Am besten man macht keinen Urlaub mehr, nie mehr. Ich meine das ernst. Denn: Während ich zwei Wochen lang meinen Bauch und andere Körperregionen in die provencalische Sonne hielt, sammelten sich, gleich einem angestauten Bach, E-Mails und andere Unerfreulichkeiten an meinem Arbeitsplatz an, erfreulicherweise keine größeren Imponderabilien, aber Kleinmist ist bekanntlich auch Mist, die Menge macht’s. Nachdem ich mich Montag und gestern noch auf einer Tagung in – sei es drum – Düsseldorf halbwegs ausruhen durfte, heute nun der erste richtige Bürotag nach zweiwöchiger südfranzösischer Muße. Irgendwie habe ich das Gefühl, alle drehen im Moment am Rad, und sicherlich nicht am Glücksrad, denn ein größerer Gewinn als der früher oder später eintretende Feierabend beziehungsweise das nächste Wochenende steht nicht in Aussicht: alle wollen was, schicken irgendwelche Dokumente, die bis spätestens gestern freigegeben werden sollen, dazu Besprechungen, Termine und so weiter; wenigstens das Telefon, nach SMS die zweitgrößte Kommunikationsgeißel, ließ mich heute weitgehend in Ruhe.
Ich fühle mich wie ein kleiner Arbeiter, der mit Schaufel und Schubkarre bis morgen Mittag einen riesigen Sandhaufen abzutragen hat, während ein großer Radlader minütlich neuen Sand auf den Haufen kippt. Und fast allen Kollegen, mit denen ich spreche, geht es ungefähr ähnlich.
Manchmal beneide ich einen Winzer. Er hat auch einen langen Tag teilweise harter körperlicher Arbeit, vermutlich im Schnitt länger als meiner, und doch muss es sehr befriedigend sein, am Ende dieses Tages (NICHT zu verwechseln mit der heute so beliebten Floskel „am Ende des Tages“!!!) zu sehen, was er geschafft hat, die eingefahrene Traubenernte, letztlich den gelungenen Wein beim Fassanstich. Was kann ich dagegen vorweisen? 43 abgearbeitete E-Mails, 5 Aufgaben in meiner Liste abgehakt? Gut, ich will nicht undankbar sein, es gibt Tage, da sind es deutlich weniger. – Und vielleicht beneidet mich der Winzer ja auch um meinen geregelten Bürojob, immer im Warmen, ich säe nicht, ich ernte nicht, und doch kommt die monatliche Gehaltsabrechnung mit schöner Regelmäßigkeit, hat ja auch was für sich.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Insgesamt bin ich sehr zufrieden, ich gehe durchaus gerne zur Arbeit. Noch gelingt es mir, den von außen aufgebauten Stress nicht zu nahe an mich heran zu lassen, Feierabend zu haben zum Feierabend und Wochenende am Wochenende (nicht alle Kollegen schaffen das). Und doch denke ich immer öfter: Ist es das wirklich, ist es das, was ich wirklich will?
Jein.