Montag: Nachlese zum Zoch in Bad Godesberg gestern: Es hat Spaß gemacht, wieder dabei zu sein. Auch wenn es zwischendurch kurz und zum Glück nur leicht regnete und die Fortbewegung immer wieder für mehrere Minuten stockte, unter anderem weil das Technische Hilfswerk mehrere Begrenzungspfähle aus dem Weg flexen musste, bevor es weitergehen konnte. Kann ja passieren.

Am Ende reichte es auch und es war angenehm, in die warme Godesberger Stadthalle zurückzukehren (also den Teil, der nicht wegen Einsturzgefahr gesperrt ist), wo sich der Tag in einer vereinsinternen Party fortsetzte. »Der Zug, der Zug, der Zug hat keine Bremsen« lautet der inhaltlich eher flachwurzelnde Text eines Liedes, unter bestimmten Voraussetzungen* dennoch geeignet, erwachsene Menschen jauchzend hintereinander weg durch den Saal sausen zu lassen, den Verfasser dieser Zeilen eingeschlossen *räusper*. Die Halle hielt, auch der einsturzgefährdete Teil.
Eher gebremst war heute unser Elan, ab Mittag den Bonner Zoch anzuschauen, obwohl er in Hör- und Laufweite zu unserer Wohnung durch die Innere Nordstadt führte. Auch eine aufziehende Erkältung ließ es ratsam erscheinen, stattdessen diesen freien Tag überwiegend sofalesend zu verbringen und das Jecksein den anderen Jecken zu überlassen. (Zum Zeitpunkt der Niederschrift war der Bonner Zoch gerade durch, wohingegen in Köln die letzten Wagen und das Dreigestirn noch gar nicht gestartet sein sollen. Wird wohl ein später Feierabend.)
*Siehe Eintrag von vergangener Woche Sonntag, letzter Absatz.
Dienstag: Über Dienstage, die sich wie Montage anfühlen, ist alles geschrieben. Dabei gab es am ersten Arbeitstag nach insgesamt fünf freien Tagen nichts zu beanstanden, die für Karnevalstage ungewöhnlich hohe Zahl an Mails war recht schnell abgearbeitet. Zudem schien nachmittags die Sonne ins Büro, wodurch es zeitweise wegen defekter Jalousie schon wieder zu warm wurde. Man kann es mir manchmal wirklich nur schwer recht machen, ich weiß. Unbehagen entstand vielmehr aus der sich gestern andeutenden, heute im Laufe des Tages zu voller Pracht erblühten Erkältung.
»Blau ist Wow« las ich morgens auf dem Hinweg an einem Lieferwagen angeschrieben. Das stimmt, wobei zwischendurch mal nüchtern auch nicht schlecht ist. Während es gestern gelang, gar keinen Alkohol zu trinken, womit der Tag wohl als erster alkoholfreier Rosenmontag seit der Mittelstufe in meine persönlichen Annalen eingehen dürfte, wird der heutige Tag mit einem Schluck achtzehnprozentigen Erkältungstrunk für die Nacht enden. Wohlsein.
Mittags auf dem Weg zur Apotheke sah an mehreren Stellen gefüllte Hundekotbeutel fernab von Müllbehältern in der Gegend herumliegen. Was denken sich diese Leute nur? Koten die zu Hause einfach ins Wohnzimmer?
In einem Zeitungsartikel über das leidige Thema kulturelle Aneignung wird eine afroamerikanische Soziologieprofessorin zitiert mit Kritik an Frauen, die sich die Haare blond färben: »Künstlich Blondierte beanspruchen die Symbolik der begehrten Haarfarbe, die nicht ihre natürliche ist, für sich. Weil es sich bei blonden Haaren um ein ausschließliches genetisches Merkmal von Weißen handelt, scheint der Wunsch danach besonders problematisch.« Auch nach mehrmaligem Lesen verstehe ich nicht, was daran falsch sein soll, und wer darin Häme liest, irrt. Vermutlich, weil ich ein alter, weißer Boomer bin, zu bequem, mich damit genauer auseinanderzusetzen.
Mittwoch: Laut Kleiner Kalender ist heute nicht nur Aschermittwoch, sondern auch Sei-bescheiden-Tag, somit ein Tag des Verzichtes. Ich verzichtete auf die Arbeit und blieb wegen der Erkältung heute zu Hause. Da der Beschluss dafür bereits gestern gefasst worden war, hatte ich den dienstlichen Rechner mitgenommen, der sonst grundsätzlich im Büro bleibt. Den schaltete ich morgens nur kurz an, um alle Termine für heute und morgen abzusagen und mich im Zeiterfassungssystem als krank zu buchen. Danach frühstückte ich knapp (der Appetit ist kaum beeinträchtigt, nur der Geschmackssinn ein wenig) und ging wieder ins Bett, wo ich die meiste Zeit des Tages verschlief.
Nicht nur ich blieb weitgehend untätig: »Die Zinsangst lähmt die Anleger« schreibt die Tagesschau bei Twitter.
Apropos Wirtschaft: Da bleibt man mal krank zu Hause, schon fällt der Aktienkurs des Arbeitgebers. Für einen kurzen Moment erlag ich einer Illusion von Relevanz.
Donnerstag: Da Husten und Schnupfen nachgelassen haben, schlief ich bis fast neun Uhr. Nur eine gewisse Duseligkeit im Kopf ließ das Bett weiterhin als den zu bevorzugenden Aufenthaltsort erscheinen, deshalb begab ich mich nach kurzem Müslifrühstück wieder dorthin.
Zwischendurch schaute ich kurz zur Gewissensberuhigung in das dienstliche iPhone, ob irgendetwas war, was mein sofortiges Handeln erforderte. Natürlich war nichts, was sollte auch sein. Mein Arbeitsplatz birgt keine Gefahren, die bei Versäumnissen aller Art Menschen zu Schaden kommen oder in lebensbedrohliche Situationen geraten lassen. Alles andere muss ich halt nacharbeiten oder liegen lassen, bis es sich von selbst erledigt hat. Der Aktienkurs steigt auch schon wieder. Daher schnell das Gerät wieder in den Flugmodus, ein schönes Wort für Unerreichbarkeit, wenn man mal darüber nachdenkt. Und mit meinem Gewissen sollte ich gelegentlich ein ernstes Wort reden.
Zurück im Bett las ich die Zeitung zu Ende und die Blogs. In der Zeitung neben den aktuellen Unbillen in der Welt ein Artikel über das Aussterben des deutschen Mittagsgrußes „Mahlzeit“, dem nun wirklich nicht nachzutrauern ist. Nach der Lektüre überkam mich erneut Schläfrigkeit, wogegen mich zu wehren ich keine Veranlassung sah.
Freitag: Nach schlecht durchschlafener Nacht zurück im Werk, begann der Arbeitstag mit einer Besprechung bereits um acht Uhr, also deutlich vor meiner üblichen Sprechzeit. Obwohl ich mich noch nicht zu hundert Prozent genesen fühlte, ging die Arbeit recht gut von der Hand und es gelang in angemessener Zeit, die Rückstände der Vortage abzuarbeiten.
Kurz vor Mittag spürte ich einen Stich ins Kreuz, der meine ohnehin nicht sehr ausgeprägte Bewegungsfähigkeit bis zum Abend und darüber hinaus beeinträchtigte. Es wird immer deutlicher: Die Sechzig liegt wesentlich näher als die Dreißig.
Mit fünfundsechzig hat sich nun der ehemalige Frontmann der Kölner Band De Höhner seinen charakteristischen Schnauzbart abrasiert, was großes öffentliches Interesse erregt und ihm optisch durchaus zum Vorteil gereicht. Das sei vielen wesentlich jüngeren Männern zur Nachahmung sehr empfohlen. Wenn ich meinem Teenager-Ich einen Rat geben könnte, so lautete dieser: Rasier dir diesen lächerlichen Schnäuzer ab.

Hauptthema der Medien heute ist der erste Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine. Manchmal stelle ich mir vor, wie die Evolution vor dem Fernseher sitzt, fassungslos zuschaut, wie die Menschen Kriege führen und die Natur zerstören, und sich sagt: Es reicht. Zeit für Mutationen.
Samstag: Nachdem der Geliebte gestern wegen eines unerfreulichen Vorfalls auf dem Nachbargrundstück vergangene Woche als Zeuge bei der örtlichen Polizei geladen war, erwägt er eine berufliche Veränderung in den Staatsdienst. Warum nicht, als Übungskrimineller könnte er ganz gute Dienste leisten.
Nach spätem Frühstück und dem samstagsüblichen Altglasentsorgungsgang verzichtete ich aus verschiedenen Gründen auf den Besuch der Weinbar. Stattdessen ging ich spazieren an den Rhein, wo mich das Fünfzigerjahre-Design des Lampenmodells Milano immer wieder begeistert.

Über das Mit- und Gegeneinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmer hat Herr Formschub hier einen sehr lesenswerten Aufsatz verfasst.
Sonntag: Lange geschlafen, einen langen Spaziergang gemacht, die Sonntagszeitung gelesen. Der übliche Sonntagskram halt.
Während des Spazierens nahm ich erfreut die ersten Forsythienblüten und Magnolienknospen zur Kenntnis. Außerdem wunderte ich mich über einen Wagen, der mitten auf dem Weg stand, augenscheinlich schon etwas länger, wie aus dem ordnungsamtlichen Zettelchen unter dem Scheibenwischer zu schließen war. Unmittelbar davor drei umgefahrene Absperrpömpel. Ob zwischen Wagen und Pömpeln ein Zusammenhang bestand, war nicht zu erkennen.

Die Sonntagszeitung spottet, zu recht, über Klimaaktivisten, die durch hirnrissige Aktionen ihrem wichtigen Anliegen schaden. Zum einen, indem sie vor dem Berliner Kanzleramt einen Baum abgesägt haben. Das muss man sich mal vorstellen: Um gegen unzureichende Klimamaßnahmen der Regierung zu protestieren, sägen die einen Baum ab. Was machen die als nächstes, Eisbärenbabys grillen? Dann war da noch eine Gruppe, die sich bei Wien an einer Schilderbrücke über einer Autobahn festklebte, um Tempo 100 zu fordern. (Auf dem Autobahnabschnitt, über dem sie klebten und forderten, waren 80 km/h erlaubt.) Da die Aktion keine störenden Auswirkungen auf den Verkehrsfluss hatte, ließ die Polizei die Klebenden kleben und unternahm nichts. Das fanden die Klebenden ungehörig und forderten per Twitter (einhändig?) die Polizei auf, sie zu lösen. Da die Polizei weiterhin untätig blieb, mussten sie sich schließlich selbst aus ihrer Lage befreien, was nach einiger Zeit wohl gelang. Was geht nur vor in diesen Leuten? Denken die nicht darüber nach, wie das ankommt bei denen, die den Ernst der Lage noch nicht erkannt und deshalb noch nicht ganz so verzweifelt sind wie sie?
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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche. Falls auch Sie gerade von einer Erkältung gepeinigt sind, baldige Genesung.