Die deutschen Arbeitgeber rufen nach einer Reform des Arbeitszeitgesetzes aus dem Jahre 1994, welches eine tägliche maximale Arbeitszeit von acht, ausnahmsweise zehn, sowie eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von achtundvierzig Stunden vorschreibt, außerdem müssen zwischen zwei Schichten mindestens elf Stunden Ruhezeit liegen; an Sonn- und Feiertagen darf grundsätzlich gar nicht gearbeitet werden. So will es das Gesetz.
Ich mag das Arbeitszeitgesetz, so wie es ist. Aber mich fragt ja keiner. Stattdessen ist es für immer mehr Arbeitnehmer selbstverständlich, das Laptop mit nach Hause zu nehmen, nach Feierabend, am Wochenende und sogar im Urlaub Mails zu lesen und zu beantworten, ich kenne selbst genug Bekloppte, die das tun, ohne dass es ausdrücklich von ihnen verlangt wird (ehe mir nun eine saftige Abmahnung droht: Damit meine ich nicht die Chefs – von denen wird das wahrscheinlich erwartet, von ihren Chefs oder irgendwelchen Stakeholdern); Tag und Nacht erreichbar für den Chef, das Team, den Berater, den Kunden. Sie lassen sich locken mit Datengeräten, die sie auch privat nutzen dürfen, wie Fische mit Würmern. Zufällig steigt die Zahl psychischer Erkrankungen immer weiter an, aber das hat sicher andere Gründe, daran ist vielleicht das Internet schuld, die Fifa oder Frau Merkel.
Ich sehe in meiner Arbeit durchaus meistens einen Sinn, auch wenn dieser Außenstehenden nicht immer leicht zu erklären ist, darum vermeide ich es in der Freizeit so weit wie möglich, über die Arbeit zu sprechen. Auch bin ich der Meinung, für das, was ich mache, gut bezahlt zu werden. Und doch: Mein Arbeitsverhältnis ist eine Zweckgemeinschaft, keine Liebesbeziehung. In meinem Arbeitsvertrag stehen vierzig Stunden in der Woche, von Montag bis Freitag, mit sechs Wochen Urlaub im Jahr. Das mit den vierzig Stunden sehe ich nicht so eng, alles andere ist mir heilig. Zudem erwarte ich keine geschäftlichen Anrufe aus den USA oder Asien, und falls doch, dann nur zu meinen üblichen Bürozeiten, nicht um drei Uhr nachts. Da schlafe ich, und wenn nicht, telefoniere ich ganz bestimmt nicht geschäftlich, sondern bin anderweitig beschäftigt.
Heimarbeit, oder Homeoffice, wie viele es auf Neudeutsch nennen, ist mein Lieblingsoxymoron (Neudeutsch hingegen wohl ein Paradoxon, vielleicht auch Euphemismus, lasse mich da gerne belehren). Aber vermutlich bin ich einfach zu alt und festgefahren in den ob meiner inzwischen zahlreichen Berufsjahre verkrusteten Sichtweise. Doch bin ich nicht grundsätzlich gegen die Forderung der Arbeitgeber, gibt es doch zahlreiche Angestellte, die das von ersteren Geforderte für sich als das Richtige erachten. Nur muss es freiwillig sein! Vielleicht mit Ankreuzfeldern im Arbeitsvertrag:
[x] Für mich gilt das Arbeitszeitgesetz in der Fassung von 1994
[ ] Nein Danke, ich arbeite rund um die Uhr
Für mich steht indes fest: Sollte mein Arbeitgeber es eines Tages ermöglichen, dass während meines Urlaubs alle eingehenden Mails ungelesen gelöscht werden, so wie es ein süddeutscher Autohersteller bereits anbietet, so bin ich der erste, der davon Gebrauch machen wird.
Ein Gedanke zu “Über Fische und Würmer”