bei WordPress, dem Vermieter dieses Blogs, gibt es etwas Neues. Vielleicht ist es auch gar nicht neu, jedenfalls ist es mir erst kürzlich aufgefallen: Eine Frage des Tages, hier „Daily Prompt“ genannt. Das finde ich gut, gerade für Tage, an denen mir nichts einfällt. Die heutige Frage lautet: »Siehst du manchmal wildlebende Tiere?« Ja, natürlich, in des Wortes wahrster Bedeutung. Heute früh auf dem Weg ins Werk wieder. Wobei, da es noch dunkel war, hörte ich sie mehr: Durcheinander keckernde Raben oder Krähen oder beides in den Baumwipfeln gegenüber am Beueler Rheinufer. Immer wieder flogen sie in Formationen über den Fluss und ließen sich im nächsten Baum nieder, wo sie weiter keckerten und krähten. Das war ganz schön wild. Wie schon berichtet sehe ich regelmäßig vom Büro aus Halsbandsittiche und Eichhörnchen, mittags im Park Wildgänse und ab und zu ein Nutria. Wilder wird es selten.

»Post erwägt Zwei-Klassen-Gesellschaft« übertitelt die Zeitung einen kurzen Artikel über die Erwägungen der Post, künftig neben Briefen, die am nächsten Tag ankommen sollen (ja ja ich weiß), solche anzubieten, die gegen ein geringeres Entgelt etwas später im heimischen Briefschlitz landen dürfen; also nichts, was im Zeitalter der überwiegend elektronischen Kommunikation noch Empörung hervorrufen oder gar zu einer gesellschaftlichen Zweiteilung führen sollte. Wieder einmal frage ich mich, was die Journalisten-Azubis heute beigebracht bekommen.

Eine Anzeige für den verkaufsoffenen Sonntag in Bonn ist überschrieben mit »Stöbern, shoppen und schlemmen«, drei Wörter, gegen die ich eine unerklärliche Abneigung hege. „Schlendern“ und „(Eis) schlecken“ fallen auch in diese Kategorie. Schlafen hingegen nicht, und so verabschiede ich mich für heute ins Bett.

Freitag: „Mutti, Mutti, er hat gar nicht gebohrt“ lautete die Kernaussage einer Fernsehreklame für ein Zahnpflegeprodukt in den Siebzigern, die mir erinnerlich geblieben ist. Ob man in fünfzig Jahren noch eine Werbung für ein Mittel gegen Reizüberflutung im Gedärm zitieren wird, darf bezweifelt werden. Nur die Seitenbacher-Reklame wird die Menschen voraussichtlich auch in hundert Jahren noch terrorisieren, vorausgesetzt, es gibt dann noch Reklame und Zielgruppen. Wie kam ich jetzt darauf: Auch mein Zahnarzt hat heute Morgen nicht gebohrt, nur gereinigt und poliert. Somit ist das Kauwerkzeug für die Weihnachtstage gerüstet.

Aus hier nicht näher dargelegten Gründen schaute ich nach Rückkehr aus dem Werk nach Hotels in der näheren Umgebung, verwarf den zugrunde liegenden Gedanken jedoch auf unbestimmte Zeit.

Abends waren wir im Malente-Theater am neuen Standort in Pützchen. Wie immer haben wir gelacht, etwa über dieses: Was steht auf dem Grabstein eines Bäckers? Der Ofen ist aus. Am Ende sangen wir gemeinsam „Last Christmas“. Ein Besuch ist dennoch sehr zu empfehlen.

Samstag: Vor ein oder zwei Wochen berichtete die Tageszeitung über ein Gänseessen, das ein Bonner Karnevalsverein, soweit ich mich erinnere die Beueler Stadtsoldaten, für Obdachlose veranstaltet hatte. Während ich einmal mehr die Frage stelle, warum in einem Land wie unserem überhaupt Menschen auf der Straße leben müssen, äußert sich Frau Dr. Angelika B. hierzu in einem wirklich dummen Leserbrief an den General-Anzeiger, der nach Ausführungen über Gänsewohl und -herkunft so endet: »Ein Festessen auf pflanzlicher Basis könnte für alle – auch für Bonner ohne Zuhause – ein Leckerbissen sein. Vielleicht im nächsten Jahr, der Umwelt und den Gänsen zuliebe.«

Es müssen nicht immer Katzenbabys sein – gesehen heute in einem Tierbedarfshandel in der Bonner Nordstadt

Sonntag: An einem Garagentor sah ich beim Spaziergang einen freundlichen Hinweis an den Nutzer der Remise:

Bemerkenswert daran ist, der Zettel klebte auch schon vor zwei Wochen, als ich dort lang ging. Entweder hat der Adressat die Garage länger nicht benutzt, oder er verfügt über eine beneidenswerte Dickfälligkeit.

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Kommen Sie gut durch die Woche.