Montag: Da sich direkt an den regulären Arbeitstag ein Abteilungstreffen in Bad Honnef mit Übernachtung anschloss, nahm ich morgens statt Fahrrad die Stadtbahn. Die kam wegen einer nicht zu übersehenden Störung – alle paar Meter bremste sie ruckartig ab – nur eine Haltestelle weit, am Hauptbahnhof hieß es aussteigen bitte und die nächste Bahn nehmen, die unmittelbar folgte, immerhin. Warum sollte ein alter Stadtbahnzug auch montags besser in die Gänge kommen als der müde Fahrgast darinnen.
Die Formulierung „Magst du …“ anstelle von „Würdest du bitte …“ mag ich auch besonders.
Auch nicht schlecht: „Sorry, dass ich das highjacke“, gehört und notiert in einer Besprechung.
Gunkl schreibt: „Zwischen den Zeilen sind meist nur Unterstellungen des Rezipienten.“
Dienstag: Nach längerer Zeit mal wieder eine kollegiale Zusammenkunft mit gemeinsamem Abendvergnügen. Dank einigermaßen umsichtiger Getränkezufuhr am Vorabend und nicht allzu später Nachtruhe (die letzten hatten es bis halb vier in der Frühe am Glas ausgehalten) ging es mir heute passabel, zu keiner Zeit drohte trotz zeitweise gewisser Längen im Veranstaltungsverlauf die Gefahr zufallender Augen.
Nach der Tagung ließ ich mich am Mutterhaus absetzen, brachte den Rechner ins Büro, räumte den Maileingang auf, verfasste eine Unmutsbekundung wegen nicht erfolgter Lieferung einer Stellungnahme, die ich bis spätestens heute benötigt hätte, um die vierwöchige Verzögerung einer Angelegenheit zu vermeiden, und ging guter Laune zu Fuß nach Hause.
Gehört von einem Kollegen, dem ich derartiges gar nicht zugetraut hätte: „Ein guter Schluss ziert alles.“
Mittwoch: Nach meinem Empfinden, was die Verwandtschaft zu „empfindlich“ besonders deutlich macht, ist es zurzeit juniunangemessen kalt, was (noch) schlichtere Gemüter auf die Idee bringen könnte, das mit der Klimaerwärmung sei nur grünes Geraune.
Mittags begab ich mich vom Mutterhaus ins Nebengebäude, wo ich selbst bis vor Kurzem noch meinen Schreibtisch hatte, weil sich dort eine liebe Kollegin mit Sekt und Imbiss (und ein paar Tränen) in den Ruhestand verabschiedete. Wieder eine, die es geschafft hat und die ich ein wenig vermissen werde.
Vormittags erreichte mich die Meldung über eine äußerst lästige IT-Imponderabilie, die zum Glück sehr schnell gelöst werden konnte. Ansonsten verlief der vorletzte Arbeitstag vor dem Urlaub ohne nennenswerte Brisanz, was ich mir für morgen ebenfalls und ganz besonders erhoffe.
Donnerstag: »Dagegen ist für Carsten Kubicki der „Unsinn“ ein Sprach-Knüller. „Es bringt in wunderbarer Weise den alltäglichen Irrsinn in der Welt auf den Punkt.“«, steht im General-Anzeiger, der letzte Woche dazu aufgerufen hatte, man möge sein Lieblingswort einsenden. Eingesandt hatte ich nicht Unsinn sondern Unfug, aber ich bestehe nicht auf einer Richtigstellung; Sie wissen es ja jetzt.
Aus Wörtern werden Sätze, die sich manchmal zu sprachlichen Diamanten verdichten, wie hier in der FAZ:
„Tatsächlich hatte Hofreiter alle Symptome der Dissoziation bedienend erstaunlich hyperkomplex und ausufernd unterschieden zwischen Realität und Wahrnehmung, als habe das Wahre und Gute in seiner Partei einen ontologischen Status inne, der ihm offenbar selbst im unbewussten Knochenbau sitzt und nur bei gestörter Wahrnehmung in Abrede gestellt werden kann.“
Alles klar?
Im Übrigen verlief der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub geschmeidig, mit gutem Gewissen und bei leerem Maileingang schaltete ich zur vorgesehenen Zeit Rechner und dienstliches Datengerät aus und ging sonnenbeschienen zu Fuß nach Hause.
Freitag: Erster Urlaubstag. Nachmittags erreichten wir Beaune, wo wir eine Nacht bleiben, ehe es morgen weitergeht nach Malaucène. Das Hotel, erst kürzlich renoviert, macht äußerlich einen gehobenen Eindruck, lässt indes innerlich in Details zu wünschen übrig. Für die eine Nacht völlig ausreichend.


Abendessen in einem Restaurant in der Stadt, erfreulich unbehelligt von Fußballgeschrei und -gehupe.
Aus der Zeitung:
Über Elektroroller: „Im vergangenen Winter hatten (die Anbieter) demnach jedoch ihre E-Scooter-Flotte in einzelnen Städten wegen Glatteis und Schneefall proaktiv deaktiviert.“
Über die Bahn: „Im Regionalverkehr der Deutschen Bahn war fast jede zehnte Toilette im vergangenen Jahr defekt“ – Ein Phänomen der letzten etwa dreißig Jahre. Zuvor, ich erinnere mich noch gut, waren Toilettenstörungen in Zügen undenkbar, weil sich nach dem Geschäft unten eine Klappe öffnete und die Hinterlassenschaften auf den Gleiskörper entließ. Ein weiterer Beleg dafür, dass früher nicht alles besser war, nur vieles anders.
Samstag: Ein weiteres Detail, das dem Hotel allenfalls als gewisse Hellhörigkeit anzulasten ist, waren Kopulationsjuchzer aus dem Nebenzimmer in der Morgenstunde. Beim Frühstück hielt ich Ausschau, wem dieses Vergnügen möglicherweise zuzuordnen wäre, fand jedoch unter den anwesenden Personen keine, bei denen ich mir das vorstellen konnte oder wollte.
Absurde Synonymsucht in der Zeitung: „In der benachbarten Region Cherson zog sich Moskau im November 2022 aus der größten Stadt und Hauptstadt gleichen Namens zurück.“
Nach dem Frühstück setzten wir die Fahrt fort nach Malaucène, das wir nach staureicher Fahrt am Nachmittag erreichten. Unterwegs sahen wir blühende Lavendelfelder, entsprechende Bilder denken Sie sich bitte, auch der Lavendel ist in diesem Jahr früh dran. Nachdem wir die Autobahn verlassen hatten, hüllte sich das Zielgebiet in Gewölk, auch der sonst weithin sichtbare Mont Ventoux verschwand vollständig darin. Als wir nach Ankunft das Haus übernahmen, schien die Sonne bei angenehmen zwanzig Grad. So darf es gerne bleiben.

Nach dem Auspacken und Einrichten holten wir im Städtchen die Fahrräder ab, die der Liebste vorbestellt hatte, auf dass wir in Bewegung bleiben, wenn auch elektrisch unterstützt.

Abendessen am Ankunftstag traditionell in der Pizzeria. Nach Rückkehr schauten wir à la maison in Rosébegleitung dem Himmel bei der Dunkelwerdung zu, derweil der Mond um die Bäume lugte.
Sonntag: Der erste Tag am Urlaubsort verlief, wie die Tradition es fordert, in süßer Liegestuhl-Untätigkeit vor dem Haus, jedenfalls bei mir, während der Liebste die erste Radtour in die nähere Umgebung unternahm. Über uns blauer Himmel, dazu ein sanfter, wohltemperierter Lufthauch. Aus dem Haus kommt leise Radio Nostalgi, in den Bäumen nebenan zwitschern Vögel, genauer: Rotkehlchen und Berglaubsänger, wie der Liebste per App ermittelte. Ich bin für derlei Recherchen ja meistens zu bequem. Alles in allem sehe ich die Vorfreude der letzten Wochen als erfüllt an.
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Kommen Sie gut durch die Woche mit möglichst wenig Unfug.
