Stell dir vor, du verbringst mit einem Freund, den du länger nicht gesehen hast, zwei bis drei nette Stunden in einer Kneipe, dazu ein paar Bier und eine Schweinshaxe oder eine Portion Tortellini, ihr unterhaltet euch bestens, alte Zeiten und so, alles ist gut. – Bis zu dem Moment, wo ihr genug getrunken, gegessen und gesprochen habt und gehen möchtet. Du gibst der Bedienung ein entsprechendes Zeichen, woraufhin diese mit einem riesigen Portmonee am Tisch erscheint und die Mutter der blöden Fragen stellt:
„Geht das zusammen oder getrennt?“
Schweigen. Peinliche Betretenheit. Ja, es soll getrennt gehen, nur muss und will man das nicht aussprechen – aber einer muss es ihr sagen, doch wer von euch beiden, und vor allem wie? Sie steht schweigend am Tisch und wartet. Wenn du jetzt sagst „Getrennt bitte“, schwingt gleichsam ein „Du glaubst doch wohl nicht, dass ich für dich mitbezahle“ mit, egal wie freundlich du es flötest.
Noch peinlicher jedoch ist es, wenn dein Gegenüber ein gequältes „Zusammen…“ herauspresst; während er presst, erkennst du in seinem Gesichtsausdruck dieses „Eigentlich sehe ich es überhaupt nicht ein, für dich mitzubezahlen, aber du zwingst mich ja dazu. Hättest mir ja zuvorkommen können, aber nein, hast wohl darauf spekuliert, dass ich das übernehme, warte nur, beim nächsten Mal… beim nächsten Mal? Nein, das war das letzte Mal!“
Dann heißt es schnell reagieren: das Portmonee hervorholen und „Lass nur, ich übernehme das!“ kontern, woraufhin zwischen euch ein heftiger Streit darüber entbrennt, wer denn nun tun darf, was eigentlich keiner von euch will. Die bislang gute Stimmung ist dahin, eure Freundschaft unheilbar zerrüttet.
Dann folgt der zweite Akt der Peinlichkeit: Das Bezahlen an sich. Die Bedienung nennt dir, als Sieger des vorangegangenen Streits, den Betrag, sagen wir siebenundzwanzig Euro zehn. Du möchtest ihr dreißig geben, denn das Bier war kühl und das Essen gut, der Service bis zu diesem Moment in Ordnung, sie hat es sich verdient – aber warum um alles in der Welt sollst du das für jedermann hörbar aussprechen? Du versuchst es also auf die diskrete Art; da du keine dreißig Euro passend hast, reichst du ihr einen Fünfzigeuroschein hin in der Absicht, zwanzig Euro des Rückgelds einzustecken und den Rest, vielleicht mit einem „Dankeschön“ untermalt, liegen zu lassen. Doch daraus wird nichts: sie öffnet ihr riesiges schwarzes Portmonee, kramt Minuten lang im Münzgeld herum, bis sie dich schließlich fragt:
„Zehn Cent vielleicht?“
Du hast verloren, schlimmer noch: du bist als Geizhals entlarvt. Beschämt stammelst du mit belegter Stimme: „Dreißig“.
Eine typisch deutsche Erscheinung, derselben Kategorie zugehörig wie „Draußen gibts nur Kännchen“. In anderen Ländern läuft das anders: Nachdem du den Wunsch zum Bezahlen kundgetan hast, vielleicht in der Landessprache, weil das einer der wenigen Sätze ist, die du beherrschst, neben Ein Bier bitte und Ziemlich dunkel hier, nicht?, wird dir ein Tellerchen mit der Rechnung gereicht, woraufhin sich die Bedienung zunächst wieder zurück zieht. Nun habt ihr ausreichend Zeit, den ausgewiesenen Betrag unter euch aufzuteilen, jeder legt seins auf das Tellerchen, plus dem zugedachten Trinkgeld, diskret, geräuschlos, harmonieschonend.
Es macht auch nichts, wenn du nur einen großen Geldschein hast, der den geschuldeten Betrag um ein vielfaches überschreitet: den legst du auf das Tellerchen, die Bedienung wird dieses mit einem „Gracias“, „Merci“ oder einem ähnlichen Ausdruck tief empfundenen Dankes abholen, es wenig später mit dem Rückgeld darauf zurück bringen, ihr lasst zurück, was euch angemessen erscheint, ihr geht, alle sind zufrieden, die Freundschaft unzerrüttet.
Das ist alles Vergangenheit, inzwischen gehe ich wieder völlig entspannt in Kneipen. Alleine. Freunde habe ich aufgrund vorgenannter Ereignisse keine mehr. Die letzte Freundschaft zerbrach an der Frage, wer der Klofrau die Münzen auf den Teller legen darf.
(Überarbeitete Version)
hahaha.
aber du wirst es nicht glauben – bei so einer tellerchen mit rechnung-aktion ging es uns mal ähnlich in der türkei: mehrere studenten und plötzlich fangen alle an zu kramen und zu machen und den türkischen studenten war das unheimlich peinlich, einer hat dann einfach einen großen schein rausgeholt und gesagt: ist okay so… und es gab noch den ganzen abend diskussionen. 😉
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