Gestern führte die Tour de France durch Malaucène, unseren Urlaubsort. Von der Terrasse einer Bar aus nahmen wir mit ein paar kühlen Bier teil. Bereits seit Tagen hatte sich der Ort auf dieses Ereignis vorbereitet, die Verkehrsführung wurde geändert, Schutzzäune aufgestellt, und natürlich jede Menge Trikolore-Flaggen aufgehängt.
Live dabei zu sein ist etwas völlig anderes, als es im Fernsehen zu verfolgen. Kurz nach 14 Uhr begann zunächst eine große Werbeshow: Eine knappe Stunde lang rasten mehr oder weniger originell aufgemachte Werbefahrzeuge an uns vorbei, von Autobauern über einen bekannten Bonner Süßwarenhersteller bis hin zu Gasflaschenlieferanten war so ziemlich alles vertreten; vom Wagen einer Mineralwassermarke wurde kühles Wasser in die Menge gesprüht, bei über 30 Grad sehr angenehm, andere warfen mit Produktproben um sich. Es erinnerte an CSD-Parade und Rosenmontagszug, nur um ein Vielfaches schneller.
Kurz nach 15 Uhr war es dann so weit, die erste Gruppe Radfahrer näherte sich Malaucène, und schon rasten sie unter dem Johlen der Menge durch. Einige Minuten danach dann die Hauptgruppe, wieder johlender Applaus, nach wenigen Sekunden waren sie durch. Schließlich noch ein Nachzügler, ein letztes Aufjohlen, das war es dann. Den Rest der Tour bis zum Etappenziel auf dem Gipfel des Mont Ventoux konnten wir im Fernseher der Bar verfolgen.
Bekanntlich langweilt es mich zutiefst, anderen beim Sport zuzuschauen; die Sportschau und der Sportteil der Tageszeitung haben für mich in etwa den Unterhaltungswert des Testbildes. Und doch gebe ich gerne zu: der Faszination dieses Ereignisses konnte (und wollte) ich mich nicht entziehen, auch wenn es nur Sekunden gedauert hat. Als die Fahrer nachmittags bei hochsommerlichem Wetter durch Malaucène rasten, hatten sie bereits eine Tagesstrecke von über 200 Kilometern hinter sich, und das schlimmste, der Mont Ventoux, lag noch vor ihnen. Wer dort schon einmal raufgefahren ist, mit Auto oder Fahrrad, kann erahnen, was die Jungs geleistet haben. So entfuhr auch mir als ausgewiesenem Nicht-Sportschauer ein Ausruf der Begeisterung, als der Mann im Gelben Trikot, Christopher Froome, die Ziellinie erreichte. Inwieweit hier unerlaubte chemische Substanzen unterstützt haben, kann und will ich nicht beurteilen, doch frage ich mich, wie eine solche Leistung ohne möglich sein kann.
Auch künftig werde ich mir nicht die Sportschau im allgemeinen und die Tour de France im besonderen anschauen, sehens- und erlebenswert war es indes auf jeden Fall. Die Stimmung in der Bar und auf der Straße war ausgezeichnet, und dem Auge wurde auch sonst einiges geboten. Nicht jeder Radsport-Begeisterte rasiert sich die Beine, aber das ist ein anderes Thema.