Meine Begeisterung für Kirche, Papst und jedwede Religion führt bekanntlich ein kümmerliches Dasein. Einerseits reklamieren sie sofort die Verletzung religiöser Gefühle, sobald es jemand wagt, Kritik zu üben oder nur einen harmlosen Witz zu machen, andererseits beanspruchen sie für sich das Recht, getrieben von ebendiesen Gefühlen die Würde anders- oder nichtgläubiger Menschen zu verletzen, sei es durch Ausgrenzung oder gar durch Gewalt. Und doch bin ich mir sicher, die Menschen fänden andere Gründe, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen, gäbe es keine Religionen – wegen Fußball tun sie es ja heute schon, wobei die Fifa wenig Göttliches an sich hat, eher im Gegenteil.
Allerdings komme ich nicht umhin, dem derzeit amtierenden Katholikenhäuptling Franzl meine Anerkennung auszudrücken. So schlug er jetzt seinen Kurienkardinälen und -bischöfen statt des erwarteten Jahresrückblicks ihre Verfehlungen um die Ohren: den Glauben an die eigene Unsterblichkeit, Immunität und Unverzichtbarkeit, blinden Aktionismus, Machtstreben um jeden Preis, geistige Verhärtung, Rivalität, Intrigantentum, Eitelkeit, Geschwätzigkeit, falsche Unterwürfigkeit, Karrieredenken, Abschottung, Bildung von Seilschaften, ungenügende Koordination mit anderen, theatralische Strenge und weitere. Es überrascht wenig, dass die Gescholtenen die Rede ihres Chefs mit versteinerten Minen verfolgten und am Ende nur verhalten applaudierten.
Des Papstes Worte belegen deutlich, dass sich die Katholische Kirche nicht sehr stark von einem DAX-30-Konzern unterscheidet. Denken wir uns statt der bunten, wallenden Roben dunkle Anzüge, statt des Gottesbezuges den Blick auf das Konzernergebnis, so könnte dieselbe Rede auch der Aufsichtsrats- oder Vorstandsvorsitzende seinen sogenannten Managern zu Gehör bringen. Eher wird eine Jungfrau schwanger, als dass dies geschieht, doch scheint es wünschenswert, angemessen und längst fällig.
In diesem Sinne: frohe Weihnachten!
Ich bin zwar schon seit der Kindheit an spirituellen sowie philosophischen, kulturellen und daher auch religiösen Themen interessiert, die Amtskirchen haben mich aber immer abgeschreckt – insbesondere die katholische.
Dieser Pabst hat allerdings das Zeug dazu, wenigstens etwas meiner Abneigung zu neutralisieren 🙂
LikeLike